Alles
muss perfekt sein. Nie etwas falsch machen, immer alles richtig
machen. Kennt ihr das auch? Macht euch das auch fertig? Woher kommt
dieser fast unmöglich hohe Anspruch an uns selbst und was können
wir dagegen tun?
Dieser
krasse Leistungsgedanke wird uns eigentlich schon seit der Kindheit
eingepflanzt. Schon in der Grundschule fängt es an. Da sind Noten,
die unsere Leistungen und unser Können messen, uns mit anderen
vergleichbar machen. Eigentlich totaler Unsinn, denn jeder Mensch ist
anders und nur weil er in einigen Fächern nicht so gut ist, deswegen
nicht schlechter als andere. Und doch wird immer wieder darauf
gepocht. In der Schule geht es immer nur um Leistung, sich verbessern
und auch besser abschneiden als die anderen. Aber was am Ende hängen
bleibt und ob wir uns das was bringt, wird eher außer Acht gelassen.
Ich
wollte immer eine gute Schülerin sein, wollte immer gute Noten nach
Hause bringen, um meine Eltern zufrieden zu machen. Für mich war das
wichtig, um Anerkennung, Lob, Wertschätzung und Liebe zu bekommen.
Arbeite viel, leiste viel und schreibe gute Noten – dann bist du es
auch wert, geliebt zu werden. Schon echt verkorkst. Eigentlich hat
jeder Mensch an sich schon einen unglaublichen Wert. Wir müssen uns
diesen nicht erst verdienen, wir sind so schon wertvoll genug.
Doch
irgendwie hat sich das in mein Gehirn gepflanzt: Ständig gut zu sein
und alles richtig zu machen. Zum Großteil ist auch meine Familie und
Erziehung daran schuld. Wie ihr sicherlich schon in einigen Artikeln
lesen konntet, hatte ich doch strenge Eltern gehabt. Besonders mein
Stiefvater hat keinen Fehler übersehen und mich dafür immer
bestraft. Mit der Zeit bekam ich Angst vor Fehlern, wollte sie
unbedingt vermeiden. Denn ich wusste, es würde nur Schlimmes auf
mich zukommen. Und so tat ich stets mein Bestes, doch es war nie
genug. Immer war da das Gefühl, nicht genug zu sein. Nicht genug zu
sein, um endlich geliebt zu werden. Das alles führte dazu, dass ich
diesen Perfektionismus entwickelte.
Und
auch wenn ich heute nicht mehr so nach der Anerkennung meiner Eltern
strebe, ist immer noch diese Neigung da, alles richtig zu machen. In
so vielen Bereichen: Ich will eine ideale Freundin sein, eine gute
Liebespartnerin, im Job alles richtig machen, aber auch alle meine
Ziele erreichen und immer erfolgreich sein. Erst wenn alles nahezu
perfekt ist, bin ich wirklich zufrieden. Dass das niemals möglich
sein kann, weiß ich auch. Und doch bleibe ich daran hängen, glaube
an die Illusion und rackere mich dafür ab.
Daraus
entwickelte sich auch mein großer Drang, mich ständig zu verbessern
und mich selbst zu optimieren. Nie war ich richtig zufrieden mit mir,
hatte immer etwas an mir zu meckern und zu verändern. Ich wollte
eben das Beste aus mir machen, ein besserer Mensch werden. Darunter
litt mein Selbstwertgefühl, das sowieso durch die Schulzeit und
meine Erziehung angeknackst war. Doch auch ich redete mir ein, dass
ich noch nicht gut genug bin und mich verändern muss.
Dann
ist da auch immer die Stimme des inneren Kritikers, der immer
irgendetwas an mir auszusetzen hat. Er macht mich ständig herunter,
hält mich klein, sagt, ich könne nichts und sei ein Versager. An
sich will der innere Kritiker das Beste für mich, aber er geht es
falsch an.
Fehler
werden in unserer Gesellschaft nicht gern gesehen. Fast immer werden
sie als schlecht erachtet und werden entsprechend auch bestraft. Ob
wir nun ausgeschimpft werden, uns etwas weggenommen wird oder etwas
anderes. Fehler zu machen fühlt sich immer schlecht an. In der
Schule lernen wir, dass Fehler machen immer bedeutet, dass wir
schlechtere Leistung erbringen und schlechtere Noten bekommen.
Deswegen werden wir darauf getrimmt, möglichst wenige Fehler zu
machen. Dann machen wir alles richtig.
Doch
Perfektionismus ist nicht immer schlecht. So wie jede Sache zwei
Medaillen hat, gibt es auch beim Perfektionismus gute Aspekte.
Es
ist doch gar nicht mal schlecht, wenn man versucht, alles richtig zu
machen und Fehler zu vermeiden. Man ist konzentrierter und überlegt
mehr, bleibt gewissenhaft. Fehler passieren zwar trotzdem, aber mit
der Einstellung und Vorgehensweise doch wesentlich seltener. Eine
Sache so gut wie es geht zu machen, ist sehr lobenswert. Wenn man
alles perfekt machen will, schaut man auch öfter mal drüber und
findet immer wieder mal neue Fehler. Damit kann die Sache, die man
prüft, immer weiter reifen, bis sie nahezu perfekt ist.
Perfektionisten
haben hohe Ansprüche an sich selbst. Das ist erst einmal nicht
verkehrt. Denn dann haben wir Ziele, streben danach, uns zu
verbessern. Diese Motivation treibt uns an, uns weiter zu entwickeln.
Da ist immer dieses Streben nach mehr. Wir geben uns nicht mit
mittelmäßigen Situationen und Dingen zufrieden, wir wollen es
besser machen. Daraus kann viel Gutes entstehen, wenn wir das
richtige Maß an Perfektionismus haben. Und darauf kommt es auch an:
der richtige Mittelweg.
Andererseits
gibt es aber auch viele Nachteile, wenn Perfektionismus eben nicht
mehr im Griff gehalten werden kann. Wir haben Angst vor Fehlern,
vielleicht sind wir auch so blockiert, dass wir gänzlich gar nichts
mehr tun, aus Angst, eben nicht das Richtige zu machen. Unsere
Ansprüche könnten zu hoch sein, wir geraten an unsere Grenzen und
zerstören uns damit selbst. Wir zweifeln an uns, meinen, wir seien
niemals genug. Oder wir geben uns nie mit etwas zufrieden, werden
immer weiter getrieben, es besser zu machen. Am Ende machen wir uns
damit dann selbst unzufrieden und kaputt.
Perfektionismus
kann echt krank und zwanghaft werden. Und es macht uns auch einfach
fertig. Immer alles richtig zu machen, erzeugt einen enormen Druck
auf uns, stresst uns sehr, macht uns fertig.
Doch
was können wir konkret tun, um zukünftig das richtige Mittelmaß zu
finden oder diesen Perfektionismus endlich zu überwinden. Hierzu
einige Tipps, die mir weiterhelfen, weniger perfektionistisch zu
sein.
Gut
ist gut genug!
Wir
sollten natürlich an unserer eigenen Denkweise und Einstellung
arbeiten. Wir sollten hinterfragen, ob wir immer unser Bestes geben
müssen und alles perfekt sein muss. Meist reicht es schon, wenn wir
Dinge gut machen. Wozu perfekt machen? Was bringt uns das, außer nur
noch mehr Arbeit und Frust?
Zufrieden
sein
Statt
immer weiter zu suchen und weiter zu arbeiten, sollten wir uns auch
mal auf das besinnen, was bereits da und gut ist. Am besten nimmt man
sich mal paar Minuten Zeit und schreibt auf, wofür man dankbar ist
und was doch gut läuft, anstatt sich das anzusehen, was nicht gut
ist oder fehlt. Dadurch entwickelt man eine gesunde Zufriedenheit.
Und es sind meist Dinge, wofür man immer dankbar sein kann.
Hohe
Ansprüche reflektieren
Oftmals
haben wir total überzogene Vorstellungen, die niemals umgesetzt
werden können. Wir sollten diese in Ruhe mal vornehmen und
hinterfragen: Ist das wirklich realistisch? Kann ich das auch
wirklich erreichen? Brauche ich das? Reicht nicht auch weniger?
Müssen es immer 120 Prozent sein?
Gesunden
Umgang mit Fehlern lernen
Fehler
sind gar nicht schlecht, im Gegenteil, wir brauchen sie zum Lernen.
Schon als Kinder machen wir ständig Fehler. Wir fallen ständig hin,
doch wir stehen wieder auf und lernen daraus. Fehler sind wichtig,
ohne sie könnten wir uns nicht weiterentwickeln. Jeder Fehler birgt
so viel Entwicklungspotenzial und gibt uns neue Erfahrungen. Darum
sollten wir akzeptieren, Fehler zu machen. Zumal es einfach mal total
menschlich ist. Niemand ist perfekt! Wir sollten unsere Angst vor
Fehlern abbauen und vielleicht auch versuchen, gezielt Fehler zu
machen. Kleinere Fehler, um zu lernen, diese auszuhalten und zu
merken, dass es nicht so schlimm ist, wie wir denken.
Scheitern
lernen
Noch
eine Stufe schlimmer ist es, wenn wir wirklich an etwas scheitern.
Wir haben Angst davor, denn Scheitern bedeutet, wir wären Versager.
Und das wollen wir auf keinen Fall sein. Darum lassen wir lieber die
Finger vor neuen Sachen, wenden uns von wichtigen Träumen und Zielen
ab. Wir wissen ja, dass wir es sowieso nicht schaffen. Dann lieber
nichts tun, dann können wir nichts falsch machen. Aber das ist die
falsche Einstellung. Das Leben ist zu kurz, um so vieles sein zu
lassen. Lieber möglichst viel probieren, damit wir viele viele
Erfahrungen sammeln. Die machen unser Leben erst so spannend.
Scheitern ist unangenehm, aber auch daraus können wir lernen, wie es
eben nicht funktioniert. Wir haben es wenigstens versucht, aber wir
geben nicht auf, vielleicht probieren wir es auf einem anderen Weg.
Erfolge
feiern
Und
nicht zuletzt, sollten wir uns daran erinnern, was richtig gut lief,
was wir toll gemacht haben. Oftmals erreichen wir endlich etwas und
widmen uns gleich der nächsten Sache. Lieber inne halten und darauf
stolz sein, was wir erreicht haben. Gerne können wir uns etwas
gönnen und uns dafür belohnen.
Sich
selbst lieben mit all seinen Fehlern
Das
finde ich besonders wichtig. Wir sind Menschen und daher auch nicht
fehlerlos. Wir haben eben Macken, Schwächen, Abgründe, Fehler, sie
machen uns alle aus und machen uns erst so einzigartig! Wir sollten
lernen, diese Dinge an uns zu akzeptieren und zu lieben.
Gelassen
bleiben und sich entspannen
Das
fällt mir immer noch schwer. Wenn etwas schief läuft und ich Fehler
mache, verurteile ich mich und habe gleich schlechte Laune. Ich rege
mich dann gerne über mich auf. Aber das bringt ja nichts.
Stattdessen sollte ich diese Fehler einfach akzeptieren, sie gehören
dazu und das Positive daran sehen. Versuchen damit gelassener
umzugehen. Ganz wichtig ist, wenn man sich selbst Stress macht,
versuchen aus der Situation herauszukommen. Indem wir uns den Stress
selbst nehmen und versuchen, mehr zu entspannen. Dabei können
Meditation oder andere Entspannungstechniken wie Yoga, Tai Chi oder
Progressive Muskelentspannung helfen. Hauptsache herunter kommen vom
hohen Roß und uns wieder erden.
Loslassen
Sich
selbst den Druck nehmen und zu nicht immer auf Knopfdruck was zu
machen. Wir können ruhig auch mal einfach faulenzen, uns Zeit für
uns nehmen, für das, was uns Spaß macht. Wir müssen nicht immer
funktionieren. Es ist okay, mal Aufgaben liegen zu lassen und nicht
immer sofort zu tun. Wir können auch Tätigkeiten nachgehen, bei
denen es nicht um Perfektion geht. Am besten schreibt sich jeder auf,
was ihm in den Sinn kommt und dann ran ans Werk!
Leistung
ist nicht immer das Nonplusultra
Sich
für die Arbeit kaputt schuften, kann es auch nicht sein. Wir sollten
unser Arbeitspensum hinterfragen, überlegen, ob es das wirklich wert
ist, jedes noch so kleine Detail immer und immer wieder zu
überprüfen. Da ist immer so ein Leistungsdruck, den wir uns selbst
machen. Niemand wird von uns verlangen, dass wir immer alles richtig
machen. Das geht auch gar nicht.
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