Schon
seit längerem beschäftigt mich die Frage, warum ich mich gefühlt
viel öfter bei meinen Freunden melde, aber diese so selten mal die
Initiative ergreifen. Was steckt dahinter? Muss ich an der
Freundschaft zweifeln oder mache ich mir nur unnötig Gedanken?
Diese
Frage brennt mir schon seit längerem auf der Seele. Eigentlich kommt
dieses Problem, wie ich es bezeichnen will, immer mal wieder auf. Die
meiste Zeit über habe ich es dann verdrängt, weil ich mich damit
nicht zusätzlich belasten wollte. Aber es hilft ja nichts, das zu
verdrängen. Es kommt ja doch immer wieder hoch. Zeit, dem ganzen mal
auf den Grund zu gehen.
Doch
erst einmal zur Schilderung den ganzen Problems. Nachdem ich einige
Zeit nichts mehr von meinen Freunden gehört habe, sagen wir mal nach
etwa vier oder mehr Wochen, kommt mir der Gedanke, mich wieder bei
ihnen zu melden. Ich bin selbst eher jemand, der nicht zu viel
zwischendurch schreibt. Ich finde es eigentlich ganz in Ordnung, wenn
einige Wochen erst einmal kein Kontakt besteht. Schließlich will ich
am Ende doch genug Gesprächsstoff haben. Wenn man jede Woche
miteinander schreibt oder telefoniert, bleibt am Ende kaum mehr etwas
übrig, oder? Außerdem denke ich mir, dass ich mich anderen nicht
aufdrängen will, wenn ich sie ständig anschreibe oder frage. Was
soll sich schon großartig in der kurzen Zeit verändert haben?
Deswegen habe ich es so belassen, mich meist erst nach einer längeren
Zeit zu melden.
Regelmäßiger Kontakt zu Freunden
Ich
halte es nicht unbedingt für wichtig, ständig Kontakt zu haben. Es
ist nur entscheidend, dass der Kontakt wenigstens regelmäßig da
ist, also meinetwegen einmal im Monat und man sich dann wieder
austauscht. Danach ist dann auch gut und es können schnell mal
wieder vier Wochen vergehen, bis wieder Kontakt angesagt ist. Ich
fahre damit eigentlich bisher gut. Aber vielleicht ist das bei
anderen nicht so. Ich habe auch schon von anderen gehört, dass sie
viel öfter Kontakt haben. Gut, ich habe auch einige Freunde, mit
denen ich mindestens einmal die Woche, mit einem Freund sogar
täglich, schreibe. Das ist dann aber echt die Ausnahme. Wenn ich mir
vorstelle, das mit allen so zu haben, komme ich eigentlich zu gar
nichts mehr. Das wäre mir auch zu aufwendig.
Bei
mir ist es so, dass ich mich eigentlich immer nur dann melde, wenn
erstens eben länger kein Kontakt bestand und ich mich zweitens mit
der Person treffen möchte. Dann schreibe ich den Freund an, frage
wie es ihm geht und was er so macht. Und schlussendlich auch, ob
derjenige Zeit für ein Telefonat oder Treffen hat. Denn dieses ewige
Herumschreiben finde ich doch unpersönlich, es mag zwar gut sein,
zwischendurch Kontakt zu halten. Aber für mich wird es nie ein
Ersatz für persönliche Begegnungen sein. Dann ist auch Telefonieren
für mich wesentlich persönlicher, ich kann den anderen hören, auch
die Emotionen, die beim Reden mitschwingen. Fürs Telefonieren
vereinbart man wie beim Treffen einen Termin, nimmt sich Zeit für
den anderen und verbringt die Zeit zusammen. Dagegen geht Schreiben
auch gut nebenbei, ohne, man macht es meiner Ansicht nach nicht so
bewusst und schätzt das auch weniger wert.
Freundschaft fühlt sich einseitig an
Jedenfalls
kommt die Kontaktaufnahme meist nur von mir. Immer dann, wenn ich das
Gefühl habe, dass ich mich mit meinen Freunden austauschen möchte.
Für mich ist das Problem, dass ich eine Freundschaft als Geben und
Nehmen betrachte. Und mir ist der regelmäßige Kontakt einfach
wichtig, vor allem bei den Freunden, die ich wirklich nur selten im
Jahr sehe und mit denen ich meist nur telefonieren kann. Ich sehe
derzeit, dass immer diejenige bin, die sich meldet. Ich bin
diejenige, die sich Zeit für andere nimmt, die Interesse an anderen
hat, wissen will, wie es dem anderen geht. Ich will den Kontakt
aufnehmen und pflegen. Ich gehe immer den ersten Schritt. Aber
gefühlt bekomme ich kaum etwas zurück. Es fühlt sich an, als würde
ich anderen ständig hinterherrennen. Ich frage ständig, wann andere
Zeit für mich haben. Langsam komme ich mir wie ein Bittsteller vor.
Es fühlt sich einfach so an als würde ich ständig geben, aber
nichts erhalten. Es fühlt sich für mich einseitig an. Es fühlt
sich an, als wären die anderen kaum an mir und einer Freundschaft
interessiert. Ich habe immer gedacht, dass es normal wäre unter
Freunden, wenn man sich abwechselnd beieinander meldet.
Was
sagt das über andere aus, wenn sie sich so gut wie nie melden? Ich
gehe sogar einen Schritt weiter und befürchte, dass ich diese
Menschen nicht mal als Freunde bezeichnen kann. Sind es vielleicht
nur gute Bekannte? Dann schaffe ich automatisch Distanz zwischen uns,
mache mich nicht abhängig. Und irgendwo bin ich auch abhängig von
ihnen, ich sehne mich danach, dass sie mich brauchen und sich daher
bei mir melden. Ich sehe darin die Bestätigung meines Selbstwertes.
Doch wenn sich niemand für mich interessiert und sich nicht bei mir
meldet, fühle ich mich doch irgendwie weniger wert.
Das
kann falsch sein, ich weiß es nicht. Aber so kommt es mir doch vor.
Ich weiß, es ist vielleicht kindisch, Freundschaft auf das reine
Sich melden zu reduzieren. In einer Freundschaft kommt es auf so
viele andere Sachen an: Vertrauen, Unterstützung. Sich helfen, sich
öffnen können, füreinander da sein, sich gut verstehen und noch
viel mehr. Aber für mich ist und bleibt das Melden eben doch ein
wichtiger Aspekt in einer Freundschaft. Und ich werde wohl immer
hinterfragen, ob der andere mich als Freund sieht, wenn er sich kaum
meldet.
Meist
wollen sich meine Freunde auch gerne mit mir treffen oder
telefonieren. Keiner von den Freunden wirkte jemals abweisend und hat
sich distanziert. Es scheint, als würde sie froh sein und sich
freuen, wenn ich mich melde. Umso seltsamer finde ich es, dass sie
sich trotzdem so selten oder gar nicht bei mir melden. Woran liegt
das nun? Ich habe versucht, einige Gründe dafür zu finden.
Sie
sind zu bequem und faul
Wahrscheinlich
naheliegend. Es gibt einfach Menschen, die vor sich hinleben, ohne
viel Plan und vielleicht auch nicht so die große Lust haben, etwas
mit anderen zu unternehmen. Einige meiner Freunde sind tatsächlich
Stubenhocker, haben selbst nicht viele Freunde und zocken die meiste
Zeit. Und sie sind es gewohnt und mögen das. Sobald ich sie aber
nach Treffen oder Telefonaten frage, müssten sie ihre Komfortzone
verlassen. Da es aber so gemütlich. Deswegen kommen sie vermutlich
nicht selbst auf die Idee, diese mal zu verlassen. Es wäre für sie
ungewohnt, mal selbst zu fragen. Es gibt sie wirklich, die Freunde,
die einfach zu faul sind, sich zu melden. Vielleicht sind sie
Menschen, die denken, Freundschaften brauchen keine Arbeit, die
laufen von allein. Nach dem Motto: Man trifft sich auch nach Jahren
wieder und es fühlt sich an, als wäre nie Zeit vergangen.
Sie
sind es gewohnt, dass ich mich melde
Wo
wir schon beim nächsten Grund sind. Sie finden es ungewohnt, von
sich aus zu melden. Im Hinterkopf ist wahrscheinlich: Sie meldet sich
schon von allein, dann muss ich das nicht machen. Das hat also auch
viel wieder mit Bequemlichkeit zu tun. Vielleicht sind viele meiner
Freunde einfach zu passiv, zeigen wenig Initiative, reagieren lieber,
als dass sie agieren. Das erklärt auch, warum sie doch so positiv
auf meine Einladungen reagieren. Sie sind vielleicht ganz froh, dass
ich frage und sie es nicht tun müssen. Sie verlassen sich darauf,
dass ich mich melde, wenn etwas sein sollte. So war es immer und so
wird es sein. Das ist eine Sicherheit für sie. Wenn ich mich nicht
melde, gibt es auch nichts zu Besprechen, dann gibt es keinen Bedarf
oder ich habe keine Zeit. Das könnten sie aus dem Nicht-Melden
schließen.
Sie
vergessen, sich zu melden
Ich
habe einen besten Freund, der als Ausrede oder auch als mögliche
Wahrheit sagt, dass er es immer wieder vergisst, sich bei mir zu
melden.Er meint, er würde daran denken, doch es käme immer etwas
dazwischen, weswegen er das sich melden wieder vergisst. Inzwischen
kaufe ich ihm das aber nicht ab. Gut, ich gehe immer von mir aus,
aber wenn ich mir etwas vornehme und es ist mir wichtig genug, dann
erinnere ich mich auch daran. Es kann inzwischen kein Zufall sein, so
oft, wie er angeblich vergessen haben soll, Kontakt zu mir
aufzunehmen. Aber vielleicht gibt es wirklich vergessliche Menschen,
die einfach nicht daran denken sich zu melden. Vielleicht ist ihnen
das auch nicht so wichtig wie mir selbst.
Sie
haben viel zu tun
Möglicherweise
vergessen sie das Melden auch, weil sie viel zu tun haben. Auch das
sehe ich nicht als Argument an. Schließlich bin ich vermutlich
diejenige, die am meisten zu tun hat und TROTZDEM kriege ich es hin,
mich zu melden und das nicht zu selten. Aber da ich natürlich nicht
weiß, wie es bei anderen aussieht und andere Menschen eben anders
ticken, kann ich ja schlecht von mir auf andere schließen. Es kann
schon sein, dass andere viel zu tun haben und darum weniger Zeit
haben, sich zu melden oder es schlichtweg vergessen. Wenn man ständig
mit anderem beschäftigt ist, geht das vielleicht unter.
Sie
brauchen nicht viel Kontakt
Eine
andere Theorie von mir wäre, dass es den anderen Freunden reicht,
wenn wir uns noch viel seltener sehen und hören würde. Vielleicht
habe ich gerade solche Freunde erwischt, die sehr wenig sozialen
Kontakt brauchen. Vielleicht ist ihnen selbst einmal im Monat zu
viel? Es gibt halt ganz unterschiedliche Menschen. Manche unternehmen
jede Woche etwas zusammen, andere sehen sich dagegen nur einige Male
im Jahr. Nichts davon ist falsch, so unterschiedlich können
Freundschaften und Menschen sein. Vielleicht haben manche Freunde
auch genug andere Freunde und es wird ihnen dann etwas zu viel mit
mir. Sie sind damit beschäftigt mit anderen Kontakt zu halten, dass
sie gar nicht mehr den Überblick haben und mich vielleicht auch
vergessen oder sich darauf verlassen, dass ich mich melde.
Ich
bin ihnen nicht so wie wichtig wie sie mir
Vielleicht
sehen mich einige nicht einmal als Freundin an, sondern nur als
Bekannte. Und bei denen braucht man sich nicht oft zu melden. Eben
nur bei Bedarf. Wir haben unterschiedliche Ansichten über unsere
Beziehung zueinander. Das Ding ist, ich weiß es nicht, ich kann es
nur vermuten. Ich müsste mal direkt ansprechen, welche Beziehung
wieder zueinander haben. Aber ich finde das unangenehm, solche
Gespräche zu führen. Es könnte zwischen uns komisch werden. Ich
glaube allerdings tatsächlich manchmal, dass ich einigen meiner
Freunde wirklich nicht so wichtig bin, wie ich es gern hätte. Denn
wenn ich wichtig wäre, dann würden sie sich doch von sich aus
melden oder? Ich kann falsch liegen, vielleicht sind eher die schon
erwähnten Gründe richtiger. Aber die größte Angst, die ich habe,
wenn sich andere bei mir nicht melden ist, dass ich sie entweder
nerve oder ich ihnen eben nicht so wichtig bin.
Sie
mögen mich nicht oder wollen mit mir gar nicht befreundet sein
Ich
hoffe stark, dass es nicht dieser letzte Grund ist. Allerdings denke
ich das nicht, denn mit einigen bin ich schon einige Jahre
befreundet. Sie sagen auch so gut wie nie ab. Sie freuen sich ja
meist, wenn ich mich melde. Wenn sie mich nicht mögen würden, dann
hätten sie längst nicht mehr Kontakt zu mir. Sie würden sich von
mir distanzieren oder ewig brauchen, bis sie antworten. Deswegen
denke ich nicht, dass dieser Grund stimmt.
Offen
miteinander sprechen
Mir
ist klar, dass ich allein nicht wissen kann, woran es wirklich liegt,
warum andere sich kaum bei mir melden. Es ist reine
Gedankenspielerei. Ich kann die wirklichen Antworten nur finden, wenn
ich die Betroffenen direkt anspreche. Aber meist fehlt mir der Mumm,
zu fragen. Dann kommt die Angst vor Ablehnung hoch, die Angst davor,
etwas Unangenehmes zu fragen, wodurch die Stimmung mies werden
könnte. Ich habe mich bisher zurückgehalten, um nicht für
Unfrieden zu sorgen. Was ist, wenn sich die anderen darüber
aufregen, wenn ich sie nerve und sie sich dann wirklich von mir
distanzieren? Ich habe Angst, dass ich sie dadurch wirklich verlieren
könnte. Alles unbegründete Ängste, schließlich weiß ich nicht,
ob es wirklich so sein könnte. Aber bevor ich weiter spekuliere,
wäre es doch hilfreich offen miteinander zu sprechen.Einfach zu
sagen, was mich stört und wie ich dabei fühle. Vielleicht wird sich
dadurch etwas ändern. Wer weiß.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen