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Sollte der Partner auch der beste Freund sein?


Man sagt, dass Freundschaft auch in einer Beziehung wichtig ist. Und der Traum von vielen Menschen ist es, im Liebespartner auch die beste Freundin oder den besten Freund zu finden. Aber ist das wirklich so gut? Oder kann das nicht auch nach hinten losgehen?

Freundschaft ist super wichtig für eine Beziehung, ich finde sogar, dass eine Beziehung ohne Freundschaft gar nicht funktionieren kann. Denn es braucht Gemeinsamkeiten hinsichtlich Interessen, Hobbys, Werten, Vorstellungen, Mindset, damit man wirklich auch beziehungstechnisch miteinander kompatibel ist.

Oftmals reicht es nicht, nur einfach verliebt zu sein. Denn Verliebtheit vergeht auch wieder. Und dann erst zeigt sich, ob man wirklich miteinander harmoniert oder nicht. Die Verliebtheit überdeckt erst einmal all die Dinge, die man vielleicht doch nicht so gut an dem anderen findet. Plötzlich merkt man so kleine Sachen, die einen doch stören. Verliebtheit ist schön, keine Frage, und ich finde auch, dass sie zum Anfang einer Beziehung schon dazu gehören sollte.


Freundschaft ist wichtige Basis für eine Beziehung

Aber noch viel wichtiger ist, ob mein Partner auch gleichzeitig ein Freund für mich ist. Das ist die Grundlage auf der jede Beziehung basieren sollte. Was ich damit meine? Zum einen wie schon geschrieben die Gemeinsamkeiten, die man auch mit Freunden teilt. Von dem Spruch „Gegensätze ziehen sich an“ halte ich nicht viel, denke mir eher, dass sich früher oder später zu krasse Gegensätze eher abstoßen als anziehen. Zum anderen gehört zu einer Freundschaft ja auch dazu, dass man authentisch sein kann, dass man dem anderen vertraut, sich auf denjenigen verlassen kann. Dass man sich auch ehrlich mal die Meinung sagen kann, ohne dass der andere eingeschnappt ist. Dass man zusammen viel lachen und Spaß auch außerhalb des Bettes haben kann. Befreundet sein bedeutet außerdem, dass man sich gut versteht, eine gute Chemie herrscht, dass man auf einer Wellenlänge ist.

Ich kann mir kaum Beziehungen vorstellen, bei denen es nicht der Fall ist.

Nun lese ich ab und zu mal so etwas wie: „Ich heirate meinen besten Freund!“ Klingt erst einmal total romantisch. Da frage ich mich aber auch: War das auch vor der Beziehung der beste Freund oder ist der Partner erst zum besten Freund geworden, nachdem man die Beziehung eingegangen ist? Ein wichtiges Detail.

Es klingt romantisch, weil es die Wunschvorstellung vieler bedient: Der Liebespartner ist nicht nur der Seelenverwandte, sondern auch noch der beste Freund. Er ist in mindestens zweierlei Hinsicht die absolute Nummer 1. In Liebesdingen sowieso aber auch freundschaftlich. Der Partner wird doppelt überhöht. An ihn kommt keiner ran. Der Partner ist einfach mein Ein und Alles.

Aber ist das wirklich gut? Sollte das unbedingt so sein? Oder hat das nicht auch Tücken, wenn wir diese Wunschvorstellung bedienen?


Was ist Freundschaft?

Das hängt davon ab, wie man Freundschaft oder überhaupt beste Freundschaft definiert.

Für mich war es eigentlich lange Zeit klar, dass ich eine Grenze zwischen Freundschaft und Liebe ziehe. Dass das für mich zwei verschiedene Kategorien sind, die sich nicht vermischen sollten. Aber das Leben ist komplex und unsere Beziehungen auch, viele lassen sich einfach nicht in Schubladen stecken. Aus Freundschaft kann sich auch Liebe entwickeln, die Stufen können leicht verwischen. Zumal Beziehungen auch im ständigen Wandel sind. Und so auch mein Konzept von Freundschaft.

Es kam mal vor, dass ich kurz in meinen besten Freund verknallt war. Wir kennen uns seit dem Kindergarten, sind seit dem Gymnasium unzertrennlich. Wir wurden schon immer komisch beäugt, viele glaubten nicht, dass wir wirklich nur befreundet sind. Als ob das total ausgeschlossen wäre, wenn ein Mädchen und ein Junge miteinander befreundet sind. Aber ja, für eine kurze Zeit war ich etwas verknallt und wollte mehr von ihm. Die Grenze zwischen Freundschaft und irgendwas mit Liebe wurde kurz übertreten. Doch so schnell wie es passierte, so schnell ruderte ich auch wieder zurück und stellte unseren Freundschaftsstatus wieder her. Seitdem ist das nie wieder passiert und ich kann es mir auch gar nicht mehr vorstellen. Er ist für mich wie ein Bruder, mit dem ich eben von klein auf zusammen war und erwachsen geworden bin.

Für mich ist es so, dass ich Freundschaften mit Männern so definiere, dass ich definitiv nichts von ihnen will, mich nicht von ihnen angezogen fühle und auch nichts Intimes haben will.

Das hat sich aber in den letzten Jahren geändert. Heutzutage ist diese strenge Definition von Freundschaft auch nicht mehr präsent. Nicht seitdem es „Freundschaft Plus“ gibt, bei der man miteinander befreundet ist, aber auch hin und wieder Sex miteinander hat. Und trotzdem ist man eher mehr befreundet als ein Paar. Die Freundschaft überwiegt und wird eben nur um das Sexuelle erweitert. Schon schräg. Heutzutage können Freundschaften auch Körperliches beinhalten, ohne, dass man die Freundschaft gleich in Frage stellt. Aber für mich sind solche Freundschaften eben keine typischen Freundschaften.


Ein anderer Freundschaftsbegriff

Doch ich habe meinen Freundschaftsbegriff in der Hinsicht auch etwas erweitert, nachdem ich dreimal dann tatsächlich auch Gefühle für männliche Freunde entwickelt habe und auch mehr daraus wurde. Selbst die Beziehung mit meinem aktuellen Freund hat sich aus einer Art anfänglichen Freundschaft entwickelt. Wobei von Anfang an eben auch Anziehung vorhanden war.

Aber gerade diese Ausnahmen haben mir gezeigt: Freundschaft und Liebe lassen sich oftmals nicht trennen. Die Grenzen sind ohnehin in den letzten Jahren sehr verschwommen. Und es gibt eben Fälle, in denen beide miteinander vermischen (sollten). Es gibt kein richtig oder falsch. Beziehungen lassen sich nicht in Schubladen stecken, weil sie zu vielseitig sind. Und in Beziehungen gehören Liebe und Freundschaft einfach auch zusammen. Nur in diesen liegt nicht dieses strenge Konzept von Freundschaft zugrunde. Es ist nicht mehr entweder-oder, sondern sowohl-als-auch. Es ist eine ANDERE Form von Freundschaft.

Wie ihr seht, hängt die Antwort auf die Frage: „Sollte der Partner auch der beste Freund sein?“ von der eigenen Definition von Freundschaft ab.

Und jeder definiert Freundschaft auch irgendwie anders.

Aber was stelle ich mir jetzt unter dem besten Freund vor? Davon mal abgesehen, dass mein bester Freund immer mein bester Freund seit Kindertagen bleiben wird. Also mein platonischer bester Freund.

Für mich ist ein bester Freund der wichtigste Freund, der, ohne, den es nicht gehen kann. Der, bei dem ich vollkommen ich selbst sein kann. Mit dem ich einfach schon so viel erlebt habe. Im besten Falle ist es der Freund, mit dem ich groß geworden bin, der weiß, was meine eigene Geschichte ist. Der Freund, mit dem ich viel lachen kann. Die Person, mit der ich mich gerne ärgere. Er ist ein super wichtiger Mensch. Für mich ist aber auch der beste Freund ein Mensch, mit dem ich nur platonisch zusammen bin, mit dem ich mich total vertraut fühle. Und da sträubt es sich in mir, meinen Partner auch als besten Freund zu bezeichnen.

Ich möchte mit meinem besten Freund nicht schlafen. Das ist alles andere als sexy.

Eine ganz große Vertrautheit entsteht automatisch während einer Beziehung. Und je vertrauter man sich ist, desto mehr nimmt (leider) auch die Leidenschaft ab. Das ist auch eine total normale Entwicklung. Ich denke, dass eine gesunde Balance von Vertrautheit und Leidenschaft optimal wäre für eine erfüllende Beziehung.


Zu viel Vertrautheit, Abhängigkeit und Druck

In meiner ersten Beziehung habe ich gemerkt, dass da einfach zu viel Vertrautheit war. Im Sinne von – wir haben uns einfach gehen lassen, weil es so gemütlich mit dem anderen war. Keine Mühe mehr gegeben, sich zusammenzureißen und schick zu machen. Wir haben mehr wie Kumpels zusammen gelebt.

Und das Problem: Wir waren füreinander wie beste Freunde. Und das war an sich total schön, weil ich komplett ich selbst sein konnte. Was haben wir doch miteinander gelacht, dass ich mir den Bauch halten musste. So fühlt es sich an, wenn der eigene Partner auch der beste Freund ist. Wir haben uns einfach blendend verstanden, hatten unsere Insider, verstanden uns ohne Worte, kannten uns in- und auswendig.

Und das führte leider auch dazu, dass jegliche Leidenschaft und Anziehung verloren ging. Weil wir einfach alles miteinander teilten und scheinbar alles voneinander wussten.

Und seitdem bin ich einfach generell skeptisch, ob das eine so gute Idee ist, wenn man den eigenen Partner zum besten Freund ernennt. Das geht sicherlich, aber eben nur in Maßen und wenn man aufpasst, dass die Vertrautheit nicht Überhand nimmt.

Ein Argument dagegen ist, dass es auch enormen Druck auf den Partner ausüben kann. Weil wir einfach zu viele Erwartungen stellen. Der Partner soll am besten der Liebhaber, der Seelenverwandte, Familie, der Partner in Crime sein – und dann auch noch der beste Freund? Ist das nicht vielleicht etwas too much für eine Person?

Außerdem besteht die Gefahr, dass man sich zu sehr auf den Partner einschießt. Wenn der ohnehin der beste Freund ist – wozu braucht man noch andere Freunde, wenn man seine Zeit mit dem Besten verbringt? Man hat ja dann sozusagen alles in einem. Sehr leicht besteht die Gefahr, sich seine eigene Blase zu schaffen, Freundschaften zu vernachlässigen. Und schon entsteht eine gewisse Abhängigkeit.

Und wenn die Beziehung doch mal in die Brüche geht? Dann verliert man nicht nur den Liebespartner, sondern auch noch den besten Freund.

Keiner kann mir sagen, dass das nach der Trennung wirklich gut und oft klappt mit dem „Lass uns Freunde bleiben“. Denn danach ist nichts mehr so wie es war. Die Trennung macht mit einem viel, die Verletzungen und der Schmerz sitzen zu tief. Da ist erst einmal nichts mit Freundschaft.

Ich mache das gerade selbst durch. Ich trauere meiner ersten Beziehung nicht unbedingt wegen der Liebe hinterher. Sondern weil ich meinen besten Freund verloren habe. Das ist das, was am meisten wehtut. Der Mensch, der mir am nächsten war, mein bester Freund, ist nicht mehr in meinem Leben. Wer weiß, ob er irgendwann mal wieder zurückkommt?

Darum fürchten sich so viele davor, eine Beziehung mit dem besten Freund anzufangen – aus Angst, dass sich dadurch die Freundschaft verändert und man bei Beziehungsende den Freund verliert.

Ob nun der eigene Partner der beste Freund ist oder nicht – das sollte natürlich jeder für sich entscheiden. Manche kommen damit gut klar, andere vielleicht weniger.

Vielleicht ist es besser zu sagen, dass der Partner so sein kann, WIE ein bester Freund. Er muss nicht der beste Freund sein. Aber er ist dem ebenbürtig.

Ich für meinen Teil wünsche es mir schon, dass mein Partner mein bester Freund ist. Oder zumindest wie mein bester Freund. Aber vielleicht sollten wir uns von diesen Erwartungen lösen und den Fokus darauf legen, eine gute Freundschaft zum Partner zu pflegen. Das reicht in den meisten Fällen auch schon für eine erfüllende Beziehung aus.

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