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Eine Freundschaft Plus kann doch funktionieren!

Freundschaft Plus. Nichts halbes, nichts ganzes. Das kann doch niemals klappen. Einer von beiden wird immer damit unglücklich werden. So sagt man. Seit einigen Wochen führe ich selbst eine F+. Und muss sagen: Es ist viel unkomplizierter als gedacht!

Ich hatte schon alle möglichen Beziehungsformen: eine feste Beziehung, aktuell eine offene Beziehung, eine Art Situationship mit meiner Affäre, von der ich eigentlich mehr wollte, jede Menge ONS. Doch erst vor Kurzem habe ich eine neue Beziehungsform für mich entdeckt: die Freundschaft Plus (F+).

Freunde mit gewissen Vorzügen, Friends with benefits. Man kennt es inzwischen, das ist der heiße Scheiß der Generation Z, beziehungsweise war es mal, bevor die F+ von Situationships abgelöst wurde.

Was ist denn eigentlich eine F+? Da gibt es auch unterschiedliche Auffassungen. Für mich ist eine F+ eben eine Freundschaft, die über das Platonische hinausgeht. Die Freundschaft steht ganz klar im Fokus, man versteht sich gut, trifft sich öfter, unternimmt was miteinander, teilt ähnliche Interessen und Ansichten. Doch der Unterschied zu einer normalen Freundschaft: Hin und wieder hat man auch miteinander Sex. Man findet sich gegenseitig attraktiv und sexuell anziehend und klar mag man sich – aber von romantischen und tieferen Gefühlen keine Spur. Sollte man meinen.

Menschen entscheiden sich aus verschiedenen Gründen dafür: Vielleicht kommen sie aus einer längeren Beziehung, haben darauf nicht wieder Bock und wollen lieber was Unverbindliches. Sie wollen aber trotzdem Nähe, Vertrautheit und Sex, wollen nicht drauf verzichten. Und wenn man jemanden hat, mit dem man sich gut versteht und den anziehend findet, und das auf Gegenseitigkeit beruht – warum also nicht? F+ ist super, wenn man keinen Bock auf unverbindliche und seelenlose ONS hat oder keinen Bock hat, ständig nach neuen Sexpartner*innen zu schauen. Es ist bequem, wenn man jemanden hat, der einem quasi immer zur Verfügung steht.

Für andere ist es so, dass sie eben keine Lust auf etwas Festes und Verbindliches haben, kein Drama wollen, sondern unkompliziert ihren Spaß haben wollen. Das suggeriert F+ auch. Es soll am besten ganz unverbindlich und unkompliziert sein. Niemand ist dem anderen böse, wenn die F+ aufhört. Dann wird eben aus dem F+ eine normale Freundschaft.

Warum Freundschaft Plus meist nicht klappt

Doch wie so oft funktioniert nicht alles nach Plan. F+ funktioniert so lange, wie sich beide einig sind, wie das Spiel laufen soll. Solange sich keiner verliebt und mehr will, alles schick. Aber wehe, einer von beiden will mehr, will, dass es exklusiv wird, dass der andere sich nicht mit wem anders trifft und eine Beziehung will. Dann ist die herrlich unkomplizierte Fassade der F+ Geschichte.

Ich habe auch immer gedacht, dass Freundschaft+ nicht funktionieren kann. Weil wir Menschen sind mit Gefühlen. Weil beim Sex einfach auch eben solche tieferen Gefühle entstehen können. Und wenn man dann auch noch sich gut versteht und viel Zeit miteinander verbringt. Warum sollte man mit dieser Person nicht auch eine Beziehung eingehen? Es scheint doch menschlich und körperlich gut zu passen.

Filme und Bücher suggerieren uns auch meist, dass F+ nicht klappt. Entweder geht es in die Brüche, weil einer mehr will oder die F+ verwandelt sich wie so oft doch in eine echte Beziehung.

Aktuell kann ich am eigenen Leib erfahren, was es heißt eine F+ zu führen. Seit einigen Wochen treffe ich einen 18-Jährigen, den ich über Joyclub kennengelernt habe. 12 Jahre liegen zwischen uns. Viele Jahre, die uns trennen. Dass wir aus komplett unterschiedlichen Generationen kommen und anders aufgewachsen sind, wurde mir vor allem am Anfang bewusst. Das war es auch, was das Ganze so reizvoll machte. Generationsübergreifende Verbindungen reizen mich einfach.

Meine Erfahrungen mit F+

Ich war auch einfach neugierig, wie es ist, mit einem so jungen und unerfahrenen Burschen zu schlafen. Und ihm das eine oder andere beizubringen. Das machte es auch interessant. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, obwohl wir doch unterschiedlich alt waren. Doch ich habe sofort irgendwie eine besondere Connection gespürt. Wir sind uns in vielerlei Hinsicht ähnlich, ich erkenne mein jüngeres Ich in ihm wieder. Ich will ihn auf dem Weg zur Selbstfindung begleiten, schauen, wie er wirklich erwachsen wird und sich weiter entwickelt und ihn dabei unterstützen.

Je mehr wir miteinander schrieben und je öfter wir uns trafen, desto mehr schloss ich ihn in mein Herz. Schon bald war er zu einem besonderen Freund für mich geworden. Einen Freund, den ich nicht mehr in meinem Leben missen möchte. Sehr schnell spürte ich schon eine tiefe Zuneigung zu ihm. Ich sorgte mich um ihn, wollte, dass es ihm gut ging. Das waren Gefühle, die ich so eigentlich bisher eher nur aus meinen romantischen Beziehungen kannte. Die anderen Männer wiederum waren mir egal. Wenn er einer mich nicht wollte, dann gab es ja immer noch genug andere. Aber bei ihm ist es mir nicht egal und ich bin mega happy, dass wir uns gefunden haben.

Und klar war da auch von Anfang an eine sexuelle Anziehung zwischen uns. Dass wir auch körperlich auf einer Wellenlänge sind, hatten wir bei unserem ersten Sex auch gemerkt. Die meisten ersten Male sind nicht so berauschend, aber bei ihm war es dann doch anders. Es hat einfach gepasst.

Wenn Gefühle doch ins Spiel kommen

Bisschen tricky: Zwischenzeitlich war ich dann doch etwas in ihn verknallt oder zumindest habe ich für ihn geschwärmt. Und mich immer wie ein kleines Kind gefreut, wenn er mir wieder geschrieben hat. Er ist so anders als all die anderen Männer, die ich bisher gedatet habe: so rein und unschuldig. Er kennt diese ganzen Datingstrategien nicht, ist noch nicht „verdorben“. Fast hatte ich befürchtet, dass ich mich ernsthaft in ihn verlieben könnte. Aber inzwischen mache ich mir da weniger Sorgen darum. Ich finde ihn ganz süß und ja der Sex mit ihm ist toll – aber mehr ist da auch nicht. Es fehlt dieses wirkliche Kribbeln, wie ich es bei meinem Freund spüre. Von Liebe kann auch nicht die Rede sein. Und ich weiß einfach, dass er für eine Beziehung einfach nicht der Mann ist, den ich will und brauche. Insofern absolut keine Konkurrenz zu meinem Freund.

Das, was wir haben, ist genau das, was ich mir unter einer Freundschaft Plus vorstelle. Wir sehen uns regelmäßig, gehen jede Woche zusammen bouldern, schreiben täglich miteinander, freuen uns auch, wenn wir uns spontan öfter sehen. Und wir schlafen ab und zu miteinander. Wir mögen uns sehr, haben gemeinsame Interessen, haben viel Spaß miteinander. Aber wir sind nicht ineinander verliebt. Wenn der Sex wegfallen würde, wäre es für uns beide nicht der absolute Untergang. Die Freundschaft würde trotzdem bestehen bleiben. So unkompliziert kann es sein.

Auch wenn ich gestehen muss, dass ich doch einen leichten Stich Eifersucht gespürt habe, als er von einer Frau erzählte, die er neulich getroffen und mit der er sich gut verstanden hatte. Aber mehr ist daraus nicht geworden. Da habe ich kurz schon bisschen Eifersucht gespürt, was eigentlich total bescheuert ist. Ich habe keinen Besitzanspruch, wir sind nicht exklusiv und vor allem ich nicht. Wir wissen beide voneinander, dass wir es nicht sind. Er weiß von meiner offenen Beziehung und meinen ganzen Dates. Ich kann da sehr offen mit ihm reden. Zwischenzeitlich dachte ich, dass er vielleicht Gefühle für mich hat, weil er eben so oft schrieb und meine Nähe suchte. Irre ich mich da vielleicht?


Mehr Freundschaft als Plus

Ich habe das, was wir miteinander haben, klar definiert und für ihn war und ist es okay. Vielleicht war ich auch nur etwas eifersüchtig, weil ich derzeit die Person bin, die ihm am nächsten steht. Außer mir hat er keine wirklichen Freund*innen. Mit mir verbringt er am meisten Zeit. Ist es egoistisch, dass ich möchte, dass es so bleibt? Dass ich ihn nicht teilen will? Es gefällt mir, zu wissen, dass ich quasi schon irgendwie etwas Besonderes bin. Das ist er für mich auch. Nur nicht im romantischen Sinne.

Derzeit liegt bei uns der Fokus eindeutig mehr auf der Freundschaft als auf dem Plus. Inzwischen ist es auch nicht mal so, dass wir uns großartig küssen, wenn wir uns sehen. Anfangs habe ich die körperliche Nähe mehr gesucht, wollte ihn mehr küssen, aber das hat nachgelassen. Die sich langsam anbahnenden romantischen Gefühle sind anscheinend etwas verebbt. Aber vielleicht ist das auch eher so ein Kommen und Gehen, Gefühle sind im Wandel. Wenn wir wieder einmal Sex haben werden, kommt das alles wieder zurück. Aber derzeit bin ich ganz zufrieden, wie es mit uns läuft.

Es ist insofern auch eine besondere Freundschaft, nicht nur wegen des Sexes, sondern, weil wir recht viel Kontakt miteinander haben und uns so oft sehen. Vor allem der tägliche Kontakt ist etwas, was ich bisher nur von Beziehungen kannte. Für mich schon eine echt besondere Erfahrung, mal so eine Art von Beziehung zu jemandem zu pflegen, der nicht mein Partner ist.

Situationship versus F+

Es ist anders als die Konstellation, die ich vor zwei Jahren mit meiner Situationship und meiner festen Beziehung hatte. Mit der Situationship bzw. Affäre wollte ich fest zusammen sein. Ich war ganz stark verliebt, wir haben uns öfter gesehen und geschrieben, die körperliche und emotionale Nähe war ganz anders als jetzt mit der F+ Und der Fokus lag nicht auf Freundschaft, auch wenn die uns auch verbunden hatte. Es war eindeutig romantischer Art, es fühlte sich wie eine Beziehung an. Wir haben viele Dinge zusammen gemacht, die Pärchen machen würden. Ich wollte ihm körperlich immer sehr nah sein, das ist bei der F+ jetzt anders. Aber erst jetzt wird mir klar, dass es nie eine hätte sein können. Weil unsere Beziehung ein Ablaufdatum hatte von Anfang an. Es war immer eine Situationship, die sich nur wie eine Beziehung anfühlte, aber nie wirklich eine war.

Derzeit habe ich also eher positive Erfahrungen mit F+ gemacht. Liegt aber sicherlich auch daran, dass ich selbst in festen Händen bin. Es wäre vermutlich wie bei ihm etwas anderes, wenn ich Single wäre. Dann könnte die Gefahr bestehen, dass ich mich ernsthaft verliebe. Aber so ist es auch schön, eine Art zweite Beziehung neben meiner Beziehung zu führen, die jedoch nicht diese emotionale Tiefe, Nähe und Verbundenheit hat.

Ich weiß nicht, wie es sein wird, wenn er anfangen wird zu daten. Werde ich dann eifersüchtig? Vermutlich. Aber damit muss ich dann klarkommen. Bisschen Sorge habe ich jedoch, wenn er eines Tages wirklich ernsthaft jemanden kennenlernt, mit dem er zusammen sein will. Denn dann wird das mit uns enden, was ich schon etwas traurig fände. Die Freundschaft würde bestehen bleiben, aber sich sehr ändern. Wir werden sehen, was die Zukunft mit sich bringt.

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