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Wie es ist, 30 zu sein


Jetzt steht doch bei meinem Alter tatsächlich eine 3 vorne. Ich bin 30. Unfassbar! Ich konnte mir das damals nicht vorstellen, wie es mal sein wird, 30 zu sein.

Irgendwie war das für mich immer so eine magische Zahl, die so voller Bedeutung war. Als ob ich dann tatsächlich die Schwelle zum Erwachsensein überschritten hätte. Als ob sich mit der 3 vorne plötzlich mein Leben total wandelt. Plötzlich das Leben so richtig ernst wird. Ein bisschen Angst hatte ich vor der 30. Das klingt für jemanden, der noch in den 20ern steckt, so alt und so weit weg. Dabei ist 30 ja nicht mal alt, sondern immer noch jung. Kommt eben darauf an, mit welchem Alter man es vergleicht.

Warum habe ich der 30 so viel Bedeutung zugeschrieben? Vielleicht weil es die Medien tun? Weil wir die Sprüche der Familie, Freund*innen und Bekannten in den Ohren haben? Weil man es überall hört und liest, dass sich mit 30 gefühlt alles verändert?

Dabei ist es doch eigentlich nur eine Zahl. Und eigentlich spielt das biologische Alter keine Rolle. Man ist so alt, wie man sich fühlt. Machen wir uns nicht alle ein wenig verrückt, wo es doch nur eine dämliche Zahl ist, die nichts darüber aussagt, wie man sich eigentlich fühlt und wo man eigentlich steht?


Wie ich mir die 30er vorgestellt hatte

Aber auch ich war dem Irrglauben erlegen, mit 30 möglichst viel geschafft zu haben. Mein Leben mit 30, wie ich es mir Anfang 20 vorgestellt habe, sah noch ganz anders aus als es jetzt ist.

Damals dachte ich noch, dass ich ewig mit meiner ersten und einzigen Jugendliebe zusammen sein werde. Malte mir aus, dass wir inzwischen in unserer eigenen Eigentumswohnung wohnten, ein Haustier hatten, verheiratet und so langsam mit der Familienplanung anfingen. Noch verrückter war die Vorstellung, mit 30 wirklich schwanger zu sein. Und ich dachte, ich würde ewig in meinem Job als Journalistin und Redakteurin verharren. Ich wollte eigentlich mit 30 auch meine Berufung gefunden und eine Reise nach Japan gemacht haben. Beides noch nicht geschafft. Wahrscheinlich wird beides noch lange auf sich warten. So vieles hatte ich mir vorgenommen, was ich hätte erreichen sollen.

Ich hatte darüber schon einmal 2021 geschrieben. Damals ging es darum, ob das Leben mit Ende 20 wirklich ein Ende ist oder nicht eher ein Anfang? Ich denke, es ist beides. Aber muss es nicht sein.

Damals hatte ich noch an all den Dingen, die ich mir vorgenommen hatte, festgehalten. Hatte geglaubt, dass das Leben so vorhersehbar und einfach zu planen wäre. Wie sehr ich mich geirrt habe. Innerhalb von dem letzten Jahr hat sich mir deutlich gezeigt, dass das Leben einfach sehr oft einfach das macht, was es will. Ohne mich zu fragen. Gegen manche Dinge kann man schlecht was tun. Aber trotzdem hatte ich das vergangene Jahr vieles in der Hand. Auch wenn ich nicht alles kontrollieren konnte, hatte ich Einfluss darauf, wie ich damit umgehe.

Mit Ende 20 hatte ich noch ein gewisses Bild von dem, was mein Leben mit 30 und später bringen wird. Doch jetzt mit 30 ist irgendwie alles anders. Dabei dachten wir doch alle, dass wir mit Anfang 30 so langsam Wurzeln schlagen, zur Ruhe kommen, dass das Leben jetzt endlich die Form annimmt, die man sich erhofft hat. Man sucht Halt und Stabilität, lässt sich weniger auf Neues und Abenteuer ein. Die wilden Zeiten sind vorbei. Das dachte ich, würde auch auf mich zutreffen.

Doch wie so oft, kam das Leben dazwischen.

Ist das schlimm? Nicht wirklich. Es ist halt so, wie es ist. Weder besser noch schlechter. Aber vielleicht ist es auch ganz gut, dass ich nicht meinem erdachten Lebensweg gefolgt bin.

Denn hätte ich daran festgehalten, würde ich noch immer in einer Beziehung stecken, die mich gar nicht glücklich macht. Würde ich einfach nur bei einem Partner bleiben, weil es Gewohnheit und nicht mehr wirklich Liebe ist.


Wie sich mein Leben gewaltig veränderte

Mein Leben mit 30 ist ein anderes als mit Anfang 20 und noch anders als mit Ende 20. Ich bin nicht mehr der Mensch vor einem Jahr. Ich habe mich so sehr weiter entwickelt, durch den neuen Beruf und durch die neue Liebe. All das, was ich auch an neuen Erfahrungen gemacht habe, hat mich geprägt und verändert.

Während andere vielleicht mit 30 ruhiger werden, zeichnete sich nun bei mir ab, dass es anders wird. Dass der Lebenslauf eben ganz andere Formen annehmen kann. Dass er niemals in Stein gemeißelt ist, auch wenn ich mir Stabilität und Sicherheit erhoffe. Es kommt immer etwas dazwischen.

Ich habe eher das Gefühl, dass mit 30 mein Leben erst so richtig anfängt. Ich fühle mich noch nicht zu alt, um nicht noch feiern zu gehen. Im Gegenteil: Das, was ich in meinen 20ern verpasst habe, will ich jetzt nachholen. Ich will feiern und tanzen gehen, so viel wie ich will. Auch wenn mein Freund, 5 Jahre älter, da leider nicht mehr mitmacht. Er sei zu alt dafür, seine wilden Zeiten seien vorbei. Er würde stattdessen gemütlich auf dem Sofa kuscheln oder am Strand liegen. Das kann auch schön sein, aber manchmal will ich nicht gemütlich sein, sondern raus aus der Komfortzone kommen.


Vertauschte Lebensphasen

Es ist fast so als wären meine 20er und jetzt die kommenden 30er vertauscht. Zwei Lebensphasen, die eigentlich anders arrangiert sein sollten. Als ob ich meine Jugend etwas verspätet genießen würde. Es ist ja heutzutage auch so, dass gerade die Phase der Selbstfindung längst nicht mehr die Jugend umfasst, sondern weit darüber hinaus geht bis in Ende 20. Und warum nicht auch noch weitergeht bis 30. Eigentlich ist Selbstfindung ja auch ein lebenslanger Prozess. Der endet nicht einfach so, nur weil man plötzlich 30 ist.

Aber wer sagt, dass es so sein muss. Wer gibt überhaupt vor, dass wir mit 30 anfangen, langweilig und spießig zu werden? Wer gibt vor, dass wir dann einen Job haben müssen, den wir so schnell nicht mehr kündigen und einen Partner, mit dem wir ewig zusammen bleiben wollen? Wer gibt vor, dass wir mit 30 eigentlich mal einen Ruhigen machen und lieber Kind und Haushalt hüten sollten?

Das ist ein Lebensweg von gestern! Mag sein, dass er zu vielen Menschen noch passt, aber zu mir längst nicht mehr.

Von wegen die ruhigen 30er. Ich bin frisch verliebt in meinen Freund, mit dem ich bald in wilder Ehe leben werde. Ohne Trauschein und ohne Kinder und das für eine hoffentlich lange Zeit. Darauf haben wir uns geeinigt. Statt einer streng monogamen Beziehung, besuchen wir Swingerclubs und schlafen auch mal mit anderen Menschen. Und trotzdem fühlen wir uns sehr miteinander verbunden. Eine Art von Beziehung, die ich mir noch vor einem Jahr einfach niemals vorgestellt hätte.

Klar, die Beziehung ist noch relativ jung und von Unsicherheiten geprägt, nicht vergleichbar mit meiner langjährigen Beziehung, von der ich glaubte, dass sie ewig halten würde. Ich bin jetzt in den 30ern und habe meine emotionale Unschuld verloren. Glaube nicht mehr an die eine große Liebe und das ewige Glück, bis dass der Tod einen scheidet. Ich bin realistischer geworden, nicht mehr so naiv wie vor einem Jahr oder mit Mitte 20. In der Hinsicht bin ich tatsächlich emotional gereift.


Alles auf neu

Ich hätte damals nicht gedacht, dass ich tatsächlich noch mit Ende 20 eine neue Beziehung anfangen würde, geschweige denn, meine langjährige Beziehung beenden würde.

Mit 30 tatsächlich einmal verheiratet und dann geschieden zu sein. Definitiv nicht mein Lebensziel. Aber so ist es nun einmal. All das war nicht vorgesehen. Aber ich bin froh, dass es so passiert ist. Aber es ist zumindest gut, dass die Scheidung durch ist, der Lebensabschnitt abgehakt ist und ich neu anfangen kann.

Mit Ende 20 habe ich einen sicheren, aber langweiligen Job hingeschmissen, mich noch einmal komplett neu orientiert. Habe mich trotz aller Risiken in diesen neuen Job eingearbeitet, auch wenn es sehr schwer war. Es hat sich gelohnt. Denn ich habe in diesem einen Jahr mehr erlebt und gelernt als in den Jahren zuvor.


Keine Sicherheit, stattdessen viel Aufregung

Während andere mit Ende 20 und Anfang 30 nach Sicherheit streben, war bei mir der Impuls der Veränderung und das Abenteuer viel zu stark, als dass ich ihm widerstehen konnte. Als ob mir das Leben sagen wollte: Es ist noch zu früh, um wirklich zu ruhen. Es gibt noch so viel zu tun. Da ist noch so viel Potenzial, was du nur entfalten kannst, wenn du dich frei machst von all dem, was dich einschränkt. Raus aus der Komfortzone! Man ist nie zu alt für Veränderungen.

Alles auf Anfang. Alles neu. Mein Leben mit 30 steht ganz im Zeichen der Veränderung, der Selbstfindung und Selbstentwicklung. Ein Lebenslauf mit einigen Umbrüchen.

Es hatte sich schon Mitte 20 abgezeichnet, dass mein Leben sich sehr verändern wird. 2015 war der erste große Wandel meines Lebens. Und das war nur der Anfang. Letztes Jahr mit Ende 20 kamen noch einige größere Veränderungen hinzu, die noch heute nachhallen.


Das Alte loslassen, was einen einschränkt

Von wegen mit 30 mit dem langjährigen Partner verheiratet sein, ein Eigenheim und Kinder haben, einen ruhigen Job haben, es gemütlicher angehen lassen. Davon bin ich weit entfernt! Aber bin ich deswegen irgendwie enttäuscht? Nicht wirklich. Ich bin ehrlich gesagt ganz happy damit und habe das Gefühl, dass dieses Leben, wie ich jetzt führe, eher zu mir passt als das, was ich Jahre zuvor hatte.

Mein Partner hat schon längst nicht mehr wirklich zu mir und meinem Leben gepasst. Ich hatte das Gefühl, dass wir uns gegenseitig in unserer Entwicklung gebremst haben. Doch jetzt sind wir beide wieder frei und können uns frei entfalten – jeder für sich.

Doch mit meinem jetzigen Partner bin ich mehr auf einer Wellenlänge, wir ergänzen uns gut, auch wenn es immer wieder Reibungspunkte gibt. Wir pushen uns gegenseitig, wollen uns beide weiterentwickeln.

Mein alter Job hat mich auch nicht wirklich erfüllt. Der neue Job fordert mich zwar immer wieder heraus, aber vor allem im Positiven. Ich bin dadurch viel selbstbewusster geworden, haben neues Wissen und neue Skills erworben.

Mir ist vor allem im vergangenen Jahr klar geworden, dass mein Lebensziel vor allem meine eigene Selbstentwicklung ist und anderen Menschen zu helfen. Ein Kind dagegen passt gar nicht in mein Lebenskonzept rein. Das würde mir die Freiheiten nehmen, die ich für die Entfaltung brauche. Ich muss erst einmal mich selbst finden und mich auf mich konzentrieren, ehe ich Verantwortung für ein anderes Lebewesen übernehmen kann. Wahrscheinlich wird das auch nicht passieren.

Ich fühle mich erst gesagt auch nicht wie 30. Wie sollte man sich da fühlen? Reifer? Älter? Gelassener? Ich fühle mich jünger, aber definitiv nicht wie 30. Für mich ist es noch etwas anderes, wenn andere Menschen 30 sind. Aber gefühlt bin ich emotional und gedanklich eher in den 20ern steckengeblieben. Auch das finde ich vollkommen okay.

Ich bin schon irgendwie reifer geworden, aber in vielen Dingen immer noch naiv. Wenn ich mich mit meiner Kollegin, die 37 ist, vergleiche, die so viel mehr Lebenserfahrung gefühlt hat und sogar zwei Kinder, fühle ich mich im Vergleich zu ihr noch immer sehr naiv und irgendwie unerfahren. Aber das hängt dann eher weniger von dem eigentlichen Alter ab, als von den Lebenserfahrungen und Umständen.

Ich bin etwas gereift, aber vermutlich noch im Herzen 10 Jahre jünger. Und sehe witzigerweise auch so aus. Mich halten die meisten Menschen nicht annähernd für 30. Das liegt an meinen guten asiatischen Genen. Wenn ich niemanden mein eigentliches Alter verraten würde, würde mir jeder abkaufen, dass ich eher Anfang oder Mitte 20 bin.

Wenn man sich nicht wie 30 fühlt und nicht so aussieht, dann spielt es für mich auch nicht wirklich eine Rolle, dass ich schon 30 bin.

Ich weiß nicht, was die 30er noch bringen wird. Langweilig wird es definitiv nicht werden. Ich weiß nur, dass die 30er anders, aber besser sind als gedacht. Dass bestimmte Dinge nicht so passierten, wie ich es erwartet habe. Aber das ist okay. Es soll so sein.

Wenigstens weiß ich jetzt mehr, wer ich bin und was ich in meinem Leben will. Und was nicht. Das ist doch schon mal etwas.


Wir machen uns selbst zu viel Druck

Am Ende ist alles nur in unseren Köpfen. Die erschreckenden 30er und alles, was damit verbunden ist. Ob die 30 am Ende wirklich so schlimm sind, wie gefürchtet, das hängt sehr von einem selbst ab. Wie unser Leben mit 30 ist, das entscheiden wir selbst. Wir können uns dem Dogma unterwerfen, uns selbst den Stress antun und mit 30 den Partner fürs Leben auserwählen, Kinder bekommen und gesitteter werden. Uns eine Bucketlist aufschreiben und uns ganz viel vornehmen, dass es in der Liebe, im Job, bei der Persönlichkeitsentwicklung mit 30 gut laufen wird. Dass wir mit 30 endlich reifer, erwachsener und bodenständiger geworden sind. Endlich unser Leben im Griff haben.

Am Ende machen wir es uns nur selbst schwer. Denn niemand hat das Recht unser Leben zu beurteilen, denn es ist unser Leben. Wir sind es, die so kritisch sind und uns selbst so hohe Erwartungen stellen. Warum ist es so wichtig, mit 30 dieses oder jenes Ziel zu erreichen? Was haben wir davon? Und macht es wirklich einen Unterschied, ob wir es mit 30 schaffen, ein Haus zu bauen oder kann das nicht noch paar Jahre warten? Was passiert schlimmes, wenn wir es nicht schaffen?

Wie können wir es besser machen? Uns den Druck nehmen, Erwartungen, die vollkommen überzogen, unrealistisch und sinnlos sind, loslassen. Nicht das tun, von dem wir meinen, dass sich das mit 30 so gehört. Sondern auf unsere innere Stimme hören und was für ein Leben wir führen wollen. Was wollen wir im Leben erreichen? Und müssen wir das unbedingt schaffen, bis wir 30 sind? Kommt es so sehr auf unser Alter an? Kommt es so sehr auf das eine oder andere Jahr an? Ich glaube nicht. Am Ende kommt es auf ein erfüllendes Leben mit Zielen an, die uns weiterbringen und nicht unbedingt an ein Ablaufdatum geknüpft sind.

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