Direkt zum Hauptbereich

TikTok-Trends: Boyfriend und Girlfriend effect auf dem Prüfstand

Auch wenn ich nicht auf TikTok viel unterwegs bin, schnappe ich doch immer wieder bei meinen Recherchen Trends und Begriffe auf. Heute geht es um den „Boyfriend Effect“ und den „Girlfriend Effect“. Was steckt dahinter und ist da wirklich was dran?

 

Bei diesen beiden Begriffen handelt es sich um „Phänomen“ in der Beziehungsdynamik, wie die Beziehung zu einem Menschen dich beeinflussen – positiv oder negativ. Das ist alles nichts Neues, bekommt aber mit den beiden Begriffen doch wiederum einen freshen Touch.

Boyfriend Effect

Der Boyfriend effect bezieht sich auf Frauen in Beziehungen mit einem Mann. Legten sie vor der Beziehung noch großen Wert auf das Äußere, waren top gestylt und geschminkt, bevorzugen sie in der Beziehung auch mal die bequemen Klamotten, schminken sich nicht, fahren plötzlich auch auf weniger „weibliche“ Dinge wie Games und Youtuber ab. Sie passen sich quasi dem Boyfriend an, der vorher eher der war, der lässig war. Das ist eigentlich das Klischee schlechthin, was suggeriert wird: Als Single putzt man sich noch heraus, aber sobald man in der Beziehung ist, lässt man sich gehen. Es fühlt sich einfach so bequem in der Komfortzone an, dass man einfach man selbst sein darf und sich nicht mehr besonders hübsch machen muss.

Einige behaupten, dass Frauen das dann absichtlich machen, damit sich die Männer ein wenig wohler fühlen, wenn sich die Frauen quasi auf deren Ebene begeben, sich also abwerten, was ich diskussionswürdig finde. Das klingt ja so, als würden Frauen generell in einer höheren Position sein oder tendenziell mit Männern zusammenkommen, die vielleicht nicht so attraktiv sind und die Frauen würden sich eher anpassen, damit diese sich wohler fühlen.

Girlfriend Effect

Der Girlfriend effect wiederum geht in die andere Richtung. Auch hier beeinflusst die Partnerin denn Mann. Aber dieses Mal vermeintlich zum Positiveren. Waren die Männer zuvor vielleicht nicht so stylisch angezogen und attraktiv, blühen die Männer mit Frauen an ihrer Seite plötzlich auf. Als ob die Attraktivität der Frauen auf die Männer abfärbt. Ganz böse könnte man auch die Theorie aufstellen, dass die Männer ihren Frauen die Attraktivität entziehen, die wiederum unattraktiver werden. Aber das ist schon sehr zugespitzt formuliert.

Frauen beeinflussen ihre Männer, sagen ihnen, was ihnen steht und Männer übernehmen das auch. Bei dem Effekt wird nicht die Frage danach gestellt, ob die Männer das wirklich freiwillig wollen. Es klingt fast ein wenig so, als würden sie blind auf ihre Freundinnen hören und es einfach ihr zuliebe tun. Aber wer weiß, vielleicht finden sie es auch toll.


Kritik an den beiden Trends

Ich finde beide Konzepte, die dahinter stecken, etwas kritisch und das aus verschiedenen Gründen.

Zum einen gehen beide ja von heteronormativen Beziehungen aus. Es geht immer um Paare, die aus Mann und Frau bestehen, beide natürlich klassisch heterosexuell. Und dann wird auch noch mit Geschlechterklischees gespielt. Es sind immer besonders weibliche Frauen, die typisch weibliche Dinge machen, sich besonders schminken, schick kleiden.

Eine andere Sache ist, dass sich beides hauptsächlich aufs Optische konzentriert, es geht ums Oberflächliche. Wie verändert man sich vom Äußeren her, wenn man in einer Beziehung ist?

Klar kann man ganz oberflächlich betrachtet beide Effekte als positiv einschätzen. Beide Partner beeinflussen sich gegenseitig. Frauen fühlen sich so wohl, dass sie sich gehen lassen können und Männer werden plötzlich richtig attraktiv. Das klingt vermeintlich gut.

Aber ist es nicht ein wenig fragwürdig, dass man sich dann doch so krass verändert, nur weil der Partner einen beeinflusst? Also quasi sich an den Partner so sehr anpasst, damit man besser zueinander passt? Wenn man damit glücklich ist, go for it! Aber ich sehe da auch ein Stück bisschen zu sehr Anpassung und Verlust der eigenen Individualität. Wenn es aber beide gut finden und damit zufrieden sind, spricht nichts dagegen. Ich bin da sehr unsicher, wie ich das einschätzen soll.

Social-Media-Ideal hinterfragt

Und warum hat es laut diesem TikTok-Trend eher nur Vorteile für den Mann, in einer Beziehung zu sein, während Frauen an Attraktivität einbüßen? Vermeintlich. Laut Social Media ist es eher ein Downgrade für Frauen, weil sie dann eben nicht mehr total schick aussehen, bevor sie ihre Boyfriends kennengelernt haben. Weil sie dann plötzlich eben eher natürlicher aussehen, sich nicht mehr so auftakeln wie zuvor. Aber ist das denn unbedingt etwas schlimmes?

Social Media sagt: Na klar. Dort geht es eben nur um Schönheit, um mehr Schein als Sein. Aber das, was die Frauen dann von sich zeigen, ist deren wahres Ich, eben komplett ungeschminkt. Nicht gestellt, komplett natürlich. Ein Ich, was eben nicht immer vorzeigbar, aber dafür authentisch ist. Und diese Authentizität ist ja an sich etwas total wundervolles. Wenn man jemanden gefunden hat, der einen ungeschminkt liebt, so wie man ist. Ist das nicht großartig?

Im Umkehrschluss bedeutet es: Wer nicht hübsch angezogen und total hergemacht aussieht, ist halt einfach nicht attraktiv. Aber Attraktivität ist doch mehr als das, finde ich. Und Schönheit kommt eben auch von innen. Besonders Frauen, die sich authentisch geben, natürlich sind, keine Angst davor haben, sich auch mal nicht von ihrer Schokoladenseite zu zeigen – die sind halt einfach out auf Social Media.

Aber ich frage mich, ob nicht diese die Gewinnerinnen sind. Weil sie es einfach nicht mehr nötig haben, jemanden zu beeindrucken. Weil sie jemanden gefunden haben, der sie eben auch liebt, wenn kein Filter drauf ist. Ist doch egal, was der Rest der Welt von einem hält, Hauptsache für den Liebsten ist man immer noch die schönste und tollste Person überhaupt.

Ich frage mich auch, ob dieser Trend dann nicht ein wenig hinterfragt, ob es für Frauen so gut sei, mit jemandem zusammen zu sein. Denn dann würden sie ja ihre Schönheit einbüßen und das wäre ja furchtbar! Suggeriert uns dieser Trend nicht, dass Frauen lieber Single bleiben sollten, weil der Einfluss der Boyfriends so gar nicht gut wäre?

Der eigentliche Beziehungseffekt

Ich finde an sich die Idee hinter den beiden Konzepten schon irgendwie eigenartig, aber interessant zugleich. Es geht darum, wie sehr man sich aneinander gewöhnt, wie sehr man sich dem anderen anpasst und welchen Einfluss der Partner auf einen selbst hat.

Und dabei geht es mir nicht einmal so wirklich nur ums Aussehen, sondern um alles – Interessen, Hobbys, Gewohnheiten und sogar die eigene Persönlichkeit.

Es ist natürlich ein Zeichen auch von Verbundenheit, wenn man sich auf den Partner einstellt, wenn man Dinge von ihm übernimmt, sich für den Partner zum Besseren verändert. Das ist eben doch ein großes Zeichen von Liebe.

Ich muss gestehen, dass ich gewissermaßen auch einen Boyfriend Effect erlebt habe, der aber in eine viel positivere Richtung gegangen ist. Statt dass ich unattraktiver geworden bin, ist das Gegenteil passiert: Mein Freund hat mich in so vielen Bereichen eher zum positiveren beeinflusst.

Mein Freund ist ein echter Sportfreak, legt großen Wert auf eine gesunde Lebensweise, die ich mit ihm teile. Aber seitdem ich mit ihm zusammen bin, bin ich noch ehrgeiziger geworden, was Sport, gesunde Ernährung und Fitness angeht. Ich wollte ihm zuliebe fitter werden. Ich wollte, dass wir noch besser zusammenpassen. Er hat mich dahingehend aber auch sehr inspiriert, wie krass er diätet, um eben noch definierter auszusehen. Das hat mich angespornt, auch abzunehmen, Körperfett zu verlieren. Ich habe mit Krafttraining angefangen, Eiweißpulver zu mir genommen, weniger Carbs, dafür mehr Proteine zu mir genommen. Und seitdem wir zusammen sind, bin ich ehrgeiziger geworden, was Sport betrifft. Ich gehe seit einiger Zeit öfter und länger joggen und bouldern.


Für den Partner ein besserer Mensch werden

Und seitdem bin ich auch viel fitter geworden, habe an Muskeln zugelegt, Fett abgebaut. Und fühle mich dadurch viel attraktiver und sportlicher als je zuvor. Alles dank seiner Inspiration und Unterstützung. Das Schöne: Wir motivieren uns gegenseitig. Er findet es ebenfalls inspirierend, wie viel Sport ich mache und wie viel ich mich bewege. Es ist also nicht so, dass nur der eine Partner einen positiven Effekt hat, sondern beide aufeinander.

Und das ist nicht mal alles. Dank meines Freundes bin ich viel offener geworden, was neue Dinge und Abenteuer ausprobieren angeht. Sein offenes Mindset hat auf mich abgefärbt. Ich bin experimentierfreudiger geworden, habe mich in eine sexpositivere Welt begeben.

Und auch seinetwegen oder besser gesagt unseretwegen habe ich mich um eine Therapie bemüht. Damit ich lernen kann, besser mit meinen Emotionen zurechtzukommen. Man könnte schon sagen: Ich möchte für ihn einfach ein besserer Mensch werden und auch eine bessere Freundin. Er motiviert mich dazu, mich immer weiter zu verbessern, aber ohne je das Gefühl zu haben, dass ich ihm nicht genug wäre, so wie ich bin.

Der Antrieb kommt von mir: Ich möchte mich in so vielen Dingen noch verändern.

Ich persönlich halte nicht wirklich viel von diesen beiden Trends. Zumal es schlichtweg auch ein negatives Bild von Beziehungen für Frauen erzeugt. Wenn junge naive Mädchen sich das anschauen, wollen sie vielleicht doch eher keine Beziehung haben, wenn sie dadurch weniger schön sind.

Zumal es bei diesen nur um oberflächliche Dinge geht, aber gar nicht so wirklich um den eigentlichen Kern: Dass die Beziehung selbst ein wunderbarer Wachstumsort für jeden einzelnen von uns sein kann, egal ob Mann, Frau oder divers.

Mag sein, dass es bei einigen Paaren wirklich so ist. Aber bei mir und meinem Freund war das nicht so. Mein Freund war vorher schon attraktiv und ist es nach wie vor und ganz sicher habe ich auch einen positiven Einfluss auf ihn. Und ich habe mich eigentlich bisher nie in Beziehungen irgendwie gehen lassen, sondern extra an mir gearbeitet. Seitdem ich nicht mehr Single bin, habe ich mich eigentlich immer weiter positiv entwickelt.

Es kommt ganz sicher auch immer auf den jeweiligen Partner an. Manche sind einfach toxisch und dann merkt man auch selbst, dass man in der Beziehung eher heruntergezogen wird. Aber in gesunden Beziehungen sollte das eher nicht der Fall sein.

Für mich ist es so, dass eine Beziehung meist einen positiven Effekt auf einen selbst hat. In einer Beziehung lernt man sehr viel über sich und auch die eigenen Baustellen und kann daran wachsen, wenn man das denn auch will. Das kann man als Herausforderung annehmen, um an sich zu arbeiten.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Blogparade: Ist Abenteuer heute noch möglich?

Jeder sucht im Alltag nach dem gewissen Etwas, nach etwas Aufregendem und nach Abenteuern. Doch was genau sind denn eigentlich Abenteuer und wie kann man sie in den Alltag integrieren? Diesen Fragen möchte Torsten auf seinem Blog  nachgehen. Und auch ich möchte mich dieser Fragen stellen.

Als ich 17 war...

Forever seventeen – für immer 17 sein. Ein Traum, den vielleicht viele haben, aber der natürlich nicht in Erfüllung gehen kann. Doch wie war das eigentlich damals, als ich noch 17 war? Das ist schon inzwischen 9 Jahre her, Zeit also mal wieder zurückzuschauen.

Eine Freundschaft Plus kann doch funktionieren!

Freundschaft Plus. Nichts halbes, nichts ganzes. Das kann doch niemals klappen. Einer von beiden wird immer damit unglücklich werden. So sagt man. Seit einigen Wochen führe ich selbst eine F+. Und muss sagen: Es ist viel unkomplizierter als gedacht!