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Gute und schlechte Gefühle gehören zum Leben dazu




Zunächst einmal ist doch wichtig zu wissen, dass Gefühle eine wichtige Rolle in unserem Leben spielen. Warum? Wenn ich mir vorstellen würde, ohne Gefühle zu leben käme mir mein Leben sehr trostlos, langweilig und vielleicht auch extrem leer und sinnlos vor. Der Mensch lebt von Gefühlen, das ist es doch, was ihn von Tieren und von Gegenständen unterscheidet. Alles was wir eigentlich im Leben tun, zielt darauf ab, dass wir uns entweder gut fühlen oder, dass wir Schmerz und Leid vermeiden, was wiederum ja auch nur Gefühle sind. Ich will so weit gehen und behaupten, dass Gefühle unser gesamtes Dasein ausmachen. Zwar sagt Descartes, ich denke, also bin ich, was ich nicht bestreiten will. Ohne unsere Gedanken wären wir wahrscheinlich ebenso so wenig Mensch wie ohne unsere Gefühle. Aber wir müssen auch sehen, dass Gedanken und Gefühle nicht voneinander zu trennen sind. Sie bedingen sich gegenseitig.

Worauf will ich aber jetzt hinaus? Warum sind Gefühle überhaupt wichtig? Zunächst einmal, weil wir auch wenn wir es glauben, nie ohne Gefühle entscheiden können. Wir denken, dass wir tatsächlich auf rein rationaler Basis entscheiden würden, aber damit irren wir uns. Weil es uns eben nicht bewusst ist, wie stark unsere Entscheidungen vom Bauchgefühl abhängig sind. Wir stellen Vermutungen an oder spekulieren, weil wir so ein Gefühl haben, eine Intuition. Wir tun Dinge, nicht weil wir es für richtig halten, sondern weil wir uns von unseren Gefühlen leiten lassen. Gefühle können wie gesagt einen großen Einfluss darauf haben, wie wir denken und vor allem wie wir unsere Welt wahrnehmen. Wenn mich beispielsweise eine Hochstimmung erfasst hat, dann werde ich auch eher nur die positiven Dinge im Alltag wahrnehmen und über kleinere Ärgernisse hinwegsehen. Bin ich dagegen zutiefst bestürzt, weil mir etwas nicht Gutes widerfahren ist, führt das zu einer Abwärtsspirale, bei der ich eigentlich nur noch den Sinn für die negativen Sachen habe. Mein Blick wird getrübt durch meine Verstimmung und ich kann die kleinen schönen Dinge einfach nicht mehr wahrnehmen. Tatsächlich sollte man auch keine großen Entscheidungen treffen, wenn man sich gerade emotional ergriffen fühlt ob nun positiv oder negativ, weil man dann auch nicht rational entscheiden kann. Widerspricht das aber nicht meiner Behauptung, dass wir eigentlich nie komplett vernünftig handeln und unsere Gefühle immer einen Einfluss darauf haben? Ich würde es differenzieren. Gefühle die ja sehr subjektiv sind, werden immer ob bewusst oder unbewusst unsere Gedanken und damit auch unsere Taten und unsere Entscheidungen beeinflussen, das kann man denke ich einfach nicht verhindern. Was ich eigentlich damit meine ist, dass man möglichst Entscheidungen treffen sollte, wenn man sich seiner Gefühlslage bewusst ist und auch seine Gefühle einigermaßen regulieren kann.

Kontrollieren funktioniert eigentlich nicht, denn wie wir genau fühlen, das können wir nur wenig beeinflussen. Aber wir können dagegen sehr viel machen, wenn es darum geht mit den Gefühlen umzugehen und auf sie zu reagieren. Das bedeutet, dass auch wenn jemand einen kritisiert, man sich vielleicht beleidigt fühlt, aber dies nicht unbedingt ausleben muss, indem man den anderen beschimpft. Man kann einfach seine Wut als Gefühl wahrnehmen, sie akzeptieren und dann überlegen, wie man damit umgeht. Man kann versuchen gelassen zu bleiben und die Kritik nicht zu persönlich nehmen. Die Wut wird dabei nicht unterdrückt, ihr wird Freiraum gelassen nur muss man sich dadurch nicht dem Gefühl unterwerfen und immer danach reagieren.
Gefühle können wie bereits erwähnt auch unsere Gedanken bestimmen. Angenommen ein Freund hat eine Verabredung abgesagt, was dazu führt, dass ich ziemlich traurig bin. Dieses Gefühl verbreitet sich in meinem ganzen Körper und schlussendlich erreicht es auch meine Gedanken. So können Gedanken wie folgende entstehen: "Mein Freund mag mich nicht oder hat keine Lust auf ein Treffen mit mir." Oder: "Jetzt habe ich niemanden mit dem ich mich treffen kann, ich bin so einsam..." Solch negative Gedanken führen schlussendlich wiederum dazu, dass wir uns noch schlechter fühlen. Und diese negative Stimmung bewirkt wiederum negative Gedanken usw. Das Gleiche trifft auf das Gegenteil zu, wenn man gut gelaunt ist, denkt man eigentlich in der Regel auch positiver. Durch das positive Denken wird dann wiederum die Freude verstärkt. Nicht nur wie wir die Welt wahrnehmen, sondern auch unser Denken wird maßgeblich durch Gefühle definiert. Man darf aber nicht davon ausgehen, dass Gefühle das A und O sind, viel eher besteht ein wechselseitiges Verhältnis zwischen Gefühlen, Gedanken, Handeln, Wahrnehmung etc.
Was man komischerweise nicht annimmt ist auch, dass sich Gefühle auch sehr stark auf das körperliche Befinden auswirken können. Bin ich traurig, deprimiert, fühle ich mich schlapp und energielos. Bin ich dagegen voller Freude und Euphorie, fühlt sich mein Körper auch sehr stark an, ich habe das Gefühl, als könnte ich Bäume herausreißen. Das Gleiche sieht man aber auch, wenn man auf positiv oder negativ denkt. Wir sehen hier also die Einheit Gedanken - Gefühle - Körper. Dahinter steckt die Vorstellung, dass Geist, Gefühle und Körper eben nicht getrennt voneinander sind, wie man es vielleicht in früheren Zeiten annahm, sondern sich gegenseitig bedingen. Wenn man das weiß, kann man auch gezielt etwas tun, wenn es in einem Bereich (körperlich, seelisch, geistig) nicht funktioniert. Man muss einfach die anderen zwei Bereiche beeinflussen, dann löst sich das Problem.
Wenn ich mich also vielleicht sehr schlapp und müde fühle, könnte ich versuchen, etwas zu tun, um wieder mehr Motivation zu bekommen, indem ich mir selbst positiv zurede oder mir schöne Gedanken mache, oder etwas lese, was mich emotional berührt, mir neue Kraft gibt.
Was wären sonstige wichtige Funktionen von Gefühlen? Wir hatten ja bereits kurz angeschnitten, dass Gefühle uns zu bestimmten Taten verleiten können. Im Endeffekt versucht der Mensch eigentlich entweder alles zu tun um sich gut zu fühlen oder eben Schmerz zu vermeiden. Damit bilden Gefühle also unsere Basis für unser Verhalten. Überlegen wir doch mal, was wir den ganzen Tag über so machen. Ich lese vielleicht ein unterhaltsames Buch, was in mir Freude auslöst. Es werden viele Aufgaben erledigt, was Zufriedenheit auslöst. Ich genieße die Zeit mit Freunden, was mich glücklich macht. Schöne Musik wird gehört, weil sie entspannend ist, schöne Assoziationen weckt und ein Genuss darstellt, was alles auf Gefühle wie Freude, Zufriedenheit, Glück zurück zu führen ist. Klar vordergründig strebt man gewisse Dinge, Ereignisse an, nicht um sich gut zu fühlen, sondern um andere Ziele zu erreichen. Man will bspw. soziale Kontakte pflegen, eben Erfolg haben, sich entspannen. Doch bricht man alle Handlungen, die man ausführt herunter bleibt doch am Ende, dass wir sie tun, um uns in irgendeinen bestimmten emotionalen Zustand zu bringen.
Das Leben vieler Menschen ist doch allein auf den glücklichen Zustand ausgerichtet, wenn sie gefragt werden, was sie eigentlich im Leben erreichen wollen: glücklich sein. Das gilt für viele andere, aber auch für mich selbst. Und was wollen Menschen möglichst vermeiden? Sie wollen am liebsten nicht mehr traurig sein, sie wollen nicht unglücklich sein, kein Leid und Schmerz ertragen. Das Problem ist jedoch, dass das Leben eben aus den positiven wie negativen Gefühlen besteht. Aber ist diese Einteilung in positiv und negativ eher etwas, was man hinterfragen müsste? Das führt doch dazu, dass wir eigentlich nur solche Gefühle wahrnehmen wollen, die sich gut anfühlen und die, die es nicht tun, stigmatisieren und am liebsten verbannen wollen. Dabei ist die Welt und das Leben so komplex und facettenreich, gerade weil sie nicht nur aus diesen Gegensätzen von Gut und Böse besteht, sondern noch so viele Abstufungen und Nuancierungen hat.
Um einen Regenbogen zu erhalten, braucht es nicht nur die Sonne, sondern auch den Regen. Wir brauchen auch das Negative, damit wir überhaupt wissen, was gut ist nicht wahr? Man kann auch beides gar nicht wirklich voneinander treffen. Am besten stellt man sich beides wie eine Medaille vor, die ohne beide Seiten nicht existieren kann. Nur weil die eine Seite oben ist, bedeutet es nicht, dass es die andere nicht gibt. Sie ist eben nicht sichtbar. Das lässt sich im Übrigen sehr gut auf die positiven wie negativen Dinge im Leben übertragen. Es wird besonders wichtig, wenn einem Schlimmes widerfährt. Dass es eben nicht nur negativ ist, wenn man eine Krise hat, eine Krankheit durchsteht oder einen wichtigen Menschen verliert. Natürlich will ich nicht sagen, dass Schicksalsschläge generell immer gut sind, natürlich führen sie zu Leid, Schmerz und viel Negativem. Aber in jedem Unglück gibt es eben auch immer ein Glück. Was ich aber auch damit sagen will ist, dass Gefühle, selbst die negativen, eben etwas Positives in sich haben. Wir brauchen zum einen Trauer, um zu verstehen, was Freude ist. Wir brauchen Wut, um zu erkennen, was Sanftmut oder Ausgeglichenheit ist. Wir benötigen Angst in unserem Leben, um auch zu erfahren, was Mut bedeutet. Wir brauchen auch den Ekel, auch wenn er meist eher unbedeutend ist, damit wir den Genuss umso stärker wahrnehmen können. Wir brauchen im Allgemeinen auch Schmerz um Heilung und Erlösung kennen zu lernen. Auch Unruhe um Gelassenheit zu erleben. Ohne Hass gäbe es auch keine Liebe.

Welche Funktionen erfüllen eigentlich die "negativen" Gefühle oder besser gefragt, was ist das Positive an ihnen?
Keiner möchte wirklich Angst empfinden. Angst wird von all den Gefühlen doch eigentlich am meisten vermieden und man schämt sich sehr, wenn man eingestehen muss, dass man sich ängstigt. Es gibt so viele Facetten und Arten von Angst. Heutzutage hat man Angst vor der Zukunft, hat man Angst seinen Job zu verlieren, einsam zu sein, Angst vor dem Ausgeschlossen sein, Angst alleine zu sterben. Ja vor allem natürlich Angst vor dem Tod. Was unterscheidet nun aber die zuvor genannten Ängste von der Angst vor dem Tod? Es sind kleinere Ängste, die eben nicht lebensbedrohlich sind. Früher einmal habe ich gelesen, hatte Angst haben doch eigentlich eine nützliche Funktion. Sie brachte uns in Alarmbereitschaft, sodass man jederzeit auf Knopfdruck flüchten konnte, wenn gefährliche Tiere in der Nähe waren. Wenn man Angst hat, ist man doch umso vorsichtiger, dass nichts passiert. Man trifft Vorbereitungen, um eine gewisse Sicherheit zu haben, damit etwas Schlimmes nicht eintritt. Man denkt darüber nach, spielt vielleicht mehrere Szenarien im Kopf durch, um irgendwie richtig zu handeln, sobald die Angstsituation bevorsteht. Angst will uns eigentlich auch vor seelischen wie körperlichen Gefahren schützen. In der moderne müssen wir eigentlich keine Angst mehr um das Überleben haben, wir haben kleinere Ängste entwickelt, soziale Ängste. Wir empfinden sie als lästig, weil sie eben unser Handeln und Denken so einschränken. Sie hindern uns daran bestimmte Dinge zu tun, wir gehen auf Vermeidung und Flucht. Ja wenn man Angst hat, hat man nur bestimmte Möglichkeiten: Entweder man erstarrt, man flüchtet oder geht auf Angriff. Wie sieht das heute aus? Wenn man sich ängstigt, dann unterliegt man seiner Angst, man fühlt sich bewegungslos, hilflos ohne jegliche Alternativen. Man verweilt vielleicht in dieser Schwebezone und traut sich nicht, bestimmte Entscheidungen zu treffen. Oder man ignoriert diese Angst, geht bestimmten Situationen aus dem Weg, tut so als wäre nichts. Beide Reaktionen auf Angst, die nicht gerade vorteilhaft sind. Sie mögen zwar kurzweilig helfen, aber auf lange Sicht löst man damit keine Probleme. Also doch lieber die Angst angreifen?
Ich bin der Meinung, dass man sich seiner Angst stellen muss. Nur wenn man sie wirklich wahrnimmt, akzeptiert, kann man sie auch behandeln. Ich erinnere mich an das Zitat: Da wo die Angst ist, da geht´s lang! Das einem die Angst vor der Angst nehmen kann. Angst ist nicht nur etwas, vor dem man flüchten muss. Angst verweist auf die Dinge, wo man noch Entwicklungspotenzial hat. Man hat doch gewöhnlich nur Angst, wenn man nicht ein gewisses Selbstbewusstsein hat, sie verweist auf unsere Schwachstellen, an denen wir arbeiten können. Wenn ich Angst vor Menschen haben, zeigt sie mir doch nur, dass ich nicht gut im Umgang mit Menschen bin. Wenn ich Angst vor Entscheidungen habe, zeigt das nur, dass ich unsicher bin, dass ich möglichst viele Türen offenhalten will und mich vor den Verlusten fürchte, wenn ich mich entscheide. Weil ich glaube, dass keine Entscheidung die richtige wäre. Wenn ich Angst davor habe mich fest zu binden, dann vielleicht, weil ich mich sonst verletzlich machen würde, weil das meine Freiheit einschränkt oder ich nicht in der Lage bin eine feste Beziehung zu führen. Vielleicht fehlt mir einfach das Vertrauen und ich kann mich nicht öffnen. Die Angst zeigt nicht nur, wo unsere Schwachstellen sind, sie will eigentlich wie gesagt nur schützen.
Mit der Angst wollen wir Schmerz und Leid verhindern, was eigentlich die positive Funktion von Angst zeigt. Außerdem hatte ich darauf verwiesen, dass Angst durchaus gut sein kann. Unserer Adrenalinspiegel steigt rapide und wir sind fokussierter, konzentrierter und wir machen Vorbereitungen, um sicher zu sein. Angst kann auch verhindern, dass wir Risiken eingehen oder waghalsige unvernünftige Sachen machen. Nicht immer sollte man die Angst die Kontrolle geben, wenn das Risiko gar nicht so groß ist, oder man eigentlich mehr gewinnen als verlieren kann. Doch manchmal kann die Angst eben doch helfen, richtig zu entscheiden.
Eine andere Sache, die mir jetzt einfällt zum Thema Angst ist auch, dass wir uns gerne in Situationen begeben, in denen wir Angst haben. Wenn wir beispielsweise einen Horrorfilm schauen oder richtig gefährliche Sportarten wie Bungee-Jumping ausüben. Warum eigentlich? Weil sie uns eben den richtigen Kick geben. Das Risiko eingehen kann ungemein spannend und reizvoll sein und wenn man sich erschreckt wie bei einem Horrorfilm, wird eben viel Adrenalin ausgeschüttet, was einem einen Energieschub gibt. Man kann also Angst durchaus auch genießen.
Nicht zu vergessen bedeutet ängstigen auch, dass wenn wir die Angst geschlagen haben, uns überwunden haben, uns danach richtig gut fühlen. Wir haben uns dieser Angst gestellt und sie erfolgreich besiegt. Dies zeigt uns auch die Doppelseite von Angst. Ohne die Furcht, die wir erleben, wenn wir beispielsweise einen Vortrag vor vielen Menschen halten, würden wir uns danach nicht so unbesiegbar und euphorisch fühlen, wenn wir diese Angstsituation überstanden haben. Man erkennt also darin das Entwicklungspotenzial was hinter Angst steckt.

Wut gilt bei uns ja ebenfalls als verpönt. Wenn jemand wütend ist, zeigt das doch nur, dass er seine Gefühle nicht unter Kontrolle hat. Oftmals führt es doch dazu, dass eine Situation, ein Gespräch eskaliert und am Ende ist niemand wirklich glücklich darüber. Ist man wütend und lässt es heraus, fühlt man sich vielleicht kurz erleichtert, bereut es danach aber, weil man in Wut Dinge und Sachen gesagt und getan hat, die man vielleicht gar nicht meinte. Das Gegenteil nämlich den kühlen Kopf und die Ruhe zu bewahren wird eher gerne gesehen. Doch steckt hinter der Wut auch etwas Positives? Man könnte Wut positiv anrechnen, dass wir in dem Moment, indem wir sie rauslassen, eigentlich nur ehrlich sind. So kann es sein, dass jemand versucht die ganze Zeit über seine Gefühle zu unterdrücken, nicht wirklich zu sich selbst ist. Doch in dem Moment, indem ihm der Kragen platzt, kann das ungemein befreiend sein und man steht zu sich und seinen Gefühlen. Wenn man wütend ist, zeigt es einem auch, dass man mit irgendetwas nicht zufrieden ist. Irgendetwas stört einem. Vielleicht fühlt man sich verletzt, ungerecht behandelt oder gewisse Erwartungen wurden nicht erfüllt. Wut hängt mit vielen anderen Dingen zusammen sei es eben die Werte, Erwartungen die verletzt worden sind oder andere Gedanken und Gefühle die man hat. Wut zu fühlen offenbart, dass irgendetwas eben nicht stimmt. Wenn wir uns der Wut hingeben, dann lassen wir eigentlich ein Stück unsere Kontrolle los. Wütend sein bedeutet auch mit etwas nicht zufrieden sein. Bin ich wütend, weil mein Freund kaum mit mir redet? Was sagt mir das über mich selbst? Dass ich einen hohen Kommunikationsbedarf habe, dass ich mir wünsche, dass mein Freund mehr mit mir redet, dass ich finde, dass wir zu wenig reden? Beschäftigt sich man einfach mit seiner Wut, kommt man zu erstaunlichen Erkenntnissen über sich selbst. Wenn man dies erkannt hat, kann man viel besser mit der Wut umgehen. Wenn ich erstmal reflektiere, kann ich immer noch anders reagieren, als wenn ich die Wut einfach in mir voll entfalten lasse.

Ich denke mal, dass die Trauer von all den negativen Gefühlen noch am ehesten akzeptiert wird. Man kann aus ganz verschiedenen Gründen traurig sein. Man ist traurig, weil das geplante Treffen nicht stattfindet, weil der Freund einen verlässt, weil jemand Wichtiges gestorben ist, weil man sich mit jemanden gestritten hat, weil die schöne Urlaubszeit vorbei ist etc. Natürlich gibt es wie bei der Angst und Wut verschiedene Abstufungen der Trauer. Wie bei der Angst gibt es auch bei der Trauer diese Doppelseite, nämlich, dass wir sie sogar bewusst herbei rufen. Indem wir einen traurigen Film anschauen, bei dem wir in Tränen ausbrechen oder ein trauriges Lied anhören und melancholisch werden. Dass sind alles Trauerzustände, die befreiend sein können, die uns nachdenklich stimmen. Trauer und Glück hängen nah beieinander, denn manchmal weinen wir auch Freudentränen. Oder unter dem Begriff "Kartharsis" verstehen wir doch so etwas wie eine seelische Reinigung, indem man sich in einen traurigen Zustand bringt. Ich glaube, dass man bereits an meinen genannten Beispielen das Positive an der Trauer erkennen kann.
Trauer ist nicht generell negativ zu verstehen genauso wenig wie die anderen Gefühle. Wir müssen trauern, wenn wir den schmerzhaften Verlust eines Angehörigen verarbeiten müssen. Da hilft es wirklich wenig, einen auf heiter Sonnenschein zu machen, weil man dann den wirklichen Gefühlen entflieht. Durch die Trauer setzt man sich mit diesem Ereignis auseinander, verarbeitet es, kann lernen loszulassen. Das Wichtigste ist, dass man den Schmerz durchlebt, aber eben nicht ewig leidet. Das habe ich neulich auf "mymonk" gelesen, dass Schmerz gut ist, weil er uns etwas Bestimmtes mitteilen will. Schmerz lässt uns wachsen, wir entwickeln uns weiter, werden stärker, wenn wir lernen mit dem Schmerz umzugehen und ihn irgendwann hinter uns zu lassen. Tun wir uns aber absichtlich immer wieder weh, lassen wir die Wunden nicht verheilen, sondern machen uns davon abhängig, versinken wir immer mehr in den Zustand des Leides. Dieser ist sinnvoll, weil wir uns unnötig matern und uns das Leben zur Hölle machen.
Durch Trauer lernen wir mit dem Schmerz umzugehen, vielleicht lernen wir auch, eine andere Sichtweise dazu einzunehmen. Inwiefern macht uns Trauer und Schmerz aber stärker? Wenn wir traurig sind, sind wir vor allem verletzlich. Wir fühlen uns vielleicht hilflos, schwach, ausgeliefert. Dieser Zustand ist sicherlich nicht wünschenswert, hat aber seine Vorteile. Wenn wir reflektieren und eben die Möglichkeiten sehen, wie wir wieder herauskommen, darin sehe ich auch wieder Entwicklungschancen. Mit jeder Trauer, die man bewältigt, lernt man mehr dazu. Man lernt damit umzugehen, mit einer Schwäche, mit seiner Verletzlichkeit, und kann dadurch innerlich nur stärker werden, weil man die Trauerphase überwunden und an Erfahrungen reicher ist.
Trauern ist ein Entwicklungsprozess, bei dem man vielleicht eine gescheiterte Beziehung oder den Tod eines geliebten Menschen verarbeiten muss. Was lerne ich daraus? Ich lerne mit Verlusten umzugehen, dennoch auch das Positive zu erkennen. Vielleicht ruft man sich die schönen Erinnerungen an den Partner oder den Verstorbenen ins Gedächtnis. Im ersten Falle kann man sich fragen, was man Gutes aus der Beziehung mit genommen hat, was man in den nächsten besser machen kann. Durch das Trauern um einen Verstorbenen wird einem vielleicht bewusst, wie endlich das Leben ist. Vielleicht ändert man dadurch auch seine Lebensweise, beschäftigt sich mehr mit dem Tod, versucht diesen als Bestandteil des Lebens zu verstehen, ängstigt sich nicht mehr davor. Man lernt durch das Trauern vor allem auch loszulassen, was ungemein befreiend sein kann. Dass alles im Leben vergänglich ist und man sich immer daran erinnern sollte. Man lernt gewisse Dinge auch einfach zu akzeptieren, anstatt sie zu verändern. Das sind jetzt nur einige drastische Beispiele von Trauerarten. Aber ich denke, dass man diese auch in kleineren Trauerfällen finden kann. Auch wenn man über etwas traurig ist, ist das nur für den Moment oder für eine bestimmte Zeit, doch man bleibt nicht für immer traurig, denn es folgen noch weitere schöne, glückliche Zeiten.
Wie auch Angst und Wut kann uns die Trauer zeigen, wo etwas in unserem Leben nicht stimmt. Traurigkeit verweist darauf, dass ich nicht glücklich mit etwas bin. Und wenn ich erkenne, was das für Dinge sind, kann ich versuchen über sie zu reflektieren und sie zu verändern. Bin ich immer nur traurig, wenn ich mit meinem Partner zusammen bin? Bedeutet das vielleicht, dass ich ihn nicht mehr liebe oder, dass es generell nicht mehr funktioniert? Bin ich traurig, weil ich keine Freunde habe und einsam bin? Zeigt das nicht dann das Defizit an und dass ich etwas dagegen tun sollte? Bin ich traurig über mein ganzes Leben? Ist das ein Hinweis, dass ich unbedingt etwas in meinem Leben ändern sollte? Bin ich traurig, wenn ich an meine Vergangenheit denke? Was sagt mir das? Dass früher alles besser war oder dass ich eine schlechte Vergangenheit hatte? Zeigt mir das vielleicht nicht einfach, dass ich lieber loslassen sollte oder versuchen sollte mich auf das Hier und Jetzt u konzentrieren und es besser zu machen als früher?

Von all den bisher besprochenen großen negativen Gefühlen weicht ja der Ekel sehr stark ab. Mal ernsthaft, was für eine Rolle spielt er schon in unserem Leben? Wir finden Unordnung, schlechtes Essen, ungepflegte Menschen eklig. Ist denn das so wichtig, dass man darüber nachdenken sollte? Ich denke schon. Ekel hatte, glaube ich, auch die Funktion, uns vor etwas Gefährliches zu schützen, was sich auf das Essen bezieht. Schmeckt irgendetwas nicht gut, zeigt es, dass es vielleicht auch nicht gut für die Gesundheit ist. Wie lässt sich das nun auf unser Leben übertragen? Ekel ist jetzt nicht direkt ein sehr intensives Gefühl, meist empfinden wir es eher beiläufig, wenn etwas unansehnlich ist, nicht schmeckt oder nicht gut riecht. Es verrät uns denke ich viel über unsere Geschmäcker. Was der eine nicht riechen kann, mag der andere vielleicht. Wenn wir jemanden nicht riechen können, wortwörtlich, mögen wir ihn für gewöhnlich nicht. Das ist vielleicht eine der Funktionen von Ekel. Ich denke eher dass das Gegenteil von Ekel, der Genuss viel wichtiger in unserem Leben ist, deswegen werde ich diesen kurz einmal behandeln. Genuss spielt doch in unserer Gesellschaft eine große Rolle. Wir konsumieren sehr viele Dinge, die uns Genuss bereiten. Ob es Musik, Fernsehen, Spiele, Essen oder anderes ist. Dabei genießen aber nur die Dinge, die uns auch gefallen, also das Gegenteil von ekligen Sachen. Nur wie kann das nützlich sein? Ich bin der Ansicht, dass wir mehr Dinge in unser Leben bringen, die uns Genuss bringen. Viel zu sehr beschäftigen wir uns mit lästigen also ekligen Sachen (?), anstatt unser Leben auf die schönen Dinge auszurichten, die wir genießen. Genuss hat auch viel mit Achtsamkeit zu tun aus der logischerweise auch Freude und Zufriedenheit resultiert. Was hat das jetzt alles mit Ekel zu tun? Ich will behaupten, dass Ekel im Gegensatz zu den anderen Gefühlen keine so wichtige Rolle im Leben einnimmt, aber uns doch viel über uns selbst sagen kann.

Was uns all die Erläuterungen zu den Gefühlen gezeigt hat, dass es wichtig ist im Umgang mit diesen, sie nicht pauschal abzuwerten und sie zu verbannen. All die negativen Gefühle sind gar nicht so negativ wie es aussieht. Sie haben immer auch einen positiven Kern. In erster Linie sind sie nicht einfach nur dazu da, damit wir uns schlecht fühlen. Sie wollen uns ja nichts Böses tun, meist wollen sie eher das Gegenteil. Uns eine wichtige Botschaft vermitteln, die wir entschlüsseln müssen. Am besten würden wir damit fahren, die Gefühle erst einmal zur wahrzunehmen. Achtsam mit Gefühlen umzugehen. Sie zu erspüren und sie willkommen zu heißen. Sie also erst mal so zu akzeptieren ohne sie gleich zu verurteilen. Und im nächsten Schritt versucht man mit ihnen zu kommunizieren, zu fragen, warum sie gerade da sind. Nicht vergessen, sie geben uns Hinweise und meinen es eigentlich gut mit uns. Warum fühle ich mich in diesem Moment traurig, wütend, verletzt, angewidert oder einfach nur hilflos? Es ist auch wichtig, dass wir nicht gleich denken, dass wir unsere Gefühle sind. Einen gewissen Abstand brauchen wir zu ihnen, damit wir sie reflektieren können und uns ihnen nicht ausgeliefert fühlen. Am besten stellt man sich Gefühle wie einzelne Individuen vor, die eben auch ihre Existenzberechtigung haben und bestimmte Funktionen erfüllen. Wir fragen uns einfach, was sie uns in diesem einen Moment sagen wollen. Was steckt wirklich hinter diesen Gefühlen? Wir sollten unsere Antworten finden, sie ordnen und dann überlegen, was vielleicht an ihnen positiv sein kann. Welche wichtigen Botschaften und Erkenntnissen übertragen sie? Was wollen sie mir vielleicht Wichtiges über mich selbst sagen? Ich denke, wenn wir endlich mal die Vorstellung loslassen, dass solche Gefühle grundlegend schlecht sind, weil sie unser Wohlbefinden trüben, können wir uns auch besser verstehen und besser mit unseren Gefühlen umgehen.

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