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Mitten in der Beziehungskrise: Hat das mit uns überhaupt noch Sinn?

Alles steht Kopf. Ich hätte nie gedacht, dass wir mal an diesem Punkt sein werden. Und schon gar nicht nach gerade einmal nach zwei Jahren. Was ist aus uns geworden? Gibt es überhaupt noch eine Chance für ein „Wir“?

Ich dachte, dass zwei Wochen Urlaub alles ungeschehen machen: Die Wochen und Monate seit dem Sommer, die wir mit regelmäßigen Streitigkeiten verbrachten. Es brauchte nur eine kleine Sache, um mich auf 180 zu bringen. Tränen über Tränen. Wut im Bauch. Einfach nur emotionales Chaos. Wir waren vor dem Urlaub schon an dem Punkt, an dem wir uns fragten: Macht das überhaupt noch alles Sinn? Passen wir vielleicht einfach nicht zusammen?

So richtig glauben wollte ich es nicht. Wollte es verdrängen, schob es auf die Öffnung der Beziehung, die ja längst wieder rückgängig gemacht worden ist. Schob es auf meine Therapie, die ganz sicher einiges an emotionalen Ballast hervorbrachte. So ganz weiß ich noch immer nicht, woran es liegt, dass wir uns jetzt so oft und krass streiten. Warum ich bei den kleinsten Kleinigkeiten so schnell an die Decke gehe.

Den Gründen auf der Spur

Ich suchte Gründe für all die Streitigkeiten, die vor allem von mir ausgingen. Vielleicht musste es einfach passieren. Die rosarote Brille war inzwischen weg, der Alltag kehrte ein. Nach ca. 2. Jahren stecken wir nicht mehr in der Anfangsphase, in der noch alles toll ist und der Partner nur liebevolle Macken hat. Wir sehen den anderen jetzt mit anderen Augen. Nicht mehr so benebelt von all dem Verliebtheitscocktail. Sondern glasklar, so wie der andere wirklich ist, mit all seinen Stärken und Fehlern. Da gibt es nichts mehr zu beschönigen.

Wir befinden uns mitten in der Kampfphase, in der es darum geht, sich vom anderen abzugrenzen. Wir ecken plötzlich aneinander an, finden immer mehr Punkte, über die wir uns nicht einig sind. Immer mehr Dinge, die uns am anderen nerven.

Diese Phase ist mit die wichtigste. Sie entscheidet darüber, ob ein Paar gestärkt aus all diesen Konflikten hervorgeht. Sie prüft, ob man wirklich miteinander kompatibel ist oder nicht. Und sie entscheidet, ob man doch nicht zusammen passt oder getrennte Wege geht.

Bis hierhin war die Beziehung eher ein Ponyhof. Okay, nicht ganz, es gab immer mal wieder Schwierigkeiten, allen voran die Öffnung der Beziehung. Sie läutete ein Stück weit eben diese schwierige Phase, an der so viele Beziehungen zerbrechen, ein.


Selbstbetrug?

Vielleicht mache ich mir auch einfach etwas vor. Vielleicht liegt es ja nicht mal unbedingt an all den äußeren Dingen, weswegen wir uns streiten. Die Öffnung der Beziehung, die Therapie oder was auch immer. Vielleicht passen wir auch wirklich nicht zusammen? Doch sich das einzugestehen, ist einfach so verdammt hart. Und tut so weh. Ein Gedanke, der mir einfach unerträglich ist.

Es ist wie als würde eine Welt zusammenbrechen. Unser eigener Kosmos, den ich mir so liebevoll aufgebaut habe. Es ist eine Welt, in der du mein Mittelpunkt bist.

Möglicherweise habe ich mir auch einfach nur alles so schön geredet, die letzten zwei Jahre, habe an etwas geglaubt, was am Ende gar nicht so war. Doch das war nicht immer so.

Ich weiß noch, wie ich noch relativ nüchtern und zweifelnd an die Beziehung herangegangen bin. Ich war diejenige, die nicht mehr an die Liebe glaubte, die davon ausging, dass jede Beziehung irgendwann einmal scheitern wird. Dass es aber auch nicht schlimm ist, weil es sicher noch andere Menschen da draußen gibt, die zu einem passen. Ich war es, die emotional eigentlich nicht tief in der Beziehung gesteckt hatte, anfangs. Ich war es, die immer wieder vom Ende sprach, obwohl das Ganze erst angefangen hatte.

Du warst es, der mich davon überzeugen wollte, uns eine Chance zu geben. Der daran festhielt und sich sicher war.


Rollentausch

Jetzt habe ich das Gefühl, als ob sich die Rollen vertauscht hätten. Jetzt bin ich es, die so verzweifelt für die Beziehung kämpft, die so sehr dran hängt. Die trotz aller Schwierigkeiten das Positive erkennt und sich daran klammert.

Während du derjenige bist, der so nüchtern geworden ist. Der Zweifel an der Beziehung hat. Der darüber nachgedacht hat, wie es wäre, wenn du wieder alleine leben würdest. Der sich vorstellen konnte, dass das möglicherweise besser zu dir passt. Der glaubt, dass er vielleicht einfach kein Beziehungsmensch ist. Der jetzt umso mehr denkt, dass wir eigentlich nicht zusammenpassen.

Was mich am meisten verletzt hatte, war, dass du deinen Wunsch nach sexueller Entfaltung und Befriedigung über unsere Beziehung stellst. Die Art und Weise, wie du die Beziehung führen willst, ist dir wichtiger, als ich. Ich weiß, dass du das abgestritten hast, dass es nicht stimmt. Dass du meintest, dass du dich trennen würdest, wenn du mit der Beziehung, die wir haben, dauerhaft nicht mehr glücklich bist. Aber wenn alles andere stimmt und nur diese eine Sache nicht, die dir augenscheinlich so wichtig ist. Dann ist es unser Ende.

Als ich das erkannte, ist wirklich etwas in mir zerbrochen. Ich weiß nicht, was es war. Die Liebe? Die Hoffnung? Der Glaube an die Liebe? Das Bild, was ich von unserer Beziehung hatte? Das Bild, was ich vielleicht auch von dir hatte?


Verlorene Hoffnung und Zweifel

Es sind deine Zweifel, die mich ebenso zum zweifeln bringen. Ich kann diesen Zustand der Ungewissheit schwer ertragen. Nicht zu wissen, woran ich beim anderen bin. Wie der andere zu mir steht. Nicht zu wissen, wohin wir gehen werden.

Ich hatte eine klare Vorstellung davon, wie es weitergehen wird: Wir sind glücklich miteinander und wir arbeiten an unserer Beziehung. Wir hatten doch gerade erst für uns entdeckt, dass wir durchaus länger zusammen bleiben können, wenn wir uns auch die sexuelle Abwechslung mit anderen gönnen können. Für mich gab es keinen Grund, deswegen an ein Ende der Beziehung zu denken.

Vielleicht bin aber auch ich es, die gerade einfach nur alles durch die negative Brille sieht: Die nur hören will, dass dir andere Dinge als ich wichtig sind. Die nur nach Bestätigung danach sucht, dass ich am Ende für dich eben nicht mehr liebenswert bin. Dass ich nicht wertvoll genug bin, dass man das alles auf sich nimmt, um für die Beziehung zu kämpfen.

Vielleicht bin ich auch einfach nur zu dumm und naiv, weil ich noch immer an dieser idealen Vorstellung von Liebe hänge: Man geht durch dick und dünn. Auch wenn es mal schwer ist, man bleibt zusammen, weil man weiß, dass es das wert ist. Weil der andere einem so wichtig ist.

Vielleicht habe ich mir wirklich auch einfach so vieles in unserer Beziehung schön geredet. Streit gehört dazu. Und es sind nur Kleinigkeiten. Nicht so großes, wie das, womit wir jetzt zu kämpfen haben.


Illusion ist zerbrochen

Als wir neulich darüber gesprochen haben, wurde mir erst bewusst, wie sehr du unter der ganzen Situation, die seit einigen Monaten andauert, leidest. Mir war es nicht klar, dass es so schlimm war. Wie auch, war ich immer in der Rolle des Aggressors. Derjenige, der austeilte, hat es einfacher, als derjenige, der einsteckt. Erst da ist mir bewusst geworden, wie sehr wir eigentlich schon in einer Krise steckten.

Ich bin gut darin, mir Dinge schönzureden. Konnte ich in meiner ersten Beziehung sogar jahrelang. Mir einreden, dass ich glücklich in der Beziehung. Dabei war ich es nicht, schon lange nicht mehr.

Und auch jetzt hänge ich an einer Illusion von Liebe. Eine Liebe, die geprägt ist von Dramen, von einem ständigen Auf und Ab, sich streiten und wieder versöhnen. Glaubte ich unbewusst vielleicht, dass das eine gute Beziehung ist?

Besser vielleicht als meine vorherige. Zwar gab es die ersten zwei Jahre auch öfter Streit, aber danach wurde es friedlicher. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass wir die schwierige Beziehungsphase hinter uns hatten oder uns einfach damit arrangierten. Vielleicht war mir die Beziehung mit den Jahren immer egaler.

All die letzten Wochen redete ich mir ein, dass ich trotzdem glücklich mit der Beziehung mit – trotz der vielen Streits. Ich dachte, es wäre nur eine Momentaufnahme und würde wieder vergehen. Doch diese Illusion ist jetzt komplett zerbrochen. Und das nun zu erkennen, tut wirklich weh. Dass wir eben beide nicht so glücklich mit der Beziehung sind. Dass wir echt Probleme haben. Und nicht wissen, wie es weiter gehen wird. Das sind Fakten.

Sie anzunehmen, fällt mir wahnsinnig schwer. Für mich ist es gerade so unerträglich, nicht zu wissen, wie es weitergeht. Die Unsicherheit, ob es mit uns klappt oder nicht, zerfrisst mich innerlich. Es fühlt sich an, als wäre mein Herz gebrochen. Vor wenigen Tage war ich einfach nur tieftraurig beim Gedanken an die Beziehung. Es fühlte sich an, als hätte ich alle Hoffnung darin verloren. Als hätte ich innerlich bereits damit abgeschlossen.


Ist das ein fauler Kompromiss oder eigentlich nur ein Aufschieben?

Wir hatten einen Kompromiss gefunden. Wir wollen an der Beziehung arbeiten, wollen dran festhalten, wollen schauen, wie es weitergeht. Die Beziehung retten. Aber ich weiß auch, dass du mich verlassen wirst, wenn sich nichts ändern wird. Wenn ich nicht an mir selbst arbeite. Wenn die Streitigkeiten nicht weniger werden. Es fühlt sich wie ein Ultimatum an. Ich selbst fühle mich auch so sehr unter Druck gesetzt. Ich muss mich anpassen, ich muss weniger wollen, weniger fordern, ein besserer Mensch werden. Damit ich dich halten kann.

Im Umkehrschluss bedeutet das für mich auch: Ich bin so wie ich bin nicht gut genug. Ich darf nicht mehr wütend sein. Ich darf nicht über meine Gefühle und Bedürfnisse reden. Weil dich das stresst, sich das wieder für dich wie Streit anfühlt. Es ist dir zu viel mit mir. Ich muss mich verbiegen, um dir zu gefallen. Um dich glücklich zu machen. Ich darf dir keinen Ärger bereiten. Das baut so viel Druck auf.

Vielleicht liegt die Schuld aber auch nicht bei mir. Vielleicht haben wir beide einfach keine Schuld. Vielleicht liegt es nur daran, dass wir einfach nicht zusammenpassen. Mit einem anderen Partner an meiner Seite würde es vielleicht anders aussehen. Da würde ich mich vielleicht sicherer fühlen, bräuchte ich nicht ständig Bestätigung und Nähe. Weil mir der Partner das von allein gibt.

Aber vielleicht bin auch ich das Problem und ich muss mehr an mir arbeiten. Ich will mich dafür aber auch nicht verurteilen und fertig machen. Dass ich so bin, wie ich bin, dafür kann ich nichts. Aber ich will daran arbeiten und möchte auch für die Beziehung kämpfen.

Ich will nichts mehr erwarten, mich nicht mehr auf etwas verlassen. Am Ende werde ich ohnehin nur enttäuscht, was wehtut. Wir schauen einfach, wie es weitergehen wird...

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