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Weniger ist mehr






Heute soll es um ein Sprichwort gehen, das ich für sehr treffend halte. Auf den ersten Blick mag es widersprüchlich klingen. Warum sollte weniger denn mehr sein. Weniger ist doch weniger oder? Man muss den kurzen Satz, der sehr viel Wahrheit enthält auf einer anderen Ebene lesen. Eben nicht weniger und mehr wortwörtlich lesen.

Der Ausspruch meint eigentlich, dass ein Weniger besser sei als ein Mehr. Das Sprichwort besagt, dass wir uns mit weniger zufrieden geben sollen. Wir sollen nicht nach mehr streben, immer mehr wollen. Sondern uns in Verzicht und Mäßigung üben. Weniger ist mehr bedeutet, dass wir weniger fordern und verlangen und dadurch aber mehr gewinnen. Das Sprichwort kann man auf so verschiedene Arten lesen. Wenn ich weniger arbeite, dann habe ich mehr Zeit für wichtige Dinge im Leben. Das Mehr bezieht sich nicht auf die Quantität sondern auf die Qualität. Desto weniger ich möchte, desto zufriedener bin ich. Ich muss nicht mehr arbeiten und mehr Geld verdienen. Das macht mich materiell zwar reicher, aber innerlich ärmer. Wenn ich aber den Fokus mehr auf immaterielle Dinge lege und auf materielle Dinge, sowie Ansehen und Prestige vernachlässige, dann kann ich innerlich wachsen.

Weniger ist mehr bedeutet auch, dass ich mehr Freiheit bekomme, je weniger ich besitze. Wenn ich mir viel Reichtümer und Gegenstände anhäufe, bin ich auch für diese Dinge verantwortlich. Sie kosten mich eine Menge Zeit und Nerven. Ich muss überlegen, wie ich sie lagere, wie ich sie pflege und pflege. Außerdem muss ich mich um ihre Sicherheit sorgen. Doch wenn ich nicht viel habe, dann bin ich ungebundener und muss mich damit nicht befassen. Wer viel besitzt, der hat auch viel zu verlieren. Ich erinnere mich da an Dramen, in denen es um Adlige geht. Das Drama entsteht dadurch, dass sie ganz weit oben sind und dann entsprechend tief fallen. Das ist dramatisch. Wer aber nicht viel besitzt, der erlebt auch nicht so einen Rückschlag.

Ich hatte es in einem Artikel zu Minimalismus bereits angesprochen. Viele befürchten, dass minimalistisch leben, immer nur Verzicht und Einschränkung bedeutet. Aber das ist nur die eine Perspektive. ES gibt meist zwei Arten, an Dinge heranzugehen. Statt uns einzuengen, können wir es als Chance sehen, eben mehr davon zu haben. Wir sind eben freier, haben mehr Zeit, weniger Sorgen. Minimalismus bedeutet, dass wir nicht ständig etwas konsumieren müssen. Wir legen den Fokus auf die wichtigen Dinge im Leben. Wer weniger konsumiert, hat am Ende auch mehr Zeit und Geld für etwas Anderes was gehaltvoller wäre so wie Reisen.

In dem Sprichwort steckt die Botschaft, dass mehr haben wollen und mehr erreichen nicht grundsätzlich gut ist. Natürlich ist es erstrebenswert, wenn wir nach Größerem suchen. Nur so ist Entwicklung und Verbesserung möglich. Doch wenn man sich kein Limit setzt und ständig mit anderen vergleicht, andere beneidet oder ihnen nacheifert, wird man unglücklich. Die Worte vermitteln uns, dass wir uns auch mit weniger zufrieden geben sollten. Wir müssen nicht immerzu mehr haben, um glücklich zu sein. Statt nach dem zu streben, was wir nicht haben, sollten wir dankbar mit dem sein, was wir besitzen. Nicht immer der Zukunft hinterherlaufen, sondern in der Gegenwart sein. Wenn man mit dem zufrieden ist, was ist und was man hat, dann muss man sich nicht immer nach außen richten. Man kann jederzeit glücklich sein, auch wenn die Umstände mal nicht so gut sind.

Es sind gerade die ärmeren Leute, die nicht viel haben, aber doch meist glücklicher sind, als die Wohlhabenden. Letztere können nicht zufrieden sein, denn sie wollen immer mehr. ES gibt für sie keinen Endpunkt. Reichtümer können ins Unendliche gesammelt werden. So werden sie nie zufrieden sein. Man muss auch die kleinen Dinge im Leben schätzen. Das steckt auch darin. Wir suchen nach den großen Glücksmomenten und übersehen die vielen kleinen, die überhaupt das Leben lebenswert machen. Denn solche großen Glücksfälle geschehen eher selten.

Ich denke auch, dass der Satz bedeutet, dass es nicht um Quantität, sondern Qualität geht. Nehmen wir mal Freundschaften an. Wer viele Freunde hat, muss nicht unbedingt besser dran sein, der weniger hat. Denn je mehr Freunde man hat, desto weniger Zeit bleibt für die einzelne Person. Die Beziehungen sind nicht so intensiv, wie bei wenigen Freunden. So hat man zwar viele Bekanntschaften, aber weniger tiefe Beziehungen. Hier erkennt man, dass die Tiefe nicht von der Menge abhängig ist. Genauso ist es auch nicht unbedingt so zufrieden machend, viel Geld zu haben. Wozu? Wenn wir nicht wissen, was wir damit machen oder wenn wir es sinnlos ausgeben.

Das Gleiche trifft auch bei Hobbys zu. Ich kann viele verschiedene Hobbys haben, aber für keines wirklich Leidenschaft empfinden. Qualität geht vor Quantität. Lieber Prioritäten setzen und sich auf wenige Hobbys oder eines konzentrieren, das man dann auch hingebungsvoll praktiziert. Hier wieder greift das Prinzip Minimalismus. Außerdem sehe ich es auch bei der aktuellen Umweltlage. Unser Verlangen nach mehr führt zu einer enormen Ressourcenverschwendung und Überproduktion. Nur weil wir mehr wollen oder immer alles im Überfluss haben. Wenn man zu viel von etwas hat, dann verliert die Sache an Wert. Wir können Dinge leichter entsorgen oder austauschen. Mehr bedeutet also auch einen Wertverlust. Etwas was es eben nur begrenzt gibt, das besitzt mehr Wert. Wir brauchen nicht so viele Ressourcen zu verschwenden und immer zu viel zu haben. Nur so viel kaufen und besitzen und verwenden, wie man braucht. Das ist auch gut für die Umwelt.

Die Wirtschaft ist ein Beispiel für die Widerlegung des Satzes. Da gilt: immer mehr ist besser! Genauso auch bei der persönlichen Entfaltung, wenn es um die eigene Optimierung geht. Man verlangt so viel von uns, dass wir einfach nur überfordert sind. Es ist eben nicht möglich, so viel auf einmal zu schaffen. Wir sorgen dann selbst für Stress und Sorgen. Das Leben ist kurz. Ich verstehe daher die Meinung, dass man das Beste daraus machen und so viel wie möglich erleben sollte. Aber auch da ist wieder der Irrtum: Mehr ist besser. Das führt nur dazu, dass wir von einem To-Do zum nächsten springen, aber dann nicht genießen können. Wir sollten uns weniger aufhalsen und dann aber auch bewusster genießen und erleben.

Weniger ist mehr lässt sich auch aufs Arbeiten übertragen. Wir arbeiten und arbeiten, verschwenden wertvolle Lebenszeit und wofür? Um mehr Geld zu verdienen? Aber warum so viel? Brauchen wir das denn? Wir sollten uns bewusst werden, was wir überhaupt wollen. Und dann können wir überlegen, wie viel wir arbeiten müssen. Sind wir mit weniger zufrieden, verwenden wir weniger Energie und haben mehr Zeit für andere Herzensangelegenheiten. Außerdem muss man nicht alles perfektionieren und sich immer so sehr ins Zeug legen. Es reicht wenn man es gut macht oder wenn man eben nur so viel macht, wie auch verlangt ist. Alles andere wäre eine Verschwendung von Energie und Zeit.

Das Sprichwort lässt sich aber auch auf Dinge übertragen, von denen wir zu viel machen, was wir aber möglichst vermeiden sollen. Also Dinge, die uns nichts nützen und uns sogar schaden können. So essen viele Menschen zu viel, trinken zu viel Alkohol, rauchen zu viel, sitzen zu viel, geben zu viel Geld aus, schauen zu viel Fernsehen, jammern und meckern zu viel. Sie schaden sich damit selbst. Nicht bewusst, denn sie sind gewissermaßen süchtig danach. Es geht wieder um das Übermaß und Gier. Weil wir glauben, dass es uns gut tut oder wir es brauchen. Dabei können wir von diesen Süchten loskommen, wenn wir nur wollen. Einfach weniger davon tun, oder es ganz sein lassen. Uns würde es einfach besser gehen. In dem Sinne bedeutet es also weniger Schädliches tun, was uns ein Mehr an Zufriedenheit und Gesundheit geben würde. Also das Negative reduzieren und durch Positives ersetzen bzw. mehr von guten Dingen tun. Das steckt auch darin als Botschaft.

Es sind auch weniger die materiellen Dinge, die uns glücklich machen, sondern die Beziehungen und Leidenschaften. Nicht das Anhäufen von Dingen tut uns gut, sondern das Erleben selbst. Das Tun. Uns will die Werbung ja weiß machen, dass wir bestimmte Produkte brauchen. Doch es wird nur ein Bedürfnis erzeugt, was so gar nicht besteht. Weg von dieser Künstlichkeit, hin zu der Natürlichkeit der Dinge. Früher hatten die Menschen noch nicht so einen Wohlstand und Lebensstandard und sie waren dennoch zufrieden. Vielleicht noch zufriedener als wir es sind obwohl sich die Umstände doch so verbessert haben Wir wissen es eben nicht mehr zu schätzen. Uns geht es zu gut und wenn wir jammern, dann auf hohem Niveau. Dabei fehlt es uns an nichts. Das Sprichwort zeigt uns, dass es anders gehen kann. Wir sollten dankbar sein, dass es uns an nichts Wichtigem fehlt.

Je mehr man hat und je mehr man tut, desto schwieriger und komplexer wird es. Doch wenn man alles reduziert, wird alles auch viel übersichtlicher und einfacher. Man behält den Überblick und ist nicht überfordert.

Viele Dinge, die wir heute aus Bequemlichkeit haben und uns Vorteile versprechen, sind gar nicht so gut für uns. Autofahren mag bequem sein, schadet aber der Umwelt und hindert uns daran uns zu bewegen. Fastfood spart uns vielleicht Zeit, ist aber auch nicht gesund für uns. Selbst Maschinen und Roboter mögen zwar eigentlich nützlich sein, weil sie Arbeit übernehmen, aber dadurch verlieren auch viele Menschen an Arbeit und Sinn in ihrem Leben. Ein Mehr bedeutet auf der anderen Seite auch ein weniger. Es gibt wie gesagt immer zwei Perspektiven. Wenn wir aber das eher nicht so gute Mehr reduzieren, bedeutet es gleichermaßen auch ein Mehr an guten Dingen. Wir könnten statt Auto fahren öfter mit dem Fahrrad unterwegs sein. Wir könnten unser Essen selbst kochen und gesünder und billiger ernähren. Statt ständig auf dem Smartphone zu schauen und mit anderen Leuten zu chatten, könnten wir auch mehr Zeit mit den Menschen in der realen Welt verbringen.

Mehr bedeutet auch Stress. Ich will so viel machen, meine Zeit so gut wie es geht nutzen und hetze von einem Termin zum nächsten. Hier geht es also diesmal um Zeit, aber wie ich sie sinnvoll nutze. Stattdessen also lieber weniger vornehmen und planen, dafür die Zeit auch wirklich genießen und bewusst leben. Nicht mehr alles schnell machen, sondern bewusst langsam. Entschleunigung ist das Zauberwort. Nicht mehr nach dem Motto mehr ist besser, viel vornehmen und zwischen den Aufgaben hin und her wechseln. Das stresst ungemein und führt zu Konzentrationsstörungen. Man ist dann automatisch eigentlich nicht bei der Sache und arbeitet nicht effizient. Darum lieber langsamer sein, das entspannt auch, man ist deutlich glücklicher.


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