Jeder hat vor etwas Angst, ob groß
oder klein. Manche Ängste sind sehr speziell und persönlich. Doch
es gibt Dinge im Leben, vor denen fast jeder Angst hat: Grundängste.
Einsamkeit
Der Mensch liebt die Gesellschaft.
Er kann ohne andere nicht sein. Auch wenn es Leute gibt, die es
vorziehen, allein zu sein. Das sind aber die großen Ausnahmen. Es
liegt in den Genen des Menschen, die Gesellschaft anderer zu suchen.
In ganz alten Zeiten war es noch lebensnotwendig, mit anderen
zusammen zu sein. Wir waren voneinander abhängig, ohne den anderen
hatten wir keine großen Überlebenschancen. Doch heute sieht es
anders aus. Und trotzdem. Wer mag es schon allein zu sein? Wir
brauchen andere, wir wollen miteinander kommunizieren, Gedanken und
Gefühle austauschen. Wir blühen meistens auf, wenn wir mit anderen
zusammen sind.
Beziehungen sind unglaublich wichtig
für das eigene Wohlbefinden. Ich finde, dass sie mit das wichtigste
im Leben sind. Ich könnte mir ein Leben ohne andere nicht
vorstellen. Es wäre wirklich sehr traurig. Kein Wunder, dass die
meisten auch Angst davor haben, allein zu sein. Deswegen tun wir auch
alles, um die Gunst der anderen zu bekommen. Wir wollen den
Erwartungen anderer entsprechen, ihnen gefallen und gute Beziehungen
aufbauen. Auch wenn es teilweise unseren eigenen Werten und Ansicht
en widerspricht. Das kennt man ja
auch als Gruppenzwang und wenn Leute zu Mitläufern werden.
Einsamkeit ist wirklich keine tolle Sache. Ich brauche andere,
einfach, um glücklich zu sein. Ich genieße die Nähe anderer,
möchte mich ihnen mitteilen, aber auch von anderen etwas erfahren,
ihren Geschichten lauschen und dadurch meinen Horizont erweitern.
Zusammen lachen, Spaß haben, zusammen etwas unternehmen, das ist
schön.
In schlechten Zeiten ist man
füreinander da und baut sich gegenseitig auf. Wenn die anderen nicht
wären, wäre ich komplett allein mit meinen Ängsten und Problemen.
Andere helfen einem auf die Beine und könnten einem den richtigen
Weg aus dem Schlamassel zeigen. Die Angst vor der Einsamkeit ist
absolut nachvollziehbar, sollte uns aber nicht dazu bringen, uns
selbst untreu zu werden und alles mit uns machen zu lassen, was
andere wollen. Wir sollten schon uns daran orientieren, wie man sich
gut in der Gesellschaft verhält, aber auch nicht zu sehr unter Druck
setzen lassen. Unabhängig bleiben und auch eigene Bedürfnisse und
Ansichten durchsetzen.
Schmerz
Keiner möchte wirklich leiden,
ausgenommen die Masochisten. Dabei ist Schmerz doch eigentlich eine
Art Schutzmechanismus des Körpers. Er signalisiert uns damit, dass
irgendetwas nicht stimmt und wir etwas dagegen tun sollen. Doch
Schmerz ist eben ein unangenehmes Gefühl. Es tut eben weh und wir
möchten, dass das Gefühl so schnell wie es geht, verschwindet.
Damit verbunden ist Leiden sowohl körperlicher als auch seelischer
Art. Der Mensch strebt danach, Leid zu vermeiden und Lust zu
steigern. Das ist eben in seiner Natur und so geht es auch allen
anderen Lebewesen.
Aber Leid und Schmerz gehören dazu.
Davor Angst zu haben ist natürlich nur menschlich und verständlich.
Aber sich zu große Gedanken darüber zu machen und Schmerz auf alle
Fälle zu vermeiden, kann auch nicht gut sein. Wie schon erwähnt,
sind Schmerzen und Leiden nicht sinnlos. Und durchaus gehören sie zu
einem erfüllten Leben dazu. Ohne sie wüssten wir nicht, wann es uns
gut geht. Erst durch sie lernen wir das Wohlbefinden zu schätzen.
sich nicht mehr erinnern können
Eine Angst, die vielleicht nicht so
permanent vorhanden ist wie die anderen, aber dennoch erwähnenswert.
Vor allem im Zusammenhang mit Demenzerkrankten. Ich stelle es mir
schrecklich vor, wenn ich eines Tages keine Erinnerung mehr an mein
Leben hätte. Es wäre so, als hätte ich niemals gelebt. Alles, was
mich ausmacht, was in meinem Kopf gespeichert ist, wäre weg.
Erinnerungen sind extrem wichtig für die eigene Persönlichkeit und
das Leben. Das ist das einzige, was einem noch bleibt, wenn man dann
immer älter wird und dem Tode nahe steht. Mit den Erinnerungen
verschwindet unser Leben und auch unsere Persönlichkeit. Ich weiß
dann nicht mehr wer ich wirklich bin. Verliere überhaupt Sinn und
Verstand und vegetiere nur noch vor mich hin. Ich hoffe, dass ich im
hohen Alter nicht in eine solche Situation komme. Die Angst davor ist
da. Aber wenn es soweit ist, frage ich mich, macht es mir dann noch
etwas aus?
Verlust einer geliebten Person
Ich denke, dass jeder jemanden hat,
ohne den er nicht mehr leben möchte. Doch der Tod ist allgegenwärtig
und manchmal schlägt er doch schneller zu als gedacht. Es wäre
unerträglich eine geliebte Person zu verlieren. Ich will und kann es
mir nicht vorstellen. Dabei gehört es zur normalsten Sache der Welt.
Menschen kommen und Menschen gehen. Ein ewiger Zyklus. Ich kann mir
nicht vorstellen, meine Mutter zu verlieren. Sie irgendwann nicht
mehr bei mir zu haben. Ich würde in ein tiefes Loch verfallen.
Könnte mir nicht vorstellen, wieder herauszukommen. Doch
wahrscheinlich werde ich es überstehen. Die Zeit heilt alle Wunden.
Trotzdem habe ich schon Angst vor
dem Tag, an dem es passieren wird. Wenn eine meiner geliebten
Personen einfach nicht mehr am Leben sind. Ich will mir das nicht
vorstellen, und ich denke so geht es auch vielen anderen. Aber
Menschen kommen darüber hinweg, so wie sie auch alles überstehen.
Es bringt nichts, sich darüber jetzt einen Kopf zu machen. Besser
wäre es das im Hinterkopf zu behalten und lieber die Zeit mit den
Liebsten zu genießen. Sie könnte jeden Moment vorbei sein. Also
eher aus der Angst etwas Positives machen und positiver handeln,
anstatt auf den Moment zu warten, bei dem der Tod an die Tür klopfen
wird.
Krankheit
So wie wir Angst vor Schmerzen und
Leiden haben, fürchten wir uns auch vor Krankheiten. Krankheiten
kommen meist plötzlich und schränken unsere Lebensqualität enorm
ein. Ein normales Leben ist kaum möglich, vor allem wenn es schwere
Krankheiten sind. Sie machen aus uns hilflose Wesen, die den äußeren
Umständen unterliegen. Wir fühlen uns wie gefangen, als ob wir
keine Freiheiten mehr hätten. Nur noch die Krankheit bestimmt unser
Leben. Mit dem Alter kommen meist mehr Krankheiten dazu, unser Körper
wird schwächer. Wir verlieren dadurch auch unsere Kraft, Vitalität
und unsere Lebensmöglichkeiten. Krankheiten schwächen uns enorm,
physisch als auch psychisch. Sie gehen uns an die Substanz, stellen
uns vor einer Zerreißprobe. Sie zeigen uns, wie verletzlich wir
eigentlich sind.
Ich fürchte mich ebenfalls davor.
Wer möchte schon krank sein? Und vor allem dann auch schwer krank
oder unheilbar krank? Das ist meine größte Sorge. Dass es mich
irgendwann trifft und dann so sehr, dass jegliche Heilungschancen
gegen Null gehen. Ich daran zugrunde gehe und mich nie wieder erhole.
Das glückliche Leben wäre für mich vorbei. Hätte ich dann noch
Lust und Freude am Leben? Mit Krankheiten verbinden wir meist auch
viele Schmerzen und Leid, ebenfalls Dinge, vor denen wir uns fürchten
und die wir tunlichst vermeiden wollen. Doch im Gegensatz zu
Schmerzen und Leiden, hören Krankheiten nicht einfach so auf, wir
müssen aktiv etwas dagegen tun. Ich denke, dass es Hoffnung gibt.
Dass man selbst, wenn man erkrankt, immer weiterleben und kämpfen
sollte. Das Leben ist nicht vorbei, man kann das Beste daraus noch
machen. Wenn es Heilungsmöglichkeiten gibt, auf alle Fälle in
Betracht ziehen.
Behinderung
Eine Behinderung wäre
gleichzusetzen mit Krankheiten. Vielleicht ist sie für einige noch
schlimmer zu ertragen. Behinderung bedeutet meist, dass wir etwas
Wichtiges im Leben verloren haben. Vielleicht die Fähigkeit zu
laufen, zu sehen, zu hören oder zu sprechen. Ich habe schon Angst,
meine Sinne zu verlieren. Es ist als ob man den Kontakt zur Welt
verlieren würde. Man kann das Leben nur noch eingeschränkt leben.
Im Alltag vergessen wir, wie wichtig unsere Fähigkeiten und
Sinnesorgane sind. Wir sehen sie als selbstverständlich. Daher
sollten wir für sie dankbar sein und an die Menschen denken, die
einige nicht mehr haben und trotzdem das Leben genießen.
Ich fände es am schlimmsten nicht
mehr laufen, sehen und sprechen zu können. Es wäre alles
gleichermaßen unerträglich. Ob das Leben dennoch lebenswert wäre?
Für die Menschen mit Behinderung auf alle Fälle. Sie können sich
dennoch am Leben erfreuen. Ich respektiere sie dafür wirklich sehr.
Wir denken, dass wir nur noch unglücklich sein werden. Aber in
Wahrheit schafft es der Mensch, sich daran zu gewöhnen und dann ist
es auch nicht mehr so schlimm, wie am Anfang.
Auch wenn wir durch Krankheiten oder
Behinderungen ein Stück Lebensqualität verlieren. Wir können
dennoch ein schönes erfülltes Leben führen. Wir sind nicht Opfer
der Umstände. Es kommt dabei entscheidend auf die eigene Einstellung
an. Wenn wir wollen, können wir weiterleben und auch Glück finden.
Viele sehen Krankheiten und Behinderungen als Schicksalsschlag an,
der ihr Leben sowohl positiv als auch negativ geprägt hat. Sie
versuchen das Positive darin zu sehen, das sie dadurch noch stärker
werden und das, was sie haben, auch mehr zu schätzen wissen.
Kontrollverlust
Eine weitere Angst, die uns prägt,
ist die Angst keinen Einfluss mehr auf etwas zu haben. Das ist vor
allem dann der Fall, wenn wir entweder durch Alkohol oder Drogen in
einen Rauschzustand kommen oder durch äußere Gewalt in unserer
Freiheit eingeschränkt werden. In beiden Fällen beherrschen wir uns
selbst, wir werden von anderen oder von etwas kontrolliert. Diese
Angst fängt schon bei kleinen Dingen im Alltag an. Wenn wir nervös
werden, weil wir nicht planen können, was kommt. Die Zukunft ist
ungewiss und der Zufall unberechenbar. Oder wenn wir etwas Neues
ausprobieren oder lernen, wissen wir auch nicht, was auf uns zukommt.
Diese Ungewissheit macht uns Angst und wir möchten am liebsten alles
planen, um die Macht zu haben. Daran sieht man auch, dass
Selbstwirksamkeit und Freiheit Grundbedürfnisse des Menschen sind.
Tod
Die Grundangst Nummer eins dürfte
das Thema Sterben und Tod sein. Beide machen uns Angst, weil wir
nicht wissen, was auf uns zukommt. Dabei gibt es bei beiden
unterschiedliche Gründe für unsere Angst. Sterben hat mitunter auch
wiederum etwas mit Krankheit, Leid und Schmerz zu tun. Wir fürchten
uns davor, dass wir leiden müssen, dass es zu sehr weh tut. Wir
wollen das vermeiden, aber das gehört eben zum Leben dazu. Auch die
Unkenntnis, wie wir sterben und wann, macht uns Angst, weil das eben
nicht wissen können. Was wiederum gut ist, denn ansonsten würde man
ja überhaupt nicht mehr das Leben genießen können.
Der Tod wiederum macht uns auch
wieder Angst, weil wir nicht wissen, was mit uns passiert. Wir
verlieren die Kontrolle und haben keine Ahnung, was mit uns
geschieht. Zum anderen können wir uns den Tod auch nicht vorstellen,
er übersteigt unser Bewusstsein, was auch wiederum uns selbst
überfordert und Angst einjagt. Der Tod ist etwas Endgültiges und
wir wollen ihn vermeiden, weil in uns der Urinstinkt des Lebens ist.
Es ist absolut verständlich, dass
sich viele vor dem Sterben und dem Tod fürchten. Aber wir sollten
uns klar machen, dass beides zum Leben dazu gehört. Wir sollten
nicht zu sehr daran denken, sondern stattdessen das Leben genießen,
ein Leben leben, was wir nicht bereuen. Dann können wir auch Frieden
mit uns schließen und ohne schlechtes Gewissen von der Welt gehen.
Zumal es Unsinn ist an den Tod zu denken und Angst zu haben. Wenn er
erst einmal eintritt, sind wir nicht mehr auf der Welt und werden
auch nichts davon mitbekommen. Wir verschwinden einfach nur. Daher
sollten wir uns um den Tod nicht kümmern. Das Sterben wiederum ist
eine andere Sache. Das erleben wir ja mit. Und auch da, können wir
nicht viel machen. Wenn es soweit ist, dann ist es so. Aber was wir
eben vor dem ganzen machen, das liegt in unserer Hand.
Abschließend lässt sich sagen,
dass man anhand der Grundängste sehr gut sehen kann, was auch unsere
eigenen Grundbedürfnisse sind. Wenn wir mehr auf diese achten und
sie erfüllen, müssen wir auch keine Angst mehr haben. Es hat sich
herausgestellt, dass wir Menschen vor allem nach sozialer Nähe, nach
festen Bindungen, einer eigenen festen Persönlichkeit, Gesundheit,
Glück, Freiheit, Autonomie und vor allem Leben streben.
Ängste sind nicht grundsätzlich
schlecht. Sie zeigen uns auf, was wir vermeiden wollen und in
gewissem Sinne können wir auch etwas bewirken. Die Angst vor Schmerz
hilft uns Gefahren aus dem Weg zu gehen. Wir lernen daraus, dass wir
eine heiße Herdplatte nicht wieder anfassen. Wir können etwas für
unsere Gesundheit tun, damit wir nicht krank werden. Wir können ein
schönes Leben leben und den Tod akzeptieren, dann macht er uns nicht
mehr so viel aus. Wir können einfach für all das dankbar sein, was
wir haben. Bis zu einem gewissen Grad könnten wir etwas gegen die
Ängste tun beziehungsweise auch versuchen mit ihnen zu leben und das
Beste aus ihnen zu machen. Ängste sind gut, wir brauchen sie in
unserem Leben, sie zeigen uns, was wichtig ist und was wir selbst
dagegen tun können.
Auf keinen Fall sollten wir aus
Angst etwas vermeiden. Ich denke, dass das Gegenteil der Fall ist:
Wir sollten da hin, wo auch die Angst ist. Denn die Ängste zeigen
uns auch, wo bei uns Nachholbedarf ist, was wir unbedingt noch ändern
können. Nur da wo wir unsicher sind, da können wir uns auch
weiterentwickeln. Ängste sind gewisse Einschränkungen im Leben,
also geben uns Hinweise, wo wir unser Leben verbessern können. Wenn
ich Angst vor Menschen habe, kann ich gezielt versuchen mit ihnen
Kontakt aufzunehmen, entferne mich aus meiner Komfortzone und wachse
über mich hinaus.
Wir werden mutiger, wenn wir uns
unseren Ängsten stellen und sie nach und nach abbauen. Das stärkt
unser Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Wir sind unabhängig,
wir müssen uns von unserer Angst nichts bestimmen lassen. Es ist
okay, Angst zu haben, aber es ist nicht okay, deswegen sein Leben
nicht so zu leben, wie es sein sollte.
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