Integration. Ein Wort, mit dem ich
mich in letzter Zeit oft befassen muss, ob beruflicher oder privater
Art. Was ist eigentlich Integration? Was bedeutet es für mich? Und
was kann ich dafür tun?
Diese Frage stellt sich auch
Chaoshep auf ihrem Blog und ich möchte auch gerne meinen Beitrag zur Blogparade beitragen.
Über das Wort selbst kann man
wirklich stundenlang diskutieren. Es ist ein sehr vielschichtiger und
komplexer Begriff, der nach Fachrichtung immer mal andere Aspekte
vorweist. Doch es soll heute nicht um die wissenschaftlich genaue
Definition gehen. Nein, ich möchte meine ganz persönliche Meinung
zum Thema darlegen.
Integration bedeutet für mich
jemanden, der eigentlich nicht Mitglied der Gesellschaft ist, doch am
gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Integration setzt für
mich den gegenteiligen Begriff Exklusion oder vereinfacht gesagt
Ausgrenzung voraus. Man kann ja nur jemanden in etwas integrieren,
wenn dieser zuvor nicht schon bereits Teil davon ist nicht wahr?
Integration ist vielschichtig
Bei Integration werden für mich
gleich zwei Aspekte angesprochen. Zum einen der Umgang mit Menschen
mit Behinderung. Zum anderen das Zusammenleben mit Menschen anderer
Herkunft, die ihr Heimatland verlassen haben und in Deutschland neu
anfangen wollen. Gerade heutzutage ist das Wort ja wichtiger denn je
im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte. Um die zwei Aspekte geht
es mir auch in diesem Text.
Wie schon einmal erwähnt, befasse
ich mich sowohl jobmäßig als auch in der Freizeit mit Integration.
Ich arbeite derzeit bei einer Tageszeitung und will eine Geschichte
über einen Jungen mit einer Behinderung, die ihn im Gehen
einschränkt, schreiben und all die Probleme, die damit
zusammenhängen. Der Junge besucht derzeit ein Gymnasium ist dort
sehr glücklich. Doch bald kann er die Schule vielleicht nicht mehr
besuchen, weil er in Gebäuden unterrichtet wird, die nicht
behindertengerecht ausgestattet sind.
Seine Mutter versucht derzeit Hilfe
zu holen, hat auch schon mit dem Schulleiter, Politikern usw.
gesprochen. Bisher gibt es noch keine endgültige Lösung. Er benutzt
zwar einen Treppensteiger, hat auch einen Betreuer, der ihm hilft.
Aber das ist nur eine Notlösung. Wenn es hart kommt muss er die
Schule wechseln. Eine wäre in Aussicht, aber die Familie will das
nicht. Nicht wieder bei Null anfangen. Denn bereits davor kämpfte
der Junge schon, Zugang zu bestimmten Kindergärten und Schulen zu
bekommen, eben weil sie nicht barrierefrei sind.
Barrierefreie Schulen und
Institutionen sind anscheinend immer noch ein Problem in unserer
Gesellschaft. Es gibt andere Länder, die da bereits viel weiter sind
als Deutschland. Klar, überall wird davon gesprochen, dass man sich
um Barrierefreiheit bemüht, aber wie man an meinem Beispiel sieht,
ist es nicht überall angekommen. Besonders nicht in den ländlichen
Gebieten, wo vielleicht auch das Geld fehlt. Wobei ich mir dann
wiederum denke, dass die Gemeinden genug Geld für irgendwelche
Straßenausbaumaßnahmen haben, aber nicht in behindertengerechte
Schulen investieren. Bei der Bildung wird leider doch anscheinend
gespart.
Die Mutter des Sohnes hat seit jeher
mit den Institutionen zu kämpfen. Sie meint, es gäbe immer noch
Barrieren im Kopf. Menschen mit Behinderung werden in Deutschland
immer noch nicht so behandelt, wie es sein sollte, obwohl es doch
eigentlich Rechtsgrundlagen gibt. Ihnen einen eigenen Raum zu
schaffen, würde diesen Menschen nicht helfen, sondern sie noch mehr
abgrenzen.
Was denke ich darüber?
Wie stehe ich zu der Sache? Zum Teil
kann ich ihr da zustimmen und finde es erschreckend, dass
Barrierefreiheit noch nicht überall gleich gegeben ist. Zum anderen
bin ich leider auch jemand, der mit Menschen mit Behinderung noch
nicht so viel zu tun hatte. Insofern habe ich auch Berührungsängste,
weiß nicht so recht, wie ich mich richtig verhalten soll. Einerseits
möchte ich schon besonders behutsam mit ihnen umgehen. Andererseits
verstehe ich auch, wenn sie es satt haben, dass man sie aufgrund der
Behinderung anders behandeln, denn das schadet eben der Integration.
Aber kann man sie so wie andere Menschen ohne Behinderung behandeln?
Es ist doch Fakt, dass sie eben mit dieser Behinderung leben.
Je mehr ich darüber nachdenke,
desto schwieriger wird es für mich, eine ordentliche Lösung für
dieses Dilemma zu finden. Denn ich ertappe mich auch dabei, wie ich
Menschen mit Behinderung eben als etwas andere und besondere Menschen
erachte, als „nicht normale“ Menschen. Das soll dabei aber nicht
gleich wertend sein. Wir sind alle anders, ohne, dass jemand besser
oder schlechter als der andere ist. Auf der anderen Seite ist uns
allen vieles gemeinsam. Auch Menschen mit Behinderung wollen
glücklich sein und eben so wie alle anderen behandelt werden.
Stichwort Gleichberechtigung, auch wenn Gleichheit nicht gegeben ist.
Wie kann man nun aber Menschen mit
Behinderung integrieren? Ein erster Schritt wäre natürlich, ihnen
die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu garantieren. Sprich die
Kinder nicht auf seperaten Schulen zu schicken, sondern sie am
normalen Schulleben teilnehmen lassen. In meinem Falle wäre die
klare Lösung, die Schule behindertengerecht zu machen. Damit der
Junge mit den anderen Kindern, die keine Behinderung haben, zusammen
lernen und spielen kann.
Integration bedeutet den Menschen
mit Behinderung schon ausreichend Hilfeleistungen zu geben, damit sie
ganz normal im Alltag zurecht kommen. Aber eben auch nicht
übertreiben, ihnen nicht das Gefühl geben, sie wären anders. Man
muss es schaffen, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie nicht
anders sind, damit sie zufrieden sind. Das nehme ich an, wollen auch
die meisten. Eine Gleichbehandlung. Auch wenn ich hier wieder auf das
Dilemma stoße, dass eine Gleichbehandlung eben nicht immer
funktioniert, eben weil man beispielsweise ein Gebäude
behindertengerecht machen muss.
Wichtig ist aber, dass sie am
normalen Leben teilnehmen können sollten. Sie dürfen nicht
ausgegrenzt werden. Fängt die Integration also schon bereits beim
Denken und Sprechen an? Wir sollten, wenn wir einen solchen Menschen
treffen, ihn nicht auf seine Behinderung reduzieren. Menschen mit
Behinderung sind mehr als ihre Behinderung, sie sind auch nur normale
Menschen. Aber sie haben es eben doch schwerer, das kann man nicht
leugnen. Dennoch ist es nicht richtig, sie nur zur Bemitleiden,
anzustarren oder besonders vorsichtig zu behandeln. Dadurch fühlen
sie sich erst recht ungerecht behandelt. Ich glaube, den meisten ist
es doch lieber, wenn man nicht so auf ihre Behinderung eingeht, dann
können sie diese auch leichter ausblenden.
So war zumindest als ich mal ein
Gespräch mit einem Mann, der querschnittsgelähmt war, interviewt
habe. Seine Freunde behandeln ihn vollkommen normal, sodass alle die
Behinderung vergessen. Nicht nur die Behinderung sehen, sondern eben
den Menschen im Inneren, die Persönlichkeit und inneren Qualitäten
und Fähigkeiten, das sollte man eher im Fokus haben.
Migranten integrieren
Ein zweiter Aspekt, der mir im
Zusammenhang mit Integration einfällt, ist das Thema Migration und
Flüchtlingsdiskussion. Ich habe vor kurzem eine Ankommenspatenschaft
abgeschlossen. Worum geht es da? Ich treffe mich mindestens drei Mal
mit einem Migranten. Wir können selbst entscheiden, was wir machen.
Ich habe als „Patenkind“ einen jungen Mann in meinem Alter, der
aus Afghanistan kommt und derzeit eine Sprachschule besucht und auf
Jobsuche ist. Ich bringe ihm bei unseren Treffen Deutsch bei. Dabei
zeigt er mir Hausaufgaben, die er nicht verstanden hat, spricht Texte
laut vor und ich korrigiere ihn und gebe Tipps beim Sprachenlernen.
Das macht mir eine große Freude, ich helfe gerne anderen Menschen.
Da ich selbst Migrationshintergrund
habe, interessiere ich mich für dieses Thema besonders. Ich bin zwar
hier geboren worden, aber meine Mutter ist damals aus Vietnam
gekommen und hat dann in Deutschland gearbeitet. Sie lebt schon seit
Jahrzehnten in Deutschland und hat seit neuestem auch vor, sich
einbürgern zu lassen. Ich habe ihr geholfen, sich auf den
Einbürgerungstest vorzubereiten. Wenn wir zusammen sind, reden wir
nur Deutsch und ich helfe ihr, wenn sie etwas nicht versteht oder
Korrekturbedarf hat.
Integration ist auch bei Migration
ein wichtiges Stichwort, hier gestaltet es sich etwas anders als bei
Menschen mit Behinderung. Aber auch Migranten haben es nicht leicht,
Zugang zu der deutschen Kultur und Gesellschaft zu bekommen. Nicht
wegen ihrer körperlichen oder geistigen Andersartigkeit, sondern
weil sie eben aus einem anderen Land kommen, eine andere Sprache
sprechen. Es hat hier also mehr etwas mit Sprache zu tun, zum Teil
auch mit dem Aussehen. Es gibt einige Migranten, die mit Vorurteilen
zu kämpfen haben und wegen ihres Aussehen von anderen abgelehnt
werden.
Doch ähnlich wie bei der Thematik
Behinderung ist Integration hier auch nichts anderes, als jemanden an
etwas teilhaben zu lassen, wo er noch keinen Zugang hat. Es gibt aber
bestimmte Barrieren zu überwinden. Um hier integriert zu werden,
braucht es an erster Stelle auf alle Fälle genügend
Sprachkenntnisse, damit man überhaupt miteinander reden kann. Sind
die nicht gegeben, kann der Migrant auch schwer am Alltag teilhaben.
Außerdem wird auch vorausgesetzt, dass sich Migranten an die Kultur
anpassen, auch Kontakt zu den Einheimischen suchen. Eine gewisse
Bildung wird auch vorausgesetzt oder bestimmte Fähigkeiten. Wer hier
leben will, sollte sich auch um einen Job bemühen, um sozusagen der
Gesellschaft zu dienen. Das wird einfach so vorausgesetzt. Aber es
ist eben nicht so leicht.
Was kann jeder von uns tun?
Nun möchte ich abschließend noch
etwas dazu schreiben, wie jeder Einzelne von uns Menschen, die
benachteiligt werden, bei der Integration zu helfen. Ich finde eine
wunderbare Idee ist es, sich ehrenamtlich dafür einzusetzen. Es gibt
Ehrenämter für jeden Geschmack, ich habe da auch schon sehr viel
nachgesehen. Ehrenämter, bei denen man benachteiligten Menschen
helfen kann, Menschen mit Behinderung oder eben auch Geflüchteten
und Migranten. Ich finde, dass jeder die Möglichkeit hat, etwas in
der Welt zu verbessern und auch diesen Menschen zu helfen. Das ist
für mich Nummer Eins in Sachen Integrationshilfe.
Das fängt schon damit an, dass man
mit diesen Menschen Zeit verbringt, mit ihnen spricht und für sie da
ist. Wenn sie Probleme haben, haben sie jemanden, dem sie vertrauen
können und der ihnen Unterstützung gibt. Wir können viel tun. Wir
können nach Organisationen, Initiativen, Webseiten und anderen
Ressourcen Ausschau halten und diese an sie weiterleiten. Menschen
mit Behinderung kann man helfen, indem man ihnen bei den alltäglichen
Aktivitäten und Aufgaben zur Seite steht, sie begleitet und ihnen
hilft. So auch bei Migranten, die Hilfe beim Einkaufen oder
Behördengänge haben. Wir können beim Bewerbungsschreiben helfen
und sie unterstützen, einen Job zu finden. Oder eben Nachhilfe im
Deutschlernen geben. Es gibt viele Möglichkeiten.
Wir können generell auch
Patenschaften annehmen, wie es bei mir der Fall ist, sowohl bezüglich
Menschen mit Behinderung als auch bei Migranten und Geflüchteten.
Das stärkt auf alle Fälle die Bindung und gibt ungemein Rückhalt.
Man könnte sich aber auch in
bestimmten Organisationen, Vereinen oder Initiativen einbringen, die
sich eben für Integration einsetzen. Ob nun aktiv in der
Öffentlichkeitsarbeit oder bei Beratungsstellen oder auch als
Spendenmitglied. Auch hier gibt es für jeden etwas.
Doch in erster Linie können wir
auch selbst reflektieren, wie wir mit dem Thema Inkusion umgehen.
Welche Vorurteile gibt es in unseren Köpfen? Wie können wir diese
Barrieren überwinden? Wie gehen wir mit Menschen mit Behinderung um?
Wir sollten auf sie zu gehen, mit ihnen sprechen, ihnen ehrlich, aber
auf eine sorgsame Art und Weise mitteilen, wie wir uns fühlen und wo
es Berührungsängste gibt. Überhaupt einfach mal das Thema
Integration öfter mal publik machen, Veranstaltungen organisieren,
um einen Austausch zwischen Menschen mit Behinderung und ohne
anzuregen. Damit alles transparenter wird. Wir haben ja nur solche
Vorurteile und Ängste, weil wir damit nicht so vertraut sind. Es
gibt also noch viel Nachholfebdarf.
Wie seht ihr das? Was versteht ihr
unter Integration? Habt ihr schon mal etwas damit zu tun gehabt? Wie
geht ihr mit dem Thema um?
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