Was war nicht so toll an meiner Schulzeit? Was hätte ich aus heutiger Erwachsenensicht lieber in der Schule
gelernt? Ein Rückblick auf meine Schulzeit.
Die Schulzeit und Kindheit gilt ja
für die meisten als die schönste Zeit im Leben. Auch für mich war
es im Rückblick eine schöne Zeit, aber im Rückblick romantisiert
man ja auch vieles und erinnert sich eher an die positiven als an die
negativen Seiten. Schön fand ich es damals, als man noch
einigermaßen unbesorgt durchs Leben gehen konnte, nicht so viele
Pflichten hatte, täglich seine Freunde sehen konnte. Doch es gibt
auch einige Dinge, die ich rückblickend nicht so gut an der Schule
gefunden habe. Und um diese soll es heute gehen.
Das Bildungssystem in Deutschland
wird ja immer wieder heiß diskutiert und auch kritisiert. Zu Recht,
wie ich finde. Unabhängig jetzt von den ganzen Pisa-Studien und
Leistungsvergleichen, geht es vor allem um die Bildungsqualität der
Schulen an sich. Der Schulstoff folgt einem sehr engen Lehr- und
Zeitplan, Stoff wird einfach durchgepaukt bis zum geht nicht mehr.
Auf die Frage, weswegen man denn so etwas wissen muss, wissen selbst
die Lehrer keine wirkliche Antwort. Steht halt eben auf dem Lehrplan,
also muss das auswendig gelernt werden.
Von klein auf haben wir Menschen
schon immer den Drang die Welt zu erkunden und zu verstehen. Wir
wollen mehr wissen, stellen viele Fragen und erhoffen uns dadurch
mehr Wissen. In der Schule angekommen, können wir diesem
Wissensdrang nachgehen. Vermeintlich. Die Lust am Lernen wird uns
schon früh genommen. Spätestens ab der fünften Klasse. Davor ist
alles noch aufregend, spielerisch und nicht ganz so ernst. Ich hatte
damals auch noch keine Probleme, lernte problemlos Schreiben, Rechnen
und Lesen. Handwerken und Gärtnern fand ich auch super, das hat mir
Spaß gemacht und für Abwechslung gesorgt.
Doch mit dem Gymnasium war das dann
vorbei. Auf einmal waren meine Noten nicht mehr so gut, hatte ich
davor nur Einsen und Zweinen, kamen auch mal Dreien und Vieren dazu.
Besonders die naturwissenschaftlichen Fächer wie Physik, Biologie
und Chemie machten mir zu schaffen. Zumindest in Bio konnte ich noch
auswendig lernen und einigermaßen gute Noten bekommen. Wo ich bei
zwei weiteren Problemen angekommen bin. Als Schüler kommt man kaum
ums Auswendiglernen herum. Vor allem was Geschichte betrifft oder
Fächer, die einen gar nicht interessieren. Dann muss man eben durch.
Man lernt viele Seiten auswendig, ohne zu wissen wozu und warum. Nach
jedem Test vergisst man sie schnell wieder. Es geht nicht mehr um das
Lernen und den Wissenserwerb an sich. Es ging nicht nur noch darum,
gute Noten und Leistungen abzuliefern.
Benotung schön oder gut, irgendwie
muss man die Leistungen ja bewerten können. Aber das baut eben auch
echt viel Druck auf. Ich wollte möglichst in allen Fächern gut sein
oder zumindest nicht richtig schlecht. Aber Naturwissenschaften und
Mathe waren meine Hassfächer, da hagelte es nur vor lauter
schlechter Noten. Selbst mit Nachhilfe wurde es nicht besser. Ich
fühlte mich wie eine Versagerin. Durch diesen ewigen Leistungsdruck,
Vergleiche mit Mitschülern und dieses Benotungssystem wertet man
sich selbst ab. Dabei ist es vollkommen normal, dass man nicht
überall gleich gut sein kann. Die wenigsten Menschen sind
Alleskönner, wenn es überhaupt so jemanden gibt. Wir haben alle
unsere Stärken und Schwächen, das ist nur menschlich. Doch die
Schule lässt uns das vergessen, will uns ständig überall
optimieren.
Kritisch war für mich auch die Art
der Unterrichtsgestaltung. Die meiste Zeit nur Frontalunterricht.
Schüler hören passiv zu, während der Lehrer redet. Ins eine Ohr
rein, ins andere wieder raus. Immer mal wieder Vorträge, bei denen
es genauso ablief. Ab und zu konnten wir auch mal Aufgaben in
Gruppenarbeit machen oder mal miteinander diskutieren. Musik, Kunst
und Sport waren auch so Ausnahmefälle, bei denen es glücklicherweise
mal praktischer wurde. Doch beim Rest ging es hektisch nur durch den
Lehrplan, ein Thema folgte dem nächsten. Dabei ist erwiesen, dass
man eigentlich gar nicht so gut durch reines Zuhören lernt. Am
besten lernt der Mensch, wenn er es selbst erklärt, wenn er etwas
erzählt oder etwas erlebt. Und das kam eindeutig zu kurz während
meiner Schulzeit. Spielerische Elemente, Rollenspiele, Experimente
oder gar eigene Projekte waren die Ausnahme. Dafür war eben keine
Zeit bei dem strengen Zeitplan. Echt schade.
Es wäre schön gewesen, wenn man
als Schüler mehr Freiheiten gehabt hätte mehr Wahlfächer und nicht
nur beim Sport oder bei der Wahl der zweiten Fremdsprache. Einfach
auch so im Unterricht mehr Möglichkeiten zu haben. Auch die Chance
einfach kreativer zu sein, eigenständig zu denken, eigene Ideen zu
entwickeln und mehr ins Gespräch zu kommen. Ich hätte mir
gewünscht, zu entscheiden, was ich lernen will, eben nach meinen
Interessen.
Während des Gymnasiums hatten wir
nur eine Woche Praktika. Weil man von uns forderte, dass wir lieber
nach dem Abitur studieren, anstatt eine Ausbildung zu machen. Aber
wer darf das entscheiden? Immer noch ich selbst. Und selbst wenn ich
studieren will, würde ich trotzdem gern mal in die Arbeitswelt
schnuppern oder überhaupt auch mal eine Universität oder Hochschule
besuchen, was überhaupt nicht angeboten wurde. Generell fand ich
vieles, was wir gelernt haben in der Schule zu praxisfern, nichts,
was ich wirklich im Alltag gebrauchen kann. Es ging nur um die reinen
Fakten, die vielleicht gut für die Allgemeinbildung sind, aber mehr
auch nicht. Was hatte für mich die Integralrechnung oder die
Dramenanalyse für einen praktischen Nutzen?
Besser hätte ich gefunden, auch mal
zu lernen, wie man lernt. Auch das wurde nie wirklich angesprochen
und behandelt. Jeder sollte das für sich selbst ausmachen. Aber die
Schule hätte ja Ratschläge und Methoden zeigen können. Da wurden
wir wieder mal allein gelassen.
Statt alle über einen Kamm zu
scheren, sich mit den Leistungen anderer zu vergleichen, wäre
individuelle Förderung der Stärken und Schwächen einzelner Schüler
besser gewesen. Natürlich ist das alles schwer möglich, wenn es so
wenig Lehrer und Geld gibt. Dennoch ist es einen Versuch wert. Mich
hatte es damals als schüchterne und introvertierte Schülerin sehr
genervt, schlechte mündliche Noten zu bekommen, weil ich mich am
Unterricht nicht beteiligte. Meine schriftlichen Leistungen spielten
keine Rolle, obwohl sie gut waren. Jemanden aufgrund seiner
Persönlichkeit und seines Verhaltens, was nicht mal jemanden schaden
könnte, zu bestrafen, finde ich absurd. Es gibt eben solche und
solche Menschen, jeder ist anders und hat andere Stärken. Aber warum
das bei mir eben so ist, danach hat nie jemand gefragt. Meine
damalige Klassenlehrerin hat mir auch mal direkt ins Gesicht gesagt,
dass sie mich nicht versteht und nur schwer Zugang zu mir findet. Wie
wäre es mal, auf mich einzugehen und mit mir darüber zu reden? Das
kam ihr nicht in den Sinn, aber Hauptsache kritisieren und schlechte
Noten vergeben.
All das hätte mir damals bestimmt
geholfen, eigenverantwortlicher zu werden und mein Leben besser auf
die Reihe zu bekommen. Stattdessen fühlte sich die Schule wie eine
Pflichtveranstaltung an, selten als etwas, worauf ich echt Lust
hatte.
So viel also zu einigen
Kritikpunkten der Schule. Es gibt auch so einige Dinge, die ich im
Rückblick in der Schule vermisst habe und die ich früher gerne
hätte lernen wollen.
Ich hätte gerne mehr gelernt
über...
Lebensführung
Dabei geht es um philosophische
Betrachtungen, aber auch um die Art und Weise, wie ich mein Leben
führen möchte und wie man es am besten kann. Solche Dinge wie
Work-Life-Balance, den Lebenssinn finden, Ziele setzen und umsetzen,
die eigenen Werte finden und leben und noch viel mehr. All das Wissen
habe ich nicht durch die Schule erworben, sondern erst danach in
eigenen Weiterbildungen.
Persönlichkeit
Ich hätte auch gerne gelernt, wie
man zu sich selbst findet, wie man Selbsterkenntnis erlangt, über
sich reflektiert, seine Stärken und Schwächen findet.
Wahrscheinlich sind solche Dinge aber nicht Thema, weil sie zu intim
und privat sind.
Finanzen
Das Thema wäre aber schon echt
praktisch und machbar gewesen. Wie eröffne ich ein Bankkonto? Wie
spare ich richtig? Wie führe ich ein Haushaltsbuch? Wie finde ich
die richtige Versicherung? Was brauche ich für welche? Und wie
schließe ich sie ab? Wie finde ich eine Wohnung? Wie schließe ich
einen Mietvertrag ab? Auch das musste ich mir jetzt mühselig selbst
zusammen suchen und lernen.
Aktuelles Politisches Geschehen
Zwar hatte ich Sozialkunde, wo auch
Politik teilweise Thema gewesen ist. Sicherlich alles richtig und
wichtig, was ich gelernt habe. Aber noch spannender hätte ich es
gefunden, über aktuelles politisches Geschehen zu erfahren und
darüber zu diskutieren. Was bedeutet das für die Welt und für mich
konkret? Warum sollte ich mich darüber informieren? Warum sollte ich
politisch interessiert und engagiert sein?
Jobsuche
Schon erwähnt habe ich, dass ich
eine richtige Berufsvorbereitung echt vermisst habe. Ich weiß nicht,
wie es beispielsweise an Realschulen ist. Da könnte es schon anders
aussehen. Aber nicht jeder will auch unbedingt nach dem Abitur
studieren und in die Lehre gehen. Das kann sich alles ändern.
Mindestens zwei oder mehr Wochen Berufsschnuppern wären toll
gewesen. Und sich darauf vorzubereiten, wie man überhaupt den
Einstieg ins Berufsleben bekommt. Wie schreibe ich eine Bewerbung? Wo
finde ich geeignete Stellenanzeigen? Wie überzeuge ich im Gespräch?
Was passiert, wenn ich keinen Job bekomme und erst einmal Hilfe vom
Staat brauche? Auch das habe ich alles nicht gelernt, sondern erst in
Eigenregie. Überhaupt hätte ich es sinnvoll gefunden, wenn man sich
in der Schule schon mehr mit der Berufswahl hätte beschäftigen
können. Was möchte ich denn gerne später machen? Wo sind meine
Stärken? Was kann ich? Wohin will ich? Welcher Beruf passt gut zu
mir?
Umweltschutz
Ein super wichtiges Thema, was ein
eigenes Fach verdient. Umweltschutz sollte ganz oben stehen, weil es
einfach um unsere Lebensgrundlage geht. Ich finde das Fach sollte
beinhalten, wie jeder einzelne Mensch etwas zur Nachhaltigkeit tun
kann. Wie ergeht es unserer Umwelt? Wie macht der Mensch sie kaputt?
Wie können wir sie bewahren und schützen? Das Internet strotzt nur
vor Informationen, warum bringen wir so etwas nicht schon unseren
Kindern in der Schule bei? Damit sie von klein auf lernen, achtsam
mit den Ressourcen der Erde umzugehen. In der heutigen
Überflussgesellschaft gibt es alles und ist auch alles leicht zu
ersetzen. Doch wir müssen lernen nur so viel zu nehmen, wie wir auch
brauchen. Lasst uns dieses Wissen an die nächsten Generationen
bringen, damit sie es weitergeben können. Nur so können wir die
Welt bewahren.
Gesundheit und Ernährung
Ebenso ein wichtiges Thema. Zumal
gerade Übergewicht und ungesunde Ernährung wichtige Faktoren sind,
die Zivilisationskrankheiten wie Diabetes fördern. Was macht eine
gesunde Ernährung aus? Was sollten wir täglich essen und wie viel
davon? Was sollten wir vermeiden? Welche Nährstoffe und Vitamine
sind denn wichtig? Wo gibt es sie überall? Wie viel Sport sollten
wir wöchentlich machen? Warum sollten wir unseren Rücken trainieren
und wie können wir ihn schonen? Wie können wir Bewegung in den
Alltag integrieren?
Hauswirtschaft
Damit ist auch das Kochen und
Hauswirtschaften eng verbunden. Dort können wir beispielsweise das
Ernährungswissen in die Tat umsetzen und etwas Leckeres und Gesundes
kochen. In einigen Schulen steht Hauswirtschaft noch auf dem
Unterrichtsplan, leider nicht überall. Ich konnte damals noch nicht
kochen als ich von Zuhause weggezogen bin. Ich konnte höchstens
Nudeln mit Tomatensauce, Salat, Pudding und Omelett machen. Das war
es dann schon. Dabei ist Ernährung doch so wichtig für unsere
Gesundheit und unser Wohlbefinden. Wir können dann schon lernen
bewusst zu kochen, gute Zutaten wählen und gesund zu kochen. Aber
auch alles andere, wie man beispielsweise wenn man das im Haushalt
sonst nicht macht, putzt, Wäsche wäscht, Geschirr abspült etc.
Handwerk und DIY
Das gab es bei uns in der
Grundschule und ich hätte es gut gefunden, wenn wir das noch später
weitergemacht hätten. Heutzutage haben die meisten zwei linke Hände
und können nicht einmal einen Schrank von IKEA zusammen bauen.
Einfach die Basics lernen, wie man auch etwas repariert oder ganz
leicht aus Secondhandsachen zaubern kann. Einfach auch hinsichtlich
der Nachhaltigkeit aus wenigen Hausmitteln Geschirrspüler,
Waschmittel und Creme herstellen kann.
Selbstversorgung und Gärtnern
Auch das war mal Teil des
Unterrichts in der Grundschule. Es ist traurig, dass wir das nicht
auch später in den höheren Klassen fördern. Toll wäre es, wenn
man nach Abschluss der Schule in der Lage wäre, sich selbst zu
versorgen und weiß, wie man sein Gemüse und Obst selbst anbaut.
Doch auch weniger ist schon möglich. Auch auf dem Balkon oder der
Fensterbank lassen sich einige Sachen machen. Back to the basics!
Zurück zu den Wurzeln und lernen, die Natur wieder mehr zu schätzen
und mit ihr in Einklang zu leben. Kinder fänden es bestimmt toll zu
erfahren, woher ihr Essen kommt, was denn alles so im Garten wächst
und überhaupt den Pflanzen beim Gedeihen zusehen.
Zeitmanagement
Das habe ich übrigens erst in
Eigenarbeit im Studium gelernt, davor hatte ich es mal unbewusst in
der Schule verwendet. Aber ich denke schon da ist es super nützlich,
auch eben fürs spätere Leben. Wie teile ich meine Zeit sinnvoll
ein? Wie spare ich Zeit? Wo liegen meine Stressfaktoren?
Entspannungstechniken können dort auch mit reinfließen, Stress ist
ja einer der Probleme unserer Zeit. Wie kriege ich ein Projekt
rechtzeitig fertig?
Gute Kommunikation und
Zwischenmenschliches
Das könnte ein Teilbereich des
Ethikunterrichts werden. Also weniger irgendwelche Philosophen
durchkauen, sondern mehr am Leben sein. Wie spreche ich mit anderen?
Wie kann ich Konflikte lösen? Wie vermittle ich Kritik auf eine
gerechte Art und Weise? Wie höre ich aktiv zu? Das wissen die
wenigsten glaube ich.
Umgang mit neuen Medien
Zwar gab es bei mir den
Medienkunde-Unterricht, aber so richtig hilfreich war der nicht,
zumal die Lehrer nicht mal so gut mit Computer umgehen konnte. Auch
so ein Kritikpunkt: Die meisten Lehrer können schlecht mit Technik,
da sind ihnen die Schüler weit voraus. Wie sollen wir dann etwas von
ihnen lernen? Ich denke da aber vor allem an pädagogische Aspekte,
wie gehe ich mit neuen digitalen Medien gut um? Wie kann ich einen
kritischen Umgang damit lernen? Wie unterscheide ich Fakten von Fake
News? Wie schütze ich meine Daten? Solche Dinge wären interessant.
Fehler zulassen und Scheitern lernen
Ganz zum Schluss möchte ich noch
darauf hinweisen, dass man in der Schule ständig bestraft wurde mit
schlechten Noten für Fehler bestraft wurde. Dabei sind Fehler so
wichtig beim Lernen, gehören dazu. Nur durch sie lernt man wirklich.
Es muss in der Schule ein Umdenken geben, damit Fehler mehr
Wertschätzung bekommen und nicht mehr so gefürchtet werden. Auch
Scheitern muss mal sein und kann helfen, auch das sollte vermittelt
werden.
Mich würde interessieren, was ihr
darüber denkt. Stimmt ihr mit meinen Punkten überein oder nicht?
Habt ihr noch Anmerkungen, Anregungen oder andere Erfahrungen
gemacht?
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