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Gefühlsexplosion - Wenn die Sinne nicht entspannen können




Bin ich hochsensibel? Und was ist überhaupt Hochsensibilität? Mit dieser Frage habe ich mich in letzter Zeit stark befasst, und frage mich, ob es auch Unterschiede zu Schüchternheit und Introvertiertheit gibt.



Jeder Mensch nimmt Infos aus seiner Umwelt auf, filtert sie und verarbeitet sie. Ohne diesen Filter würden wir uns selbst überlasten, kämen mit all den Sinneseindrücken und Infos überhaupt nicht mehr klar.

Doch dieser Filter ist bei hochsensiblen Menschen wegen neurologischer Veranlagung nicht so stark vorhanden. Sie nehmen viel mehr Informationen auf, sowohl aus ihrem Inneren als auch von der Umwelt. Sie erkennen feine Details in einem größeren Zusammenhang. Grundsätzlich nehmen also Hochsensible alles intensiver wahr, das betrifft Gerüche, optische und akustische Eindrücke. Sie fühlen feinere Abstufungen im Sozialen.

Es sind so gut wie alle Sinneseindrücke, die stärker und detaillierter wahrgenommen werden. Außerdem neigen Hochsensible dazu, intensiver zu analysieren und fühlen sich zu Spiritualität hingezogen. Die intensive Wahrnehmung von Sinneseindrücken kann mit Nervosität und Überempfindlichkeit verwechselt werden. Doch das ist nicht ganz richtig. Hochsensible sind begeisterungsfähig und haben vielseitige Interessen. Sie werden eher von den Stimmungen ihrer Mitmenschen beeinflusst. Kunst und Musik beeinflussen nachhaltiger und auch Emotionales beschäftigt Hochsensible länger. Sie neigen eher zur Selbstkritik und zum Perfektionismus.

Bei Hochsensibilität handelt es sich nicht um eine psychische Störung, sondern eine psychologische und neurophysiologische Veranlagung.

Hochsensibilität kann Vorteile, aber auch Nachteile mit sich bringen. Für Hochsensible ist es schwer, von anderen verstanden zu werden und manchmal auch hart mit all diesen Wahrnehmungen und Eindrücken umzugehen. Wahrnehmung kann ermüdend sein. Schließlich muss man dafür konzentriert sein und das kostet ja viel Energie.

Doch bei Hochsensiblen ist es so, dass sie keine Pause bekommen, ständig immer mehr Informationen aufnehmen und dadurch ihre erschöpfen. Sie werden immer wieder überwältigt und fühlen sich damit überfordert.

Für Hochsensible ist es auch so, dass sie schneller aufgrund ihrer der intensiven Informationsaufnahme an ihre Schmerzgrenze kommen. Überstimulation kann weh tun.
Lärm, viele Menschen, anderen zuhören, all das kann auf Dauer belasten.

Kein Wunder, dass sie auch mal Pausen brauchen und sich daher zurückziehen. Doch das verstehen andere nicht, empfinden das als unhöflich oder unsozial. Aber es ist eben eine Flucht vor der Überforderung durch zu viele Reize.

Doch nicht alles scheint daran schnell zu sein. Sie können diese Schwäche auch als eine Stärke nutzen. Diese enorme Wahrnehmungsfähigkeit kann bemerkenswert sein, sie nehmen die Welt viel intensiver und facettenreicher wahr, haben eine ganz andere Weltsicht. Außerdem nehmen sie ja dadurch auch bewusster wahr, leben im Hier und Jetzt, anders als andere die ständig nur an die Zukunft denken.

Zum anderen sind sie auch sehr gute Zuhörer, bemerken dank ihrer starken Wahrnehmung und Beobachtung Unstimmigkeiten, können sich leicht in andere hineinversetzen.

Da sie sich sehr mit selbst befassen, haben sie auch ein reiches Innenleben. Sie kennen sich damit selbst besser mit sich aus, wissen, was sie wollen, wo sie Schwächen und Stärken haben. Sie denken viel nach über sich und ihre Welt.

Man muss auch noch mal zwischen Grundtypen unterscheiden. Es gibt die sensorisch hochsensiblen Menschen die sehr detailliert Sinneseindrücke wahrnehmen wie Geräusche, Töne, Musik und Stimmen oder auch Licht und Farben wie Formen. Dann gibt es die emotional hochsensiblen Menschen die im zwischenmenschlichen Bereich sehr empfindlich sind. Sie sind mitfühlend und hilfsbereit und können gut zuhören. Allerdings nehmen sie leicht die Emotionen und Probleme ihrer Mitmenschen auf und leiden darunter, dass sie sehr mitfühlen.
Und dann wären noch die kognitiv hochsensiblen Menschen, die die intuitiv gut mit Logik umgehen können. Sie denken in sehr vielschichtigen Zusammenhängen und können aus verschiedenen Perspektiven reflektieren. Meist haben sie eine Neigung zu wissenschaftlichem Bereich.
Die meisten Hochsensiblen sind in allen dreien Bereichen sensibel, aber könne auch zu einem bestimmten Schwerpunkt neigen.

Nun frage ich mich, ob ich nicht eventuell auch hochsensibel bin. Ich würde mich schon als einen sehr sensiblen Mensch bezeichnen. Ich bin emotional sehr schnell aufgerüttelt, bin nah am Wasser gebaut und lasse mich auch durch Filme, Bücher und Musik mitreißen. Ich nehme meine Welt schon sehr aufmerksam wahr und schaue vor allem wenn ich unterwegs bin auf kleine Details. Aber ich denke nicht unbedingt, dass ich darunter leider und zu viel wahrnehme. Es ist auch nicht so, dass ich die Sinneseindrücke so intensiv wahrnehme und unter Überflutung durch Sinnesreize leide. Ich denke, da habe ich schon eine Art Filter. Jedoch werde ich sehr leicht abgelenkt, und kann mich bei Unruhe und Lärm schlecht konzentrieren, aber so geht es vielen Menschen.

Doch generell kann ich die allgemeinen Merkmale schon in mir selbst wiederfinden. Ich lasse mich leicht begeistern, habe viele Interessen. Ich bin sehr oft in Gedanken und auch mit anderen bin ich eher still, beobachte lieber und nehme Details wahr. Mit meinem Innenleben befasse ich mich auch sehr, ich suche nach mir selbst, will Selbsterkenntnis gewinnen. Oftmals werde ich als überempfindlich bezeichnet, weil ich mir auch Kritik sehr schnell zu Herzen nehme oder mich leicht aufrege. Aber das letztere weist nicht unbedingt auf Hochsensibilität hin, sondern eher auf einen cholerischen Charakter. Auf jeden Fall bin ich aber auch sehr ruhig und spreche leise, wobei das wiederum genauso ein Kriterium für Schüchternheit und Introvertiertheit sein kann.

Aber der entscheidende Unterschied zu Hochsensiblen ist für mich, dass ich diese Reizüberflutung eben gar nicht wirklich merke und mich auch gar nicht erschöpft fühle. Ich habe eher das Gefühl, dass ich ständig auf der Suche nach Reizen, Abenteuern und neuen Dingen bin. Ich möchte aktiv sein, rausgehen, etwas erleben. Das klingt wie ein Widerspruch zu meiner eigentlich Persönlichkeit als schüchterner und introvertierter Mensch, aber das zeigt, dass ich wohl doch auch eine extrovertierte Seite an mir habe. Außerdem blühe ich regelrecht in Gesellschaft anderer auf und fühle mich danach viel besser und so gar nicht erschöpft.

Ich denke, dass ich wahrscheinlich eher ein emotional hochsensibler Mensch bin. Ich kann mich sehr gut in andere hineinversetzen und empfinde ihre Emotionen intensiv mit. Freuen sich andere, freue ich mich auch total. Sind andere traurig, werde ich das auch, so weit, dass ich sogar dann auch mit weinen muss. Es nimmt mich emotional wirklich sehr mit, wenn andere ihre Gefühle so offenbaren. Ich denke also, dass ich von allen Grundtypen der Hochsensibilität etwas habe, aber eben nur im emotionalen Bereich vielleicht eine stärkere Ausprägung habe. Bin ich deswegen kein hochsensibler Mensch? Es spielt keine Rolle, schließlich kann man sich mit der Bezeichnung als hochsensibler Mensch nichts verdienen. Aber ich würde es eben trotzdem gerne wissen.

Ich habe mich während meiner Recherche gefragt, ob Introvertiertheit und Hochsensibilität nicht irgendwie dasselbe sind. Als Introvertierter ist man ja auch eher ruhig, hat ein reiches Innenleben, reflektiert viel und ist auch schnell mal erschöpft wenn zu viel Trubel um einen ist. Ich habe gelesen, das 70 Prozent der Hochsensiblen auch tatsächlich introvertiert sind. Dadurch dass sie sich eben wegen ihrer Hochsensibilität zurückziehen müssen werden sie auch als scheu und zurückhaltend bezeichnet. Dabei muss das aber nicht heißen, dass sie nicht gerne in Gesellschaft sind. Das trifft auch so auf Introvertierte, die einfach die Ruhe brauchen und Zeit für sich haben müssen.

Aber ich konnte auch feststellen, dass beides nicht synonym ist. Denn es gibt einen kleinen Teil Hochsensibler, es sind immerhin 30 Prozent, die tatsächlich extrovertiert sind. Diese Hochsensiblen sind viel unterwegs, brauchen menschlichen Kontakt und sind sehr aktiv. Sie wissen und merken nicht mal, dass sie hochsensibel sind. Gerade aber die extrovertierten Hochsensiblen können sich leicht selbst überfordern, weil sie ihre Hochsensibilität so nicht beachten.

Oftmals ist es ja so, dass Hochsensible auch als schüchtern gelten, weil sie eben ruhig und vielleicht etwas ängstlich herüberkommen. Auch das muss man hinterfragen. Sie sind es nicht mal, aber sie erscheinen so, weil sie sich zurückziehen in ihre innere Welt, um nicht von den Außeneindrücken überwältigt zu werden. Sie wirken vielleicht auch so, weil sie leicht verletzbar sind und sich daher zurückziehen, um nicht verletzt zu werden. Aber bei Schüchternheit spielt ja noch der Aspekt mit herein, dass man Angst vor dem Sozialen Kontakt hat und sich nicht blamieren oder verurteilt werden will. Es ist eine gewisse Hemmnis im Kontakt zu anderen da und das muss nicht bei Hochsensiblen sein genauso wie bei Introvertierten. Schüchterne wollen ja Kontakt, Hochsensible dagegen wollen für sich sein, um sich von all den krassen Sinneseindrücken und Informationen zu beschützen und zu erholen. Das hat also rein gar nichts mit sozialer Angst zu tun.

Ich komme zu dem Schluss, dass ich also vielleicht nicht 100 Prozent einem hochsensiblen Menschen entspreche, aber schon gewisse Aspekte in mir habe, zumindest im emotionalen Bereich. Ich denke aber, dass ich wohl mehr ein schüchterner und introvertierter als ein hochsensibler Mensch bin.

So viel also zur Selbsterkenntnis! Wie sieht es bei euch aus? Seid ihr hochsensibel, könnt ihr euch darin wiederfinden oder kennt ihr jemanden, der so sein könnte?



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