Mich
selbst lieben und das Leben lieben. Das war für mich vor einigen
Jahren überhaupt nicht möglich. Wegen meiner Schüchternheit und
dem Gefühl, anders als alle anderen zu sein, habe ich mich immer
wieder selbst abgelehnt. Aber jetzt will ich daran arbeiten. Und eine
besondere soziale Bewegung hat mir in der Hinsicht die Augen
geöffnet.
Ich
habe neulich viele neue Leute kennengelernt. Wir saßen in einem
kleinen, gemütlichen Raum in einem Kreis. Jeder im Schneidersitz auf
einem Kissen. In der Mitte brannte ein schwaches Kerzenlicht.
Absolute Stille. Kein Geräusch drang zu uns. Wir konnten uns bei der
Meditation atmen hören. Seltsame Körpergeräusche klangen in dem
Raum. Ein bisschen Scham, ein bisschen Nervosität. Ich war zum
ersten Mal bei Move Meta. Einer sozialen Bewegung, die sich zum Ziel
macht, SelbstLiebe zu lernen, miteinander tiefsinnige Gespräche zu
führen, sich zu offenbaren und achtsam und liebevoll mit anderen
umzugehen.
Zwei
Stunden ging das Ganze. Die Zeit verflog aber wirklich schnell, so
vertieft waren wir in dem Gespräch. Ein guter Freund hat mich dazu
gebracht. Immer wenn wir uns trafen, erzählte er mir, was bei Move
Meta war und wie toll es war. Ich wurde von dieser Euphorie
angesteckt. „Hey das wäre ja auch etwas für mich!“, dachte ich.
Als introvertierter Mensch sehne ich mich ebenso nach tiefgründigen
Gesprächen. Als schüchterner Mensch möchte ich auch lernen, mich
selbst zu lieben. Und ich will lernen, innige Beziehungen zu anderen
zu entwickeln, zu vertiefen und einen liebevolleren Umgang lernen.
All das und noch mehr würde ich bei Move Meta erfahren.
Ich
war hin- und her gerissen, ob ich wirklich hingehen sollte. Ich
kannte außer meinen Freund niemanden dort. Es war mir sehr
unangenehm. Bevor ich dorthin ging, war ich am Zweifeln. Ist das
wirklich was für mich? Was ist, wenn ich mich komisch fühle? Oder
wenn ich keinen Zugang finde? Wenn ich etwas Doofes sage und mich
blamiere? Ich muss ja dort auch mich selbst mitteilen? Kann ich das?
Typische Gedanken einer schüchternen Person. Es war eben eine
ungewöhnliche neue Erfahrung. Raus aus der Komfortzone.
Doch
ich wusste, wenn sich etwas in mir so widerstrebte, muss ich es
einfach tun. Da wo die Angst ist, da geht es hin. Da gibt es noch
viel Entwicklungspotenzial. Klar, war es der einfachere Weg Zuhause
zu bleiben und das zu tun, was ich immer tat. Ich liebe die Routine,
sie gibt mir Sicherheit. Aber oft habe ich erlebt, dass gerade solche
aufwühlenden und ungewohnten Erfahrungen mein Leben mehr bereichern.
Durch sie kann ich als Mensch und Persönlichkeit mehr wachsen.
Also
tat ich es. Ich ging einfach hin. Auch wenn ich Angst verspürte.
Wovor hatte ich Angst? Angst vor Neuem? Angst vor den vielen
Menschen, die ich nicht kenne? Angst mich zu öffnen? Angst etwas
falsch zu machen. Es steckten so viele Ängste und Zweifel dahinter.
Und ganz groß: die Angst vor Ablehnung. Und damit war ich aber nicht
allein wie sich später herausstellte. Zu Beginn meditierten wir für
etwa 10 Minuten. Ich war total nervös, aber als ich dann in dem Raum
mit den anderen die Stille genoss, stellte sich eine Ruhe und
Entspannung ein.
Zunächst
wurde ich herzlich von dem Moderator, der das Gespräch leitete,
begrüßt. Er erklärte mir kurz und knapp, worum es bei Move Meta
eigentlich geht.
Move
Meta ist eine unabhängige soziale Bewegung. Sie bringt Menschen
zusammen, die SelbstLiebe lernen und das Leben lieben wollen. Dabei
meint SelbstLiebe nicht nur die Fähigkeit sich zu lieben. Sondern
auch, selbst als Person jemanden Liebe zu geben.
Es
geht darum, das Leben und uns selbst zu lieben. Eine tiefe Liebe zu
spüren. Liebe zu anderen, sich selbst und dem Leben überhaupt. Bei
Move Meta lernt man, dass Liebe immer bei SelbstLiebe beginnt. Doch
stattdessen suchen wir immer verzweifelt nach Liebe., Wollen, dass
uns andere lieben, damit wir uns selbst lieben.
Es
gibt drei Prinzipien bei Move Meta.
1.
Wir machen uns dafür verantwortlich, wie wir denken, fühlen und
handeln, und welche Folgen das für uns, für andere und für die
Welt hat.
2.
Wir wollen so liebevoll wie möglich handeln. Um das zu lernen,
kommunizieren wir achtsam, aufrichtig und transparent.
3.
Wir beziehen uns auf den liebevollen Kern in jedem Menschen und
setzen uns zugleich damit auseinander, wie liebevoll sein Verhalten
ist.
Was
bedeutet lieben? Das bedeutet sich so zu sehen wie man ist - mit
allen Emotionen und Sehnsüchten, aber auch guten und schlechten
Seiten. Es ist wie eine Reise zu sich selbst. Ziel ist, sich klarer
und besser zu erkennen und zu verstehen. "Je mehr wir uns
verbinden, umso mehr Liebe wächst zwischen uns - und in uns selbst",
heißt es auf der Webseite.
Deswegen
sind die Treffen so, dass sich alle mitteilen, was in ihnen vorgeht.
Sie sagen ehrlich, was sie denken und fühlen. Sie öffnen sich
voreinander, zeigen Gutes wie Schlechtes. Das nennt man auch
Spiegeln. Während sich einer öffnet, hören und sehen die anderen
Teilnehmer genau hin. Es geht auch darum, den liebevollen Kern in
jedem Menschen, egal wie er ist, zu sehen und den Menschen
anzunehmen.
Dann
ging es der Reihe nach herum. Jeder sollte beim „Sharing“
mitteilen, wie es ihm körperlich und seelisch geht. Und warum er
hier ist. Ich offenbarte mich, sagte, mir ginge es gut und ich sei
nervös, aber trotzdem durch die Meditation entspannt. Ich erzählte,
warum ich hier bin. Weil ich neugierig war, weil ich wissen wollte,
ob Move Meta wirklich so bereichernd ist wie mir gesagt wurde. Bei
Move Meta brauchen wir kein Small Talk. Es ging gleich in die tiefere
Ebene. Nicht das übliche „Wie geht es dir?“ „Gut soweit.“
Was meisten doch eher gelogen ist. Die anderen öffneten sich gleich,
teilten ihre Sorgen und körperlichen Beschwerden mit. Und warum sie
hier sind. Ich erfuhr, dass ich nicht die Einzige bin, die
Schwierigkeiten hat sich zu öffnen und sich mit anderen zu
verbinden. Auch die anderen hatten Probleme und Ängste. Fürchteten
sich davor, abgelehnt zu werden. Und sie hatten Small Talks satt,
wollen mit anderen tiefer gehende Gespräche führen. So wie ich. Das
beruhigte mich sehr. Ich war nicht allein mit meinen Sorgen.
Und
dann ging es eben gleich in eine tiefere Ebene. Ohne viel Gerede
drumherum. Eine junge Frau steht kurz vor der Masterarbeit aber
wollte eigentlich alles abbrechen, doch ihre Betreuer haben um sie
gekämpft. Sie meinte, sie hätte Probleme, sich zu entscheiden.
Während sie sich mitteilte, hörten alle aufmerksam und achtsam zu.
Niemand quatschte dazwischen, lenkte ab oder erzählte stattdessen
von sich. Es war anders als bei gewöhnlichen Gesprächen. Sie waren
vollkommen bei ihr, fühlten sich in ihre Situation ein und gingen
immer wieder auf das ein, was sie erzählte. Genau die Art von
Zuhören nach der ich mich im Alltag sehne. Denn meist ist es doch
so, dass man anderen nicht richtig zuhört, sondern nur auf die
Chance wartet, gleich selbst etwas sagen zu können. Doch aktives
Zuhören stand auf dem Plan von Move Meta.
Ich
fand es toll, dass die anderen nicht zur aktiv zuhörten und
empathisch waren, sondern auch richtig über Lösungen nachdachten.
Sie untersuchten die Worte, Emotionen und Gestik und Mimik der
Sprechenden genau. Sie interpretieren, was sie sagte. Und sie
brachten immer wieder neue Gedankenansätze hinein, sodass das
Gespräch immer wieder andere Wendungen annahm. Es war richtig
spannend zuzuhören. Mit gezielten und klugen Fragen brachten sie das
Gespräch in eine andere Richtung und offenbarten Glaubenssätze und
andere tiefer gehende Konflikte, so auch, dass die junge Frau eine
gespaltene Beziehung zu ihren Eltern hatte. Und dass sie daran
zweifelte, dass sie gut genug war oder sich fragte, was sie
eigentlich wert sei.
So
ein Gespräch habe ich in einer Gruppe wirklich noch nie erlebt.
Meist ist es ja eher Small-Talk oder es sind belanglose und heitere
Themen, die besprochen werden. Doch das war etwas komplett Neues. Mir
wurde bewusst, dass man nicht nur in trauter Zweisamkeit solche Deep
Talks führen kann. Es kommt auf die Leute und die Gruppe an sich an.
Das Schöne war auch, dass man während des Gesprächs merkte, wie
sich die Ansichten der anderen und der Betroffenen veränderten.
Allein durch das Reden, fühlte sie sich befreiter und besser und
gewann ganz neue Einsichten bezüglich ihres Problems. Reden hilft
also tatsächlich dachte ich mir. Es ging nicht nur darum, einfach
Frust rauszulassen und zu jammern. Das wäre nicht sinnvoll und
zielführend. Es ging dabei, das Problem aus verschiedenen
Perspektiven zu betrachten und Lösungen zu finden. Das eigene
Denken, Fühlen und Handeln zu reflektieren. Und dabei halfen auch
die anderen mit, indem sie das, was gesagt und getan wurde, einfach
spiegelten. Am Ende war sie wirklich sehr dankbar, dass die anderen
so schön zuhörten und ihr geholfen haben.
Dann
kam ein junger Mann zu Wort, der eher sehr zurückhaltend erschien,
aber sich immer mehr öffnete. Er studiert Journalismus und befindet
sich in einer Therapie. Sein Therapeut stellte ihm die Auge, zu
überlegen, wo er sich in 30 Jahren sieht. Eine wirklich verrückte
Idee. Kaum einer wird wissen, was die Zukunft bringt. Das fanden auch
die anderen absurd. Aber es steckte wohl etwas dahinter. Eine
Teilnehmerin erklärte, dass es nicht um konkrete Vorstellungen geht,
sondern zu erkennen, was einem wichtig ist und bei welchem Beruf man
sich vorstellen könne, ihn auch in 30 Jahren zu machen. Der junge
Mann zweifelte nämlich an seinen aktuellen beruflichen Werdegang.
Aber eigentlich machte es ihm Spaß.
Und
dann ging es um ein Thema, dass viele betraf. Nämlich die Angst, vor
Ablehnung und der eigene innere Kritiker, der einem das Leben schwer
machte. Ich konnte mich so gut in ihn hineinversetzen. Der junge Mann
erzählte, dass er früher immer wieder gegen den inneren Kritiker
verlor. Dieser hat ihn als gesamte Person kritisiert und abgewertet.
Doch inzwischen hat er es geschafft, ihn leiser zu machen.
Es
ging im weiteren Gespräch darum, ob er damit nicht eher das Problem
in sich hinein fraß und wie man besser mit dem inneren Kritiker
umgehen kann. Ein Tipp blieb mir im Gedächtnis. Am besten sollte man
den inneren Kritiker lieber nett begrüßen, wenn er sich wieder zu
Wort meldet. Nicht denken, dass man versagt hat, sondern sich darüber
wundern, wie lange er doch schon weggeblieben ist. Ihn lieber
empfangen und akzeptieren, als gegen ihn zu kämpfen. Das fand ich
wirklich sehr interessant und das werde ich auch mal probieren.
Wie
schon erwähnt, kämpfte der junge Mann auch gegen die Angst, von
anderen abgelehnt zu werden. So wie die anderen auch. Aber es stellte
sich wohl heraus, dass er selbst auch gewisse Personengruppen
ablehnte. Es stellte sich die Frage, ob es überhaupt gut oder
möglich ist, SelbstLiebe auszuüben, wenn man doch jemanden ablehnt.
Ist das vereinbar? Bei Move Meta geht es ja darum, so gut wie jeden
zu lieben und ihn zu nehmen wie er ist. Aber die eigene Ablehnung von
etwas kann dem entgegen stehen.
Ähnlich
wie der Vorgängerin hörten die anderen sehr aufmerksam zu, sie
gingen auf alles ein und versuchten sein Problem aus verschiedenen
Blickwinkeln zu betrachten. Durch gezielte Fragen brachten sie ihn
auch zum Nachdenken. Sodass er damit Stück für Stück neue
Erkenntnisse gewinnen konnte. Auch hier erlebte ich wieder, wie sich
das Denken eines Menschen innerhalb von einer Stunde wandeln kann.
Einfach nur dadurch, dass andere sich mit ihm verbinden, an seinen
Gedanken und Fühlen teilhaben. Es ist immer besser sich zu
offenbaren, mitzuteilen. Denn gemeinsam sieht man mehr als wenn man
alleine mit seinen Sorgen kämpft.
Nur
zwei Leute konnten wir anhören, aber das war für die erste Runde
auch genug. Wer wollte, konnte dann noch bei der zweiten Runde dabei
sein, die dann open end war. Am Ende teilten wir uns dann
abschließend mit, wie wir uns nun danach fühlen und was wir aus der
Runde mitnehmen konnte. Ich habe mich zwar nicht getraut wirklich
etwas zu offenbaren, aber trotzdem war ich nicht umsonst dort. Ich
konnte Deep Talk mit liebevollen Menschen, die wirklich zuhören,
erleben und wie das auch Menschen verändern kann. Selbst als
Beobachter und Zuhörer spielt man eine wichtige Rolle, wie ich
erfuhr. Denn wenn diese nicht wären, wer weiß, ob alles auch so
verlaufen wäre? Ein bisschen erinnerte mich das an Esoterik und
tatsächlich scheint die soziale Bewegung auch damit etwas gemeinsam
zu haben. Was ich aber wiederum nicht schlimm finde, weil ich dafür
auch offen bin.
Ich
könnte mir vorstellen, noch mal wiederzukommen. Es hat mir sehr
gefallen und ich glaube, es wäre nicht nur für mich, sondern auch
für viele andere eine Bereicherung. Einfach hingehen, sich das
anhören und sich öffnen. Alle Masken und Glaubenssätze fallen
lassen. Move Meta kann so viel sein. Es ist eine Chance, sich selbst
zu offenbaren, sich auszudrücken und sich weiterzuentwickeln. Auch
mit tollen Menschen Kontakt finden und dadurch tolle Freunde
gewinnen. Authentisch sein und lernen sich selbst zu lieben. Vor
allem für einen Menschen wie mich, der mit Selbstbewusstsein und
Selbstwertgefühl Probleme hat. Ich könnte mir selbst sagen, dass ich gut bin so wie ich bin. Mit meinen Schwächen und Macken. Sie gehören zu mir und ich bin trotzdem ein guter Mensch.
Aber
es bedeutet auch, sich immer wieder der Angst stellen, abgelehnt zu
werden. Dort wird man aber so akzeptiert wie man ist. Natürlich
macht es auch verletzlich, wenn man sich so offenbart. Das Risiko ist
einfach da. Aber es tut echt gut, sich mit anderen so auszutauschen
und dadurch auch neue Denkansätze zu bekommen.
Im
Endeffekt haben sich meine Erwartungen dann bestätigt und ich bin
noch begeisterter als zuvor. Ich wünsche mir, dass diese soziale
Bewegung noch mehr Mitglieder gewinnt und dass man das irgendwie fest
in der Gesellschaft verankert. Stellt euch vor, die Menschen würden
mehr lieben und sich selbst lieben. Es würde alles viel friedlicher
werden. Wir würden mehr aufeinander eingehen, würden uns richtig
zuhören und besser verstehen. Wir würden die Welt aus ganz anderen
Augen sehen und nicht immer nur auf Probleme fokussieren. Es gäbe
keine Ablehnung und Diskriminierung mehr. Jeder würde sich selbst
mehr wertschätzen und auch andere. Es wäre einfach viel besser.
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