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Über meine ausländischen Wurzeln




Wegen meiner Herkunft und alles, was damit zusammenhängen, passieren so einige seltsame Sachen und komische Situationen. Da werde ich gerne mal zu einem Mann gemacht, mit falschem Namen angesprochen oder eben auf Englisch angequatscht, weil man denkt, ich wäre nicht aus Deutschland. Was ich davon halte?

Woher kommst du denn eigentlich?


Ich werde natürlich immer gerne gefragt, woher ich denn komme. Das ist eigentlich die Lieblingsfrage der Leute. Ist das rassistisch? 

Ja, ich sehe nicht deutsch aus, das ist mir auch klar. Aber dafür kann ich ja nichts. Ich bin trotzdem eine Deutsche, bin hier geboren wurden. Aber das wissen leider die wenigsten. Immer wenn ich irgendwo neu dazu komme, kommen die gleichen Fragen. Es wird langsam schon echt ermüdend.
Wo kommst du denn eigentlich her? „Aus Thüringen?“ „Aber woher kommst du denn genau?“ „Aus Suhl.“ „Aber woher kommen denn eigentlich deine Eltern?“ „Aus Vietnam.“ Diese leidige Frage, woher ich denn komme, darf ich mir immer und immer wieder anhören. Ich bin ja jetzt für einen Monat an einem anderen Ort für eine Hospitanz und durfte mich mit der Thematik mal wieder befassen. Obwohl das schon mein ganzes Leben so ist, befasse ich mich erst jetzt kritisch damit.

Ist das eigentlich rassistisch, wenn man jemanden so ganz gezielt nach seiner Herkunft fragt? Das fragten mich meine neuen Kollegen. Klar, es ist schon etwas nervig, weil ich dann immer die gleichen Antworten gebe. Aber es sind immer andere Leute, die eben fragen.

Ich finde, das kann man schon mal fragen. Es ist nicht rassistisch oder abwertend gemeint. Es ist eben ein Fakt, dass ich nicht deutsch aussehe. Und es ist auch reine Neugier, wenn man mich nach der Herkunft fragt. Würde ich wahrscheinlich auch machen. Nun meinte ein Kollege neulich, dass es vergleichbar ist wenn man jemanden, der eine Behinderung hat, danach fragt. Na so ganz würde ich das jetzt nicht gleichsetzen. Aber auch hier sieht man ja sofort, dass derjenige anders ist. Aber da ist man doch vorsichtiger, weil es ein sehr sensibles und intimes Thema ist und nicht jeder darüber reden will. Bei der Herkunft ist das doch etwas anderes.

Aber wegen meines Aussehens falle ich wahrscheinlich doch eher auf der Straße. Früher war es vielleicht schlimmer, aber jetzt sieht man doch viel mehr Ausländer als damals, darum haben sich die Leute auch eher daran gewöhnt. Die meisten gehen vielleicht davon aus, dass ich dann auch nicht deutsch sprechen kann. Das hatte ich eigentlich bisher nicht so oft gehabt. Aber was mich doch etwas verwirrt ist die Aussage: „Du sprichst aber gut Deutsch!“ Ehm ja, ich bin vielleicht auch hier geboren worden? Das sollte dann schon sein, wenn nicht, wäre es schon verdammt peinlich. Das klingt dann so, als würde ich wegen meinen ausländischen Wurzeln nicht so gutes Deutsch sprechen können. Das finde ich doch leicht abwertend. Man geht davon aus, dass ich nicht gut Deutsch kann, nur weil ich diese Herkunft habe? Ich bitte euch! Das ist doch ein Indiz, dass ich hier geboren wurde, wenn ich ohne Akzent spreche. Das wurde mir auch schon oft gesagt und viele sind dann auch darauf gekommen. Wahrscheinlich denken aber die meisten, ich wäre nicht von hier, spreche aber echt gut Deutsch, weswegen man das halt eben loben sollte. So kann man es auch sehen. Nur weiß ich nicht, wie ich auf dieses Lob reagieren soll. Es ist ja selbstverständlich für mich. Die Höflichkeit will es, dass ich mich eben bedanke. Ist ja schon nett, dass die Leute finden, ich kann gut Deutsch sprechen. Aber als echtes Lob fasse ich es dann doch nicht auf.

Bist du männlich oder weiblich und was ist dein Vor- und Nachname?

Sehr lustig ist beispielsweise, wenn ich mit fremden Leuten nur per Mail oder per Briefe kommunizieren. Da wäre schon mal die erste Hürde: mein vollständiger Name. Er ist eben nicht deutsch, weil ich eben ausländische Wurzeln haben. Hoang Lan Dinh würde er nach Deutscher Schreibweise heißen. In Vietnam dagegen Dinh Hoang Lan, was für mich auch irgendwie besser klingt. Manchmal habe ich auch die Schreibweise angewendet, aber das hat die Leute erst recht total durcheinander gebracht. Also dann doch lieber nach der Deutschen Art und Weise. Obwohl Vietnamesen nun schon länger in Deutschland leben, scheinen trotzdem die meisten nicht viel mit den Namen anfangen zu können. Warum auch? Man muss sich mit den Namen ja nicht befassen. Gut, amerikanische Namen oder auch andere europäische Namen fallen da schon leichter, eben weil sie europäisch sind und man damit irgendwie, warum auch immer, vertrauter ist. Jedenfalls wissen die meisten Leute, wenn sie meinen Namen sehen mehrere Sachen nicht. Was ist der Vorname und was ist der Nachname? Gibt es da noch einen Zweitnamen? Und ist das überhaupt eine Frau oder ein Mann, mit dem ich da zu tun habe? Vollkommen verständliche Fragen. Wenn man mit den vietnamesischen Namen nicht vertraut ist, woher soll man das denn dann wissen? Man erkennt tatsächlich nicht, ob das nun ein weiblicher oder männlicher Name ist und was davon jetzt Vor- und Zuname ist.

Und wie lösen es die Leute dennoch, mich anzusprechen? Das muss ja so sein. Wobei nicht immer. Manche sind so ausgefuchst, dass sie dann einfach den Namen weglassen. Dann kommt nur so etwas wie: „Hallo“ oder „Guten Tag“, damit kann man ja nichts falsch machen. Aber ich finde, irgendwie gehört der Name doch dazu. Das klingt sonst so unhöflich und so kurz angebunden, wenn man sich nicht mal die Mühe macht und den Namen dazu schreibt.

Aber ich kann es eben auch verstehen, dass manche damit dem Fettnäpfchen entgehen wollen. Aber es geht eben auch noch anders. Manche machen dann aus mir so eine Art Zwitter: „Guten Tag Frau/Herr Hoang Lan Dinh“. Okay, soll ich mir jetzt aussuchen, wie ich angesprochen werden möchte? Kann ich mir jetzt aussuchen, ob ich lieber männlich oder weiblich sein möchte? Warum denn auch nicht, ist mal etwas anderes zur Abwechslung. So können sich die meisten retten, denken sie zumindest. Ja, ein Mann oder eine Frau, kann ja beides sein, eines wird ja schon irgendwie passen, nach diesem Motto.

Ganz lustig wird es dann, wenn die Leute einfach mal aus Blinde raten. Ich weiß nicht wieso, aber dann entscheiden sich die meisten einfach dafür, dass ich ein Mann bin. Warum denn das? Na gut, ich gebe zu, dass mein Name nach meinem eigenen Empfinden sehr männlich klingt. Ich finde ihn ja persönlich nicht so toll, eben gerade deswegen. Ich kann es nicht erklären, aber irgendwie verbinde ich damit eher mit dem Namen einen Mann als eine Frau. Und vielleicht geht es den anderen ja auch so. Ich weiß gar nicht, wie ich damit umgehen soll. Es ist schon öfter passiert und eigentlich wissen es ja die anderen nicht besser. Die können nichts dafür, dass sie mich für einen Mann halten. Das finde ich manchmal schon lustig, aber manchmal empört es mich dann doch, dass ich echt mit einem „Herr“ angesprochen werde. Ich bin verdammt noch mal kein Mann!

Man könnte sich auch mal die Mühe machen und im Internet recherchieren, ob es sich dabei um einen Mädchen- oder Jungennamen handelt. Gesagt, getan. Ich habe dann erfahren, dass der Name wirklich unisex ist, sowohl für Mädchen als auch für Jungen. Aber: In letzter Zeit tragen mehr Mädchen und Frauen diesen Namen und da ich auch einige Vietnamesen kenne, weiß ich aus Erfahrung, dass es so ist. Ich kenne eigentlich keinen Kerl, der Lan heißt. Zumal die Bedeutung „Orchidee“ ist und für einen Mann vielleicht nicht ganz so geeignet ist. Ohne jetzt geschlechterfeindlich zu sein, aber ich denke, dass die meisten Jungs bestimmt nicht diese Namensbedeutung haben wollen, es sei denn sie lieben Orchideen und Blumen.

Um den Leuten dann doch auf die Sprünge zu helfen und das Ganze zu vereinfachen setze ich meist dann vor meinen Namen noch ein „Frau“ ein, damit sie wissen, dass ich weiblich bin. Ich glaube, das hilft schon sehr und erspart auf beiden Seite Peinlichkeiten.

Eine andere witzige Sache ist ja auch, dass die meisten nicht wissen, was davon jetzt nun mein Vorname und mein Nachname ist. Auch das ist eben erklärungsbedürfig, verständlich. Lan ist mein Vorname und Dinh mein Nachname. Und Hoang ist eben der Zweitname, den man ja auch im Deutschen haben kann. Nun ist es aber so, dass es doch echt peinlich im schriftlichen Verkehr ist, nach den Namen zu fragen. Wie lösen die Leute dann das Problem? Sie nehmen einfach irgendeinen Namen und gehen davon aus, dass es schon der Nachname ist. Mal bin ich Frau Lan, dann Frau Hoang und mit viel Glück auch mal richtig Frau Dinh. Auch hier gibt es wieder diese lustige Ausweichmethode: Einfach den kompletten Namen nehmen, auch wenn das doof aussieht und sich doof liest. Frau(wenn richtig oder Herr) Hoang Lan Dinh. Aber die richtige Reihenfolge wissen auch die wenigsten und machen gerne auch mal Dinh Lan Hoang oder etwas anderes daraus. Da sind schon die witzigsten Sachen dabei herausgekommen. Ich muss darüber immer wieder schmunzeln.

Wenn ich dann falsch angesprochen werde, ist mir das doch peinlich und ich frage mich immer, ob ich den anderen jetzt nun korrigieren soll. Ich finde das ja echt unangenehm, den anderen auch noch mal zu beschämen, weil er etwas falsch gemacht hat. Aber es ist eben so gut wie der andere es meint, nicht richtig mit mit Herr oder mit Frau Lan anzusprechen. Das muss geklärt werden und wenn man dann länger Kontakt hat, wird es immer schwerer das Missverständnis aufzulösen. Peinlich für beide, aber am Ende kann jeder darüber lachen und irgendwie macht es dann doch sympathisch.

Wie spricht man deinen Namen aus?

Wenn ich mich vorstelle vor allem mit meinem Vornamen, kommt meist die Frage: „Wie war das noch mal? Kannst du das wiederholen?“ Entweder spreche ich zu undeutlich oder die Leute sind sich unsicher, ob sie es richtig verstanden habe. Dabei ist eds doch der total normale Name, kurz und knackig. Aber er ist eben fremd. Dann hänge ich meist noch dazu: „Lan wie wlan“ und dann habe ich die Lacher garantiert auf meiner Seite, gebe anderen aber auch die Steilvorlage damit Witze zu machen a la „Heute machen wir mal eine Lan-Party!“ Aber das macht sympathisch und die Leute wissen damit ja auch etwas anzufangen und können sich meinen Vornamen dann auch gleich besser und mit Witz merken.

Auch wie mein Name ausgesprochen wird, werde ich zumindest in Gespräche gerne gefragt. Auch legitim, woher soll man das auch wissen? Zumal im Vietnamesischen viel Wert auf die richtige Betonung gelegt wird. Ich denke aber, weil ich nicht so gut im Vietnamesischen bin, dass ich meinen Namen auch nicht ausspreche. Aber ich erkläre es den anderen auch gern.

Kannst du vietnamesisch?

Lebt deine Familie in Vietnam?

Warst du schon mal in Vietnam?

Ich finde es generell okay, wenn mir Leute solche Fragen stellen. Das zeigt ja auch, dass die Leute neugierig sind und mehr über mich und Vietnam erfahren wollen. Es ist doch gut, ich bin voll für diesen interkulturellen Austausch und erzähle auch mal. Zwar immer dasselbe, aber das ist okay.

Was mich wiederum echt nervt und mir wie eine Beleidigung vorkommt ist, wenn ich auf der Straße von irgendwelchen Idioten ob jung oder alt, gab beides, als Fidschi oder Schlitzauge bezeichnet werde. Ganz oft kommt dann noch ein Chingchangchong oder irgendanderes Kauderwelsch, was richtig dämlich ist. Oder ich werde zu einer Japanerin oder Chinesin gemacht und werde mit „Konnichiwa“ oder „Nihau“ begrüßt. Sorry Leute, ihr liegt ganz falsch. Wenn schon, dann richtig ihr Hornochsen: „chin chao!“ Ich finde es so dämlich, wenn leute sich erdreisten mich wegen meiner Herkunft anzumachen oder mich dann gleich in irgendeine Schublade zu schieben. Das geht gar nicht. Das war früher öfter so, aber auch heute noch nervt es mich ein wenig.




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