Jeder braucht
in seinem Leben eine beste Freundin oder einen besten Freund. Das
dachte ich bisher immer. Umso trauriger ist es, dass ich derzeit wohl
keine wirklich beste Freundin habe. Doch was macht denn eigentlich
eine beste Freundin aus? Und braucht man das wirklich um glücklich
zu sein?
Für mich ist
eine beste Freundin die Nummer eins unter meinen Freunden. Logisch,
das steckt ja schon im Namen. Schon das ist problematisch. Denn viele
können sich ja nicht mal zwischen Freunden entscheiden, machen
vielleicht nicht mal einen Unterschied. Für sie sind alle Freunde
gleich wichtig. Ich denke, dass es aber eher den meisten so geht,
dass es für sie verschiedene Stufen von Freundschaft gibt.
Aber zurück
zur besten Freundin. Sie ist etwas ganz besonderes, so eine hat man
im Idealfall nur einmal im Leben. Die beste Freundin ist die
wichtigste Freundin überhaupt. Niemand kann sie ersetzen. Mit ihr
teile ich all meine Geheimnisse. Wir gehen durch dick und dünn. Ihr
vertraue ich blind. Nur bei ihr kann ich wirklich so sein, wie ich
wirklich bin. Wir machen jeden Quatsch zusammen, haben viel Mist
gebaut und haben doch alles gemeinsam geschafft. Wir teilen Tränen
und lachen aus ganzem Herzen miteinander.
Beste
Freundinnen sind unzertrennlich, es gibt sie nur im Doppelpack.
Nahezu die gesamte Freizeit verbringt man mit der besseren Hälfte,
die einem auch bei Liebeskummer immer zur Seite steht. Auf eine beste
Freundin ist immer Verlass, du kannst sie zu jeder Tageszeit auch
mitten in der Nacht anrufen. Sie ist für mich da, gibt mir
Unterstützung, hält zu mir, egal was passiert. Sie hat die Schulter
zum Ausweinen, sie zu umarmen rettet mich vor jeder Lebenskrise. Bei
Problemen versucht sie zu helfen, opfert sich für mich auf.
Geteiltes Leid ist eben auch halbes Leid. Es tut gut, sich ihr zu
öffnen und alles offenzulegen.
Eine beste
Freundin kenne ich bereits sehr lange oder wenigstens fühlt es sich
so an, als würden wir uns ewig kennen. Am tollsten wäre es, eine
beste Freundin schon seit Kindertagen zu kennen und mit ihr groß und
erwachsen zu werden. Wir entwickeln uns gemeinsam weiter, laufen
Seite an Seite einen ähnlichen Lebensweg. Wie keine andere kennt
mich meine beste Freundin auch aus anderen Zeiten.
Doch auch wenn
wir uns in unterschiedliche Richtungen entwickeln, bleiben wir uns
gegenseitig treu, pflegen die Freundschaft. Es ist ein Gleichgewicht
zwischen Geben und Nehmen. Beide tun etwas für die Freundschaft,
halten den Kontakt, vertiefen sie. Wir denken viel aneinander,
schreiben uns regelmäßig, sind immer auf dem aktuellen Stand
bezüglich des Lebens der anderen.
Wir
interessieren uns für ähnliche Dinge, sehen so viele Parallelen und
Gemeinsamkeiten, als wären wir Zwillinge gewesen. Wir sind uns so
verblüffend ähnlich, dass es schon unheimlich ist. Wir stimmen in
unseren Meinungen, Geschmäckern und Hobbys und Lebensansichten so
sehr miteinander überein. Daher streiten wir so gut wie nicht und
wenn doch, nehmen wir es gelassen und vertragen uns einfach sehr
schnell wieder.
Wir kennen uns
so gut, dass wir die Gedanken des anderen lesen und die Sätze des
anderen ergänzen können. Wir denken meist auch das gleiche, lachen
über dieselben Dinge. Wir sind vollkommen auf einer Wellenlänge.
Vor ihr ist mir nichts mehr peinlich, denn sie kennt meine Abgründe,
meine Ecken und Kanten in- und auswendig. Nur ihr erzähle ich
wirklich alles, was ich denke, fühle und tue. Nur vor ihr kann ich
mich vollkommen entblößen. Und ich fühle mich von ihr vollkommen
akzeptiert und geliebt. Sie nimmt mich so wie ich bin und gerade,
weil ich so bin wie ich bin, sind wir auch beste Freundinnen.
Mit einer
besten Freundin habe ich so viel Spaß wie mit keiner anderen Person.
Wir machen verrückte Sachen zusammen, probieren Neues aus und
erleben viele Abenteuer. Ich habe meine beste Freundin richtig gern,
es ist schon fast wie Liebe, aber natürlich nur eine platonische.
Mit meiner
besten Freundin möchte ich am liebsten die meiste freie Zeit
verbringen, sie würde niemals über irgendeine Beziehung stehen. Bei
Problemen und Sorgen komme ich zu ihr und frage sie um Rat. Was sie
von Dingen hält, ist mir sehr wichtig. Für mich bedeutete eine enge
Freundschaft, dass man ohne den anderen nicht mehr kann, fast
abhängig von einander ist. (auch wenn ich inzwischen finde, dass das
nicht wirklich richtig und normal ist.)
Das alles und
noch mehr macht für mich eine beste Freundin aus. Ich weiß, dass
vieles auch sehr utopisch ist und ich die beste Freundin auf eine Art
Podest stelle, sie idealisiere und es eine solche Freundschaft selten
oder nur in Filmen und Büchern gibt.
Vor einiger
Zeit habe ich erkannt, dass ich eine solche beste Freundin gar nicht
habe. Ich habe zwar einige Freunde und sehr viele Bekannte. Doch die
Freunde, die ich erst seit einigen Jahren kenne, seitdem ich nach
Magdeburg für das Studium gezogen bin, sind nicht wirklich so gute
Freunde. Die Beziehungen sind nicht so tief, schließlich sehe ich
sie vielleicht auch nur monatlich. Ich zweifle manchmal sogar, ob sie
wirklich Freunde sind. Wir verstehen uns zwar gut, können schön
miteinander reden und haben ähnliche Interesse. Doch diese Tiefe,
nach der ich mich sehne, fehlt einfach. Aber warum?
Ich glaube, es
liegt einfach am unregelmäßigen Kontakt. Ich habe viele Bekannte
und möchte möglichst viele auch öfter sehen. Aber dadurch geht es
eben mehr in die Breite als in die Tiefe. Ich treffe mich zwar mit
vielen unterschiedlichen Menschen. Aber eine richtige tiefe Beziehung
kann ich dadurch nicht zu ihnen entwickeln. Wie soll auch nur bei
einem monatlichen Treffen von einigen Stunden funktionieren? Ich
müsste meine Beziehungen auf wenige gute und enge reduzieren und
meine Energie nur für diese aufwenden, statt möglichst viele Leute
zu treffen. Vielleicht würde sich dadurch auch engere Freundschaften
entstehen.
Zwar bin ich
noch immer mit meinen Schulfreunden, die ich etliche Jahre kenne,
befreundet, aber wir sehen uns wenn es hochkommt auch nur vier Mal im
Jahr. Dazu kommen monatliche Telefonate, um uns auf dem Laufenden zu
halten. Wenn wir uns wiedersehen, scheint es so, als wär niemals
Zeit vergangen. Das ist das Besondere an diesen Schulfreunden. Wir
kennen uns schon so gut, dass wir uns immer noch nach so langer Pause
vertraut sind. Das sind meine engeren Freunde, aber unter diesen habe
ich keine beste Freundin. Diese EINE Freundin, ohne die es nicht mehr
geht und die für mich so wichtig ist. Mit der ich wirklich alles
teile und bei der ich mich 100 Prozent wohl fühle. Ich will damit
nicht meine engeren Freundschaften schlecht reden, sie sind toll und
ich bin froh über sie. Aber ich wünsche mir so gerne wieder eine
beste Freundin wie damals.
Ich hatte in
der Kindheit eine beste Freundin, die meinem Ideal sehr nahe kommt
und es auch geprägt hat. Meine beste Freundin war damals so wie ich.
Sie hat aber mein Leben verändert. Weil sie mich vom meinem
Schicksal als Stubenhocker befreit und nach draußen gebracht hat.
Raus in die Natur, raus in das wahre Leben. So viel Nostalgie
schwingt mit, wenn ich an unsere gemeinsame Zeit zurückdenke.
Ich hatte
keine wirklichen Freunde, war sehr schüchtern und wollte lieber
allein sein. Sie ließ nicht locker, wollte mit mir befreundet sein,
obwohl ich mich zurückzog. Irgendwann schaffte sie es doch, zu mir
vorzudringen und hat mich so gefesselt. Wir spielten draußen in der
Natur, hörten gemeinsam Musik, spielten auf dem Spielplatz,
schaukelten und sangen zusammen. Es war so eine schöne Zeit. Sie war
die erste richtige Freundin, die ich hatte und bei der ich sein
konnte wie ich wollte. Ich war nicht mehr schüchtern, konnte mich
ihr öffnen und sein wie ich bin. Es war so schön und befreiend.
Wir machten
vieles zusammen durch. Die Jugend war mit Krisen überschattet,
Probleme mit unserer Identität, mit Mitmenschen, der ersten Liebe
und dem ersten Liebeskummer. Wir hatten beide eine problematische
Familiensituation und standen uns bei. Wir beide hatten das Gefühl,
wir wären fehl am Platz in der Welt. Doch wir hielten zusammen und
waren füreinander da. Das gab mir die Kraft zum Weiterleben. Wenn
sie nicht gewesen wäre, wäre ich an all dem Kummer zerbrochen und
wäre vielleicht nicht mehr da. Ich wurde richtig abhängig von ihr,
dachte ich bräuchte nichts und niemand anderen mehr. Solange sie da
war, war meine Welt in Ordnung und ich konnte glücklich sein.
Ich wurde
richtig besitzergreifend, wurde sofort eifersüchtig, wenn sie sich
mit anderen traf. Doch sie veränderte sich im Gegensatz zu mir. Sie
wurde offener, selbstbewusster, fand mehr Freunde und ging dann auf
Partys. Sie wurde zu einem typischen Teenager, der ich niemals sein
konnte und wollte. Das war das Ende unserer engen Freundschaft.
Wir
entwickelten uns einfach in komplett andere Richtungen, die
Gemeinsamkeiten wurden weniger, die Unterschiede immer größer, die
uns voneinander immer mehr trennten. Ich merkte, wie anders sich
alles anfühlte. Zunehmend entfremdeten wir uns voneinander. Für sie
war es nicht so schlimm, doch ich merkte, dass unsere Beziehung
einfach nicht mehr so wie früher war. Ich wurde zurückhaltender,
konnte nicht mehr so sein, wie damals. Nicht ihr gegenüber. Es war,
als würde ich mit einem anderen Menschen zusammen sein. Diese
Verwandlung war einfach zu viel für mich.
Ich versuchte,
wieder zur ihr zu finden, vertrauter mit ihr zu sein. Manchmal
schimmerten die alten Seiten von ihr hindurch, aber sie waren so
leicht wieder weg. Ich verlor den Zugang zu ihr. Unsere besondere
Verbindung ging verloren. Ich kämpfe, diese Verbindung
beizubehalten, doch es klappte nicht. Ich sprach mit ihr darüber,
wir wollten wieder von neuem anfangen. Doch es wurde nie wirklich
besser. Sie war einfach so anders, ich konnte sie nicht mehr als
beste Freundin sehen. Die Unterschiede waren ein Keil zwischen uns.
Und dann zog
ich nach dem Studium weg, hatte meinen ersten Freund, der zu meinem
neuen besten Freund wurde. Wir entfernten uns seelisch und eben auch
physisch immer mehr voneinander. Früher trafen wir uns ja jede Woche
mehrmals, sahen uns sogar in der Schule, schrieben und telefonierten
miteinander. Doch das wurde immer weniger. Da ich inzwischen woanders
wohne, sehnen wir uns auch wie bei meinen anderen Freunden einige
Male im Jahr. Vielleicht sogar weniger, weil ich gar nicht mehr so
die Lust habe sie so oft zu sehen.
So weit ist es
also gekommen. Meine damals beste Freundin, mein Ein und Alles, ist
jetzt sogar weniger als eine einfache Freundin für mich geworden. Es
macht es nicht leichter, wenn wir uns sehen, weil einfach so viel
Zeit dazwischen vergangen ist. Jede lebt ihr eigenes Leben ohne die
andere weiter. Keine Vertrautheit, nur noch ein kleiner Funken und
doch will ich sie nicht für immer aufgeben. Zwischenzeitlich dachte
ich sogar darüber nach, die Freundschaft zu kündigen. Wir haben
doch überhaupt nichts mehr gemein. Ich habe studiert, sie hat nach
der Ausbildung sofort gearbeitet. Unsere Interessen sind so
unterschiedlich, vom Charakter ganz zu Schweigen. Ich sehe kaum
etwas, was uns noch verbindet. Aber ich möchte diese besondere
Beziehung, die wir mal miteinander hatten, nicht ganz aufgeben.
Es tut weh,
wenn ich darüber nachdenke, wie nahe wir uns früher einmal standen.
Und wie sehr wir uns verändert haben. Wir können beide nichts
dafür. Es wird nie wieder so sein, wie es früher einmal war, selbst
wenn ich alles dafür geben würde. Wir haben uns einfach so
unterschiedlich entwickelt. Es ist einfach der Lauf der Dinge, dass
wir und unser Leben sich verändern.
Ich habe immer
an Freundschaften für das Leben geglaubt, wollte daran festhalten
und alles dafür geben, auch diese besondere Freundschaft zu
erhalten. Aber ich sollte akzeptieren, dass es nicht mehr so sein
wird.
Doch was
bedeutet das jetzt für mich, um auf das Thema beste Freundin
zurückzukommen? Werde ich jemals wieder so eine finden? Ich
bezweifle es stark. Als Kind und Jugendlicher findet man noch ganz
leicht Freunde. Gerade die Jugend ist eine dramatische und schwierige
Zeit, die eben auch Freunde zusammenschweißt. Ich bin momentan als
junge Erwachsene und Berufsanfängerin sehr zufrieden mit meinem
Leben, auch wenn ich nicht mit allem im Reinen bin. Sicherlich habe
ich auch meine Probleme und Sorgen, doch ich habe meinen Freund und
auch Seelenverwandten, mit dem ich alles teilen kann.
Brauche ich
dann überhaupt eine beste Freundin? Ich denke nicht unbedingt, es
wäre schön, aber es muss nicht sein. Klar trauere ich meiner alten
besten Freundin hinterher, aber ich fürchte ich werde so eine nicht
mehr finden. Doch ich bin nicht unglücklich deswegen, denn ich habe
meinen festen Freund, der für mich beste Freundin und sogar mehr
sein kann.
Viele würden
sagen, dass dieser niemals der beste Freund sein sollte, aber jeder
Mensch und jede Beziehung ist anders. Wenn das klappt, warum auch
nicht?
Was meint ihr?
Habt ihr eine beste Freundin? Oder vielleicht auch keine und sehnt
euch danach? Was macht für euch eine beste Freundin aus? Braucht
jeder eine beste Freundin?
Kommentare
Kommentar veröffentlichen