Ich habe schon einige
Freunde und viele Bekannte in meiner Stadt. Aber so eine richtige
Bindung zu einer einzelnen Person, außer zu meinem Freund, habe ich
nicht. So etwas wie einen engen Freund vermisse ich schon sehr. Es
ist nicht so, als hätte ich gar keine engen Freunde, doch diese
wohnen alle nicht mehr in meiner Nähe, Freunde aus alten
Schulzeiten, die ich nur noch einige Male im Jahr sehe.
Manchmal frage ich mich,
ob es in Ordnung ist, wenn ich nur meinen festen Freund und
Lebenspartner als besten Freund habe. Einerseits finde ich es gut und
selbstverständlich, dass wir uns so nah sind. Schließlich sind wir
ein Paar, da gehört für mich gute Freundschaft auch dazu.
Andererseits macht mich das aber umso abhängiger von ihm. Wenn er
damit nicht nur die eine Rolle meines Liebespartners übernimmt,
sondern auch die meines besten Freundes. Außerdem kann ich auch
nicht alles mit ihm besprechen.
Doch bisher lief es ganz
gut damit. Doch manchmal sehne ich mich noch nach einer richtig engen
Freundin, wie ich sie damals noch zu Schulzeiten habe. Ich kann von
keinen meiner Freunde, die ich in meinem Wohnort habe, wirklich
sagen, dass wir uns nahe stehen und dass mir einer dieser Freunde
besonders wichtig ist. Wir verstehen uns gut, treffen uns ab und zu
mal und ich kann auch alles erzählen, was mich so bewegt. Doch meist
bewegen sich die Gespräche an der Oberfläche, um richtig innige
Themen wird nicht gesprochen. Es ist eben keine Vertrautheit. Doch
wie schaffe ich es, jemanden so nah zu kommen, damit diese
Verbundenheit entsteht?
Ich habe mal darüber
nachgedacht und möchte euch an meinen Ideen teilhaben lassen.
Vielleicht nehmt ihr diese als Anregungen mit auf.
Sich öfter und
regelmäßiger sehen
Das Problem bei mir ist,
dass ich jede Woche wen anders treffe. Ich kenne eben viele und bin
mit einigen befreundet. Und nicht immer hat die eine Freundin Zeit.
Dann finde ich es schade, aber such mir dann einfach den nächsten
Freund aus, mit dem ich was unternehmen kann. Manchmal kommt es mir
so vor, als ob es mir nicht um den Freund an sich geht, sondern
einfach nur darum, dass ich jemanden habe, mit dem ich mich treffen
kann und mit dem ich diese eine Sache unternehmen kann. Früher war
das ganz anders. Da hatte ich nur eine Handvoll Freunde oder eben
meine beste Freundin, mit der ich jede Woche etwas gemacht habe.
Zumal ich meine Freunde auch täglich gesehen habe, da entsteht
automatisch schon eine Vertrautheit. Ich treffe eine bestimmte
Freundin wenn es hochkommt vielleicht einmal im Monat, manchmal
vergehen aber auch mehrere Monate, bis es wieder zu einem Treffen
kommt.
Wie soll da auch
Vertrautheit entstehen? Anstatt also sich auf viele zu fokussieren,
ist es besser, sich gezielt die Leute zu suchen, mit denen man mehr
Zeit verbringen will. Einmal im Monat reicht vielleicht nicht, besser
wäre alle zwei Wochen oder gar wöchentlich. So vergeht nicht mehr
so viel Zeit, bis man sich wiedersieht und die Vertrautheit bleibt
bestehen. Denn wenn Wochen dazwischen liegen, distanziert man sich
förmlich voneinander, Vertrautheit baut sich ab und man beginnt im
Endeffekt vielleicht wieder von Null an.
Doch bei der Vorstellung,
jemanden wirklich jede Woche zu sehen, bekomme ich etwas Bammel. Was
könnte man sich schon erzählen, wenn gerade nur eine Woche
vergangen ist? Deswegen warte ich lieber eine längere Zeit ab, bevor
ich mich treffe. Aber gerade wenn nur eine Woche dazwischen liegt,
kann man umso mehr in die Tiefe gehen. Es geht nicht mehr nur um das
Abspulen von Dingen, die man erlebt, gefühlt und gedacht hat. Es
geht dann mehr um die Tiefe und Qualität des Erlebten und nicht mehr
um die Masse. Früher konnte ich ja auch immer jede Woche etwas mit
meiner Freundin teilen, und mit meinen Schulfreunden hatte ich auch
jeden Tag genug Gesprächsstoff.
Es ist auch laut Studien
bewiesen, dass man jemanden umso mehr mag, desto öfter man ihn
sieht. Man gewöhnt sich an den anderen, wächst mehr zusammen und
kann die Beziehung vertiefen.
Immer mal wieder melden
und an den anderen denken
Auch wenn man sich nicht
immer sehen kann, ist es möglich, dem anderen mitzuteilen, dass man
ihn nicht vergessen hat. Kleine Gesten erhalten schließlich die
Freundschaft. Einfach mal eine Nachricht schreiben, kurz anrufen und
fragen, wie es dem anderen geht. Das hält auch den Kontakt aufrecht.
Nicht immer ist es sinnvoll erst alles auszupacken, wenn man sich
wiedersieht. Es könnten ja Wochen und Monate vergehen. Und bis dahin
sind die Erlebnisse nicht mehr aktuell und verblassen. Es müssen
nicht mal große Dinge sein wie ein neuer Freund oder ein neuer Job
oder Probleme, selbst kleine Dinge können mitgeteilt werden. Es geht
darum, den anderen am eigenen Leben teilhaben zu lassen. Besonders
wichtig ist das bei Freundschaften auf Distanz wie bei meinen
Schulfreunden und mir. Da wir uns nicht so oft sehen können, ist es
umso wichtiger, sich immer mal wieder zu melden und aus dem eigenen
Leben zu erzählen. Der andere freut sich dann über die Nachricht
und fühlt sich wichtig, weil man an ihn gedacht hat.
Dringende Sachen kann man
auch übers Telefon mitteilen, das ist noch einmal persönlicher als
nur schriftlich. Ich telefoniere beispielsweise jeden Monat mit
meinen engen Freunden. Würde das wegfallen, hätten wir uns
sicherlich viel mehr voneinander distanziert. Durch das Hören des
anderen bleibt noch einmal mehr Vertrautheit bestehen. Videoanrufe
sind sogar noch besser, ähneln sie einem richtigen Treffen doch
sehr, da man Gestik und Mimik des Gegenübers wahrnehmen kann.
Richtig zuhören und auf
den anderen eingehen
Das ist für mich eine
der wichtigsten Dinge in einer Freundschaft. In Gesprächen wirklich
das hören, was der andere sagt und darüber reflektieren. Wirklich
sich öffnen und viel Raum für den anderen lassen. Viele kennen das
nicht, denken während des Gesprächs daran, was sie sagen wollen
oder sind abgelenkt. Dabei verpassen sie die wichtige Chance, mehr
über den anderen zu erfahren. Für mich aktives Zuhören wichtiger
als das eigene Reden. Meine Gedanken und Erlebnisse kenne ich genug
und ich mag es nicht, sie immerzu anderen mitzuteilen. Irgendwann bin
ich es auch leid. Aber viel spannender finde ich, was andere zu
erzählen haben.
Ich mag es, mich in den
Worten anderer zu verlieren, darüber nachzudenken, was sie erlebt
haben und mich in sie hineinzuversetzen. Empathisch gegenüber
anderen zu sein ist wichtig, um eine innige Bindung aufzubauen. Der
andere fühlt sich wertgeschätzt und fühlt sich ernst genommen. Er
fühlt sich dabei geborgen und traut sich auch von sich etwas zu
offenbaren. Das schafft auf jeden Fall eine Menge Vertrautheit und
schweißt zusammen.
Beim richtigen Zuhören
gilt es, sich zurückzunehmen, sich vollkommen auf den anderen zu
konzentrieren. Was denkt er? Was erzählt er? Wie fühlt er sich? Der
andere steht vollkommen im eigenen Fokus. Meist denke ich über diese
Dinge nach, bevor ich antworte. Ich gebe dem anderen vollkommen meine
Aufmerksamkeit und beziehe mich immer wieder auf den anderen. Wenn
ich antworte, gehe ich immer auf den anderen ein, wiederhole in
eigenen Worte, was der andere sagt.
Die richtigen Fragen
stellen
Es geht generell immer
darum, dem anderen ernsthaftes Interesse zu signalisieren: „Hey, du
bist mir wichtig und ich will wissen, wie es dir geht und was dich
bewegt.“ Um dieses Interesse zu verdeutlichen, sind Fragen am
besten geeignet. Denn ich stelle ja Fragen, um mehr über den anderen
zu erfahren. Aber bitte keine ausgelutschten Fragen wie: Hey wie geht
es dir? Wie läuft es so? Gut, ganz darauf verzichten kann ich nicht,
aber es gibt so viele originelle und tiefsinnige Fragen, die richtig
zum Nachdenken anregen und mit denen man andere öffnen kann. Es ist
so spannend vor allem auch bei engen Freunden, von denen man dachte,
man kennt sie in- und auswendig. Durch solche Fragen kommen immer
wieder andere Facetten zu Tage, man lernt wieder ganz neue Dinge und
Seiten des Freundes kennen. Hier mal eine Auswahl an Fragen:
Was wolltest du schon
immer mal werden? Wenn du eine Million Euro gewinnen würdest, was
würdest du damit tun? Wenn eine Sache gäbe, die du an der Welt
verbessern willst, was wäre das?
Wenn Scheitern egal wäre,
was würdest du tun? Wofür lebst du? Was ist dein Lebenssinn? Was
ist dir im Leben wichtig? Wenn du nur einen Tag zu leben hättest,
was würdest du tun? Was wolltest du schon immer mal machen? Wovor
hast du Angst? Was sind deine größten Träume? Wenn du dein Leben
noch einmal leben könntest, was würdest du anders machen und was
nicht? Woran glaubst du? Was sind deine Lebensziele? Wenn du auf
einer Insel landen würdest, was würdest du auf jeden Fall
mitnehmen? Was bedeutet für dich Glück? Was bedeutet für dich
Liebe? Was ist für dich der perfekte Freund? Magst du mir ein
Geheimnis verraten, das du bisher noch niemanden verraten hast? Was
waren deine bisherigen größten Erfolge im Leben? Wo siehst du deine
Stärken und deine Schwächen? Was sind deine schönsten
Erinnerungen? Wie würdest du dich selbst beschreiben? Was möchtest
du noch alles in deinem Leben erreichen?
Deep Talk
Eng mit diesen Fragen
verbunden ist auch der sogenannte Deep Talk. Das ist das komplette
Gegenteil zum Small Talk, der nur an der Oberfläche kratzt. Doch um
jemanden wirklich nahe zu kommen, müssen wir bei den Gesprächen in
die Tiefe gehen. Die genannten Fragen können helfen, aber Deep Talk
ist noch mehr. Dabei geht es darum, achtsam und transparent
miteinander zu reden. Es geht darum, komplett ehrlich zueinander zu
sein, sich vollkommen zu öffnen und den liebevollen Kern des anderen
zu sehen. Es geht auch um genaue Beobachtung und um das genaue
Hinhören. Beim Deep Talk packen wir alles aus. Wie geht es uns im
Moment und zwar wirklich? Was bewegt uns gerade sowohl positiv als
auch negativ? Was belastet uns sehr und was schleppen wir mit uns
herum? Welche Glaubenssätze haben wir? Was blockiert uns? Dabei
lassen wir all unsere Masken fallen, die Rollen, die wir spielen. Es
geht darum, vollkommen authentisch zu sein, also uns zu zeigen wie
wir sind. Das Denken soll dabei keine so große Rolle spielen. Den
Gefühlen geben wir dafür mehr Raum, wir sprechen aus dem Bauch und
aus dem Herzen heraus. Ich denke, das ist eine der wirkungsvollsten
Methoden, um dem anderen noch näher zu kommen.
Indem der andere sich
dann mitteilt und wir aufmerksam und aktiv zuhören, können wir
wirklich erkennen, wer der andere ist und auch wir offenbaren uns dem
anderen vollkommen. Natürlich macht das verletzlich, aber das gehört
dazu. Nur so sieht uns der andere wer wir wirklich sind. Und wenn
sich alle öffnen und sich ihr verletzliches Ich zeigen, wir vom
anderen berührt werden, dann kann wahre Vertrautheit und Verbindung
auch entstehen.
Erfahrungen, Erlebnisse,
Gefühle und Gedanken teilen
Nicht nur im Deep Talk
können wir uns voll offenbaren, sondern auch im Alltag selbst. Es
ist wichtig, sich für den anderen zu öffnen und ihm zu vertrauen.
Ich glaube, das ist sowieso eine Grundvoraussetzung. Erst wenn ich
dem anderen vertraue und mich öffne, kann der andere das auch tun.
Und so entsteht wirkliches Vertrauen. Dem anderen zuhören ist
wichtig keine Frage. Doch damit der andere einen wirklich kennenlernt
und eine Verbindung zu einem selbst schaffen kann, müssen wir bereit
sein, uns ebenso zu entblößen. Das soll nicht in einem Monolog
ausarten, aber es ist wichtig, sich auch dem anderen mitzuteilen und
zu erzählen, was man erlebt, gefühlt und gedacht hat und wie es
einem jetzt gerade geht. Der andere merkt, er ist wichtig und wir
vertrauen ihm. Und so kann auch er uns vertrauen. Echte Vertrautheit
kann nur entstehen, wenn beide offen füreinander sind und sich
gegenseitig vertrauen. Es ist nicht immer leicht, mich kostet das
auch Überwindung, Dinge preiszugeben, die ich sonst niemanden
verrate. Es macht mich verletzlich und angreifbar. Doch es ist auch
mutig und ein wichtiger Schritt, eine vertrauensvolle Beziehung zu
entwickeln.
Authentisch sein
Das große Stichwort bei
all diesen Sachen ist, sich treu zu sein und sich so zu zeigen, wie
man wirklich ist. Es könnte niemals eine enge Bindung entstehen,
wenn wir uns nur verstecken oder eine Maske aufsetzen. Der andere
muss sehen, wer wir wirklich sind. Mit all unseren Stärken,
Schwächen, Fehlern und auch tiefen Abgründen. Klar hab ich auch
Angst und fürchte mich davor, dass mich der andere ablehnt. Das ist
nur ein Selbstschutzmechanismus. Doch eine tiefe Beziehung kann nur
entstehen, wenn wir unser wahres Ich zeigen. Das ist nicht leicht, es
kostet viel Kraft und braucht Zeit. Man muss auch nicht sofort alles
auspacken, aber wenigstens Schritt für Schritt. Auch der andere
merkt es, und wird sich ebenso langsam aber sicher öffnen.
Den anderen wertschätzen,
respektieren und loben
In einer Freundschaft
finde ich es wichtig, dem anderen zu zeigen, dass ich ihn mag und
dass ich vieles an ihm schätze. Das geht durch Worte, aber auch
durch Gesten. Sich innig umarmen, sich berühren, auf die Schulter
klopfen oder Ähnliches. Dem anderen sagen, wenn mir etwas an ihm
gefällt oder wenn ich finde, dass der Freund etwas gut gemacht hat.
Immer wieder Komplimente machen und auch wirklich sagen, wie wichtig
der andere einem ist. Das kann man nicht oft genug sagen.
Für den anderen da sein
und ihm helfen
Eine richtige und innige
Freundschaft ist für mich, wenn ich dem anderen zeige, dass ich
nicht nur da bin, wenn es spaßig wird, sondern er auch in
schwierigen Situationen auf mich bauen kann. Der Freund weiß, er
kann sich auf mich verlassen, ich bin für ihn da, habe eine offenes
Ohr und eine Schulter zum Ausweinen. Der andere fühlt sich geschätzt
und akzeptiert, er fühlt sich geborgen und geschützt in meiner
Nähe. Ich möchte jemand sein, bei dem meine Freund wissen, dass ich
ihnen helfe und sie immer unterstütze. Ich möchte, dass sie sich
bei mir wohlfühlen und sie mir vertrauen. Es geht darum, immer da
zu sein, wenn der andere einen braucht, egal wie spät es ist oder
welche Umstände es gibt. Wenn mich der andere braucht, bin ich immer
für ihn da. Und wenn er Ratschläge braucht, höre ich ihm zu und
versuche zu helfen. Und auch so, sage ich nicht „Nein“, wenn
jemand etwas von mir braucht.
Geben und nehmen
Doch nicht nur Geben ist
wichtig, es gibt auch Leute, die das ausnutzen und nichts zurückgeben
wollen. Für eine wirklich innige Freundschaft muss es ein
Gleichgewicht geben. Ich gebe, aber ich kriege auch etwas zurück und
so soll es auch dem anderen gehen. Es geht nicht, dass ich immer
wieder nur mache und tue und im Endeffekt macht der andere gar
nichts, lehnt sich zurück oder nutzt es eben aus. Doch wie mache ich
das deutlich, was ich will? Am besten einfach mal in Ruhe miteinander
sprechen und so etwas sagen wie: „Ich fände es schön, wenn wir
beide füreinander da sind und wenn wir beide etwas für die
Freundschaft tun, indem wir uns beide beim anderen melden oder
Ähnliches.“
Das waren so meine
Ideen, wie man Freundschaft vertiefen und innige Beziehungen aufbauen
kann. Sicherlich gibt es noch mehr und ich würde mich freuen, wenn
ihr mir noch Tipps geben könnt. Seid ihr mit den Anregungen
einverstanden oder habt ihr noch Verbesserungsvorschläge und andere
Anregungen? :)
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