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Nobody´s perfect!



Alles muss perfekt sein. Nie etwas falsch machen, immer alles richtig machen. Kennt ihr das auch? Macht euch das auch fertig? Woher kommt dieser fast unmöglich hohe Anspruch an uns selbst und was können wir dagegen tun?



Dieser krasse Leistungsgedanke wird uns eigentlich schon seit der Kindheit eingepflanzt. Schon in der Grundschule fängt es an. Da sind Noten, die unsere Leistungen und unser Können messen, uns mit anderen vergleichbar machen. Eigentlich totaler Unsinn, denn jeder Mensch ist anders und nur weil er in einigen Fächern nicht so gut ist, deswegen nicht schlechter als andere. Und doch wird immer wieder darauf gepocht. In der Schule geht es immer nur um Leistung, sich verbessern und auch besser abschneiden als die anderen. Aber was am Ende hängen bleibt und ob wir uns das was bringt, wird eher außer Acht gelassen.

Ich wollte immer eine gute Schülerin sein, wollte immer gute Noten nach Hause bringen, um meine Eltern zufrieden zu machen. Für mich war das wichtig, um Anerkennung, Lob, Wertschätzung und Liebe zu bekommen. Arbeite viel, leiste viel und schreibe gute Noten – dann bist du es auch wert, geliebt zu werden. Schon echt verkorkst. Eigentlich hat jeder Mensch an sich schon einen unglaublichen Wert. Wir müssen uns diesen nicht erst verdienen, wir sind so schon wertvoll genug.

Doch irgendwie hat sich das in mein Gehirn gepflanzt: Ständig gut zu sein und alles richtig zu machen. Zum Großteil ist auch meine Familie und Erziehung daran schuld. Wie ihr sicherlich schon in einigen Artikeln lesen konntet, hatte ich doch strenge Eltern gehabt. Besonders mein Stiefvater hat keinen Fehler übersehen und mich dafür immer bestraft. Mit der Zeit bekam ich Angst vor Fehlern, wollte sie unbedingt vermeiden. Denn ich wusste, es würde nur Schlimmes auf mich zukommen. Und so tat ich stets mein Bestes, doch es war nie genug. Immer war da das Gefühl, nicht genug zu sein. Nicht genug zu sein, um endlich geliebt zu werden. Das alles führte dazu, dass ich diesen Perfektionismus entwickelte.

Und auch wenn ich heute nicht mehr so nach der Anerkennung meiner Eltern strebe, ist immer noch diese Neigung da, alles richtig zu machen. In so vielen Bereichen: Ich will eine ideale Freundin sein, eine gute Liebespartnerin, im Job alles richtig machen, aber auch alle meine Ziele erreichen und immer erfolgreich sein. Erst wenn alles nahezu perfekt ist, bin ich wirklich zufrieden. Dass das niemals möglich sein kann, weiß ich auch. Und doch bleibe ich daran hängen, glaube an die Illusion und rackere mich dafür ab.

Daraus entwickelte sich auch mein großer Drang, mich ständig zu verbessern und mich selbst zu optimieren. Nie war ich richtig zufrieden mit mir, hatte immer etwas an mir zu meckern und zu verändern. Ich wollte eben das Beste aus mir machen, ein besserer Mensch werden. Darunter litt mein Selbstwertgefühl, das sowieso durch die Schulzeit und meine Erziehung angeknackst war. Doch auch ich redete mir ein, dass ich noch nicht gut genug bin und mich verändern muss.

Dann ist da auch immer die Stimme des inneren Kritikers, der immer irgendetwas an mir auszusetzen hat. Er macht mich ständig herunter, hält mich klein, sagt, ich könne nichts und sei ein Versager. An sich will der innere Kritiker das Beste für mich, aber er geht es falsch an.

Fehler werden in unserer Gesellschaft nicht gern gesehen. Fast immer werden sie als schlecht erachtet und werden entsprechend auch bestraft. Ob wir nun ausgeschimpft werden, uns etwas weggenommen wird oder etwas anderes. Fehler zu machen fühlt sich immer schlecht an. In der Schule lernen wir, dass Fehler machen immer bedeutet, dass wir schlechtere Leistung erbringen und schlechtere Noten bekommen. Deswegen werden wir darauf getrimmt, möglichst wenige Fehler zu machen. Dann machen wir alles richtig.


Doch Perfektionismus ist nicht immer schlecht. So wie jede Sache zwei Medaillen hat, gibt es auch beim Perfektionismus gute Aspekte.

Es ist doch gar nicht mal schlecht, wenn man versucht, alles richtig zu machen und Fehler zu vermeiden. Man ist konzentrierter und überlegt mehr, bleibt gewissenhaft. Fehler passieren zwar trotzdem, aber mit der Einstellung und Vorgehensweise doch wesentlich seltener. Eine Sache so gut wie es geht zu machen, ist sehr lobenswert. Wenn man alles perfekt machen will, schaut man auch öfter mal drüber und findet immer wieder mal neue Fehler. Damit kann die Sache, die man prüft, immer weiter reifen, bis sie nahezu perfekt ist.

Perfektionisten haben hohe Ansprüche an sich selbst. Das ist erst einmal nicht verkehrt. Denn dann haben wir Ziele, streben danach, uns zu verbessern. Diese Motivation treibt uns an, uns weiter zu entwickeln. Da ist immer dieses Streben nach mehr. Wir geben uns nicht mit mittelmäßigen Situationen und Dingen zufrieden, wir wollen es besser machen. Daraus kann viel Gutes entstehen, wenn wir das richtige Maß an Perfektionismus haben. Und darauf kommt es auch an: der richtige Mittelweg.

Andererseits gibt es aber auch viele Nachteile, wenn Perfektionismus eben nicht mehr im Griff gehalten werden kann. Wir haben Angst vor Fehlern, vielleicht sind wir auch so blockiert, dass wir gänzlich gar nichts mehr tun, aus Angst, eben nicht das Richtige zu machen. Unsere Ansprüche könnten zu hoch sein, wir geraten an unsere Grenzen und zerstören uns damit selbst. Wir zweifeln an uns, meinen, wir seien niemals genug. Oder wir geben uns nie mit etwas zufrieden, werden immer weiter getrieben, es besser zu machen. Am Ende machen wir uns damit dann selbst unzufrieden und kaputt.

Perfektionismus kann echt krank und zwanghaft werden. Und es macht uns auch einfach fertig. Immer alles richtig zu machen, erzeugt einen enormen Druck auf uns, stresst uns sehr, macht uns fertig.


Doch was können wir konkret tun, um zukünftig das richtige Mittelmaß zu finden oder diesen Perfektionismus endlich zu überwinden. Hierzu einige Tipps, die mir weiterhelfen, weniger perfektionistisch zu sein.

Gut ist gut genug!

Wir sollten natürlich an unserer eigenen Denkweise und Einstellung arbeiten. Wir sollten hinterfragen, ob wir immer unser Bestes geben müssen und alles perfekt sein muss. Meist reicht es schon, wenn wir Dinge gut machen. Wozu perfekt machen? Was bringt uns das, außer nur noch mehr Arbeit und Frust?

Zufrieden sein

Statt immer weiter zu suchen und weiter zu arbeiten, sollten wir uns auch mal auf das besinnen, was bereits da und gut ist. Am besten nimmt man sich mal paar Minuten Zeit und schreibt auf, wofür man dankbar ist und was doch gut läuft, anstatt sich das anzusehen, was nicht gut ist oder fehlt. Dadurch entwickelt man eine gesunde Zufriedenheit. Und es sind meist Dinge, wofür man immer dankbar sein kann.


Hohe Ansprüche reflektieren

Oftmals haben wir total überzogene Vorstellungen, die niemals umgesetzt werden können. Wir sollten diese in Ruhe mal vornehmen und hinterfragen: Ist das wirklich realistisch? Kann ich das auch wirklich erreichen? Brauche ich das? Reicht nicht auch weniger? Müssen es immer 120 Prozent sein?


Gesunden Umgang mit Fehlern lernen

Fehler sind gar nicht schlecht, im Gegenteil, wir brauchen sie zum Lernen. Schon als Kinder machen wir ständig Fehler. Wir fallen ständig hin, doch wir stehen wieder auf und lernen daraus. Fehler sind wichtig, ohne sie könnten wir uns nicht weiterentwickeln. Jeder Fehler birgt so viel Entwicklungspotenzial und gibt uns neue Erfahrungen. Darum sollten wir akzeptieren, Fehler zu machen. Zumal es einfach mal total menschlich ist. Niemand ist perfekt! Wir sollten unsere Angst vor Fehlern abbauen und vielleicht auch versuchen, gezielt Fehler zu machen. Kleinere Fehler, um zu lernen, diese auszuhalten und zu merken, dass es nicht so schlimm ist, wie wir denken.


Scheitern lernen

Noch eine Stufe schlimmer ist es, wenn wir wirklich an etwas scheitern. Wir haben Angst davor, denn Scheitern bedeutet, wir wären Versager. Und das wollen wir auf keinen Fall sein. Darum lassen wir lieber die Finger vor neuen Sachen, wenden uns von wichtigen Träumen und Zielen ab. Wir wissen ja, dass wir es sowieso nicht schaffen. Dann lieber nichts tun, dann können wir nichts falsch machen. Aber das ist die falsche Einstellung. Das Leben ist zu kurz, um so vieles sein zu lassen. Lieber möglichst viel probieren, damit wir viele viele Erfahrungen sammeln. Die machen unser Leben erst so spannend. Scheitern ist unangenehm, aber auch daraus können wir lernen, wie es eben nicht funktioniert. Wir haben es wenigstens versucht, aber wir geben nicht auf, vielleicht probieren wir es auf einem anderen Weg.

Erfolge feiern

Und nicht zuletzt, sollten wir uns daran erinnern, was richtig gut lief, was wir toll gemacht haben. Oftmals erreichen wir endlich etwas und widmen uns gleich der nächsten Sache. Lieber inne halten und darauf stolz sein, was wir erreicht haben. Gerne können wir uns etwas gönnen und uns dafür belohnen.
Sich selbst lieben mit all seinen Fehlern

Das finde ich besonders wichtig. Wir sind Menschen und daher auch nicht fehlerlos. Wir haben eben Macken, Schwächen, Abgründe, Fehler, sie machen uns alle aus und machen uns erst so einzigartig! Wir sollten lernen, diese Dinge an uns zu akzeptieren und zu lieben.

Gelassen bleiben und sich entspannen

Das fällt mir immer noch schwer. Wenn etwas schief läuft und ich Fehler mache, verurteile ich mich und habe gleich schlechte Laune. Ich rege mich dann gerne über mich auf. Aber das bringt ja nichts. Stattdessen sollte ich diese Fehler einfach akzeptieren, sie gehören dazu und das Positive daran sehen. Versuchen damit gelassener umzugehen. Ganz wichtig ist, wenn man sich selbst Stress macht, versuchen aus der Situation herauszukommen. Indem wir uns den Stress selbst nehmen und versuchen, mehr zu entspannen. Dabei können Meditation oder andere Entspannungstechniken wie Yoga, Tai Chi oder Progressive Muskelentspannung helfen. Hauptsache herunter kommen vom hohen Roß und uns wieder erden.

Loslassen

Sich selbst den Druck nehmen und zu nicht immer auf Knopfdruck was zu machen. Wir können ruhig auch mal einfach faulenzen, uns Zeit für uns nehmen, für das, was uns Spaß macht. Wir müssen nicht immer funktionieren. Es ist okay, mal Aufgaben liegen zu lassen und nicht immer sofort zu tun. Wir können auch Tätigkeiten nachgehen, bei denen es nicht um Perfektion geht. Am besten schreibt sich jeder auf, was ihm in den Sinn kommt und dann ran ans Werk!

Leistung ist nicht immer das Nonplusultra

Sich für die Arbeit kaputt schuften, kann es auch nicht sein. Wir sollten unser Arbeitspensum hinterfragen, überlegen, ob es das wirklich wert ist, jedes noch so kleine Detail immer und immer wieder zu überprüfen. Da ist immer so ein Leistungsdruck, den wir uns selbst machen. Niemand wird von uns verlangen, dass wir immer alles richtig machen. Das geht auch gar nicht.

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