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Fomo – Die Angst, etwas zu verpassen


Immer online sein, nichts verpassen. Heutzutage scheinen wir alle rund um die Uhr verfügbar zu sein, sind ständig in den Weiten des Internets unterwegs. Doch, was macht das mit uns? Und was können wir dagegen tun?


Ihr habt sicherlich schon mal von „FOMO“ gehört oder gelesen nicht wahr? „Fear of missing out“. Bei Google gibt es folgende Beschreibung: „Das Phänomen beschreibt die zwanghafte Sorge, eine soziale Interaktion, eine ungewöhnliche Erfahrung oder ein anderes befriedigendes Ereignis zu verpassen und nicht mehr auf dem Laufenden zu bleiben.“

Das hat sich natürlich im Zuge der Digitalisierung überhaupt zu so einer großen Sache entwickelt. Doch am meisten ist eine Sache daran schuld: das Smartphone. Unser mittlerweile bester Freund und Begleiter, der uns auf Schritt und Tritt verfolgt und alles mit aufzeichnen kann. Unser persönlicher Stalker, dem wir es sogar erlauben, uns zu stalken. Das Handy ist gar nicht mehr aus unserem Leben und Alltag wegzudenken. Und praktisch ist es alle Mal. Statt dutzend verschiedene Sachen wie Kamera, Taschenrechner, Notizbuch und MP3-Player mitzuschleppen, haben wir alles komprimiert in unserem Smartphone vereint. Sehr sehr praktisch, aber das macht uns auch sehr abhängig davon. 

Doch das ist nur eine Seite. Es geht jetzt nicht unbedingt um die ganzen Offline Funktionen, sondern die Tatsache, dass wir stets und ständig online verfügbar sein können. So gut wie jeder hat eigentlich Internetverbindung auch unterwegs und nicht nur Zuhause. Ich bin da die große Ausnahme, habe mir kein mobiles Internet angeschafft, eben um dieser Abhängigkeit zu entkommen. Wozu brauche ich das auch unterwegs? Reicht doch schon, wenn ich Zuhause immerzu im W-Lan bin. Unterwegs will ich mich auf das da Draußen und die Menschen, mit denen ich mich treffe, konzentrieren und nicht immerzu nur in der digitalen und nicht echten Welt herumlungern.

Aber heutzutage wird man schon fast ausgegrenzt, wenn man eben kein mobiles Internet hat, als wäre man der letzte Mensch hinterm Mond. Dabei finde ich, muss es halt nicht sein. Draußen spielt sich das echte Leben ab und da muss eben kein Internet sein. Es ist zwar sicherlich einige Male schon nützlich, wenn ich auf Google Maps etwas suche oder sonst irgendwelche Infos auf die schnelle brauche. Dann einfach schnell das Handy gezückt und munter darauf los gegoogelt. Und tadaaaa: Man findet, was man braucht. Doch das nur in Ausnahmefällen.

Obwohl ich selbst jung bin, finde ich es schrecklich, wenn ich unterwegs nur noch Leute auf ihrem Handy glotzen sehe. Keine Interaktion, nichts wahrnehmen von der Umgebung. Das finde ich super schade. Ich ertappe mich zwar auch immer dabei, wie ich aufs Handy schaue, aber eben nicht um im Internet oder auf sozialen Medien zu surfen. Meist schreibe ich mir Sachen auf, die ich erlebt habe oder erledigen sollte oder ich arbeite an meiner To-Do-Liste.

Doch die meisten anderen, sind bestimmt nur am Schreiben per Whatsapp, Instagram, Snapchat, Twitter, Facebook – oder wie sie alle heißen. Ich will nichts verteufeln, schließlich nutze ich viele dieser Dienste selbst. Es hat viele Vorteile, wenn man dort angemeldet ist. Es vereinfacht unsere Kommunikation, wir können jederzeit mit Freunden und Bekannten schreiben, sind immer auf dem Laufenden, können anderen Fotos und Videos schicken und sie so an unserem Leben teilhaben lassen. Doch wie alles birgt auch dies Schattenseiten. Wenn man eben nur noch am Handy ist, nur noch für die digitale Welt lebt und dabei die echte Welt komplett vergisst. Aber auch dazwischen gibt es Abstufungen, die mir zu Denken geben.

Ich will jetzt nicht schreiben, dass ich unbedingt so viel besser bin als andere. Zwar bin ich unterwegs nicht mit dem Internet verbunden. Dafür aber am Arbeitsplatz und Zuhause, wo ich entweder normale Internetverbindung oder W-Lan habe. 

Für meine Arbeit als Redakteurin brauche ich das Internet, zum einen um zu arbeiten, aber auch um Sachen nachzulesen und zu recherchieren. Internet ist gar nicht mehr aus meiner Arbeitswelt wegzudenken. So hocke ich also die meiste Zeit am Rechner. Leider bin ich nur selten auf Terminen, weswegen die digitale Welt also schon den Großteil meiner Arbeit einnimmt.

Dabei bin ich meist mit verschiedenen Dingen gleichzeitig beschäftigt. Schon dieses Multi-Tasking fordert meine Konzentration, sie wird dadurch nicht besser. Doch nicht genug. Meist sind noch verschiedene andere Taps mit E-Mail-Programm, Facebook und mehr offen. Ich wechsel immer dazwischen, einfach so aus Langeweile. Und merke, dass mir das eigentlich nicht gut tut. Ich merke eine richtige Unruhe in mir. Manchmal bin ich dann so im Surfen vertieft oder auf Facebook, dass ich die Zeit vergesse und auch meine Arbeit etwas schleifen lassen. Gar nicht gut!

Doch warum schaue ich da immer vorbei? Da spielen mehrere Gedanken mit hinein: „Mensch schau doch mal nach, vielleicht gibt es wieder etwas Neues? Das muss ich doch wissen! Ich will doch nichts verpassen“ Das ist so eine generelle Spannung und Neugier, die mich dazu verleiten, mal wieder bei Facebook oder woanders nachzusehen. Es ist immer dieser Reiz nach etwas Neuem. Und sobald ich dann mit neuen Informationen gefüttert werde, fühle ich mich belohnt und entspannt.  Mir wird das erst jetzt richtig bewusst, davor habe ich darüber nicht nachgedacht. 

Und genau darum geht es ja bei FOMO. FOMO – das ist eigentlich eine generelle Angst, die nicht nur einfach mit dem Internet zu tun hat. Aber seitdem die sozialen Medien so stark aufgekommen sind, es zu einem sehr digitalen Problem geworden. Denn wie schon geschrieben, sind wir ja immer online, immer wieder kommen neue Informationen und Reize dazu, die auf  uns einprasseln. Und dazu führen, dass wir uns eigentlich ständig unter Strom stehend fühlen. Das mag vorerst befriedigend sein, wenn man immer wieder mit neuen Infos und Reizen gefüttert wird. Die Neugier ist gestillt, aber es kann sein, dass wir nicht genug davon bekommen. Statt also nur ab und zu mal zu schauen, lassen wir gleich alles offen, sind dauerhaft online präsent. Denn es könnte sein, dass wir ja etwas nicht bekommen oder übersehen, wenn wir es nicht sind. Und dann wird es eigentlich schon gefährlich, finde ich. Wenn man dann viele Dinge, die wichtiger wären, dann einfach vernachlässigt. Das kann nicht gut sein.

Und Zuhause geht bei mir das Spiel auch weiter. Dort kann ich auch noch mit meinem Handy dauerhaft online sein. Was ich wirklich sehr gerne mache. Ich schreibe dann besonders viel auf sozialen Medien mit Freunden. Sehr zum Leidwesen meines Freundes. Er bemerkt, dass ich das Handy immerzu in der Hand habe und vor allem es erst weglege, wenn ich mich allem fertig bin. Und dann kommt er. Das ist erschreckend und traurig zugleich. Wie kann ich nur die wichtigste Person auf der Welt für mich, für etwas nicht Reales vernachlässigen? Das geht doch nicht. Da ist immer zuerst der Drang da, wenn ich nach Hause komme: „Check doch mal dein Handy. Da gibt es bestimmt wieder Neues und das MUSS ich wissen!“ Alles andere ist Nebensache, wobei das eigentlich nicht sein dürfte. Als mir das mein Freund neulich nahe brachte, war ich erschrocken über mich selbst. Daran muss ich unbedingt arbeiten, das darf so nicht sein.

Ich finde, dass dadurch sowieso unsere ganze Kommunikation leidet. Wir tauschen uns fast nur noch online aus, die richtigen Kommunikationen bleiben aus. Wenn bei einem Gruppentreffen alle nur auf ihr Handy starren, wie soll da schon ein schönes Treffen entstehen?

Obwohl es bei mir nicht ganz so schlimm ist wie bei anderen. Mich nervt es schon, wenn ich mit Freunden treffe und sie nur noch am Handy hängen. Ich will doch Zeit mit ihnen verbringen und nicht noch mit der dritten Person – dem Handy. Es scheint, als würde es öfter mal zwischen Leuten stehen. Ob zwischen mir und meinem Freund oder anderen Freunden. In Maßen ist ja alles gut und schön, es ist praktisch, so mit der sozialen digitalen Welt verbunden zu sein, und auch super, dass man so am Leben anderer teilhaben kann.
Wenn man für digitale Kontakte dafür seine echten vernachlässigt, ist es wirklich Zeit, etwas daran zu ändern, finde ich. 


Tipps gegen die Online-Sucht

Ich habe mir mal überlegt, wie ich diese Onlinesucht irgendwie bewältigen kann.

Zum einen ist Digital Detox ein gutes Stichwort. Damit ist gemeint, dass man bewusst mal auf digitale Medien und Internet verzichtet oder zumindest den Umgang stark reduziert. Es ist eine Art Verzicht und Auszeit. Damit wir uns auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben konzentrieren können. Wie das passiert, kann unterschiedlich sein. Es reicht schon mal vielleicht einen Tag lang ohne Handy und Internet auszukommen. Für die Hardcore-Suchtis sollten schon einige Stunden ausreichen, um nicht komplett vor Entzugserscheinungen umzufallen. Und dann steigert man sich langsam vielleicht auf mehrere Tage bis eine Woche oder länger. Ein Experiment, was es in sich hat und echt harte Nerven kostet. ;)

Eine andere Möglichkeit ist, sich bestimmte Zeiten zu schaffen, in denen man online ist. Oder sich darauf festzulegen, wie oft man online kommt. Meinetwegen nur abends oder eben nachmittags. Eine Hürde wäre wahrscheinlich auch, alle möglichen Apps zu deinstallieren und nur noch über Internetbrowser in soziale Medien zu kommen. Ob sich dann die Mühe lohnt, das wird man sich öfter mal fragen. Aber das ist das Tückische an Apps. Ein Klick und schon sind wir drin. Klar, wenn es so leicht ist, machen wir es öfter. Also einfach schwerer machen, reinzukommen.

Wenn wir unterwegs sind und Freunde treffen, müssen wir auch einfach nicht online sein. Einfach mal die digitale Verbindung kappen. Und richtig hart ist es den Flugzeugmodus anzuschalten. Dann ist man gar nicht mehr erreichbar weder online noch für Anrufe oder SMS. Oder einfach mal das Handy Zuhause lassen. Dann werden einige kritische Stimmen sagen: Aber dann ist man nicht mehr erreichbar, wenn etwas sein sollte! Na und, früher hatten die Leute so etwas auch nicht und ich weiß jetzt nicht, ob sie deswegen gefährlicher lebten.

Für den Browser gibt es auch bestimmte Seiten wie Facebook, Instagram oder Twitter blockieren können. Wenn eurer Durchhaltewillen nicht stark ist und ihr schwach werdet, könnt ihr dann trotzdem nicht drauf. Wie das genau funktioniert, weiß ich nicht, aber probieren kann man es.

Wie wäre es mal, eine Zeit lang, eine dieser alten Handys zu nutzen, die noch kein Internet haben? So richtig oldschool. Oder sich am besten gleich eins anschaffen und das Smartphone lassen. Das ist aber wirklich nur für die richtig Harten etwas. Selbst mir würde das mega Überwindung kosten. Wobei es langsam als Trend wieder zurückkommt und gerade bei denen, die ja mit dem ganzen digitalen Kram aufgewachsen sind. 


Die Angst, etwas zu verpassen, ist natürlich da und wird durch all die Dinge auch nicht besser. Dann heißt es nicht nur das Verhalten zu ändern, sondern auch das eigene Mind-Set zu überdenken. Warum muss ich denn unbedingt immer online. Muss ich das? Wie wichtig ist das wirklich? Wenn ich etwas verpassen würde, wie schlimm wäre das? Würde es mir dadurch schlechter gehen?

Und wie glücklich macht es mich denn, wenn stundenlang nur auf Instagram bin? Ich glaube, dass die wenigsten sagen würden, dass es sie erfüllt. Ich merke nur bei mir selbst, dass es mich mit der Zeit echt abstumpft und sogar etwas unzufrieden macht. 

Was wirklich erfüllt, sind echte Begegnungen und Gespräche, die in die Tiefe gehen und nicht diese oberflächlichen Kontakte in sozialen Medien. Das ist dort ohnehin nur eine Scheinwelt, jeder gibt nur seine besten Seiten preis, wir konstruieren nur, stellen uns nur zur Schau. Aber, was bei uns wirklich ist und wer wir sind – das alles spielt dort keine Rolle.

Ich denke auch, dass es nur positive Seiten hat, wenn wir einfach weniger online sind. Wir haben viel mehr Zeit für das echte Leben, für echte Kontakte, für Hobbys. Denn was bringt es mir, die ganze Zeit nur in solchen Scheinwelten zu sein? Das kann doch das Wahre sein. Wenn ich schon nach Kicks und Erlebnissen mich sehne, dann doch im echten Leben! Echte Erlebnisse, statt das Künstliche im Internet.

Man merkt, wenn man das alles etwas zurückfährt, dass man ruhiger wird, mehr im Augenblick lebt und die Dinge einfach um sich herum viel aufmerksamer und achtsamer betrachtet. Es stellt sich eine innere Gelassenheit ein. Ich denke, wir können lernen, mit dieser Angst, etwas zu verpassen, umzugehen. Indem wir es akzeptieren, dass wir nicht auf allen Hochzeiten tanzen und immer Up-To-Date sein müssen. Brauchen wir doch auch nicht, es gibt Wichtigeres. Das bedeutet auf alle Fälle auch weniger Stress.

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