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Die Freude, etwas zu verpassen



Neulich habe ich über „FOMO“ – „Fear of missing out“ – geschrieben, also die Angst, etwas zu verpassen. Heutzutage müssen wir immer alles mitbekommen und alles mitmachen, was geht. Das sorgt für viel Stress. Wie wäre es mal, die Dinge einfach sein zu lassen, sich mal in Verzicht zu üben. „Joy of missing out“ ist angesagt. Doch wie genau geht das?



Bei FOMO, der Angst etwas zu verpassen, dreht es sich vor allem um die Angst, dass wir etwas aus der digitalen Welt nicht bekommen. Wir werden nervös, weil wir nicht immer up-to-date sind, weil wir eben nicht immerzu in Whatsapp alle Nachrichten bekommen. Und weil wir die Sachen eben nicht verpassen wollen, sind wir daueronline. Das fühlt sich zunächst gut an, weil wir denken, wir hätten den Überblick, weil wir mit der Welt und unseren Mitmenschen stetig verbunden sind.

Ständiger Vergleichsdruck durch Social Media

Doch es kann auch sehr viel Stress erzeugen. Täglich werden wir nämlich von dutzenden Reizen und Eindrücken überflutet, unser Gehirn und wir selbst kommen einfach nicht mehr zur Ruhe. Und nicht nur das. Das Online-Sein in sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram, Twitter und Snapchat macht uns süchtig. Und wir fühlen uns dabei nicht mal wirklich besser, wenn wir dort sind. Einige Studien belegen, dass es eher unsere Stimmung herunterzieht. Während wir uns die Profile unserer Freunde ansehen, mit all den schönen Erlebnissen und Partymomenten, die auf Fotos festgehalten sind, empfinden wir unser Leben sehr langweilig. Es ist ein stetiger sozialer Vergleich und wir streben danach, genauso ein Leben oder ein noch viel spannenderes zu haben.

Das erzeugt auch in mir immer wieder auch den Druck, am Wochenende etwas zu unternehmen. Hauptsache raus aus den eigenen vier Wänden, da passiert ja auch nicht wirklich etwas. Das echte Leben ist draußen! Also raus aus der Komfortzone, rein in den Spaß. Hauptsache Abenteuer und Abwechslung erleben.

An sich ist das eigentlich keine schlechte Einstellung, im Gegenteil, so erlebe ich etwas, komme mit anderen Menschen zusammen. Aber wenn es eben ausartet, und ich auf Teufel komm raus, einfach nur rausgehe, weil ich denke, es muss sein. Dann kann es auch nicht gesund sein.

Ich muss etwas erleben!

Passiert es doch, dass ich mal niemanden habe, mit dem ich mich treffe oder ich einfach keine Unternehmung am Wochenende habe und Zuhause herumgammeln muss, bin ich sehr unzufrieden. Dann nagt FOMO an mir, die Angst, etwas zu verpassen. Ich denke mir: Die anderen haben so viel mehr Spaß, während ich nur Zuhause vor mich hin vegetiere. Ich will das auch, was die anderen haben! Ich spüre den Druck, unbedingt irgendetwas und mit irgendwem zu tun, damit mein Leben spannend wird. Dieser zu einseitige Fokus auf das Äußere macht mein Leben aber eben auch unglaublich oberflächlich.

Ich habe das Gefühl, das ist so ein Ding meiner und auch der jüngeren Generation. Einfach nur das Leben feiern, jedes Wochenende mit anderen zusammen Party machen, leben, als ob es kein morgen gäbe. Von einem Glücksgefühl zum nächsten hangeln. Vor allem aber den Spaß eben in solchen flüchtigen Momenten suchen und immer nur draußen.

Wenn dann doch mal nichts zu tun ist und wir allein sind, tun sich plötzlich Abgründe auf. Plötzlich sehen wir, dass eben nicht alles so super toll ist. Dass wir Probleme haben, mit irgendetwas kämpfen. Doch wir verschließen die Augen lieber und betäuben uns mit Alkohol, anderen Leuten, Tanzen und was weiß ich alles.

Zeit für Selbstreflexion

Bei all dem Trubel und den ganzen spannenden Erlebnissen vergessen wir, auch mal auf uns zu schauen, uns mit unserer Person zu befassen. Was ist da wirklich in uns? Sind wir wirklich glücklich? Empfinden wir wahre Zufriedenheit? Wie sieht es in meinem Leben aus? Bin ich auf dem richtigen Weg? Genau so etwas denke ich bleibt bei vielen Jugendlichen auf der Strecke, weil sie eben immer nur nach dem Außen streben, aber den Blick ins Innere abwenden.

Und vielleicht habe ich das ebenso in den letzten Wochen und Monaten gemacht. Bin diesem Trend gefolgt, habe versucht, möglichst alles mitzumachen. Immer wieder habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, was ich das kommende Wochenende machen kann. Richtig gestresst fühlte ich mich dabei. Da war immer diese Unruhe da, bis dann endlich mein Plan fürs Wochenende stand. Dann konnte ich endlich Frieden finden. Aber das kann doch nicht sein, dass ich mich immer stresse.

Schluss mit dem Erlebniszwang

Es ist Zeit, einfach mal auch abzuschalten und nicht dem Gruppenzwang zu folgen, immer mit dabei zu sein. Wenn die anderen feiern oder andere tolle Sachen machen, sollen sie doch! Ich muss da nicht mitziehen. Inzwischen sollte ich erwachsen genug sein, auch mal nicht immer das zu machen, was andere tun.

Sicherlich schadet es nicht, wenn wir immer wieder aus unserer Komfortzone herauskommen, neue Dinge probieren, neue Erfahrungen sammeln. Und eben auch Spannung in unser Leben damit bringen. Aber sich davon abhängig zu machen, sich immerzu mit anderen vergleichen und einem „Ich muss das machen“ unterwerfen. Daran geht man doch zugrunde.

Zwischen Ruhe und Aufregung pendeln

Ich denke mittlerweile ist es gut, wenn wir eine Balance haben zwischen Ruhe und Trubel. Wir müssen körperlich, seelisch und mental auch mal zur Ruhe kommen. Nicht immerzu auf Achse sein und mit anderen etwas machen. Wir brauchen auch mal Zeit zur Entspannung, Zeit für uns, damit wir uns mit unserer Persönlichkeit befassen können.



Tipps für JOMO

Zunächst einmal gilt es, diesen ewigen Vergleichsdruck wegzunehmen, den wir durch Social Media haben. Das hat vor allem etwas mit unseren inneren Einstellung zu tun. Wir müssen lernen, auch mal zu verzichten und darin etwas Positives sehen. Nicht immer dem Motto „Schneller, höher, weiter, besser, mehr“ folgen, sondern einfach mal damit Schluss machen. Es ist eine Abhängigkeit, aus der wir ausbrechen müssen. Wir sind wir, wir sind einzigartig, wir müssen nicht immer alles so machen, wie die anderen. Denn es kann uns auch kaputt machen, immerzu in diesem Wettbewerb mitzumachen.

Es ist nicht immer gut, wenn wir immer mehr wollen und dann mit unserer aktuellen Situation unzufrieden sind. Manchmal ist es einfach besser, loszulassen, abzulehnen, nein zu sagen, wenn uns gar nicht nach etwas ist. Statt immerzu zu schauen, was die anderen machen, richtet euren Blick lieber auf euch selbst. Konzentriert euch auf eure Persönlichkeit, auf eurer Leben und was ihr alles habt und nicht, was ihr nicht habt.

Auf eigene Bedürfnisse achten

Nicht immer müssen wir jedes Wochenende um die Häuser ziehen oder mit den Freunden feiern gehen. Es gibt Wochenende, an denen ich einfach nichts machen will, einfach nur fertig von der Woche bin und nur meine Ruhe haben will. Im Hinterkopf habe ich, dass ich doch unbedingt doch auf die Veranstaltung oder den einen Freund treffen wollte. Aber eigentlich habe ich doch keine Lust darauf. Absolut verständlich und nicht verwerflich! Dann ist das eben so. Dann sagt ab und verbringt lieber Zeit mit euch und Zuhause. Habt kein schlechtes Gewissen, wenn ihr nicht wie anderen in der Weltgeschichte herum läuft.

Es muss nicht sein, wenn euch nicht danach ist. Gut, manchmal wird es tatsächlich besser, wenn wir etwas unternehmen. Aber wenn ihr wirklich gar keine Lust habt, zwingt euch nicht. Hört in euch hinein und was ihr wirklich wollt. Wenn eure innere Stimme sagt: „Bleib heute Zuhause und mach dir da mal einen schönen Tag. Für Draußen habe ich keinen Nerv!“ Dann hört auch darauf und zwingt euch nicht. Am Ende seid ihr vielleicht unglücklich, wenn ihr das macht. Oder richtig erleichtert, wenn ihr einfach mal einen Chill-Tag einlegt.

Nichtstun

Müssen wir denn immer, etwas machen? Ich denke, dass auch mal Nichtstun gut sein kann. Wir sind doch stets und ständig immerzu beschäftigt, jede kleinste Minute verbringen wir damit, beispielsweise auf unser Smartphone zu starren. Doch wie gesagt, das bringt nicht wirklich Freude, sondern eher Reizüberflutung und damit Stress. So kommen wir niemals zu Ruhe. Doch nichts tun lässt viele aufschrecken. Das kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Es graut vielen vor dieser Vorstellung. Irgendwie denken wir, dass es eine Verschwendung der Zeit ist, wenn wir nichts tun. Doch das ist falsch gedacht! Nichtstun kann im Gegenteil eine wahre Bereicherung sein, auch wenn es widersprüchlich klingt.

Nichtstun kann bedeuten, dass wir Stille erfahren und einfach mal aktiv entspannen können. Wir können meditieren und so zur Ruhe kommen. Wir sind in uns, finden wieder unsere Balance. Wir nehmen unsere Außenwelt besser wahr, sind mehr im Augenblick, anstatt von einem Moment zum nächsten zu hüpfen. Wir können uns unterschiedlich entspannen. Dazu gibt es verschiedene Entspannungstechniken, nicht nur Meditation, sondern auch Yoga, progressives Muskeltraining oder autogenes Training.

Die Zeit vergeht langsamer, aber es hat für mich schon eine entspannende Wirkung. Viele denke, sie würden sich langweilen, wenn sie nichts tun. Es kommt eben auf die Einstellung an. Wenn ich aktiv nichts tue und dann diese Momente genieße, ist das etwas anderes.
Nichtstun bietet Raum für Selbstreflexion, wir können uns endlich mal um die großen Dinge, Pläne und unsere Selbstfindung kümmern. Wann hat man schon Zeit dafür? Oder wir gehen unseren Gedanken und Ideen nach. Nichtstun bietet Raum für Kreativität, wir können so besser auch Lösungen für unsere Probleme finden.

Einfach mal auch bei den ganzen Aktivitäten minimalistisch sein. Das bedeutet, dass wir einfach filtern, was wichtig für uns ist und was nicht. Man muss nicht immerzu auf jeder Hochzeit mittanzen. Lieber weniger als mehr. Lieber Qualität statt Quantität. Ich muss nicht 20 Bekannte treffen, sondern besuche lieber ein oder zwei enge Freunde. Ich muss nicht unbedingt auf die und die Veranstaltung gehen, wenn ich lieber auf das eine Konzert gehe, worauf ich mich richtig freue. Auch hier ist es wiederum eine Erleichterung, wenn wir selbst keine Hektik machen und immer überall dabei sein müssen.

Offline-Zeiten

Ich finde es wichtig, dass wir nicht nur im echten Leben lernen, mal etwas zu verpassen, sondern eben auch online, was vielen vielleicht sogar noch schwerer fällt. Einfach mal die Internetverbindung kappen, den Flugzeugmodus anschalten, mal das Handy Zuhause lassen. Feste Offline-Zeiten einrichten. Oder eben auch die Benachrichtigungen ausstellen.

Doch was machen wir, wenn wir nicht online sind? Was bleibt da? Endlich mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben wie Freunde und Familie oder Hobbys, denen wir so gerne mal nachgegangen sind. Hauptsache etwas machen, was nicht mit der digitalen Welt zu tun hat. Wie wäre es mal mit einer Wanderung oder einfach mal in der Natur sein? Sich mit Freunden ohne Handy treffen? Mal ein Buch lesen? Eine Ausstellung besuchen, ein Konzert anhören, auf dem Flohmarkt bummeln, Sport machen und noch mehr. Es gibt so vieles, was nicht mit der digitalen Welt zu tun hat. Aber auch da gilt: Eben alles in Maßen. Es bringt ja nichts, wenn wir gerade von unsere Online-Sucht losgekommen sind und uns in die nächste Abhängigkeit stürzen.

Am wichtigsten finde ich eben die innere Einstellung. Hinter Fomo steckt auch immer dieser Druck, an das nächste zu denken. Doch wir sind nicht bei uns und auch nicht im Hier und Jetzt. Lasst uns lieber achtsam sein, im Augenblick verweilen und nicht daran denken, was als nächstes kommt.

Was meint ihr dazu? Wie geht ihr mit Fomo um? Und habt ihr auch Spaß daran, mal etwas zu verpassen? Was macht ihr so, um das zu genießen?

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