Jeder
hat es bestimmt wenigstens schon einmal gemacht: Online-Stalking.
Du
lernst jemanden vielleicht nur flüchtig kennen. Und bist von dieser
Person fasziniert. Oder eben einfach nur verdammt neugierig. Doch
leider trennen sich doch früher oder später eure Wege. Du weißt
vielleicht nur den Namen und woher diese Person kommt. Und denkst
dir: Ich muss mehr über diese Person wissen!
In
Zeiten des Internets, in der wir uns online präsentieren, weil es
irgendwie eine Art Gruppenzwang geworden ist, ist es verdammt einfach
geworden, schnell mal etwas über sogar unbekannte Leute
herauszufinden. Und das, ohne, jemals Spuren zu hinterlassen und
ohne, dass die besagte Person überhaupt etwas davon mitbekommt.
Und
das nutze ich liebend gern aus. Aber vielleicht kennt ihr das ja auch
selbst. Ob es nun die neue Kollegin ist, ein attraktiver Typ oder
eine potenziell neue Freundin ist. Es ist die Neugier, die einen dazu
treibt, dem anderen hinterher zu schnüffeln.
Natürlich
könnte ich die Person auf normalen Wege einfach kennenlernen. Sie
ansprechen, Konversation betreiben, Fragen stellen. Und so Stück für
Stück mehr über sie erfahren. Aber warum sich das unnötig schwer
machen, wenn es auch einfach geht?
Einfach
mal die Googlesuche starten oder auf Facebook schauen. Facebook ist
nach wie vor, auch wenn es inzwischen an Beliebtheit abnimmt, das
beste Portal, um etwas über eine Person und deren Leben zu erfahren.
Und das dauert nicht mal besonders lang. Wir finden so viel auf
einmal heraus: Freunde, Interessen, Musikvorlieben, welche Filme sie
mag, was sie in ihrer Freizeit macht, mit welchen Leuten sie abhängt,
wo es beim letzten Urlaub hinging, wie die Person überhaupt generell
tickt und noch viel mehr.
Doch
wir dürfen dabei eben nicht vergessen, dass die Person nicht 100
Prozent so ist, wie sie sich auf Sozialen Netzwerken gibt. Es ist
immer auch eine gewisse Selbstdarstellung, ein verzerrtes Bild, was
wir von einer Person mitbekommen.
Deswegen
sollte man generell vorsichtig sein, von diesem Bild gleich auf die
gesamte Person zu schließen. Auch wenn vieles, was wir so erfahren,
vielleicht wirklich der Wahrheit entspricht. Wir sollten nicht alles
für bare Münze nehmen und kritisch sein.
Aber
mal abgesehen davon, warum eigentlich lieben wir es andere Leute
eigentlich so gerne auch online zu stalken? Ein Grund ist zum einen,
weil es eben sehr einfach ist. Es braucht nur wenige Klicks und schon
kommen wir an jede Menge Information. Beim persönlichen Kennenlernen
müssen wir uns das mühsam erarbeiten, was auch mehr Zeit kostet.
Dafür bekommen wir dann aber auch ein besseres Bild von der Person,
eben weil wir sie persönlich kennenlernen.
Ein
weiterer Grund ist, dass der Mensch es einfach liebt, Neues
kennenzulernen, neue Informationen zu sammeln, mehr zu erfahren. Es
ist vor allem unsere Neugier, die uns treibt und uns zu kleinen
Stalkern macht. Menschen sind für uns einfach am interessantesten,
ziehen am meisten unsere Aufmerksamkeit. Eben weil wir auch sehr
sozial veranlagt sind.
Und
Menschen, die uns interessieren, wollen wir natürlich auch besser
kennenlernen. Am liebsten persönlich. Aber um uns in Sicherheit zu
wiegen und ohne Blamage versuchen wir es vielleicht erstmal im
Geheimen. Ganz im Schutze der Anonymität des Internets. Wir
hinterlassen keine Spuren, die Person muss uns nicht einmal kennen.
Es reicht, wenn wir von ihr wissen. Wir gewinnen durch das Internet
einen ersten Eindruck von ihr. Es werden erste Informationen
gesammelt, wird geschaut, ob uns die Person immer noch sympathisch
ist. Eine Art Recherche, bevor wir uns entscheiden, ob wir der Person
eine zweite Chance geben und sie persönlich kennenlernen.
Bei
anderen Fällen kennen wir die Person vielleicht schon und dann auch
besser. Und trotzdem ist da immer noch dieser Drang, noch mehr zu
wissen. Ich kann da vor allem von mir sprechen. Ich habe einen
enormen Wissensdurst und noch neugieriger werde ich, wenn es um
Personen geht, die mich reizen und faszinieren.
Und
zum anderen bietet diese Art von „Kennenlernen“ eben eine Art
sichere Methode, ohne, dass ich etwas riskieren muss. Ich muss mich
nicht zu Erkennen geben, muss mich selbst nicht offenbaren, mach mich
nicht verletzlich und trete auch in keine Fettnäpfchen. Es macht
sicher und vielleicht gibt es mir auch eine gewisse Art von Macht.
Ich habe einen Vorsprung gegenüber der Person. Sie kennt mich nicht
so gut wie ich, aber ich erfahre eben viel mehr über sie. Und sie
weiß es eben nicht. Vielleicht gibt es mir auch eine Art von Kick.
Dieses geheime Recherchieren und stalken ist aufregend. Ja, das wird
es wohl auch vor allem sein.
Es
hat für mich so eine Art Detektivspiel. Ich bin ja wirklich sehr
wissbegierig und liebe es Rätsel zu lösen. Und für mich sind
solche Menschen Rätsel, die es zu knacken gilt. Ich will die
Wahrheit über sie wissen, an mehr Informationen kommen, um diese
Menschen dann auch zu verstehen. Ich weiß natürlich, dass das, was
ich in sozialen Medien finde, nicht immer glauben kann und kritisch
sehen muss. Aber die Informationen sind in erster Linie schon
irgendwie Fakten über dies Personen, Tatsachen, die ich so hinnehmen
kann. Klar, können sich viele auch einfach nur verstellen, aber ich
denke nicht, dass alles nur erlogen ist und zur Täuschung dient. Ein
Fünkchen Wahrheit wird immer irgendwo sein und viele Informationen
auch glaubwürdig.
Mir
macht es generell Spaß, Detektiv zu spielen und etwas zu
recherchieren. Der große Grund, weswegen ich auch Journalistin
geworden bin. Ich suche sehr gern, informiere mich und erweitere
meinen Horizont. Und das trifft ebenso auch auf Menschen zu. So sehr,
dass es vielleicht manchmal doch krankhafte Züge offenbart. Ich bin
teilweise dann doch so sehr in der Suche vertieft, dass ich Stunden
damit verbringen könnte. Es ist vielleicht schon so eine kleine Art
Nebenbeschäftigung für mich geworden, im Internet nach diesen
Personen zu schauen und Informationen zu sammeln.
Bei
mir war das schon während meiner Jugend so. Ich habe damals vor
allem Schauspieler und Prominente angehimmelt. Da ich niemals die
Chance bekam, diese kennenzulernen, musste ich ihnen irgendwie anders
näher kommen. Und da blieb eben nur die Recherche mit dem Internet.
Rückblickend schon echt verrückt, wie viel Zeit und Mühen ich
darin investiert habe. Ich war so geblendet von meiner Schwärmerei,
habe nicht gemerkt, dass es eigentlich Zeitverschwendung ist. Und mir
auch eben absolut nichts bringt.
Aber
damals hat mir dieses Stalking das Gefühl gegeben, diesen Idolen ein
bisschen näher zu sein, sie besser zu kennen, obwohl ich sie nie
wirklich als echte Personen kennenlernen würde. Ich habe mir damit
nur meine eigenen Illusionen geschaffen und mich selbst dadurch
geblendet.
Ich
denke, dass sich das auch auf echte Menschen bei mir übertragen hat.
Oftmals war ich in Jungs verliebt, die ich absolut nicht kannte. Ich
habe sie nur gesehen und von „Liebe auf den ersten Blick“
geredet. Einfach nur irrsinnig. Wie soll man sich in jemanden
verlieben, den man nicht kennt. Das ist reinste Verblendung, das weiß
ich jetzt. Aber mein naives Ich wollte das nicht wahrhaben. Ich habe
mich da einfach zu sehr in etwas hineingesteigert. Und dann auch
begonnen, meine Illusionen von diesen Jungs zu entwickeln. Ich dachte
mir in meiner Fantasiewelt etwas aus, glaubte zu wissen, wie diese
Typen waren. Eigentlich himmelte ich immer nur die Vorstellungen an,
aber nie die echten Personen. Schließlich kannte ich sie ja auch
nie. Immer habe ich sie nur von Weitem beobachtet und von ihnen
geschwärmt. Oder mir Informationen durch andere Leute beschaffen.
Oder eben einfach online gestalkt.
Aber
was ist denn eigentlich Stalking? Laut Wikipedia ist es das Verfolgen
und Belästigen einer Person, die dadurch entweder physisch oder
psychisch bedroht oder geschädigt werden kann. Okay, das ist schon
echt krank und ich denke nicht, dass ich wirklich eine echte
Stalkerin gewesen bin.
Ich
habe anderen vielleicht hinterher geschnüffelt, aber sie haben es
meist nicht gemerkt, eben weil es meist online war. Und wer sich
online präsentiert und etwas von sich preisgibt, muss damit rechnen,
dass man diese Informationen findet und wahrscheinlich auch
missbraucht. Was ich natürlich nie getan habe. Ich habe einfach nur
Informationen für mich gesammelt, mehr nicht.
Aber
ich habe es eben immer im Geheimen getan und vorwiegend online. Gut,
in einigen Fällen habe ich tatsächlich sogar herausgefunden, wo die
betroffene Person wohnt. Und ich habe auch mal Liebesbriefe
geschrieben und dann in den Briefkasten getan. Okay, das klingt
wirklich super creepy im Nachhinein. Ich will nicht wissen, wie das
wohl bei den anderen angekommen ist.
Ich
erinnere mich nur an einen einzigen Fall, wo ich einen Typen bis nach
Hause verfolgt habe. Und dann auch öfter mal in der Nähe geblieben
bin und solange gewartet habe, bis ich ihn sehen konnte. Und das
hatte mir gereicht. Ich bin nach Hause gegangen und war zufrieden.
Ich weiß, das klingt wahnsinnig verrückt, keine Ahnung, was mich
damals geritten hat. Stolz bin ich nicht darauf, aber ich war damals
wohl etwas zu naiv und noch verrückter als ich es jetzt bin. Ich war
einfach nur liebeskrank.
Aber
ich habe der Person nie geschadet. Aber ich habe mich auch nicht in
denjenigen hineinversetzt. Hat er sich dadurch in seiner Privatsphäre
bedroht und verletzt gefühlt? Fühlte er sich generell jetzt
verfolgt von mir? Ich meine, was kann ich schon großartig tun, ich
war damals ein Kind! Was hätte ich schon tun können? Aber aus der
Außenperspektive wirkte ich wahrscheinlich doch wahnsinnig.
Schließlich habe ich mich ja schon auf Lauer gelegt und auf den
einen Typen gewartet. Ganz normal ist das doch nicht oder?
Um
jedenfalls den Bogen zu spannen: Sowohl damals als auch heute habe
ich es geliebt, Leute zu stalken, sie auf irgendeine Art und Weise zu
verfolgen. Früher war es schlimmer, heute bleibt es glücklicherweise
nur auf der digitalen Ebene. Doch ich war und bin wohl eher der Sorte
„harmloser“ Stalker zuzuordnen. Ich will damit niemanden schaden
oder belästigen, aber damit aufhören kann ich auch nicht.
Ich
frage mich, ob nicht in jedem von uns irgendwie ein kleiner Stalker
steckt. Schließlich ist es doch auch nicht verboten, nach einer
Person online zu suchen. Ist man dann auch gleich ein Stalker oder
ist das nicht einfach nur ein ganz normales Grundbedürfnis des
Menschen, unsere Neugier zu stillen? Es kommt wahrscheinlich wie
immer auf das richtige Maß an.
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