Wer
schon länger in einer Beziehung lebt, wird feststellen, dass nichts
mehr so ist wie am Anfang. Die Schmetterlinge sind verschwunden,
immer mehr sehen wir die negativen Seiten des anderen. Wo wir früher
noch sehr davon angetan waren oder über die Fehler des Partners
hinwegsehen konnten, ist es bei längeren Beziehungen nicht mehr so
leicht. Routine ist in die Beziehung eingekehrt und vielleicht ist
man die ganze Zeit nur am Streiten. Wo ist die Leichtigkeit des
Anfangs geblieben? Macht das eine wirkliche Beziehung aus? Und geht
es nicht auch anders?
Zunächst
einmal ist es vollkommen normal, dass man irgendwann an diesem Punkt
der Beziehung angekommen ist. Die rosarote Brille wurde abgesetzt
und wir sehen den Partner nun so, wie er ist, ohne jegliche
Verzerrungen und Idealisierung. Es ist der Punkt in der Beziehung,
der darüber entscheidet, ob wir mit dem anderen zusammen bleiben
oder nicht. Liebe ich den anderen noch? Kann ich mir eine gemeinsame
Zukunft vorstellen?
Routine
und Streitigkeiten kommen in den besten Beziehungen vor. Es muss
nicht immer so sein, dass wir die Beziehung deswegen in Frage stellen
müssen. Es ist vollkommen normal, wahrscheinlich wird es auch in
Zukunft immer wieder solche Turbulenzen geben. Wir müssen dann
wieder über die Beziehung reflektieren, darüber reden, alles neu
verhandeln. Beziehungen sind von einem stetigen Wandel
gekennzeichnet, verändern sich, so wie wir auch. Und vor allem kann
eine Beziehung nur funktionieren, wenn wir auch daran arbeiten.
Verliebtheit klappt auch so, ohne, dass wir etwas machen. Sie bringt
uns dazu, uns nach dem anderen zu sehnen, in seiner Nähe sein zu
wollen, ihn bessern kennenlernen zu wollen. Verliebtheit bringt uns
erst mit dem anderen richtig zusammen.
Und
wenn das geschafft ist, hat sie ihre Aufgabe erfüllt. Dann liegt es
an uns, die Beziehung zu gestalten, zu pflegen und zu hegen. Damit
daraus dann auch Liebe werden kann. Liebe entsteht nicht von allein,
Liebe ist ein Geben und Nehmen. Sicherlich ist es nicht leicht, diese
Liebe zu erhalten, aber es ist nicht unmöglich. Darum gebe ich
einige Tipps, die ich auch bei meiner eigenen Beziehung beherzige.
Akzeptanz
Mit
der Zeit finden wir immer mehr Sachen, die einen am anderen stören.
Der erste Impuls ist dann sofort, an dem anderen zu meckern und ihn
verändern zu wollen. Doch das darf nicht sein! Wie würdet ihr euch
fühlen, wenn euch der Partner ständig das Gefühl gibt, nicht gut
genug zu sein? Wenn er immer an euch etwas verbessern wollen würde?
Ihr würdet euch nicht akzeptiert und geliebt fühlen. Keine gute
Basis für eine Beziehung.
Zumal
es auch für einen selbst einfach viel zu anstrengend und vielleicht
unmöglich ist, den anderen verändern zu wollen. Es geht in
Beziehungen darum, sich so zu nehmen wie man ist. Nachdem man das
Bild des anderen irgendwann aufgegeben hat, sieht man den anderen so
wie er ist. Mit seinen Stärken und Schwächen. Sie gehören zu ihm,
machen ihn aus.
Es
fällt nicht leicht, den anderen wirklich so zu nehmen, wie er ist.
Doch wir sollten es versuchen. Wir sollten es auch immer aus der
anderen Perspektive sehen. Wir lieben den anderen auch, weil er diese
Fehler und Macken hat. Niemand ist perfekt. Und wenn wir erstmal
diesen Frieden gefunden haben, wird es auch weniger Streitigkeiten
geben. Das ist auch für uns ein Gewinn. Es gibt einfach Dinge, die
wir nicht ändern können. Und solange der andere sich nicht ändern
will, bleibt uns nur ihn zu akzeptieren.
Positive
Seiten stehen
Ich
kenne das selbst. Je länger ich mit meinem Freund zusammen bin,
desto mehr Fehler und Schwächen fallen mir auf. Doch die guten
Aspekte, die eigentlich in der Überzahl sind, blende ich aus. Das
liegt daran, dass wir als Menschen viel mehr auf das Negative geprägt
sind. Umso schwerer fällt es uns, das Gute zu sehen.
Schauen
wir doch einmal zurück. Was waren die Eigenschaften, weswegen wir
uns in den Partner verliebt haben? Was hat er für gute Seiten,
welche Stärken und Talente? Was gefällt uns am dem Anderen? Was
läuft gut in der Beziehung? Womit sind wir glücklich? Es hilft zu
den Fragen Stichpunkte zu notieren und sie immer bei sich zu haben.
Besonders dann, wenn mal wieder ein Streit ansteht und wir nur noch
über den anderen meckern und jammern wollen.
Es
geht darum, sich mit dem zufrieden zu geben, was man hat und was gut
läuft. Nicht immer auf das zu schauen, was schlecht läuft und was
einem fehlt. Dankbarkeit ist auch ein gutes Stichwort. Wofür bin ich
meinem Partner dankbar und der Beziehung? Ich bin dankbar, weil er
immer für mich da ist und mir immer zuhört. Er würde für mich
durchs Feuer gehen. Und er will mit mir bis ans Lebensende zusammen
sein. Ich wette, da kommen auch bei euch einige Sachen dazu.
Gewaltfrei
reden und streiten
Streiten
ist generell keine schlechte Sachen. Es ist besser, wenn man
streitet, anstatt sich anzuschweigen oder eben nur auf
Friede-Freude-Eierkuchen zu machen. Wenn man wirklich unzufrieden mit
etwas ist und einen etwas stört, sollte man das ansprechen.
Es
kommt nicht auf den Streit selbst an, sondern auf die Art und Weise.
Streiten will gelernt sein. No-Gos sind sich persönlich anzugreifen,
sich zu beleidigen, zu schreien, Dinge zu zerstören und gewalttätig
zu werden. Das sollte klar sein.
Aber
selbst mit unseren Worten können wir viel Unheil auslösen. Indem
wir dem anderen Vorwürfe machen, ihm ein schlechtes Gewissen machen
und Druck ausüben. Auch das sind Dinge, die wir vermeiden sollten.
Richtig
streiten sollten wir vor allem gewaltfrei, sowie wir auch gewaltfrei
miteinander reden sollten. Wie das geht? Wenn man etwas unschönes
ansprechen will, beispielsweise, weil man mit etwas nicht zufrieden,
sauer oder verletzt ist, dann immer aus der Ich-Perspektive. Dann
sage ich statt: „Du lässt mich immer allein Zuhause.“ eher „Ich
fühle mich einsam“. Also immer über die eigenen Gefühle
sprechen, ohne dem anderen die Schuld zu geben. Und statt dem anderen
etwas zu befehlen oder etwas von ihm zu fordern, das eher als eine
Art Bitte und Wunsch äußern: Also nicht „Du solltest mehr Zeit
mit mir verbringen und weniger etwas mit deinen Freunden machen!“,
sondern „Ich wünsche mir sehr, dass wir mehr zusammen machen. Das
wäre schön.“ Der Ton spielt eben die Musik und ich denke, dass
das auch eher bei dem anderen ankommt und er offener dafür sein
wird.
Generell
sollte man bei Streitigkeiten versuchen, seine Meinung und seine
Gefühle so zu formulieren, dass es den anderen nicht verletzt. Und
ruhig auch die Gegenseite anhören und diese genauso respektieren.
Nur weil der andere einer anderen Meinung ist, heißt es nicht, dass
er falsch liegt. Es gibt meist auch gar kein Richtig oder falsch.
Meinungen sind verschieden. Und man kann eben nicht immer derselben
Ansichten sein, Differenzen gehören dazu. Es kommt nur darauf an,
wie wir damit umgehen.
Und
möglichst nicht versuchen, immerzu Recht zu behalten. Ich weiß,
Streits sind oftmals auch kleine Machtkämpfe. Aber wir sollten nicht
aus den Augen verlieren, dass wir doch ein Paar sind und wir das
„Uns“ eher bestärken sollten. Wir sind doch keine Feinde,
sondern Gleichgesinnte. Ist es das wirklich wert, den anderen klein
zu machen, damit wir dann Recht haben?
In
Streits kann es helfen, auch einfach mal eine Pause zu machen, den
Raum zu verlassen, um wieder runterzukommen, wenn die Gefühle
hochkochen. Sonst sagen wir vielleicht etwas, was wir später noch
bereuen würden. Wir können in uns gehen, noch einmal darüber
nachdenken, was wir besprochen haben und was wir darauf sagen wollen.
Oftmals haben wir einen Tunnelblick im Eifer des Gefechts. Doch so
gewinnen wir Distanz, können etwas sachlicher und ruhiger mit dem
Streit umgehen.
Freiraum
geben
Am
Anfang der Beziehung will man noch am liebsten 24 Stunden am Tag mit
dem anderen verbringen. Doch mit der Zeit nimmt das ab und man nervt
sich eigentlich nur gegenseitig, wenn man so aufeinander hockt. Oder
man wir praktisch zu einem und weiß gar nicht mehr, was man allein
gemacht hat. Beides kann gefährlich sein. So schön wie es ist, so
vereint zu sein, wir dürfen in der Beziehung nicht uns selbst
aufgeben. Wir sind noch immer zwei eigenständige Menschen.
Deswegen
gilt es eine gesunde Balance zwischen Nähe und Distanz zu schaffen.
Zuviel Nähe ist nicht gut, weil wir uns dann selbst aufgeben,
schneller Routine aufkommt und wir abhängig voneinander werden. Zu
viel Distanz ist ebenso schlecht, weil dann die Gefahr groß wird,
dass wir uns auseinanderleben.
Jedenfalls
denke ich, dass es auch mal gut ist, wenn man dem anderen seine
Freiheit und Freiräume gibt und man sich selbst beschäftigen kann.
Schließlich ist ja nicht nur die Beziehung der einzige Lebensinhalt.
Auch Freunde, Familie und Hobbys gehören dazu und sind wichtig. Auch
Zeit für einen selbst, sollte man planen.
Das
Gute daran ist, dass man so auch Abwechslung in die Beziehung bringt.
Wenn man mal nicht zusammen war, ist die Sehnsucht vielleicht wieder
größer und man freut sich, wieder mit dem anderen Zeit zu
verbringen. Und zum anderen hat man dann viel mehr zu erzählen, kann
von dem anderen lernen.
Gemeinsamkeiten
schaffen und Rituale
Ich
bin der Ansicht, dass es besser ist, wenn man mehr Gemeinsamkeiten
als Unterschiede in der Beziehung hat. Gegensätze ziehen sich an,
aber Gleiches und Gleiches gesellt sich gern, finde ich doch besser.
Schließlich ist das die Basis auch für eine gemeinsame Zukunft. Und
bei zu vielen Unterschieden kann man doch sehr aneinander geraten und
sich auseinanderleben. Nein, Gemeinsamkeiten stiften eher Nähe und
eine engere Bindung, wobei auch Unterschiede ruhig sein sollen und
sein müssen.
Es
kann sein, wie bei meinem Freund und mir, dass man sich immer weiter
entwickelt und vielleicht am Ende nicht mehr so viele Gemeinsamkeiten
da sind. Was tun? Ihr könnt versuchen, wieder etwas Gemeinsames zu
machen, wieder etwas zu finden, woran ihr beide Spaß habt. Probiert
doch mal ein neues Hobby aus, trefft befreundete Pärchen, macht
etwas zusammen. Geht gemeinsam zum Sport, macht bei einem Verein
mit, engagiert euch ehrenamtlich. Es gibt so vieles. Schaut immer,
dass euch das beiden Spaß macht, sonst kann es dann doch wieder Zoff
geben, weil der eine sich dazu genötigt fühlt.
Helfen
kann es auch, im Alltag Rituale zu pflegen. Das bindet euch noch mehr
aneinander, gibt euch Geborgenheit und Sicherheit. Das können Sachen
sein, die ihr regelmäßig macht. Kocht am Wochenende zusammen, geht
zum Sport, nehmt euch täglich genug Zeit, um miteinander zu reden.
Oder wie wäre es mal mit Spaziergängen oder ihr geht zwei Mal im
Monat Essen oder ins Kino?
Feste
Dates
In
dem Zusammenhang finde ich es auch wichtig, dass ihr euch mal
aufrafft, irgendwohin zu gehen. Natürlich verleitet es einen, wenn
man zusammenwohnt, nur Zuhause etwas zu machen. Aber da lässt man
sich eben doch mehr gehen und es könnte schneller langweilig werden.
Macht
euch schön, als ob ihr noch am Anfang eurer Beziehung seid. Geht
zusammen essen, ins Kino, zu einem Konzert oder etwas anderes.
Hauptsache ihr kommt raus aus eurer Komfortzone und macht etwas
zusammen.
Intimität
pflegen
Dazu
gehört im übrigen nicht nur Sex, wobei der auch wichtig ist. Es
geht vor allem darum, dass man sich körperlich wieder näher kommt:
Streicheln, Kuscheln, Umarmen, Küssen und noch mehr. Nehmt euch
täglich wenigstens 15 Minuten Zeit, um wieder nah beieinander zu
sein und Zärtlichkeiten auszutauschen. Mehr braucht es tatsächlich
nicht.
Ehrliche
Kommunikation und Deep Talk
Es
ist wichtig, dass ihr wirklich alles miteinander besprecht und keine
Geheimnisse voreinander habt. Nur so kann Vertrauen wirklich
entstehen. Es wird immer Dinge geben, die ihr nur ungern erzählen
und über die ihr reden wollt. Aber wenn sie wichtig sind, solltet
ihr darüber sprechen! Ehrlichkeit und Vertrauen sind das A und O
einer Beziehung.
Sprecht
ehrlich miteinander, wie es euch geht. Habt ihr Probleme oder
Konflikte mit etwas? Sind eure Bedürfnisse nicht befriedigt? Womit
seid ihr unzufrieden? Was wollt ihr besser machen? Was wollt ihr
verändern? Nur wenn ihr offen und ehrlich miteinander redet, könnt
ihr auch eine Lösung dafür finden. Und der andere weiß dann auch
besser, was euch bewegt.
Abseits
der Alltäglichkeiten wäre es gut, wenn ihr über die Beziehung
sprecht, über tiefere Themen, die euch gerade interessieren. Redet
über gemeinsame Ziele, schmiedet gemeinsam Pläne. Auch das schweißt
wieder zusammen.
Fragen
stellen
Irgendwann
denkt jeder, er kenne den anderen in- und auswendig. Aber ich bin mir
sicher, dass es immer wieder neue Sachen zu entdecken gibt. Ihr habt
eben nur nicht darüber gesprochen. In solch einem Fall wäre es gut,
sich eine Liste an Fragen zu erstellen, die ihr noch nie gestellt
habt. Überlegt euch, worüber ihr noch nicht so geredet habt oder
was ihr gerne doch noch wissen wollt. Es gibt auch im Internet viele
Beziehungsfragen, die andere Seiten des Partners aufdecken können.
Einige Beispiele: Ohne was könntest du nicht leben? Was würdest du
mit einer Million Euro machen? Wenn du drei Wünsche offen hättest,
welche wären das? Würdest du dein Leben genauso leben, wenn du die
Chance hättest? Was würdest du tun, wenn Geld keine Rolle spielen
würde? Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Es
geht bei diesen ganzen Fragen darum, immer wieder neugierig zu
bleiben und den anderen noch besser kennenzulernen. Es löst eine
gewisse Spannung aus und ihr werdet von neuem überrascht sein, was
noch alles in dem anderen steckt.
Neues
probieren
Genauso
denke ich, dass Routine überwunden werden kann, wenn wir uns immer
neuen Situationen und Erfahrungen stellen. Probiert als Pärchen doch
mal was Neues aus. Sei es jetzt nur im Bett, oder eben auch im
Alltag. Macht euch eine Liste von Dingen, die ihr beide schon immer
mal machen wolltet. Und macht daraus vielleicht eine Art Spiel.
So
lernt ihr den Anderen auch in neuen Situationen kennen, was auch
wiederum aufregend sein kann. Wer weiß, vielleicht erkennt ihr neue
Seiten und seht euren Partner in einem anderen Licht?
Liebe
zeigen
Oftmals
geht es im Alltag unter, aber zeigt euch sowohl mit Worten als auch
Gesten, was ihr füreinander empfindet. Es müssen nicht immer nur
die drei magischen Worte sein. Es können Zärtlichkeiten sein,
kleine Geschenke, Gefälligkeiten. Man zeigt dem anderen, dass man an
ihn denkt und sehr dankbar ist, ihn zu haben.
Was
meint ihr, wie man eine erfüllende Beziehung haben kann? Habt ihr
einige Anregungen selbst mal ausprobiert? Fallen euch mehr ein?
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