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Homeoffice als Fluch und Segen



In Zeiten von Corona ist für viele Homeoffice angesagt. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir von Zuhause aus arbeiten können. In vielen Berufen besonders im Gesundheitswesen ist das nicht möglich, da kann man schlecht Abstandhalten oder Kontakte reduzieren. Homeoffice kann ein wahrer Segen, aber auch Fluch sein. Meine Erfahrungen damit möchte ich mit euch teilen. Und ich will euch auch Tipps geben, wie man Homeoffice übersteht, ohne durchzudrehen.


Homeoffice klingt eigentlich nach einer idealen Arbeitsweise. Man muss nicht mehr vor die Tür gehen, kann alles von Zuhause machen. Das kann super bequem, aber auch super anstrengend sein. Als Redakteurin bei einer Tageszeitung wäre es für mich durchaus möglich, nur von Zuhause zu arbeiten. Schließlich sitze ich bei meinem Job fast nur die ganze Zeit vor dem Bildschirm und telefoniere mit Kollegen. Alles auch von Zuhause aus machbar. Ich habe es probeweise für eine Woche gemacht und hier ist mein Fazit dazu.

Erst einmal müssen überhaupt die Bedingungen für Homeoffice geschaffen werden. An sich nicht weiter tragisch: Wer einen Rechner oder Laptop und eine Internetverbindung, kann leicht von Zuhause aus arbeiten, zumindest in meiner Branche. Mehr braucht es eigentlich nicht. Allerdings musste ich noch einige Sachen von der Technik erledigen lassen, bevor ich vollkommen mobil arbeiten konnte. Als das erledigt war, konnte ich endlich damit anfangen.


Vorteile von Homeoffice

Normalerweise muss ich jeden Tag zu meiner Redaktion pendeln. Im Schnitt verbringe ich so jeden Tag eine Stunde, um zur Arbeit und wieder nach Hause zu fahren. In ganz blöden Zeiten, wenn es Unfälle auf der Autobahn gibt oder es zu Staus kommt, kann das schon mal länger dauern. Oder wenn ich dann statt Autobahn die Landesstraße fahren muss. Diese Tage habe ich immer verflucht, leider kommen sie in den nächsten Monaten wieder.

Wie schön war es, mal nicht ins Auto zu steigen und dadurch eine Stunde weniger Lebenszeit zu verschwenden. Wer von Zuhause arbeitet, gewinnt eigentlich automatisch mehr Zeit, weil eben der Arbeitsweg wegfällt. Während man im Zug wenigstens noch nebenbei etwas machen und entspannen kann, fällt das beim Autofahren weg.

Ich mag Autofahren nicht besonders, zumal ich damit schon einige schlechte Erfahrungen gemacht habe. Außerdem kriege ich ein schlechtes Gewissen, weil ich weiß, wie viel Umweltverschmutzung das erzeugt. Insofern also ein mehrfacher Gewinn. Homeoffice heißt für mich nicht nur mehr Lebenszeit, sondern weniger Spritkosten und auch weniger Umweltverschutzung. Und gerade in Coronazeiten kann die Umwelt wieder ein bisschen aufatmen.

Sehr positiv ist für mich beim Homeoffice gewesen, dass ich zeitlich sehr flexibel war. Ich konnte zwischendurch immer mal auch etwas anderes machen: Einkaufen gehen, etwas kochen oder einfach mal ein Power Nap machen. Wer Homeoffice macht, kann meist auch entscheiden, wann er aufsteht, anfängt und mit der Arbeit aufhört. Das war bei mir leider nicht ganz so der Fall. Aber dazu später mehr bei den Tipps. Jedenfalls musste ich beim Homeoffice niemandem Bescheid sagen, dass ich mal kurz was anderes machen will. Dadurch fühlte ich mich selbstbestimmter und freier. Ich musste kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich später anfange, weil ich noch zum Arzt musste. Ich fühle mich beim Arbeiten Zuhause auch wohler, logisch, vertraute und entspannte Umgebung, ich kann mich anziehen wie ich will und tun, was ich will, ohne dumm angeschaut zu werden. Es entspannte mich sehr, dass mich niemand beobachtet und bewacht, ich bin sozusagen meine eigene Chefin gewesen, zumindest zum Großteil der Zeit.

Außerdem gab es eindeutig weniger Ablenkungen als sonst. Normalerweise geht es total hektisch auf Arbeit zu. Wir rufen uns ständig Sachen zu, dann quatschen einige auch zu viel, die anderen Kollegen lenken einen mit ihren Telefonaten ab, immer will jemand etwas von mir, ob die Kollegen direkt im Büro oder per Telefon. Also Ablenkung pur! Dann kommen noch die Leser dazu, die ab und zu mal anrufen oder uns in der Redaktion besuchen. All das fiel weg beziehungsweise reduzierte sich enorm. Natürlich war ich per Handy immer erreichbar und wurde einige Mal angerufen, wenn es Wichtiges abzusprechen gab. Aber es hielt sich sehr in Grenzen, maximal sieben oder acht Mal wurde ich den gesamten Tag angerufen, ansonsten herrschte totale Stille. Nur ich und meine Arbeit. Sonst niemand. Und das tat auch sehr gut.

Ich kann durchaus auch alleine arbeiten und genieße diese Ruhe. Vor allem in meinem Job ist diese Ruhe wichtig, damit ich die Seiten lesen und gut redigieren kann. Das geht schlecht, wenn die Kollegen ständig herumtelefonieren oder immer etwas von einem wollen. Ich hasse es, wenn die Kollegen einfach nicht mehr aufhören während der Arbeitszeit zu quatschen. Ich klinke mich dann meist aus, versuche mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Mal ein Plausch ist in Ordnung, aber wir wollen doch alle mal fertig werden und wenn ich weiß, es steht noch viel an. Insofern tat es mir sehr gut, mal niemanden in meiner Umgebung zu haben.

Ich hatte das Gefühl, dass ich dadurch viel konzentrierter arbeiten konnte und schließlich auch mehr schaffte, als im Großraumbüro. Ist logisch, wenn die ganzen Störfaktoren wegfallen nicht wahr?

Schön war auch, dass ich dadurch meinen Verlobten länger sehen konnte. Sonst war ich diejenige, die später nach Hause kam, doch in der Woche war ich immer da und konnte meinen Freund empfangen. Dadurch hatten wir automatisch auch mehr voneinander.


Nachteile von Homeoffice

Trotz aller Vorteile gab es doch einige Nachteile, die nicht ohne waren.
Für mich war der größte Nachteil, dass mir trotz aller Ablenkung auch meine Kollegen fehlte. Es war für mich eine große Umstellung, anfangs auch nicht leicht, damit zurechtzukommen. Ansonsten sind ja immer so viele um mich herum und plötzlich war es still. Mir fehlte der soziale Kontakt. Auch wenn ich vielleicht nicht viel redete, so war es doch ein schönes Gefühl nicht allein zu sein. Mir fehlte manchmal auch, dass man sich den anderen mitteilen und sich austauschen konnte. Über Telefon sind wir eher kurz angebunden und reden nicht so mal miteinander. Da muss es meist einen guten Grund geben. Doch wenn man zusammen ist, geht das viel leichter, auch mal so drauflos zu reden.

Auch fehlte mir die feste Arbeitsstruktur. Es gab so bestimmte Rituale auf Arbeit. Jeden Morgen legen wir mit einer Morgenkonferenz los und planen den Tag und wer welche Aufgaben übernimmt. Mittags hat man dann zusammen gegessen und geredet. Und kurz vor Feierabend machten wir noch eine Abschlussrunde, wo wir uns noch mal alle Seiten anschauten. Es gab so gewisse Routinen, die mir Stabilität und Sicherheit gaben. Und all das fiel dann im Homeoffice weg. Stattdessen telefonierte ich nur vielleicht morgens kurz mit meinen Kollegen, um das Wichtigste zu klären. Plötzlich wurde der Arbeitsalltag nicht mehr von außen strukturiert, sondern ich musste selbst dafür sorgen.

Außerdem fand ich es anfangs gewöhnungsbedürftig, dass Arbeit und Privates an einem Ort stattfindet. Es fiel mir nicht ganz so leicht, die Trennung zu schaffen. Wenn mein Verlobter nach Hause kam, redeten wir miteinander und ich ließ die Arbeit sein. Oder ich kochte das Abendessen, während ich eigentlich noch arbeiten war. Und ich kam in Versuchung auch spätabends noch einmal auf die Seiten zu schauen, ob alles auch geklappt hat. Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben waren nicht mehr so stark gesetzt, wie es sonst der Fall war. Sobald ich das Büro verließ, konnte ich die Arbeit hinter mich lassen und Feierabend machen. Doch Zuhause war das nicht so leicht.

Außerdem fehlte eben auch die Kontrolle der anderen. Ich könnte mich im Homeoffice total gehen lassen und vielleicht weniger leisten, es prüft eigentlich keiner und fragt nach. Ich bin also mir selbst überlassen. Und ich denke, dass es Zuhause vielleicht doch auch mehr Ablenkungen geben kann, die einen von der Arbeit abhalten. Ob es Familie oder Mitbewohner sind, der Haushalt, Abwasch oder die neueste Serie, die man schauen will. Es gibt genug Ablenkungen, die einen in Versuchung bringen.

Was mich persönlich auch super gestört hat, was aber nur auf meine Arbeit zutrifft, waren Systemabstürze, gegen die ich nichts machen konnte. Natürlich gab es die auch auf Arbeit, aber dadurch, dass ein Großteil unserer Mitarbeiter im Homeoffice arbeitete, waren die Leitungen besonders überlastet. Ein Grund auch, weswegen jetzt wieder ein paar mehr in der Redaktion arbeiten.


Tipps fürs Homeoffice


Doch wie kann Homeoffice auch trotz dieser Nachteile funktionieren?
Für mich war wichtig, dass ich gut erreichbar für meine Kollegen war, denn Kommunikation und Verlässlichkeit sind super wichtig beim Homeoffice. Also den Kollegen die Handy- oder Telefonnummer geben und regelmäßig die Mails checken.

Außerdem half mir auch, dass ich mich einfach so vorbereitet habe, als würde ich normal zur Arbeit gehen. Ich habe meine festen Arbeitszeiten wie sonst auch eingehalten und versucht, mir so eine Struktur im Alltag zu geben.

Praktisch kann auch sein, sich eine To-Do-Liste mit den wichtigsten Aufgaben zu machen und diese Punkte dann nacheinander abzuarbeiten.

Ein aufgeräumter Arbeitsplatz ist sowohl im Büro als auch im Homeoffice sehr hilfreich, um auch da wieder für Ordnung und Struktur zu sorgen. So kann man auch einfach besser arbeiten, wenn alles geordnet ist.

Und möglichst Störquellen beseitigen und sich vielleicht eine Art Arbeitszimmer einrichten, was als Alternative zum Büro fungiert. Und wenn man nicht gestört werden will, einfach Bescheid sagen und die Tür zumachen.

Wem das vielleicht doch etwas einsam ist im Homeoffice kann ja ab und zu mal die Kollegen anrufen oder vielleicht fragen, ob man alternativ eine gemeinsame Telefonkonferenz macht und sich dann austauscht. Oder man ruft andere Bekannte und Freunde mal in der Pause an oder nach dem Feierabend, um für den sozialen Ausgleich zu sorgen.

Zum Stichwort Feierabend, vielleicht kann man auch eine Art Ritual einführen. Kurz vor Feierabend hakt man seine To-Do-Liste ab, bereitet sich noch auf morgen vor oder räumt den Schreibtisch auf. Und wenn das erledigt ist, macht man dann Feierabend.

Ich glaube, dass man vor allem im Homeoffice dazu neigt, einfach durchzuarbeiten, ohne Pausen einzulegen, weil es eben keine Ablenkungen durch die Kollegen mehr gibt. Aber auch da sind Pausen wichtig! Also möglichst jede Stunde mal aufstehen, sich strecken, aus dem Fenster schauen, kleine Dehnübungen machen, vielleicht auch mal einen längeren Spaziergang einlegen. Hauptsache bewegen und genug trinken.



Welche Erfahrungen habt ihr mit Homeoffice gemacht? Habt ihr noch hilfreiche Tipps?

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