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Ist Reden immer Silber und Schweigen Gold?



Was steckt eigentlich hinter diesem Sprichwort? Manchmal ist es besser, wenn man nichts sagt, statt etwas Schlechtes, Sinnloses oder Unpassendes zu sagen. Silber hat im Vergleich zu Gold weniger Wert, insofern werden also zwei Arten von Kommunikation – das Reden und das Schweigen (ich bin der Ansicht, dass man nicht nicht kommunizieren kann und Schweigen daher auch eine Art der Kommunikation ist, mit der man etwas vermitteln kann) in ihrer Wertigkeit miteinander verglichen.



Das Sprichwort ist mir neulich eingefallen, als meine Kollegen alle heiß über Themen wie Gleichberechtigung und Frauenrechte diskutierten. Da vertraten wie man es erwartet die Frauen andere Ansichten als die Männer. Und bei dem ganzen Wirrwarr an Bemerkungen hielt ich mich gekonnt heraus. Wenn ich mit Arbeit beschäftigt bin, will ich mich eben nur darauf konzentrieren, irgendwann will ich auch fertig werden. Nicht, dass ich Gesprächen abgeneigt wäre, aber für mich steht auf Arbeit eben Arbeit im Fokus. Und da kann ich es nicht gebrauchen, dass ich über so etwas diskutierte und damit erst später Feierabend habe. Nennt das eigen, aber ich bin eben doch ein ziemliches Arbeitstier. In der Freizeit dafür aber umso sozialer.

Jedenfalls arbeitete ich noch ganz konzentriert weiter, hörte aber mit halbem Ohr doch mit, was die anderen erzählten. Schlussendlich hatte ich aber nicht das Verlangen, etwas zu sagen. Insofern hielt ich mich gekonnt heraus. Ein Kollege fiel das dann seltsamerweise auf, was er kommentierte. Er meinte, dass ich die einzige sei, die sich heraushält und noch konzentriert arbeitet. Für mich klang das sogar wie ein Kompliment. Ich lasse mich nicht so leicht ablenken, sondern kann mich gut auf meine Arbeit fokussieren.

Und dann fügte er noch hinzu, dass es vielleicht auch klüger ist, sich aus der Diskussion herauszuhalten. Was ich wiederum positiv empfand. Und damit hatte er recht. Ich hatte einfach keine Lust da mitzudiskutieren, ich wusste, dass ich da nichts beisteuern konnte und es interessierte mich auch nicht. Als Introvertierte halte ich mich eben gerne zurück, bin eher Zuhörerin als Beobachterin und war darüber auch sehr amüsiert, wie sich alle in Rage redeten.

Was hat das also jetzt mit dem Sprichwort „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ zu tun? Ich bin der Ansicht, dass man nicht immerzu bei Diskussionen mitmachen muss, nur um eben dazuzugehören. Mir war es mit dem Schweigen wichtig, ein Zeichen zu setzen. Nämlich, dass es mich eben nicht interessiert oder ich die Diskussion eben nicht als so wichtig empfinde, dass ich mich daran beteiligen will. Außerdem wollte ich mich einfach auch nicht einmischen, keine Lust auf Diskussionen, ich habe mich fein herausgehalten und mich als neutral ausgegeben.

Zum Kerngedanken des Sprichwortes: Es geht darum, dass man öfter mal einfach bewusst die Klappe halten sollte, vor allem, wenn man nicht mal weiß, was man sagen will oder unsicher ist. Und da ist es besser, zu schweigen, als sich dann zu blamieren oder etwas Falsches zu machen. Manche Dinge hätten lieber ungesagt bleiben sollen, doch im Nachhinein ist man doch eben immer klüger. Und irgendwie erinnert ich das auch an die drei Siebe von Sokrates. Wenn ich etwas erzähle, sollte ich immer inne halten und mir überlegen ob mein Gesagtes 1. wahr 2. gut für den Zuhörer und 2. notwendig ist. Trifft eines davon nicht zu, sollte ich echt nachdenken, ob ich nicht lieber schweigen statt reden sollte.

Schweigen könnte auch als eine Art Schutzmauer dienen. Indem wir nämlich etwas sagen, öffnen wir uns, machen uns mit unseren Aussagen auch immer angreifbar. Doch wenn wir doch nichts von uns preisgeben, gibt es auch nichts, was angegriffen werden kann. Das ist so ähnlich wie vor Gericht, wenn wir schweigen, um uns eben zu schützen.

Ich denke allerdings, dass noch viel mehr in dem Sprichwort steckt. Es vermittelt uns, dass Reden nicht immer das A und O ist in der Gesellschaft. Dabei wird uns immer suggeriert, dass wir immer gesprächig und sozial sein sollen. Schweigen dagegen grenzt uns doch eher von anderen ab, schafft Distanz.

Aber so ist das nicht, Schweigen ist nicht nur einfach nicht sagen, es ist mehr und kann auch jedes Gespräch bereichern. Wie soll ein Gespräch zustande kommen, wenn immer alle reden. Keiner kann zuhören und das ist der Knackpunkt. Wer schweigt, kann sich richtig auf das Gespräch einlassen, ist bereit das Gesagte der anderen aufzunehmen und auf sich wirken zu lassen. Schweigen kann auch aktives Zuhören beinhalten. Schweigen ist überhaupt die Voraussetzung, dass wir richtig zuhören. Schweigen meint auch gedankliches Schweigen. Sich nicht schon wieder überlegen, was man als nächstes sagen kann, um die Aufmerksamkeit zu bekommen. Schweigen ist Stille und gibt Raum für die Worte, Gedanken und Gefühle unserer Mitmenschen.

Und deswegen sehe ich das Sprichwort als ideal für introvertierte Menschen. Es vermittelt die Botschaft, dass Reden eben nicht alles ist, dass Kommunikation mehr ist als das und man auch mal nichts sagen sollte und muss. Dass es auch absolut in Ordnung ist, still zu sein, zu schweigen und einfach nur zuzuhören. Dass nicht alles, was gesagt wird, auch wirklich raus muss. Denn Schweigen lässt die Möglichkeit, inne zu halten und zu reflektieren. Ich muss nicht immer sofort weiterreden ohne darüber nachzudenken, Im Gegenteil ich kann mir auch mal Zeit lassen, still sein, damit ich mir überlegen kann, was ich als nächstes sage.

Außerdem schaffe ich es, dass der andere sich mehr öffnen kann, indem ich ihm mit meinem Schweigen signalisiere, dass ich zuhöre. Der andere merkt, dass ich mich auf ihn konzentriere, vollkommen mit Gedanken bei ihm bin.

Vor allem in Diskussionen und Streits ist Schweigen wirklich Gold wert. Nicht im Sinne, dass ich einfach aufhöre etwas zu sagen und den anderen komplett ignoriere. Ich meine, dass man nicht immer aus dem Reflex heraus, den anderen angreift, ihm Vorwürfe macht und Ähnliches. Oftmals denken wir dann nicht über das nach, was wir sagen, weil die Gefühle hochkochen und wir einfach etwas sagen, um diesen Luft zu machen. Doch das endet meist nicht gut, wir bereuen, was wir gesagt haben.
Und da setzt eben das Schweigen ein. Wir müssen nicht sofort das sagen, was wir denken und fühlen. Wir können auch mal eine Pause einlegen und unsere Worte mit Bedacht wählen. Schweigen meint für mich auch, dass ich einfach aufhöre zu streiten, dass ich aus dem Zimmer gehe, bevor ich wieder etwas Blödes sage, um einfach herunterzukommen. Bewusst Pausen setzen, damit man sich nicht noch mehr streitet.

Unabhängig vom Kontext von Gesprächen tut Schweigen auch mal gut. Denn wenn ich nicht rede, habe ich die Chance in mich zu gehen und mich mit mir selbst auseinanderzusetzen. Schweigen ist gut, um endlich mal den eigenen Gedanken nachgehen zu können.


Schweigen kann außerdem positiv sein, um sich nicht so leicht durchschauen zu lassen. Man wirkt dadurch mysteriös, geheimnisvoll, das soll angeblich auch interessanter machen. Inwiefern das so ist, darüber lässt sich schon mal streiten.


Ich bin der Ansicht, dass „Weniger mehr ist“. Schon wieder ein Sprichwort! Es kommt nicht auf die Quantität, sondern Qualität an. Ich beneide Leute, die einfach darauf los quasseln können, ohne darüber nachzudenken. Doch bei denen denkt man sich vielleicht öfter mal, die reden viel, wenn der Tag lang ist. Nicht immer kommt dabei etwas Sinnvolles bei raus. Manchmal denke ich mir, die reden nur, damit bloß keine Stille aufkommt. Und da ist es mir lieber, ich schweige, höre zu und überlege mir genau, was ich sage, bevor ich eben etwas Dummes oder Überflüssiges raushaue. Gerade bei Menschen, die nicht so viel sagen, wird dann das, was sie sagen, doch bewusster wahrgenommen und hat vielleicht auch mehr Gewicht. Das denke ich mir so.

Außerdem ist es ein gutes Zeichen, wenn ich mit jemanden nicht nur gut reden kann, sondern auch schweigen kann. Man kann auch gemeinsam schweigen, die Stille genießen und vielleicht zeigt sich dadurch auch, dass man sich auch ohne viele Werte versteht.


Warum aber auch Reden mal Gold ist und Schweigen Silber

So viel also zu den Aspekten, die für das Sprichwort sprechen. Aber wie so oft, kann man das Sprichwort nicht immer anwenden. Manchmal ist Reden dann doch mehr wert als Schweigen.

Reden gehört einfach zu uns dazu und ermöglicht überhaupt Beziehungen und dass wir mit der Welt zurecht kommen. Doch viel zu oft, schweigen wir lieber, behalten etwas für uns, teilen uns nicht mit und verlieren die Verbindung zueinander. Und wundern uns, wenn wir uns nicht mehr verstehen oder nicht mehr wiedererkennen, weil wir uns auseinander gelebt haben.

Besonders in Beziehungen gibt es Dinge, wir unausgesprochen lassen. Es gibt Sehnsüchte, Bedürfnisse, Ängste und Sorgen, Probleme, die wir für uns behalten. Diese belasten allerdings auf Dauer die Beziehung und führen nicht selten auch zur Trennung.Doch gerade in Beziehungen sollte man offen und ehrlich miteinander reden können. Denn wie soll sich etwas verbessern, wie können wir die Beziehung schöner machen, wenn wir nichts voneinander wissen? Der andere kann schließlich keine Gedanken lesen.

Und da wäre ich beim nächsten Punkt: Man muss doch über sich, seine Gefühle und was man will und was nicht reden. Nur so kommt es auch beim anderen an und man lernt sich noch viel besser kennen. Von allein wird das nichts. Und wenn man miteinander streitet, bloß nicht den anderen ignorieren und sich anschweigen. Das löst keine Probleme und man wird irgendwann gar nicht mehr über Konfliktpunkte sprechen können. Auch wenn es unüberwindbare Konflikte gibt, Reden kann immer helfen. Es kann zwar diese Konflikte nicht lösen, aber es hilft, sich besser zu verstehen, weniger Schmerz zu empfinden und irgendwann damit gelassener umgehen zu können.

Außerdem kann es für andere sehr bereichernd sein, wenn man von sich etwas preisgibt und redet. Dann hören andere zu und nehmen auf, was ich sage. Es kommt eben immer darauf an, was ich sage und wie ich es sage. Wenn es für den anderen interessant, wertvoll ist, dann kann ich mit Reden anderen auch helfen. Ich kann ihnen helfen, ihren Horizont zu erweitern. Ich kann aber auch helfen, indem ich dem anderen Ratschläge gebe, ihm von meinen Erfahrungen erzähle, woraus er seine eigenen Schlüsse ziehen kann.

Und wie vorhin erwähnt gibt es viele Sachen, die wir bereuen, nicht gesagt zu haben. Den Menschen sagen, wie viel sie uns bedeuten und wie sehr wir sie lieben. Und dann gilt „Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.“



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