Kommt
es dir auch so vor, dass dir momentan nichts so wirklich Spaß macht?
Lieblingsaktivitäten wie Serien schauen oder Spiele spielen bringen
nicht mehr den gewohnten Reiz. Woran liegt das? Und was kannst du
dagegen tun?
Jetzt
ist eigentlich die perfekte Zeit, sich all den Freuden hinzugeben,
weil man eben so viel Zeit hat. Doch nach viel Konsum, vielen
Büchern, Serien, Filmen, Spielen oder eben auch Sex, ist irgendwann
die Lust raus. Die Sachen reizen einen irgendwie nicht mehr so sehr,
wie es früher einmal war. Und dann verfällt man vielleicht noch in
eine kleine Depression und fragt sich: Was ist nur los mit mir? Wieso
macht mir all das nicht mehr so einen Spaß, wie früher einmal?
Die
Antwort könnte vielleicht sein: Du bist wahrscheinlich übersättigt.
Du hast zu viel davon bekommen und dein Körper und Geist hat sich
schon daran gewöhnt. Die gewohnten Glücksgefühle stellen sich ein.
Das ist bei vielen Dingen im Leben so. Irgendwann ist man daran
gewöhnt, man weiß die Dinge nicht mehr so zu schätzen. Ich spreche
hier aber vor allem von Dingen, die uns ansonsten richtig schnell
Glückssprünge verpasst haben – sogenannte Dopaminkicks.
Das
ist ein bedeutender neuronaler Botenstoff, ein Neurotransmitter im
Nervensystem. Wird das Glückshormon vermehrt ausgeschüttet, löst
das Glücksgefühle aus. Wir fühlen uns motivierter und voller
Energie. Es ist eine Art Belohnung für das Gehirn. Ein Mangel an
Dopamin führt zu negativen Folgen für den Organismus. Deshalb ist
Dopamin auch so wichtig für unsere Gesundheit und unser
Wohlbefinden. Fehlt uns Dopamin können wir antriebslos, unmotiviert
und depressiv werden.
Was
Dopamin mit uns macht
Wir
sind also auf Dopamin angewiesen. Wieso ich euch das alles erzähle?
Ich vermute mal, dass wir derzeit alle ein bisschen zu viel Dopamin
bekommen haben, in dem wir zu viel essen, zu viel Serien schauen, zu
viel Sex haben, zu viel Sport getrieben haben also zu viel von dem
gemacht haben, was uns gerade Spaß macht. Und das kann teilweise
dazu führen, dass wir die Freude daran verlieren. Ich weiß, es
klingt paradox, aber es lässt sich eben durch den Gewöhnungseffekt
erklären. Und dadurch, dass wir ständig Dopaminkicks bekommen und
die Wirkung dadurch nachlässt. Unser Gehirn gewöhnt sich daran,
wird mit der Zeit eher betäubt. Dadurch verlieren wir die
Sensibilität gegenüber diesen Glücksmomenten. Wir stumpfen in der
Folge ab.
Ich
kenne das auch zu gut. Anfangs schaue ich eine neue Serie mit
Begeisterung, die aber nach und nach wieder abflaut. Weil ich die
Serie regelmäßig konsumiere, gewöhne ich mich daran und die
Dopaminskicks stellen sich dann nicht mehr ein. Wenn wir zu viel
davon haben, stimuliert uns das eben nicht mehr so stark.
Und
was kann dagegen helfen, wieder sensibler für solche Glücksgefühle
zu werden? Man verzichtet einfach auf alles, was einem Spaß macht.
Wie, das soll helfen? Da wird man doch noch unglücklicher! Das
denken sich wahrscheinlich einige.
Ich
kann verstehen, dass sich das einige denken. Es klingt ja eigentlich
auch erst einmal total unlogisch. Warum sollte man denn glücklicher
werden, wenn man eben auf die Sachen verzichtet, die einen glücklich
machen.
Dazu
müssten wir uns dieses Glücks-Fasten mal genauer anschauen. Genauer
gesagt handelt es sich um Dopamin-Fasten. Eigentlich ist der Begriff
irreführend. Es wird nicht das Hormon selbst gefastet, sondern nur
die Dinge, die zur Produktion des Hormons führen. Denn alles, was
uns schnell glücklich machen kann, kann uns auch abhängig machen.
Wir konsumieren vielleicht zu viel davon, was dann ins Gegenteil
umschlägt: Wir fühlen uns müde, unmotiviert und depressiv. Wie
schon erwähnt, ist Dopamin ja für uns sehr wichtig, damit wir
überhaupt funktionieren können. Es geht aber eigentlich eher darum,
dass wir impulsives nicht kontrollierbares und negatives Verhalten
abtrainieren, was mit Dopamin in verbunden ist. Also sogenanntes
Suchtverhalten ablegen.
Suchtverhalten
abtrainieren
Wir
entwickeln vielleicht gewisse Suchtgewohntheiten ähnlich wie beim
Drogenkonsum. Besonders problematisch sehe ich das beispielsweise
beim Konsum von Serien, Filmen, Videospielen, Internet und sowieso
auch Social Media. Ich denke, dass vor allem jetzt, wo sich fast
alles mehr digital abspielt, besonders digitale Aktivitäten
süchtiger machen als sonst. Andere Beispiele wären emotionales
Essen, zu viel Alkohol, zu viel Rauchen oder übertrieben viel Sport
und Arbeit. Sobald einfach ein bestimmtes Verhalten nicht mehr
kontrolliert werden und einfach zu viel wird, spricht man schon von
einer Art Abhängigkeit und Sucht. Die Sachen machen uns vielleicht
vorübergehend glücklich, aber wir brauchen immer mehr davon, bis
wir davon nicht mehr loskommen. Und dann sollte man schon mal mit dem
Dopaminfasten anfangen.
Ich
denke, dass Dopaminfasten auch so eine Art Heilung von
Reizüberflutung ist also wie Digital Detox funktioniert. Wir sind ja
ständig eben von den vielen Reizen, die uns so schnell happy machen,
umgehen. Das führt dann irgendwann zur Überreizung, sodass wir
vielleicht gar nicht mehr so klar im Kopf sind und uns weniger
konzentrieren können. Dopamin-Fasten lässt uns wieder
herunterfahren, wir richten den Fokus auf uns, spüren in uns hinein,
können wieder entspannen und lassen es sein, vielen Reizen
hinterherzujagen. Wie eine Art Achtsamkeitskur.
Man
kann sich überlegen, ob man nun generell auf alles, was einem Spaß
macht, verzichtet, oder eben nur auf das Suchtverhalten, was einem
auch schadet. Das bleibt jedem selbst überlassen.
Es
geht also um Dinge, die einem schnell Freude machen und die einen
teilweise nur schwer loslassen. Fangen wir einmal damit an, können
wir so schnell nicht aufhören. Beispielsweise wenn man auf einer
Dating-App unendlich lange herumschaut oder jedes Mal einen Egopust
bekommt, wenn man dutzende Likes auf Facebook erhält. Oder man
schaut von einer Serie eine Folge nach der nächsten bis zum
Binge-Watching. Oder versinkt in Videospiele und vernachlässigt
dafür das reale Leben. Die Liste könnte endlos sein: Leckeres
Essen, Sex, Sport, Schokolade, selbst soziale Kontakte, Küssen,
Streicheln, Körperkontakt können dazu gehören. Auch keine Musik,
kein Tanzen, Singen oder was es noch so gibt. Eben alles, was einem
schnelle Freude macht.
Wie
das Ganze funktioniert
So
wie funktioniert nun aber das Dopaminfasten genau? Wie schon erwähnt,
verzichten wir auf einen bestimmten Zeitraum auf all diese Sachen.
Das können für de Anfang ein paar Stunden am Tag sein oder ein
ganzer Tag oder ein ganzes Wochenende. Ich rate erst einmal dazu,
langsam anzufangen und sich dann zu steigern. Wer allerdings schnell
Erfolge sehen will und knallhart ist, kann sich auch gleich einen Tag
oder mehrere Tage in Verzicht üben. Also all das vermeiden, was
einem so Freude macht.
Doch
was tut man dann mit all der frei gewordenen Zeit? Logischerweise
nutzt man die Zeit für Dinge, die einem weniger Spaß machen, also
auf unser Gemüt eher neutral wirken. Manche „Experten“ meinen,
man dürfe fast nichts mehr tun, sollte sich nur noch auf den Körper
und die Gedanken konzentrieren, meditieren und sich in Achtsamkeit
üben. Das halte ich für etwas übertrieben. Kann man machen, muss
man nicht unbedingt. Einfach ein paar entspannende Sachen aussuchen.
Das kann Meditation und Yoga sein, aber auch ein Spaziergang ist
erholsam. Erlaubt ist auch so etwas wie Tagebuch schreiben,
nachdenken, reflektieren oder auch ein nicht so anregendes Buch
lesen. Ich denke, dass auch kreative Sachen wie Malen und Stricken
erlaubt sind, wenn diese denn keine schnellen Glücksmomente
hervorrufen.
Folgen
von Dopamin-Fasten
Und
was bringt das nun alles? Das Gehirn wird wieder „reseted“, das
bedeutet, wir machen erst einmal eine Art Entzug, lernen, wieder
anständig mit Dopamin-Kicks umzugehen. Nachdem wir eine Zeit lang
auf all diese tollen Sachen verzichtet haben, soll unsere Wahrnehmung
wieder geschärfter sein, unsere Sinne nehmen wieder mehr auf. Davor
waren sie noch stumpf und vernebelt von all den Reizen. Man merkt
schon während des Fastens, wie man stärker alles wahrnimmt und vor
allem auch ein Zeitgefühl bekommt. Man ist mehr im Hier und Jetzt,
viel konzentrierter. Und das Schönste dabei ist: Wir freuen uns
wieder auf all die Dinge, auf die wir verzichten mussten. Erst wenn
uns etwas fehlt, merken wir erst, wie sehr wir es brauchen und
schätzen. Und dann fühlen sich all die Aktivitäten auch wieder
intensiver an, die Glücksgefühle stellen sich wieder ein. Und ein
weiterer positiver Effekt ist, dass wir selbst bei Dingen, die uns
nicht so den Spaß machten, mehr Freude empfinden. Das ist der ganze
Sinn hinter Dopamin-Fasten.
Mein
Selbstexperiment
Nun
habe ich das auch mal zumindest einen Tag ausprobiert. Ich denke,
dass es sinnvoll ist, so etwas regelmäßiger zu machen, damit man
auch etwas merkt. Ich habe bewusst an einem Tag auf fast alles
verzichtet, was mir schnell Freude bringt: Musik hören, Singen,
Tanzen, soziale Kontakte habe ich weitgehend eingeschränkt (was
derzeit auch normal ist), Schokolade essen, im Internet surfen,
Spiele spielen, Lustiges anschauen oder lesen, Filme und Serien
schauen, Körperkontakt. Das war schon nicht so leicht, mir graute es
sogar vor dem Tag, weil ich die Dinge nicht missen wollte. Aber es
war nur ein Tag, also sollte es gehen.
An
dem Tag habe ich dann ganz normal gearbeitet, an einem freien Tag
hätte ich das nicht so gut weggesteckt. Danach habe ich dann noch
ein wenig gerätselt, ein Fachbuch gelesen und meditiert. Ich habe
auch Yoga und kleine Dehnübungenen gemacht. Und ich habe mich mehr
mit mir selbst befasst, habe meine Gedanken beobachtet, Pläne
gemacht. Für mehr war abends dann keine Zeit mehr.
Der
Abend zog sich schon etwas in die Länge, es war teilweise schon
langweilig, ich fühlte mich weder gut noch schlecht. Eher komplett
neutral. Allerdings nahm ich doch einiges für mich mit: Es ist, auch
mal inne zu halten und über sich nachzudenken und das eigene Leben.
Ich will wieder mehr und regelmäßiger reflektieren und mir Gedanken
machen. Und auch die Meditation und die Dehnübungen waren sehr
erholsam, entspannend. Ich habe gemerkt, dass ich das auch öfter mal
brauche, es zu selten mache. Besonders bei den Dehnübungen und Yoga
konnte ich mich super auf den Augenblick konzentrieren, fühlte mich
danach erfrischt.
Das
Dopamin-Fasten hat mir geholfen, mehr wieder im Augenblick und bei
mir zu bleiben und hat mir wichtige Anreize gegeben, was ich besser
machen kann. Auf jeden Fall tut es gut, ab und zu mal einfach nichts
zu tun oder eben solche entspannenden Tätigkeiten in den Alltag
einzubauen. Ich weiß nicht, ob ich danach wirklich konzentrierter
war, auf jeden Fall entspannter. Und ich habe mich wieder sehr auf
die Dinge gefreut, die mir so schnell Spaß machen.
Was
haltet ihr davon? Habt ihr das schon mal probiert und welche
Erfahrungen habt ihr gemacht?
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