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Gleich und gleich gesellt sich gern oder Gegensätze ziehen sich an?

Heute gehe ich mal zwei Sprüchen nach, die Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten der Partner beziehungsweise deren Unterschiede thematisieren. Wie viel Wahrheit steckt wirklich in den beiden Sprüchen?


Was bedeuten die beiden Sprüche erst einmal genau?


Gleich und gleich gesellt sich gern“

Eigentlich ziemlich einfach. Ganz wortwörtlich bedeutet es, dass Menschen, die sich ähnlich sind, auch viel Zeit miteinander verbringen oder einfach gerne zusammen sind. Das kann ich so unterschreiben und das ist doch irgendwie auch logisch. Wenn uns jemand sympathisch ist und wir Gemeinsamkeiten finden, wir auf einer Wellenlänge sind, suchen wir die Nähe des anderen.

Der Spruch lässt sich eigentlich auf alle Beziehungen in unserem Alltag übertragen, muss nicht zwangsläufig nur auf Liebe abzielen. Sehen wir uns doch mal an, wonach wir uns unsere Freunde aussuchen. Wir schauen doch eher nach Menschen, die uns ähnlich sind: Wir kommen am besten mit solchen klar, die ähnliche Ansichten, Vorlieben, Interessen, Hobbys und meinetwegen auch Charaktereigenschaften haben. Lernen wir jemanden kennen und bemerken, dass wir etwas gemeinsam haben, schweißt uns das sofort zusammen. Es entsteht sofort eine Bindung.


Harmonie

Mit Menschen, mit denen wir etwas gemeinsam haben, kommen wir besser zurecht. Wir diskutieren vermutlich weniger, wir reiben uns weniger aneinander, weil wir eher einer Meinung sind. Das sorgt für Harmonie und auch Geborgenheit, vielleicht auch Sicherheit. Wir können uns sicher sein, dass der andere vieles ähnlich sieht und das Miteinander ist gleich viel entspannter.


Unterschied zwischen ähnlich sein und Gemeinsamkeiten

Nun muss man aber natürlich zwischen Ähnlichkeit und Gemeinsamkeiten unterscheiden, das ist ja jetzt nicht synonym zu verstehen. Ähnlichkeit zielt darauf ab, dass der andere etwas hat, was wir an uns selbst auch haben. Vielleicht einige Eigenschaften, Macken, Fehler, Talente, Stärken, Angewohnheiten oder Verhaltensweisen oder auch die Denkweise und Wahrnehmung. Sind wir mit dem Menschen zusammen, sehen wir ein Stück von uns selbst in dem anderen, wir erkennen uns in ihm wider. Ähnlichkeit hat für mich viel mit Persönlichkeit und mit dem Inneren zu tun.

Gemeinsamkeiten finde ich, können auch oberflächlichere Sachen sein, wie beispielsweise, gemeinsame Interesse oder Hobbys oder gemeinsame Freunde. Aber auch innere Dinge wie Eigenschaften spielen da mit rein. Gemeinsamkeiten sind Übereinstimmungen.

Wobei ich bei der Definition dieser beiden Begriffe ins Grübeln. Ähnlichkeiten wäre für mich noch einmal eine Steigerung zur Gemeinsamkeit. Während wir bei Gemeinsamkeiten doch noch beide für uns bleiben, als Du und Ich sind, empfinde ich Ähnlichkeit als etwas, bei der beide miteinander verschmelzen. Ähnlichkeit bedeutet für mich, dass der andere sehr viel mit mir gemeinsam hat, dass wir eben sehr vieles in dem anderen sehen. In der Summe sind es also vielleicht viel mehr Gemeinsamkeiten. Wohingegen wir auch mit jemanden, der uns überhaupt nicht ähnlich ist, wenigstens eine oder zwei Gemeinsamkeiten haben können.

Je mehr Gemeinsamkeiten ich mit dem jemandem habe, desto ähnlicher ist er mir.


Nun aber zurück zum Sprichwort „Gleich und gleich gesellt sich gern“. Man darf das nicht wortwörtlich nehmen, denn genau genommen, können wir nie gleich sein, wir sind alle unvergleichlich und individuell. Uns gibt es nur einmal auf der Welt. Mit „gleich“ ist eher jemand gemeint, dem wir ähnlich sind oder mit dem wir viel gemeinsam haben.

Ich würde das Sprichwort so zum Großteil unterschreiben. Es sind die Gemeinsamkeiten und die Ähnlichkeiten, die uns mit anderen Menschen näher bringen. Es schafft sofort eine Verbindung, wenn ich merke, dass der andere etwas mit mir gemein hat. Er ist und bleibt jemand anderes, ein eigenständiges und unverwechselbares Ich. Aber wir kommen uns seelisch und geistig näher, wenn wir Gemeinsamkeiten finden.


Nicht immer ist es gut, sich ähnlich zu sein

Es kommt jedoch aber auch immer darauf an, WAS wir gemeinsam haben. Und da sehe ich einige Aspekte, die mich dazu veranlassen, das Sprichwort auch in Frage zu stellen.

Nehmen wir an, ich bin stur und der andere ist es auch, dann haben wir etwas gemeinsam und sind uns in der Hinsicht ähnlich. Aber was macht das mit uns beiden und unserer Beziehung. Wenn wir streiten, bleiben wir beide stur und pochen vielleicht auf unsere Ansichten, grenzen uns voneinander ab und sehen es nicht ein, uns bei dem anderen zu entschuldigen oder ihm recht zu geben. Oder zwei Menschen sind sehr emotional und werden auch sehr laut und verletzend, wenn sie in Streit geraten. Wenn das beide sind, kann das auch schnell mal eskalieren und richtig böse werden. Bei Eigenschaften, die für unser Miteinander nicht förderlich sind, sondern die ichbezogen sind und uns eher von anderen abgrenzen, trifft der Spruch ganz sicher nicht zu. Insofern würde ich sagen, dass der Spruch nur dann auch funktioniert, wenn eher positive Gemeinsamkeiten im Spiel sind oder eben solche, die uns nicht dazu führen, dass unser Miteinander negativ beeinflusst wird.


"Gegensätze ziehen sich an"

Nun zum anderen Sprichwort: „Gegensätze ziehen sich an“. Was bedeutet das? Zwei Menschen, die recht unterschiedlich sind, kaum Gemeinsamkeiten haben, finden sich gegenseitig gerade deswegen faszinierend. Der andere mag einem fremd erscheinen, so anders und das kann eben auch beeindruckend sein. Es ist eine neue Erfahrung und vielleicht auch deswegen so aufregend, weil man nicht weiß, worauf man sich einlässt.

Während es bei dem vorherigen Spruch eher um Geborgenheit und Sicherheit ging, weil man ja dann weiß, woran man ist und das auch von sich kennt, ist es bei Gegensätzen eher das Andere, Aufregende, Neue, Fremde, was einen so an dem anderen fasziniert. Der andere hat etwas, was ich nicht habe und vielleicht sehnt man sich eben genau nach diesen Eigenschaften und versucht, mit dem anderen etwas auszugleichen. Oder besser gesagt: Vielleicht ergänzt man sich eben auch. Wenn der eine eher ruhiger ist und der andere aufbrausend, können sich beide ergänzen. Der ruhige kriegt mehr Emotionalität ab und der andere entspannt sich vielleicht mehr.

Im Alltag finde ich es eher nicht so gut, wenn jemand so ganz anders ist und tickt als ich. Da grenzen mich die Unterschiede eher von dem anderen ab. Menschen, mit denen ich nicht auf einer Wellenlänge bin, meide ich eher oder verringere den Kontakt. Ein Beispiel: Ich lerne ein Mädchen kennen und sie ist die ganze Zeit nur am Reden, stellt keine Fragen und kann auch nicht zuhören. Ich dagegen bin sehr ruhig und höre lieber zu. Auf den ersten Blick scheinen wir uns gut zu ergänzen, der eine redet, der andere hört zu, perfekt. Während sie zufrieden ist, bin ich es nicht, weil ich zu kurz komme. Ich mag es, wenn es ausgeglichen ist, wie Geben und Nehmen. Manche finden die Konstellation gut und sehen es wirklich als tolle Ergänzung und Bereicherung. Ich dagegen nicht. Insofern finde ich Gegensätze so gar nicht gut, ich mag es, wenn alles im Gleichgewicht ist und insofern tendiere ich persönlich auch mehr zu den Gemeinsamkeiten.

Doch der Spruch kann auch durchaus mal für mich freundschaftlich funktionieren. Wenn ich jemanden habe, der beispielsweise ein ganz anderes Leben als ich und ganz andere Erfahrungen gemacht hat, weil er viel erlebt und verreist war. Dann empfinde ich es als sehr bereichernd, mich mit diesem Menschen auszutauschen, weil ich davon etwas lernen und meinen Horizont erweitern kann. Auch hier spielt wieder das Geben und Nehmen eine Rolle. Der andere gibt mir sein Wissen, gibt mir Inspiration und ich gebe ihm ein offenes Ohr für seine Erfahrungen und Erzählungen. Insofern ergänzen wir uns gut. Ob also Gegensätze wirklich anziehen, hängt zum einen von den zwei Personen ab und wie die beiden dazu stehen und inwiefern man denn wirklich gegensätzlich ist. Wenn der eine etwas hat, was dem anderen fehlt, was ihn bereichert oder wonach er sich sehnt, kann Gegensätzlichkeit durchaus bereichernd sein. Oder wenn beide ziemliche Extreme sind können sie gemeinsam sich in Gleichgewicht bringen.

Was die Liebe betrifft, kann der Spruch vor allem am Anfang der Beziehung punkten. Wie schon geschrieben, kann der andere gerade so faszinierend sein, weil er so anders und fremd wirkt und das kann die Spannung und das Feuer erhöhen. Ich persönlich würde aber bei einer ernsten Beziehung eher die Finger von jemandem lassen, der so anders ist als ich. Wenn wir nicht ausreichend Gemeinsamkeiten haben, wird das auch nichts mit uns werden.


Gegensätze stoßen sich aber auch ab

Und da komme ich zu dem Punkt, weswegen ich das Sprichwort eigentlich eher verneinen würde: Gegensätze können auch sehr abgrenzend wirken und die Distanz zwischen beiden erhöhen. Es kommt auf das richtige Maß an, wie unterschiedlich beide wirklich sind. Bis zu einem bestimmten Grad können sich beide gut ergänzen, aber wenn man in entscheidenden Dingen dann doch keinen gemeinsamen Nenner findet, hat die Beziehung kaum Bestand.

Ich denke, dass es in Beziehung vor allem darauf ankommt, dass man eine gemeinsame Basis findet, ähnliche Sichtweisen, Werte, Ziele im Leben und auch einige gemeinsame Interessen und Eigenschaften. Nicht zu viel, weil das durchaus langweilig werden kann. Aber auch Unterschiede tun der Beziehung gut, man braucht auch einfach ein paar Punkte, an denen man sich reiben kann, das sorgt für Abwechslung und man kann dadurch auch wieder etwas lernen.

Menschen, die aber komplette Gegensätze sind, können meiner Ansicht nach nicht lange zusammen bleiben. Es mag für Affären oder Freundschaft Plus oder Seitensprünge und One-Night-Stands reichen, aber nicht für langfristige Beziehungen. Denn viele Unterschiede und Gegensätze führen dazu, dass man sich nicht einigen kann, dass es einem noch schwerer fällt, den anderen anzunehmen. Ich spreche da aus Erfahrung, wobei ich mit meinem Freund damals sehr viel gemeinsam habe. Inzwischen habe ich mich in eine andere Richtung entwickelt, die Unterschiede haben Überhand genommen und wir harmonieren darum nicht mehr so gut, streiten uns oft, eben wegen dieser Differenzen.

Beziehungen, die eher auf Ähnlichkeit und Gemeinsamkeiten beruhen, sind meiner Ansicht nach beständiger und stabiler, es knallt weniger, es herrscht mehr Harmonie. Beziehungen, die auf Gegensätzen beruhen, sind vielleicht emotionaler, dramatischer, unruhiger und vielleicht auch abwechslungsreicher und spannender. Aber diese halten vermutlich auch nicht lange, weil wir generell eher so gepolt sind, dass wir nach dem Vertrauten suchen, uns danach sehnen. Wir möchten im Endeffekt ankommen, Frieden und Harmonie finden und uns nicht immer fetzen und uns an jemandem reiben. Komplette Gegensätze würden in Beziehung, finde ich, absolut nicht funktionieren. Und wir wollen auch niemanden an der Seite haben, der so komplett anders ist, auch wenn es anfangs reizvoll ist. Im Laufe der Beziehung merken wir, dass es so nicht funktioniert und man immer öfter aneinander gerät.


Fazit:

Wenn ich beide Sprichwörter miteinander vergleichen würde, würde ich eher dem Spruch „Gleich und gleich gesellt sich gern“ zustimmen. Denn es ist so, wir wollen das Vertraute, wir suchen Gemeinsamkeiten in allen möglichen Beziehungen, ob in der Freundschaft oder in der Liebe. Aber es muss auch eine Ähnlichkeit nach Maß sein und es sollten vor allem positive Gemeinsamkeiten sein und keine, die uns wiederum das Miteinander erschweren. Auf langfristige Sicht funktionieren solche Beziehungen besser als solche, in denen mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten sind. Als Paar will man harmonieren, man könnte sich als Wir sehen, aber natürlich nicht das eigene Ich aufgeben, das ist klar. Es dürfte jedoch klar sein, dass es schwer fällt, sich als Wir zu sehen, als Paar, wenn man sich mit vielen gegensätzlichen Eigenschaften des anderen nicht arrangieren kann und versucht, den anderen so zu formen, dass mehr Gemeinsamkeiten herauskommen.

Das war bei mir und meinem Mann genauso, als ich mich anders entwickelte wollte ich auch, dass er mit mir diesen Weg geht. Als er sich dagegen wehrte und ich erkannte, dass er sich nicht ändern und nicht wollte, fiel mir das total schwer, zu akzeptieren. Nun ist es so, dass der Spruch leider nur für eine bestimmte Zeit klappt, denn beide Partner entwickeln sich immer weiter, verändern sich und so verändert sich auch die Beziehung. Und dann ist man sich leider vielleicht nicht mehr ähnlich. Dann gilt es, den anderen zu akzeptieren und trotzdem zu schauen, ob man in den wichtigsten Dingen einer Meinung ist und eine gemeinsame Basis hat oder vielleicht auch schaffen kann. Ich denke, dass die Wahrheit und das Glück irgendwo in der Mitte liegt, mit Tendenz eher zur den Gemeinsamkeiten als zu den Unterschieden. Wir brauchen auch Unterschiede, Dinge, wo wir mal nicht einer Meinung sind, was auch normal ist, da wir alle individuell sind. Wir brauchen Geduld und auch Akzeptanz in der Beziehung und müssen es auch mal aushalten, wenn wir nicht einer Meinung sind oder wenn der andere ganz anders ist, als wir selbst. 

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