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Was ist Liebe?

 

Was ist eigentlich Liebe? Jeder hat irgendwie eine Vorstellung davon. Aber so richtig erklären, kann man sie schwer. Und irgendwie hat auch jeder eine andere Definition davon. Sternbergs Dreieckstheorie versucht Liebe wissenschaftlich zu analysieren und zu erklären. Und zeigt auf, dass es nicht nur eine Form von Liebe gibt.


Sternbergs Dreieckstheorie

Sein Modell baut auf drei Bestandteilen auf. Je mehr das Dreieck nun miteinander in Einklang ist, desto stärker ist auch die Liebe:


Vertrautheit und Intimität beruht vor allem auf Sympathie und Zuneigung. Dazu zählen auch Gefühle wie Wertschätzung, Respekt und Nähe. Vertrautheit ist das tiefe Bedürfnis nach Verbundenheit und Wärme sowie Wohlbefinden. Unter all den drei Komponenten ist dies die emotionale, sie fühlt sich „warm“ an.


Leidenschaft: löst das Gefühl der Anziehungskraft und sexuellen Lust aus. Dahinter steckt das Bedürfnis, dem anderen nah zu sein und dass der andere das Gleiche empfindet. Es ist eine Komponente, die auf Motivation gründet. Motive können sehr untershciedlich sein. Es können sexuelle Bedürfnisse oder das Ausleben der Dominanz sein. Diese Komponente löst ein „heißes“ Gefühl aus.


Bindung und Entscheidung: Ein Partner legt sich fest, im besten Falle gehen beide eine kurzfristige oder langfristige Beziehung ein. Bei der ersten Variante geht es nur darum, die Liebe auszuleben. Bei der zweiten plant man ein gemeines Leben und durchlebt Höhen und Tiefe. Die dritte Komponente ist eher kognitiver Art und wird daher als „kühl“ angesehen.


So viel also zu den drei wichtigsten Komponenten einer Liebe. Doch nach Sternberg entwickeln sich aus diesen dreien, je nachdem, ob diese vorhanden sind oder fehlen, acht Arten, wie wir Menschen lieben.

Seiner Ansicht nach, erleben wir ganz unterschiedliche Formen der Liebe, die uns auch nachhaltig prägen und zu unserer Entwicklung beitragen.

Es kann durchaus vorkommen, dass man sich in einer Beziehung in einer anderen Etappe der Liebe befindet als der Partner. Ein Beispiel: Ich comitte mich, lege mich auf den Partner fest, es ist mehr als nur eine reine Sexgeschichte mit Leidenschaft und Zuneigung, ich will mit demjenigen zusammen sein, sehe es als eine Beziehung an. Doch der andere will sich eben nicht binden, für ihn ist es eine andere Form der Liebe. Aber dazu gleich mehr.


Arten der Liebe


Nichtliebe

Sie macht eigentlich den Großteil unserer sozialen Kontakte aus. Die Form umfasst keine der drei Komponenten, wie der Name schon suggeriert. Es sind vor allem die ganz oberflächlichen Beziehungen und Begegnungen mit anderen Menschen gemeint.

Sympathie mit Komponente Vertrautheit: Wir merken, dass wir jemanden mögen, fühlen uns mit der Person verbunden. Wir empfinden eine Wärme und Vertrautheit. Diese Form ist vor allem typisch kurze Bekanntschaften oder auch Freundschaft.


Verliebtheit:

Hier ist vor allem die Leidenschaft sehr prägend. Verliebtheit beruht vor allem auf großer körperlicher Anziehungskraft. Meist kennen wir die Person noch nicht so gut, Vertrautheit ist also noch nicht im Spiel. Je vertrauter uns jemand wird, desto mehr nimmt auch die Verliebtheit und schlussendlich auch Leidenschaft ab. Verliebtheit kommt schnell, hält meist auch nicht lange an und ist auf alle Fälle vergänglich.


Leere Liebe:

Dabei spielt vor allem die Bindung und Entscheidung eine wesentliche Rolle. Bestes Beispiel: Ein Ehepaar hat sich längst auseinandergelebt, liebt sich nicht, begehrt sich nicht. Eigentlich verbindet sie kaum etwas. Wenn da nicht Haus und Kinder wären. Eine Scheidung kommt deswegen nicht in Frage. Und leben sie also vor allem aus Pflichtgefühl und für die Familie weiter zusammen, obwohl da längst keine Gefühle mehr da sind. Man versucht trotzdem bei der leeren Liebe irgendwie dran festzuhalten, selbst wenn es eigentlich fast nichts mehr zu retten gibt. Richtig glücklich wird man dadurch nicht. Wobei das vermutlich eine sehr krasse leere Liebe ist. Bei der eigentlichen Definition geht man eher davon aus, dass Vertrautheit und Leidenschaft mal vorhanden waren, aber zunehmend verloren gegangen sind.

Leere Liebe im krassen gibt und gab es früher schon immer, denken wir nur an die Vernunftehen. Ehen wurden damals aus Macht- und Geldfragen eingegangen, nicht weil man sich geliebt. Es geht bei der leeren Liebe vor allem nur um reine Verpflichtungen, die Gefühle spielen weniger eine Rolle.


Romantische Liebe:

Bei dieser Form spielen Intimität und Leidenschaft eine große Rolle. Sie lebt vor allem von überwältigen Gefühlen der Anziehung und großer Nähe. Was dieser Liebe fehlt ist vor allem die Entscheidung, zusammen zu bleiben, verbindlich zu werden. Heutzutage, denke ich, fallen viele Beziehungen in diese Kategorie. Man mag sich, ist vielleicht ineinander verliebt, schläft gerne miteinander, aber eine Beziehung wirklich eingehen, nein, danke! Das klingt zu ernst, ist zu eng, gefährdet mich und meine Freiheit.

Klassische Beispiele wären die großen Liebespaare der Geschichte wie Romeo und Julia. Im wahren Leben handelt es sich meist um Urlaubsaffären.


Kameradschaftliche Liebe:

Hier spielt Leidenschaft gar keine Rolle, dafür Vertrauen und Bindung. Auch entscheidet man sich nicht, mit der Person langfristig eine Beziehung einzugehen. Darunter zählen vor allem langfristige Freundschaften, Ehen und Geschwisterliebe.


Alberne Liebe:

Hierbei lassen wir uns viel zu schnell auf neue Beziehungen ein. Ähnlich wie bei der Verliebtheit spielt viel Leidenschaft mit rein, allerdings fehlt die Vertrautheit und auch Bindung. Insofern die nächste Stufe zur Verliebtheit. Und diese halten dann daher auch nicht sehr lang. Die Form wird auch als „Hollywood-Liebe“ bezeichnet.


Vollkommene Liebe:

In ihr vereinen sich alle drei Aspekte, Vertrauen, Leidenschaft und Bindung. Sie wird von sehr vielen Menschen als ideale Liebe angestrebt. Doch nur sehr wenige schaffen es, diese Liebe zu finden oder zu erreichen. Man könnte sagen, dass langfristige Beziehungen in der Anfangsphase von den drei Dingen leben. Doch der Haken ist, dass mit der Zeit vor allem Leidenschaft schwindet. Es ist aber tatsächlich wissenschaftlich erwiesen, dass Leidenschaft in vielen Fällen einfach begrenzt ist und nicht andauern kann. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber die Regel ist doch, dass die Leidenschaft weniger wird. Eben weil dafür die Komponente Intimität und Vertrautheit zunimmt, beide bedingen sich gegenseitig.


So viel also zu der Theorie. Natürlich ist das alles sehr stark vereinfacht, Gefühle und Beziehungen in irgendwelche Schubladen zu stecken, ist immer mir Vorsicht zu genießen. Das Modell hilft lediglich eine kleine Orientierung zu geben und gewissermaßen auch Erklärungsansätze zu bieten.

Ich persönlich denke, dass schon viel wahres an den drei grundlegenden Komponenten dran ist. Ich war immer der Ansicht, dass es vor allem eben die körperliche Anziehung, aber auch Gefühle der Verliebtheit sind, die Liebe charakterisieren. Heute weiß ich, dass beides nicht unbedingt allein automatisch Liebe bedeutet. Ich kann mich auch zu jemandem körperlich hingezogen fühlen, den ich nicht mal mag. Und Verliebtheit ist ganz sicher nicht Liebe. Und Beziehungen können auch ganz ohne Verliebtheit funktionieren. Die Hauptsache ist doch, dass man dieses Vertrauen, die Intimität, eben dieses warme Gefühl hat. Das ist meiner Ansicht nach immer das gewesen, was ich unter Liebe verstehe.


Was Liebe für mich bedeutet und wie sie entsteht

Für mich war es immer so, dass Verliebtheit die Voraussetzung war, mit jemandem eine Beziehung zu beginnen. Und im Laufe der Zeit wurde daraus mehr, eben Liebe. Bezogen auf das Liebesmodell kommt für mich zuerst die Leidenschaft und danach die Bindung, ich entscheide mich bewusst mit dieser einen Person zusammen zu sein. Und aus den beiden Komponenten entsteht dann irgendwann für mich das warme Gefühl, Intimität und Vertrauen – kurz Liebe. Für mich war es so, dass ich Liebe auch als etwas verstand, was mehr als nur Sex und körperliche Anziehung ist. Denn wenn eben die Vertrautheit zunimmt, geht die Leidenschaft zurück. Ein ganz normaler Prozess.

Aber dann das nicht mehr als Liebe zu bezeichnen oder als vollkommene Liebe, nur weil eben die Leidenschaft weg ist. Das finde ich doch nicht richtig. Es mag natürlich toll sein, wenn alle drei Komponenten erfüllt sind. Aber wie wir alle wissen, geht das eigentlich nicht. Die vollkommene Liebe, für mich gibt es sie nicht. Es mag Ausnahmen geben, aber seine eigene Liebe, die man toll findet, deswegen abzuwerten, nur weil eben keine Leidenschaft mehr da ist, das finde ich bedenklich.

Bei meinem Mann und mir beispielsweise ist es so, dass die Leidenschaft nur noch sehr gering vorhanden ist. Vor allem leider bei mir. Ich hatte mich dafür verurteilt und mich schlecht gefühlt. Habe angefangen an mir, meiner Liebe zu ihm und der Beziehung zu zweifeln. Dabei ist es vollkommen normal, dass die Leidenschaft abnimmt. Ist die Beziehung und Liebe darum weniger wert und unvollkommen laut Sternbergs Modell? Ich würde das nicht so sagen. Laut seinem Modell wäre unsere Liebe als kameradschaftliche Liebe zu bezeichnen. Aber ich habe damit ein Problem. Denn in diese Kategorie fallen auch gute Freunde oder auch Geschwister rein. Ich würde das aber ohnehin stark trennen. Ich empfinde sicherlich großes Vertrauen und große Zuneigung zu meiner Familie und meinen guten Freunden. Aber das Gefühl, was mich mit meinem Mann verbindet, ist doch gänzlich ganz anders. Es ist nicht vergleichbar und darum denke, würde ich vielleicht die Liebesformen um eine weitere ergänzen, in der eben zwar Vertrautheit und Bindung eine große Rolle spielen, aber man sich füreinander entscheidet und irgendwo doch körperlich anziehend findet. Eben nur nicht mehr so stark wie früher.


Formen der Beziehungen statt Formen der Liebe?

Leidenschaft, Intimität und auch Bindung – das sind alles Dinge, die irgendwie in alle unsere Beziehungen mit reinspielen. Insofern denke ich, dass es vielleicht nicht ganz richtig ist, wenn man diese Formen wirklich alle als Liebesformen oder Liebesgewohnheiten bezeichnet. Ich würde eher sagen, dass es Formen unserer sozialen Interaktionen sind oder besser formuliert, es sind unsere Beziehungen schlechthin, ob nun Liebe drin ist oder nicht. Wobei natürlich der Aspekt Liebe in vielen Formen eine Rolle spielt.

Es gibt noch eine Reihe weiterer Dinge, die ich zu dem Modell anmerken und kritisieren würde. Natürlich ist meine Meinung nicht allgemeingültig, es ist meine Ansicht. Mag sein, dass andere dem Modell mehr zustimmen oder auch finden, dass jede Art von Beziehung irgendwo Liebe ist. Darüber lässt sich nur schwer streiten, aber gern diskutieren.


Gehört Nichtliebe wirklich in so ein Liebesmodell?

Meiner Ansicht nach gehört die Nichtliebe nicht hinein, weil keine der Komponenten erfüllt werden. Das wäre ja so, als würde ich bei anderen Modellen alle möglichen Nicht-Formen mit reinbringen. Finde ich unnötig. Anders sähe es aus, wenn ich von einem Modell von sozialen Interaktionen oder auch Kontakten jeglicher Art sprechen würde. Dann würde Nichtliebe reinpassen, aber natürlich einen anderen Namen bekommen.


Leere Liebe wirklich Liebe?

Bei der leeren Liebe kann ich teilweise nachvollziehen, dass sie da ist. Da ist eben nur die Bindung als entscheidende Komponente da und die zwei anderen hat es früher mal gegeben. Was mich aber daran stört ist der Begriff an sich. „Leere Liebe“ - gibt es denn auch eine volle Liebe? Ich würde es einfach nicht mehr als Liebe überhaupt bezeichnen, weil meiner Ansicht nach diese Form den Namen nicht verdient hat. Wenn „war“ es mal Liebe, ist es aber nicht mehr. Es ist für mich einfach eine reine Zweckgemeinschaft, aber gewiss keine Liebe mehr. Im weitesten Sinne könnte man von leerer Liebe bezeichnen, weil es früher mal Liebe gab, aber das nur noch sozusagen eine leere Hülle ist. Okay, das würde ich noch durchgehen lassen.


Was ist mit platonischer Liebe?

Was komplett außen vor gelassen wird meiner Ansicht nach, ist die platonische Liebe. Man könnte sie in die kameradschaftliche Liebe reinpacken, wo bereits Freunde und Geschwister drin sind. Ähnlich wie bei sehr langen Beziehungen fehlt die Leidenschaft. Mit dem Unterschied, dass sie vielleicht nie wirklich da war und ausgelebt wurde. Was genau unterscheidet aber nun die Freundschaft von dieser Form der Liebe? Man spürt eine starke Bindung zum anderen, sehr viel mehr Vertrauen und vor allem: Man entscheidet sich füreinander. Aber gegen Leidenschaft und Sex. Ich würde die kameradschaftliche Liebe noch etwas mehr differenzieren, um eben auch die platonische Liebe unterzukriegen.


Das Liebesmodell übertragen auf unsere heutige Gesellschaft

Wie vorhin schon erwähnt, denke ich, dass es heutzutage noch schwerer wird, überhaupt die vollkommene Liebe zu finden. Entweder man arrangiert sich damit, dass es keine Leidenschaft mehr gibt. Dann wird daraus kameradschaftliche Liebe. Oder man sucht sich wieder jemand anderen und erlebt dutzende romantische Lieben oder auch alberne Lieben. Jeder wie er möchte. Heutzutage sehe ich den Trend, dass die Bindung und Entscheidung für jemanden schwerer fällt als noch vor vielen Jahren. Das hat ganz viel mit der Digitalisierung und unserer schnelllebigen Zeit und der Konsumgesellschaft zu tun. Das hatte ich bereits in anderen Artikeln behandelt.

Viele Menschen neigen dazu, sich immer wieder in neue Beziehungen zu stürzen, sobald Vertrautheit kommt und Leidenschaft geht, suchen sie die nächste Liebe. Und so kommt dann eher das Modell der seriellen Monogamie zusammen: Wir sind einer Person treu, sind mit einer zusammen, aber eben nur für bestimmte Zeit und suchen uns wieder einen anderen Partner. Oder wir binden uns eben gar nicht, haben stattdessen viele alberne und romantische Liebesbeziehungen. Vor allem jetzt wird doch sehr viel mehr nach Leidenschaft gesucht, was durch Tinder & Co erleichtert wird. Mit der Folge, dass wir uns gar nicht mehr so richtig auf einen Menschen einlassen, kein Vertrauen, keine Intimität oder gar Bindung zulassen. Ein trauriger Trend.


Fazit:

Doch im Endeffekt müssen wir uns nicht an so ein Modell halten und schon gar nicht glauben, dass die vollkommene Liebe das ist, was wir alle brauchen und wollen. Wichtiger ist doch, sich mit sich auseinanderzusetzen und herauszufinden, was man will, wie man lieben will:

Was macht einen selbst glücklich? Das Modell suggeriert und, dass die vollkommene Liebe erstrebenswert ist, das Tollste von allem. Aber wollen wir das wirklich? Anstatt also auf das Modell zu schauen, sollten wir lieber in unsere Herzen hineinsehen und reinhören: Was will ich? Wie fühle ich mich in der Beziehung? Was empfinde ich für diesen Menschen? Und was empfindet er ? Was wollen wir eigentlich beide? Das ist doch wesentlich wichtiger als unsere Beziehungen in irgendwelche Schubladen zu stecken. Das Modell kann eine nette Orientierung sein, erklärt vieles, aber im Endeffekt ist die Liebe doch irgendwie sehr individuell und schwer zu beschreiben. So wie wir Menschen eben auch.

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