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Was uns „500 Days of Summer“ über Beziehungen, Liebe und Verliebtheit lehrt


Seit einigen Tagen lässt mich ein bestimmter Film einfach nicht los. Besonders nachdem ich ihn geschaut habe, habe ich immer wieder über die Geschichte nachgedacht und viel darüber gelesen. „500 Days of Summer“ ist seit langem mal wieder ein Film, der viel in mir ausgelöst hat...


Achtung Spoiler!

In „500 Days of Summer“ geht es um den jungen, mittelmäßig gut aussehenden Tom, der als Grußkartenschreiber arbeitet und eigentlich nie wirklich glücklich in seinem Leben war. Bis er Summer, die neue Assistentin seines Chefs, verliebt und in ihr die große Liebe seines Lebens sieht. Zunehmend kommen sich die beiden näher und auch Summer scheint Tom zu mögen – jedoch nur freundschaftlich. Von Anfang ist es eigentlich klar, dass Summer keine Beziehung will, sie hält nichts von der Liebe, glaubt nicht daran, ist auch ohne glücklich, braucht keinen festen Freund. Und obwohl sie nur Freundschaft will, sucht Tom weiterhin ihre Nähe, versucht alles Mögliche, um sie doch noch zu erobern.

Zwischenzeitlich sieht es dann wirklich so aus, als wären die beiden ein Paar. Sie treffen sich, schlafen miteinander und teilen auch intime Momente miteinander. Doch immer wieder betont Summer, dass sie nichts Verbindliches sucht und dass es für sie eben doch nur eine Freundschaft mit gewissen Vorzügen ist, was Tom regelmäßig abstürzen lässt. Doch immer wieder rappelt er sich auf und versucht und versucht. Doch er kommt nicht an sie ran.

Irgendwann sagt Summer, dass sie ihn nicht mehr treffen will, dass sie nur Freunde sein sollten. Er ist und bleibt für sie der beste Freund. Tom ist daraufhin total niedergeschlagen. Nach einiger Zeit treffen sich die beiden wieder, Tom hat wieder Hoffnungen, dass etwas aus ihnen werden könnte. Sie lädt ihn zu einer Haus-Party ein, zu der er eben auch voller Hoffnung geht. Um nur dann herauszufinden, dass Summer inzwischen verlobt ist. Das gibt ihm dann wirklich den Rest und er stürzt in eine depressive Phase, aus der er nur schwer herauskommt.

Am Ende kündigt er seinen Job und bewirbt sich woanders. Die beiden treffen sich zufällig, als Summer inzwischen glücklich verheiratet ist. Tom kann es natürlich nicht fassen und versteht so gar nicht, wie das passieren konnte, schließlich wollte Summer nie etwas von Beziehung und von Hochzeit nichts wissen...


Spoiler Ende!

Soviel also zur groben Handlung. Obwohl von Anfang an klar ist, dass es keine Love Story sein wird, wünscht man sich das im Laufe des Films umso mehr, dass es zwischen den beiden klappt.

Denn von Anfang an nehmen wir Toms Sichtweise an, die ganze Geschichte wird nur aus seiner Perspektive gezeigt. Und wie sich später herausstellt, werden eben nur ganz bestimmte und positive Sachen gezeigt, während die negativen komplett ausgeblendet werden. Alles dank Toms Filter und weil er eben nie alles gesehen hat, nur das, was er auch sehen wollte. Darum habe ich eben auch so mitgefiebert und so für Tom gehofft, dass es klappt. Verständlicherweise identifiziert man sich dann mit ihm mehr als mit Summer. Nimmt seine Perspektive ein, wird von seiner Gefühlswelt gefesselt. Auch ich konnte es am Ende nicht fassen, dass Summer sich dann doch für jemand anderen entschieden hat. Auch für mich war sie am Ende „die Böse“, die ihn vielleicht verarscht hat, dass sie gar keine Beziehung will.

Dass das aber alles eben nur eine einseitige Sicht auf die Dinge war und ich nicht erkannte, wie sehr ich von Toms Denkweise geblendet wurde, wurde mir Tage später erst bewusst. Ich hatte mich nach dem Film immer wieder damit befasst, Kritiken und Analysen und Kommentare von anderen Zuschauern gelesen. Ich habe förmlich alles aufgesaugt, was ich zu dem Film finden konnte. Und da wurde mir bewusst, dass man den Film eben auch aus einer anderen Perspektive sehen und differenzieren musste. Keiner der beiden Figuren ist gut oder schlecht, beide haben ihre Unzugänglichkeiten und Schwächen.

Dass wir aber so viel Sympathie für Tom haben, liegt eben daran, dass er die Geschichte erzählt. Kein Wunder, dass wir da so voreingenommen sind. Er ist der „nice guy“ und glaubt, dass er Summer schon irgendwie erobern wird, wenn er es nur genug versucht. Was die meisten ganz süß finden, weil er sich so anstrengt, ist streng genommen aber eigentlich ziemlich fragwürdig, weil er sie bedrängt, immer wieder seine Erwartungen an sie aufdrückt, sie unter Druck setzt. Außerdem setzt er sich immer wieder über ihren Willen hinweg. Er hört auch einfach nicht richtig zu. Hätte er das getan, hätte er auch wirklich erkannt, dass sie keine Beziehung will. Hätte er Empathie gehabt, hätte es akzeptiert und sie in Ruhe gelassen. Und sich nicht immer wieder Hoffnungen gemacht, sie doch zu kriegen.

Andererseits könnte man auch sagen, dass Summer nicht ganz unschuldig daran ist. Sie sendet ihm tatsächlich sehr gemischte Signale, mal will sie Freundschaft, dann will sie doch wieder sexuell mehr von ihm. Klar könnte man sagen: Sie will eben nicht nur eine platonische Freundschaft, sondern bisschen mehr. Aber das reicht eben dann doch nicht für eine Beziehung. Vielleicht war sie sich selbst nicht ganz sicher, was sie wollte. Doch die Grenzen zwischen Freundschaft Plus und einer möglichen Beziehung verschwimmen immer mehr. Darum ist es vielleicht auch gar nicht so leicht zu sagen, das ist richtig oder das ist falsch. Man kann darüber viel spekulieren.

Es ist ja so, dass Tom eigentlich nur in eine Idee von ihr verliebt ist, sich aber gar nicht wirklich für sie interessiert. In einer Szene wird es besonders deutlich, als sie sich ihm öffnet und Dinge erzählt, die sie sonst niemandem erzählt hat. Während sie so erzählt, wird das, was sie sagt, in den Hintergrund gerückt, man versteht es nicht mehr, es ist nur noch ein Rauschen. Der Fokus richtet sich auf Toms Innenleben: Statt aktiv zuzuhören, drehen sich seine Gedanken nur um sich und was es für ihn bedeutet, dass sie ihm das Herz ausschüttet. Er glaubt jetzt umso mehr, eine Chance mit ihr zu haben.

Tom ist so von der Verliebtheit und seiner Idee von Liebe und Summer so geblendet, dass er eben die „Red flags“ oder Zeichen nicht sieht, dass diese Beziehung zum Scheitern verurteilt ist.


Warum ich Herzschmerzgeschichten mehr als diese Happy-End-Stories mag

500 Days of Summer“ und auch ähnliche Herzschmerzfilme, die einen bittersüßen Geschmack hinterlassen, bleiben eher bei mir hängen als die typischen Hollywoodromanzen. Warum? Weil sie einfach aus dem Rahmen fallen. Sie stechen aus der Masse der Liebesgeschichten heraus, die immer gut enden. Denn die sind ja nicht unbedingt so realistisch. Die hören dann auf, wenn es eigentlich losgehen müsste. Solche Filme führen dazu, dass wir Liebe und Beziehungen idealisieren. Nur das Gute sehen und vor allem Liebe mit Verliebtheit gleichsetzen. Wenn sich Mann und Frau gefunden und sich ineinander verliebt haben und endlich zusammenkommen, hört der Film auf. Kein Wunder, dass dann viele Menschen in der Realität an der Beziehung zweifeln, sobald die Verliebtheit weg ist. Weil sie fälschlicherweise glauben, dass Liebe Verliebtheit ist.

Aber das stimmt nicht. Verliebtheit ist so zufällig und so nichtssagend, sie kommt und geht, wie sie will. Bei der Verliebtheit haben wir keine Kontrolle, es sind die Hormone, die verrückt spielen.

Doch Liebe ist etwas ganz anderes, die bleibt und geht nicht einfach. Wenn Leute sagen: Ich habe keine Gefühle mehr für dich, ist meist nicht die Liebe, sondern Verliebtheit gemeint. Es ist aber eben so, dass sie vergeht, alles andere wäre unrealistisch. Aus Verliebtheit wächst Liebe. Liebe ist kein reines Gefühl, sie ist eine Entscheidung und mit viel Arbeit verbunden. Liebe ist, sich immer wieder für den Partner zu entscheiden und ihn mit seinen positiven wie negativen Seiten zu akzeptieren.

Und davon erzählen die meisten Liebesgeschichten in Filmen und Büchern leider herzlich wenig, was schade ist. Das ist eben nicht die Realität, sie spiegeln die Hoffnungen und Sehnsüchte der Menschen wider, wir alle sehnen uns vielleicht nach diesen harmonischen Beziehungen, die nur von Verliebtheit getragen sind. Wir wollen, dass die Verliebtheit bleibt, dass der Rausch nicht mehr geht. Aber das sind nur oberflächliche Geschichten, keine echten Liebesbeziehungen.


Der Unterschied zwischen Verliebtheit und Liebe

Bei Verliebtheit sehen wir den anderen nicht so wie er ist. Sondern so, wie wir ihn gern hätten. Wir machen uns einen Bild davon, so wie Tom auch von Summer, was nicht unbedingt viel mit dem echten Menschen zu tun haben muss. Und wir sehen nur das Positive, verdrängen das Negative, was nicht passt. Das ist bei Tom genauso gewesen, darum hat er nicht gemerkt, dass die Beziehung eigentlich nicht gut läuft. Bei Verliebtheit geht es uns nicht wirklich um den Menschen, sondern um das, was er in uns auslöst und das, was er uns gibt. Der andere ist dazu da, unsere Bedürfnisse zu stillen.

Doch je mehr wir den anderen kennenlernen, desto mehr bröckelt die Illusion und wir erkennen: Der andere ist eben doch ein eigenständiger Mensch mit Macken und Fehler. Und er ist dazu da, uns glücklich zu machen. Und wir können und sollten den anderen nicht so gestalten, wie wir es gern hätten. Das machen ja viele nach der Verliebtheitsphase, sie kritisieren den anderen und wollen ihn gern verändern. Ich kenne das auch aus eigener Erfahrung und bin daran gescheitert. Das ist dann auch nicht Liebe.

Der Film „500 Days of Summer“ stellt diese Verliebtheit in Frage und regt dazu an, darüber wirklich nachzudenken. Die eigene Verliebtheit kritisch zu hinterfragen. Warum verlieben wir uns eigentlich? Nicht wirklich in die Person selbst und dann sind wir enttäuscht und geben dem anderen die Schuld, dass er unsere Erwartungen nicht entspricht. Das ist ja eigentlich ein ganz normaler Prozess, dass man enttäuscht wird, weil man den anderen nach und nach wirklich so sieht, wie er ist. Man erliegt anfangs einer Täuschung, weil sich jeder Verliebte erst einmal ein verzerrtes Bild, eine Illusion vom anderen macht. Der andere wird durch den rosarote Brille gesehen.


Ein Ende ist immer wieder ein Anfang

Vor allem zeigt der Film sehr anschaulich und recht glaubwürdig, dass Liebesgeschichten im echten Leben eben nicht immer glatt laufen. Oder dass sie eben kein Happy End haben. Dass es nicht so ist, dass sich Mann und Frau treffen, verlieben und glücklich zusammen kommen. Es ist eher Realität, dass sich Menschen finden und es sich doch herausstellt, dass es nicht passt. Dass einer von beiden sich unsterblich verliebt, aber der andere nicht so empfindet. Dass die Liebe vielleicht auch mal nicht reicht oder man merkt, dass man nicht kompatibel miteinander ist. Und dann geht man getrennte Wege. So etwas sieht man ja leider relativ selten in Filmen. Bis es aber im echten Leben funktioniert, kann es schon dauern und dann datet und datet man viele andere Menschen. Geht von einer zur nächsten Beziehungen. Und dann können auch solche Konstellationen entstehen, die man nicht so richtig beschreiben kann. Vielleicht will der Film auch generell die Vorstellung der einen großen Liebe in Frage stellen. Vielleicht gibt es sie auch nicht, vielleicht gibt es nicht den Richtigen oder die Richtige, wer weiß? Darum leben viele Menschen ja auch eine serielle Monogamie, sie haben mehrere monogame Beziehungen hintereinander weg.

Das Ende des Films ist schon bittersüß. Man könnte meinen, dass beide am Ende ihren Weg gehen und ihr Happy End finden. Sie findet jemanden, mit dem sie ihr Leben teilen will. Tom trifft eine Frau, die vielleicht die Richtige sein könnte und kann Summer endlich loslassen. Aber man könnte es vielleicht auch nicht als Happy End sehen. Nämlich insofern der ganze Zyklus mit einer neuen Frau wieder von vorne anfängt. Und ohne dass Tom etwas aus den Erfahrungen mit Summer gelernt hat. Der Teufelskreis könnten wieder losgehen. Denn wirklich reflektiert hat er nicht. Gut, er hat dann endlich die Zeichen gesehen, die das Ende der Beziehung hätten deutlich machen können. Immerhin. Und das hat ihm auch geholfen, das Ganze zu verarbeiten und endlich drüber hinwegzukommen. Er hat nicht über seinen Anteil an dem Scheitern der Beziehung nachgedacht. Aber ich fürchte, er hat immer noch eine bestimmte Vorstellung von Liebe und verfällt wieder einer Illusion, wenn er jetzt mit der Neuen, Autumn, anbändelt. Es könnte wieder so werden wie mit Summer, muss aber nicht. Das ist unserer Fantasie als Zuschauer überlassen.

Was ich allerdings am Film schön fand, war die Message, dass das Leben nach großem Liebeskummer weitergehen kann. Und dass dieser Katalysator für einen Neuanfang sein kann. Wir müssen erst tief fallen, um uns selbst zu finden und dann gestärkt aus der Krise rauszugehen. Ohne Summer und die Trennung wäre Tom weiter in einem Job geblieben, der ihn unglücklich macht. Aber durch diese Krise beschäftigt er sich intensiver mit sich, seinem Leben und was er wirklich will. Der Kummer und die Trauer über die Trennung wandelt er in etwas Produktives, nachdem er lange in einer depressiven Phase gesteckt hatte. Und er schmeißt den Job und bewirbt sich woanders, folgt seiner eigentlichen Bestimmung. Am Ende hatte der Herzschmerz also doch etwas Gutes.

Ich mag solche Herzschmerzfilme wirklich sehr. Nicht nur, weil sie es sie so selten gibt und sie Abwechslung bringen. Während die typischen Hollywoodromanzen nur ein gutes Gefühl hinterlassen, regen mich Filme wie „500 Days of Summer“ zum Nachdenken an. Über die eigene Vorstellung von Liebe und Beziehungen, über eigene Beziehungserfahrungen. Ich denke, dass generell traurige Geschichten die sind, die hängen bleiben. Geschichten, die wir brauchen, genauso wie wir auch traurige und negative Erlebnisse wie Krisen im Leben brauchen, um daran zu wachsen.

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