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Warum eine Trennung auch für den Schlussmacher hart ist

Kommt es zur Trennung ist es meist der Verlassene, an den zuerst gedacht wird. Er wird als Opfer gesehen, das es besonders schwer hat. Dass es aber auch für den Schlussmacher meist hart ist, wird oftmals vergessen.

Als ich mich von meinem Mann getrennt hatte, hatte ich damit gerechnet, erleichtert zu sein. Oder zumindest irgendwelche positiven Gefühle zu empfinden. Das Gegenteil war der Fall. Statt mich befreit und erleichtert zu fühlen, kämpfte ich mit Schuldgefühlen und einem schlechten Gewissen. Und da wurde mir bewusst, dass eine Trennung eben auch für denjenigen schwer ist, der geht.

Oftmals haben viele im Kopf, dass sich der Schlussmacher gar nicht schlecht fühlt. Schließlich war er derjenige, der sich getrennt hatte. Er ist derjenige, der Schuld am ganzen Schlamassel ist. Er hat nicht weiter für die Beziehung gekämpft. Er ist sozusagen der Täter, der für all das Negative, was nach der Trennung folgt, verantwortlich ist. Er fügt dem Verlassenen Schmerz zu, wegen ihm geht es dem anderen mies.

Doch so einfach ist es eben nicht. Oftmals sehen wir die Dinge einfach viel einseitig, viel zu schwarz-weiß. Es ist leicht, dem einen die Schuld zu geben, ihn als Täter hinzustellen und die andere Person als Opfer. Aber die Wahrheit ist: Das Ende einer Beziehung hat nicht nur etwas mit einer Person zu tun. Beide haben ihren Anteil daran. Und nur weil ich diejenige war, die Schluss gemacht hat, bedeutet das noch lange nicht, dass es mir gut damit geht. Ganz im Gegenteil: Ich fühle mich mies.

Klar, ist eine Trennung gerade für den Verlassenen total hart. Meist kommt sie recht plötzlich, der Verlassene fällt aus allen Wolken, weil er davor nichts gemerkt hat. Derjenige hängt noch an der Beziehung, will dafür kämpfen und kommt mit der Trennung schlechter klar.

Währenddessen hat der Schlussmacher sich wahrscheinlich schon länger mit der Trennung befasst, immer wieder abgewogen, ob er bleiben oder gehen soll. Er hat meist schon viel früher mit der Beziehung abgeschlossen.

Doch trotzdem ist es auch für den Schlussmacher nicht einfach ein Fingerschnips, sich zu trennen. Und das habe ich jetzt umso mehr gemerkt. Ich habe noch nie zuvor überhaupt Erfahrungen damit gemacht, da es für mich auch die erste Beziehung war.


Zweifel an der Beziehung

Nicht alles an der Beziehung war schlecht. Es gab so viel Schönes und Gutes, wofür ich so dankbar bin. Es war auch nie so, dass ich wirklich unglücklich gewesen bin. Aber eine gewisse Unzufriedenheit war da, mal mehr oder mal weniger. Ich habe diese Unzufriedenheit ignoriert, mich auf das Positive konzentriert, mich irgendwie mit allem arrangiert, meine Erwartungen runtergeschraubt. Und mich damit auch selbst getäuscht. Denn tief in mir drin wusste ich: So eine Art von Beziehung wollte ich nicht führen. Denn ich hatte Zweifel: Passen wir wirklich noch zusammen? Hänge ich noch an ihm? Liebe ich ihn wirklich noch? Bin ich wirklich glücklich mit ihm?

Manche mögen mich vielleicht verurteilen, dass ich so schnell aufgegeben habe. Aber eigentlich habe ich schon vor Jahren immer mal wieder mit dem Gedanken gespielt, mich zu trennen. Es gab immer wieder Momente, in denen die Beziehung auf der Kippe stand. Sei es, weil wir beide uns einfach in zu unterschiedliche Richtungen entwickelt haben. Sei es, weil ich gerne sexuelle Erfahrungen mit anderen Männern sammeln wollte. Oder sei es, weil ich mich einfach in einen anderen Mann verliebt hatte und ihn nicht vergessen konnte und wollte. So viele Punkte in meinem Leben, an denen ich mich nach außen hin für die Beziehung entschieden habe. Aber eigentlich habe ich mich doch dagegen entschieden, habe mein Ding durchgezogen, als wäre ich gar nicht in einer Beziehung, habe sie gekonnt ausgeblendet. Einen Ego-Trip gemacht. Und jetzt fällt mir das alles auf die Füße. 

Ich frage mich, wann die Beziehung eigentlich schon langsam zu Ende gegangen ist. Sehr wahrscheinlich als ich anfing, ihn zu belügen und zu betrügen. Nicht unbedingt eine gute Basis für eine nachhaltige Partnerschaft. Ich redete mir ein, dass es halt so nicht anders geht, um glücklich zu sein, aber dass ich trotzdem mit ihm zusammen sein will. Weil das mit uns eben schon so lange geht, weil ich von einer Liebe, die nicht endet, geträumt habe. Weil ich dachte, dass unsere Beziehung alle Probleme überwinden kann. Doch die Wahrheit ist: Ich habe mich die ganze Zeit nur selbst belogen, mir die Beziehung schön geredet.

Ich habe mich trotz der vielen Baustellen entschieden, zu bleiben. Aber innerlich habe ich vermutlich doch immer mehr Abstand genommen. Denn eine wirklich ehrliche Kommunikation über das, was ich mir wünsche und wie ich empfinde -- die hat nicht stattgefunden.  Ich wollte an der Beziehung festhalten, bin deswegen nicht gegangen. Hatte gehofft, die Beziehung zu retten, indem ich den Heiratsantrag annehme. Indem ich ihn heirate. Aber das hat am Ende alles nichts gebracht. Trotzdem bin ich immer weiter gegangen, habe mich immer mehr von ihm entfernt. So sehr, dass ich auch emotional irgendwie nicht mehr für ihn verfügbar war.

Und da habe ich mich gefragt: Macht das wirklich noch Sinn, der Beziehung noch mal eine zweite Chance zu geben? Es gab davor schon viele Chancen, viele Male, bei denen ich geblieben bin. Viele Male, bei denen ich mich aber gleichzeitig gegen ihn entschieden habe. 

Ich fürchte, dass eine Trennung einfach schon längst überfällig war. Schon damals, als die Zeichen nicht gutstanden, hätte ich einfach gehen soll. Doch ich hing noch zu sehr an ihm, dachte, dass ich nie wieder jemanden wie ihn finden werde, der mich so lieben wird. Mit dem es so gut passen würde. Statt also das Risiko, allein zu sein, einzugehen, habe ich meine Komfortzone nicht verlassen, wollte ich die Sicherheit der Beziehung nicht aufgeben.

Doch jetzt fühle ich es sehr intensiv: So kann es nicht mehr weitergehen. Weitere Versuche werden ins Nichts führen. Es bringt nichts mehr. Ich denke mir, dass die Trennung uns beiden auf lange Sicht gut tun würde. Denn auf Dauer wird uns das beide unglücklich machen, weiter zusammen zu sein. Mich, weil viele meiner Bedürfnisse nicht gestillt werden. Und ihn, weil es vielleicht wieder zu Vertrauensbrüchen kommen könnte. Wir sind ganz offensichtlich doch in vielen Dingen zu unterschiedlich geworden, dass wir kaum mehr zueinander finden können. 


Warum es trotzdem wehtut

Und trotzdem tut es weh, ihn zu verlassen. Er war meine erste große Liebe. Der erste Mann in meinem Leben, mit dem ich viele erste Male erlebt habe. Wir sind zusammen erwachsen geworden, wir haben so viel zusammen durchgestanden. Das waren mehr als zehn Jahre gemeinsame Zeit. Ein Drittel unseres bisherigen Lebens. Das wirft man nicht einfach so weg. Natürlich bedeutet mir das viel. Darum hänge ich ja so sehr daran, darum habe ich mich auch immer so schwer damit getan, zu gehen. 

Direkt nach der Trennung wanderten meine Gedanken immer in die Vergangenheit. Als damals noch alles gut war und wir beide glücklich waren. Nostalgie kam auf und die schönen Erinnerungen machten sich breit. Es schmerzte in meiner Brust, weil ich wusste, dass das nun alles der Vergangenheit gehört und nie wieder so sein wird. Ich trauere darüber, was wir früher mal füreinander waren, wie es früher mal war. Es tut weh, was inzwischen aus uns geworden ist. 

Mit der Trennung habe ich all die Hoffnungen, all unsere gemeinsamen Träume, Pläne und unsere gemeinsame Zukunft begraben. Das, was noch hätte sein können, all das, muss ich für einen Neuanfang loslassen. Und doch kommen eben immer wieder Zweifel auf, die mir das Loslassen erschweren.

Es ist auch nicht so, als wäre er mir egal. Ganz im Gegenteil: Mein Mann bedeutet mir immer noch so viel. Er ist für mich mit der wichtigste Mensch in meinem Leben. Mein bester Freund und Seelenverwandter. Ihn zu verlieren, bedeutet, auch einen sehr großen und wichtigen Teil meines Lebens zu verlieren. Und das tut eben auch verdammt weh. Zu wissen, dass die Person, die mir am nächsten stand, nicht mehr in meinem Leben ist, führt zu existenziellen Ängsten. Einsamkeit macht sich breit und die Angst, nie wieder jemanden zu finden, der dieser besondere Mensch für mich sein kann. 

Und ich liebe ihn noch immer, es ist ja nicht so, als würden Gefühle verschwinden. Ich liebe ihn vielleicht nicht mehr wie eine Partnerin ihren Partner liebt, aber trotzdem sind die Gefühle noch stark. Und natürlich sorge ich mich um ihn. Ihn so verletzt und vollkommen am Boden zerstört zu sehen, bricht mir das Herz. Ihn so traurig und unglücklich zu sehen, macht auch mich unglücklich. Denn ich will ihm nicht wehtun. Er ist der letzte Mensch, dem ich das antun will. Aber ich tue ihm mit der Trennung so unglaublich weh und das ist es, was ich mir selbst nicht verzeihen will. Warum ich mich so schlecht fühle. Mit diesen Schuldgefühlen werde ich wohl leben müssen. 

Eine Trennung verursacht immer auch viele Verletzungen, Kummer und Schmerz, Enttäuschung, Wut und noch viel mehr. Doch ich bin nicht mehr diejenige, die ihn trösten sollte. Das steht mir nicht zu. Obwohl ich so gern bei ihm wäre, um ihn zu trösten. Ich kann nicht mehr die Person sein, die für ihn da ist. 

Nach der Trennung kamen bei mir auch immer wieder Zweifel. Zweifel an der Richtigkeit meiner Entscheidung: Übertreibe ich nicht? Hätte ich nicht mehr kämpfen sollen? War es wirklich so schlimm? Hätte ich nicht lieber bleiben sollen? Was ist, wenn ich die Trennung doch bereue? Immer wieder diese Fragen, die mich quälen und nicht in Ruhe lassen.

Es ist nicht so, dass ich danach super glücklich gewesen wäre. Nein, stattdessen machten sich diese Zweifel und Schuldgefühle breit, ließen mich ebenfalls in ein Loch fallen. Von Erleichterung keine Spur. Stattdessen fühlte ich mich mies, weil ich ihn verletzt hatte, aber auch selbst verletzt war. Ich war diejenige, die gegangen ist. Ich habe einem wundervollen Menschen das Herz gebrochen. Natürlich macht das etwas mit einem, sogar sehr viel!


Irgendwann werde ich loslassen können

Mittlerweile geht es mir ein wenig besser damit. Aber es gibt immer wieder Momente, in denen ich an unsere gemeinsame Zeit zurückdenke, was wir mal waren und was er mir auch bedeutet hat. Dann kommt wieder eine Traurigkeit auf. Manchmal kann ich es immer noch nicht fassen, dass unsere Geschichte wirklich zu ende gegangen ist. Aber Tag für Tag fällt es mir leichter, die Trennung zu akzeptieren und mich mit meinem neuen Leben anzufreunden. Auch das Positive zu sehen.

Und doch denke ich, wird es Zeit brauchen, auch diese Trennung zu verarbeiten, um diese Beziehung zu trauern. Das kann länger dauern, denn mehr als zehn Jahre Beziehung vergisst man ganz sicher niemals. 

Ich hoffe, dass die Momente des Zweifelns und der Trauer um die Beziehung weniger werden. Dass ich irgendwann auch mal an dem Punkt komme, dass es nicht mehr so wehtut, wenn ich an unsere Beziehung und gemeinsame Zeit zurückdenke.

Irgendwann wird es vielleicht nicht mehr so schmerzen. Und ich werde stattdessen ganz viel Freude und Dankbarkeit verspüren. Dankbarkeit, dass wir uns beide geliebt haben und eine wunderschöne gemeinsame Zeit hatten. 

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