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Ich bin einfach nur sauer!


Es ist mal wieder passiert: Mein Puls ist auf 180. Ich bin in Rage. Die Wut hat mich fest im Griff. Doch diesmal lasse ich es zu, wehre mich nicht dagegen.

Es fing eigentlich nur mit einer „Kleinigkeit“ an. Er hat nämlich zwei mal in Folge nicht danach gefragt, wie mein Tag war. Und generell kommen nicht so oft Fragen von ihm, nicht mal als Gegenfragen. Ausgenommen sind die Standardphrasen wie „Wie war deine Nacht? Wie hast du geschlafen?“

Ja, es klingt total übertrieben, sich darüber aufzuregen. Für ihn mag es nur eine Kleinigkeit sein, aber für mich ist es eine große Sache. Mögen andere seine Ansicht teilen, aber darauf kommt es nicht an. Heute geht es nur um mich. Egal, wie scheiße egoistisch das jetzt aussieht. Mir doch egal!

Natürlich könnte ich auch von mir aus erzählen, wie mein Tag war. Aber darum geht es auch gar nicht. Es geht einfach um dieses Interesse am anderen. Und wenn ich merke, dass es den anderen nicht interessiert (eben weil er nicht fragt), dann mache ich mir sicher nicht die Mühe, ihn mit Sachen zuzutexten, die ihm am Arsch vorbeigehen.

Denn hinter dieser einfachen kleine Frage steckt im Prinzip etwas total wichtiges für Beziehungen. Und ich finde, dass es eben dann nicht mehr eine Kleinigkeit ist, wenn man an diese Sache nicht denkt und dann unaufmerksam ist.


Was hinter einer Kleinigkeit steckt

Mir ist es wichtig, dass mein Partner sich für mich interessiert, dass er sich danach erkundigt, wie es mir geht, was mich bewegt, was ich so gemacht habe. Ehrliches Interesse am anderen und seinem Leben zu haben gehört für mich einfach zu einer guten Beziehung dazu. Und ich denke, dass ich da gewiss nicht die einzige bin, die so denkt. Wer möchte schon einen Partner haben, der sich nur für sich selbst und nicht für die Partnerin interessiert. Eben, niemand!

Dieses Interesse äußert sich für mich durch Fragen stellen: Wie geht es dir? Wie war deine Nacht? Wie hast du geschlafen? Wie war dein Tag? Was ist so bei dir passiert? Mit welchen Menschen hast du den Tag verbracht?

Solche eigentlich total selbstverständlichen Fragen. Sie mögen wie Phrasen klingen, weil sie so beiläufig gesagt werden. Aber sie sind einfach enorm wichtig, um mit dem anderen in Verbindung zu bleiben, Teil seines Lebens zu sein. Vor allem dann wichtig, wenn man sich nicht eben jeden Tag sieht und zusammen wohnt. Da kommt es umso mehr darauf an, eine Connection zu bewahren. Und vor allem auch das Gespräch am Laufen zu halten, ob nun per Chat oder Telefon.

Für mich ist es einfach selbstverständlich, mich für meinen Partner oder überhaupt für Menschen zu interessieren. Ich bin neugierig. Und ich höre gern zu. Und deswegen stelle ich auch gern Fragen, viele Fragen. Leute mögen es, wenn sie von sich erzählen können.

Und gleichzeitig mag ich es, wenn mir Fragen gestellt werden. Weil mir das zeigt, dass der andere etwas von mir wissen will, sich für mich interessiert, mir näher kommen will.


Fragen sind für gute Gespräche wichtig

Das trifft auf alle möglichen Beziehungen zu, aber ganz besonders auf Liebesbeziehungen.Vielleicht bin ich inzwischen echt zu sehr auf Fragen fixiert. Ich habe mir diverse Kartensets bestellt, um mir selbst Fragen zur Reflexion zu stellen. Aber auch Sets, die für Deep Talks mit dem Partner gedacht sind. Ich habe eine ganz lange Liste mit all möglichen Fragen zusammengestellt, die ich nach und nach abarbeiten will. Ich überlege mir ständig außergewöhnliche Fragen, die ich stellen kann.

Ja, vielleicht bin ich ein echter Fragen-Nerd. Na und? Gibt schlimmeres, oder?

Was ist so verkehrt daran, jemanden etwas zu fragen und ihn zum Erzählen einzuladen? Das ist doch eine tolle Sache für beide Seiten.

Ich wiederhole mich, ich weiß, aber es ist nun mal so: Ich stelle gern Fragen und ich glaube, dass Fragen einfach auch ein Schlüssel für gute Kommunikation in Beziehungen sind. Wer nicht mehr fragt, interessiert sich nicht mehr für den anderen und die Beziehung. Der denkt vielleicht, er weiß eh schon alles, kennt den anderen in- und auswendig.

Das hat mich in meiner ersten Beziehung auch so gestört. Da kam von meinem Partner selten mal eine Frage. Er wollte ohnehin nicht viel reden. Das war damals also noch einmal schlimmer. Ich habe mir einen abgemüht, mit ihm schöne Gespräche zu führen. Und irgendwann bin ich mit der Zeit auch einfach verstummt, habe es aufgeben, etwas zu erzählen. Das Ende kennen alle, die den Blog gelesen haben.


Warum diese Vergesslichkeit?

Für mich sind Fragen einfach eine Selbstverständlichkeit. Doch das ist für viele andere Menschen einfach nicht so. Und da zähle ich meinen Freund auch dazu. Okay, er hat es sich in letzter Zeit auch vorgenommen, öfter mal Fragen zu stellen. Vor allem auch wenn ich zuerst etwas gefragt habe. Wenn wir uns sehen, fragt er dann doch mal: Wie war dein Tag? Das ist schon eine Besserung, das schätze ich schon sehr wert.

Aber manchmal glaube ich, dass er nicht wirklich den Sinn dahinter versteht und es nur deswegen macht, um mir einen Gefallen zu tun. Das ist ja an sich gut, aber es ist irgendwie auch erzwungen und damit nicht so befriedigend.

Beim Schreiben passiert es dann öfter mal, dass diese Frage einfach dann vergessen wird.

Nun könnte man einwenden: Er hat es ja nicht böse gemeint. Das war nicht absichtlich so. Er wollte mich damit nicht verärgern und verletzen. Schon klar! Aber er weiß eben auch ganz genau, wie wichtig mir das ist, nicht nur diese Frage, sondern generell einfach Interesse am anderen zeigen. Und ich bin da leider echt übersensibel, was das betrifft.

Und dann denke ich mir: Warum ist das denn so schwer, einfach mal zu fragen? Interessiert es ihn am Ende wirklich nicht? Ist es eine Art Protest, bewusst nicht zu fragen, obwohl er weiß, dass ich das gern hab? Dann müsste ich mir schon echt Sorgen machen. Solche Standardfragen wie „Wie hast du geschlafen?“ funktionieren doch auch so einfach. Warum nur klappt es aber nicht bei allen anderen Fragen?


Kommunizieren wir zu verschieden miteinander?

Vielleicht ist er einfach ein Mensch, der anders kommuniziert. Er stellt selten Fragen, weil er annimmt, dass der Gesprächspartner schon was erzählen wird, wenn es etwas spannendes gibt oder ihm wichtig ist. Dann ist er meiner Meinung nach aber schon ganz schön auf sich fixiert und passiv, wenn er auf den anderen nicht eingeht und eher abwartet, bis der andere was sagt. Vielleicht ist er es auch einfach nicht gewöhnt, weil er bisher nur mit Menschen zu tun hat, die einfach viel von sich aus erzählen. Und man selbst tut es auch, sodass am Ende einfach nur ganz viel erzählt, aber wenig gefragt wird.

Mich macht es aber traurig und wütend zugleich, wenn wir eben nicht auf derselben Ebene miteinander kommunizieren. Mit meiner Affäre war das damals noch anders. Er war introvertiert und generell auch ein neugieriger Mensch, der gut zuhören konnte. Er stellte unendlich viele Fragen. Und das wiederum führte dazu, dass ich mehr erzählte und auch mehr aus mir herauskam. Vielleicht entwickelte sich dadurch auch eine enorme emotionale Nähe zwischen uns.

Mag sein, dass hinter der Wut irgendwie auch Trauer steckt. Und dahinter noch einmal das Bedürfnis nach Nähe und Bestätigung, das durch Interesse zeigen gestillt wird: Ich bin meinem Partner wichtig, er will mir emotional nah sein, indem er mich fragt, was in meinem Leben so los ist.

Man sagt, man sollte sich seiner Wut nicht hingeben. Das macht es nicht besser, im Gegenteil: Die Wut wird schlimmer. Und sie ist zerstörerisch. Sie schadet anderen. Aber vor allem schadet sie einem selbst. Es wäre besser, die Wut anders auszulassen, weniger zerstörerisch. Etwas dagegen zu tun, sie anderweitig zu kanalisieren.

Doch wisst ihr was? Diesmal scheiß ich darauf, meine Wut irgendwie in den Griff zu bekommen. Ich habe es so satt, mich ständig anzupassen, immer gut da zu stehen, meine Bedürfnisse hinten an zu stellen. Immer everybodys Darling zu sein, nur um von anderen gemocht zu werden, um zu gefallen. Ich habe es so satt, meine Gefühle zu unterdrücken, nur um eine scheiß Harmonie wiederherzustellen. Aus Angst davor, abgelehnt zu werden.


Ich darf und will wütend sein

Und dann wieder als die Böse dazustehen, nur weil ich mich in seinen Augen über etwas aufrege, was Kindergarten ist! Was bitte maßt er sich an, darüber zu urteilen, was nun Kindergarten ist oder nicht? Hat er eine Ahnung, wie es mir geht? Wie es sich für mich anfühlt? Ganz sicher nicht! Es ist so leicht, über andere zu urteilen, wenn du nicht in deren Schuhen steckst.

Und ich erlaube es mir, einfach wütend zu sein. Weil ein für mich wichtiges Bedürfnis nicht erfüllt wurde. Natürlich ist der Partner nicht dafür da, meine Bedürfnisse zu befriedigen. Aber gewisse Erwartungen, die eigentlich selbstverständlich sind, sollten doch wenigstens drin sein, oder?

Es ist mir egal, ob ich damit kindisch bin, mich zum Affen mache oder er dafür dann auf mich sauer ist. Soll er doch! Ich will nicht wieder angekrochen kommen, wieder die Schuld auf mich ziehen, damit er im Recht ist und alles wieder gut ist? Ganz sicher nicht. Ich finde, wir dürfen auch mal wütend sein und diese Wut auch mal ausleben. Eine Beziehung muss so etwas auch mal aushalten können.

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