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Stopp mit der Selbstoptimierung: Ich muss meine Grenzen nicht immer überschreiten


Ich will immer weiter hinaus. Doch ich stoße immer wieder an Grenzen. Mit aller Kraft will ich sie überwinden. Gehe immer einen Schritt weiter. Manchmal läuft es gut. Doch manchmal merke ich, dass es manchmal besser ist, sich an eigene Grenzen zu halten.


Was sind Grenzen?

Grenzen – das klingt so negativ. Eingeengt sein. Einschränkungen. Kein Freiraum. Keine Freiheit. Bis hier hin und nicht weiter. Wenig Spielraum. Abgrenzung von den anderen. Sich abschotten.

Es kommt immer auf die Interpretation an und wie man das sieht, was außerhalb der Grenzen ist und was mit Grenzen bewirkt werden sollen.

Grenzen können auch positiv wirken. Etwas wird beschützt. Ein sicherer Space, der unberührt bleibt. Abgrenzung im positiven Sinne, um bei sich zu bleiben, um sich selbst treu zu sein. Grenzen aus Selbstschutz. Für sich selbst einstehen, um sich selbst kümmern, dass es einem gut geht. Grenzen setzen bedeutet auch, jemandem Einhalt zu gebieten. Verhindern, dass jemand etwas tut, was man nicht will. Nein zu anderen sagen. Und dafür Ja zu sich selbst sagen.

In diesem Wort steckt so viel, dass vermutlich jeder auch etwas anderes damit verbindet. Ein Beweis, dass Sprache auch mit so individuellen Bedeutungen aufgeladen sein kann.


Grenzen sind flexibel

Jeder Mensch hat Grenzen, die er nicht überschreiten will und kann. Aber nicht alle Grenzen sind endgültig, dürfen nicht überschritten werden. Manche Grenzen sind vielleicht lockerer, lassen sich verändern, lassen sich ausdehnen. Manche Grenzen werden dagegen enger gesetzt.

Ich habe gewisse Grenzen, von denen ich dachte, dass sie gesetzt sind. Sind und waren sie aber doch nicht. Mit der Zeit erkannte ich, dass alles im Leben Wandel und Veränderungen erlegen ist. Selbst meine Grenzen, von denen ich dachte, dass sie mir als Orientierung und Halt dienen. Auch sie veränderten sich mit der Zeit.


Immer höher, immer weiter, immer mehr

Mittlerweile tendiere ich dazu, meine eigenen Grenzen immer wieder zu überschreiten. Weil ich es will. Weil für mich Grenzen so etwas wie meine Komfortzone darstellen. Solange ich mich innerhalb meiner Grenzen bewege, ist alles gemütlich, fühlt es sich gut an. Doch ewig darin zu bleiben, ist doch nicht Sinn und Zweck des Lebens.

Wir selbst setzen uns Grenzen, vor allem auch im Kopf. Haben wenig Mut, diese auch mal zu sprengen und mal außerhalb zu schauen, was da noch geht. Wie überrascht wir wären, wenn wir sehen würden, dass es möglich ist, eigene Grenzen zu überschreiten. Und dass es zwar unangenehm und angsteinflößend sein kann, wir aber auch daran wachsen.

Es ist ein bisschen so wie mit Regeln im Leben. Sie sind dazu da, dass wir sie brechen, heißt es so schön. Und Grenzen sind ähnlich dazu da, dass wir uns nicht ewig innerhalb dessen bewegen, sondern, dass wir uns auch mal trauen, diese Grenzen zu überschreiten.

Doch es ist ein zweischneidiges Schwert. Es ist nicht per se gut, immer wieder die eigenen Grenzen zu überschreiten. Ganz besonders, wenn es sich nicht gut anfühlt. Wenn es nicht so wird, wie man es sich vorgestellt hat. Wenn man am Ende zu Schaden kommt.

Wann ist es sinnvoll, Grenzen zu überschreiten?

Und da hilft es, über eigene Grenzen zu reflektieren. Welche Grenzen sind definitiv gesetzt? Welche will ich auf keinen Fall jemals irgendwie überschreiten?

Und welche Grenzen sind vielleicht doch etwas flexibler? Weil welchen Grenzen würde es mich nicht so sehr stören oder mir schaden, wenn ich diese mal ignoriere?

Dass es nicht immer leicht ist, zu entscheiden, was richtig ist oder nicht, sollte klar sein. Oftmals können wir das erst herausfinden, wenn wir damit spielen und es ausprobieren. Das ist nicht immer angenehm, kann verletzend sein, kann verstören, kann vieles in einem auslösen, nachhaltige Folgen haben. Doch jede Erfahrung macht uns klüger, nicht wahr?

Ich fordere das stets heraus, auch wenn es sich oftmals erst einmal nicht gut anfühlt. Es wird mit der Zeit besser. Je öfter ich es tue, desto leichter und vielleicht angenehmer wird es. Leben am Limit, immer wieder Grenzen überschreiten und erkennen, was für Potenzial noch in mir steckt. Indem ich mir sonst enge Grenzen setzen würde, würde ich mich selbst einschränken Und so ein Leben will ich nicht führen.


Wann sollte ich auf meine Grenzen wirklich achten?

Doch wo liegt bei dem ganzen Grenzen überschreiten nun die Grenze?

Ich denke mir manchmal, dass ich vielleicht zu viel will und zu schnell. Dann überstürze ich so einiges und bereue es vielleicht am Ende. Mache mich selbst damit körperlich und seelisch fertig. Ich sehe das gerade vor allem bei meinen sportlichen Ambitionen. Ich will um jeden Preis eine bestimmte Leistung schaffen. Merke aber, dass mein Körper an seine Grenzen kommt.

Statt auf diese Signale zu hören, hat mich mein Ehrgeiz fest im Griff. Mein Wille ist stärker als mein Körper. Und so ziehe ich es durch, gehe über meine Grenzen hinaus. Mit welchen Folgen? Am Ende bin ich komplett fertig, aber glücklich. Doch ist das langfristig wirklich so gut, immer wieder die eigenen Körpersignale und Grenzen zu überschreiten? Sollte ich vielleicht nicht eher auf meine körperlichen Grenzen hören und einen Gang runterschalten? Wenn ich so weiter mache, übertreibe ich es und mache mich langfristig nur fertig. Vielleicht so sehr, dass ich meinem Sport nicht mehr nachkommen kann. Das wäre es doch auch nicht wert.

Ich bin im Zwiespalt und weiß nicht, was das richtige ist. Meine Grenzen überschreiten, um noch weiter zu wachsen. Oder doch lieber auf meine Grenzen hören und auf mich selbst acht geben. Habe ich vielleicht das Gefühl für meine eigenen Grenzen verloren? Weil ich der Selbstoptimierung verfallen bin und nur noch blind immer weiter hinausgehe, ohne zu schauen, ob das wirklich gut ist? Selbstoptimierung ist nicht immer gut.


Wann ist es Wachstum und wann seelische Folter?

Dasselbe mit meinen eigenen emotionalen Grenzen. Es gibt Dinge, bei denen ich mich einfach nicht wohl fühle. Ich weiß, dass ich das nicht wirklich will. Aber meine rationale Stimme in mir sagt: Probiere es doch trotzdem aus. Du kannst daran nur wachsen. Mit der Zeit wird es vielleicht besser. Auch wenn es sich gerade nicht gut anfühlt. Veränderung und Wachstum können sehr unangenehm sein, vor allem wenn ich mit negativen Emotionen konfrontiert bin.

Ich sehe das in sozialen Situationen, in denen meine sozialen Ängste getriggert werden. Doch ich gehe ihnen nicht aus dem Weg, auch wenn ich damit gewisse Grenzen meiner Komfortzone überschreite. Weil ich weiß, dass es sonst nur Fluchtmechanismen sind, die mich vor etwas schützen, was total bescheuert wäre. Ich wäge ab: Was wiegt schwerer, was ist wichtiger und bringt mich am Ende weiter? Ich entscheide mich, meine Grenzen zu überschreiten, weil ich über mich hinauswachsen will.

Doch was ist nun mit Dingen, mit denen ich mich wirklich nicht wohl fühle. Wenn ich Erfahrungen mache und mich danach nicht wirklich erleichtert fühle? Wenn ich stattdessen eher in ein tiefes Loch falle? Wenn mich dann tagelang das Gedankenkarussell packt? Wenn ich lange brauche, um mich davon emotional wieder zu erholen? Kann ich da auch noch sagen: Hey, es ist okay, dass du diese emotionale Grenze überschritten hast. Du kannst echt stolz auf dich sein. Du wirst daran wachsen.

Muss Wachstum immer so weh tun und mich so emotional aus der Bahn werfen? Ab wann ist es wirklich Wachstum und ab wann ist es eher seelische Folter? Wann weiß ich, ob ich es nicht lieber lassen sollte? Vermutlich, wenn es mir mehr schadet als mich bereichert.

Ich sollte auf Spurensuche gehen: Will ich das wirklich? Will ich das für mich? Welche Motivation steckt wirklich dahinter? Tue ich es am Ende nicht wegen mir, sondern weil ich denke, dass es gut wäre für mein eigenes Wachstum? Tue ich es nicht eher für jemand anderen? Um zu beweisen, dass ich damit umgehen kann? Dass ich so cool bin, um meine Grenzen zu überschreiten, auch wenn es wehtut? Belüge ich mich damit nicht selbst?

Wenn ich Grenzen überschreite, die ich eigentlich doch nicht wirklich überschreiten will.


Was will ich mit meinen Grenzen bewahren?

Dann wird es Zeit sich auch mal die andere Seite anzuschauen: Was will ich mit dieser Grenze erreichen oder beschützen? Vor allem meine eigenen Bedürfnisse und Gefühle, mein Wohlbefinden, mein seelisches Heil. Das, wofür ich stehe, was ich liebe und was mir wichtig ist. Mit dieser Grenze will ich das bewahren, was mich ausmacht und von dem ich überzeugt bin, dass es für mich gut und das richtige ist. Mit meinen Grenzen will ich mir selbst treu sein, für mich und das, was ich will, einstehen.

Wenn ich also die Grenzen nicht mir zuliebe, und weil ich es will, überschreiten will und mir damit selbst schade – dann sollte ich lieber „Nein“ sagen und auf meine Grenze zurückgehen. Selbstoptimierung hin oder her. Wann habe ich aufgehört, auf meine innere Stimme zu hören und nur noch blind meiner Weiterentwicklung zu folgen, und das um jeden Preis? Wann habe ich aufgehört, darauf zu achten, was ich wirklich will und stattdessen dem gefolgt, von dem ich dachte, dass man es tun sollte, um so viel offener und selbstbewusster zu werden?

Das bin am Ende nicht ich, wenn ich diese Grenzen überschreite. Meine Grenzen helfen mir, bei mir zu bleiben, mir Halt zu geben, das zu erkennen, was mich definiert, mich selbst nicht zu verlieren. Und meine Grenzen sind es wert, dass ich auf sie acht gebe und sie wertschätze und eben nicht immer als etwas negatives ansehe, was es zu ignorieren gilt.

Wenn ich mich am Ende zwinge, etwas zu tun, was ich eigentlich nicht, gebe ich mich selbst auf. Und fühle mich danach nicht gut, nicht mit mir im Reinen. Das kann nicht gut sein, verrate ich mich am Ende selbst.

Nicht alle Grenzen sind sinnvoll, viele schränken uns wirklich ein. Doch einige Grenzen, und das müssen wir lernen, sind für uns selbst wichtig und haben ihren Sinn.

Welche Grenzen nun für mich wichtig und gesetzt sind und welche nicht – das muss ich noch für mich selbst herausfinden. Das kann ein schmerzhafter Prozess sein, indem ich immer wieder mit meinen Grenzen spiele. Aber am Ende werde ich mehr Gewissheit haben und mehr zu mir selbst kommen, um zu wissen, was ich will und was nicht.

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