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Bin ich süchtig?

 

Drogen – ein echt spannendes Thema. Eigentlich für mich nie ein Thema, dachte ich. Aber in letzter Zeit frage ich mich: Bin ich nicht vielleicht nach einigen Dingen süchtig? Wann ist man süchtig?


Was kommt einem als ersten in den Kopf, wenn man an Drogen kennt? Klar, die „Alltagsdrogen“ wie Alkohol, Zigaretten oder eben auch die härteren illegalen Drogen. Das sind Drogen im eigentlichen Sinne. Aber genau genommen kann umgangssprachlich alles eine Droge werden. Es kommt nicht auf die Substanz an sich an, sondern wie sehr wir von dieser abhängig sind.

Sobald ein Zwang da ist, das Gefühl, dass man ohne nicht mehr kann, wenn es schwerfällt, davon loszukommen, es das eigene Wohlbefinden und das eigene Leben gar negativ beeinflusst – dann ist es wohl eine Droge. Ein Genussmittel, was einen in einen Rauschzustand bringen kann oder zumindest die eigene Stimmung verbessert.

Und ich glaube, dass fast alle irgendwie eine bestimmte Droge haben, von der sie nicht loskommen. Zeit, auch mal selbst in den Spiegel zu schauen. Denn auch ich bin nicht frei von Abhängigkeiten.


Abhängig vom Internet

Als ich zwei Wochen lang auf Kreuzfahrturlaub war gab es auf dem Schiff kein gutes WLAN. Und das versetzte mich schon in eine leichte Panik. Wie soll ich gut zwei Wochen ohne Internet auskommen? Mir war bis dato nicht mal bewusst, wie wichtig es mir ist. Man merkt so etwas immer dann, wenn es einem fehlt. So ist das, wenn man im Luxus lebt und stets und ständig eigentlich mit dem Internet verbunden ist. Auf Arbeit habe ich darauf immer Zugriff und zu Hause auch. Nur wenn ich unterwegs bin, ist das nicht so. Aber das ist für mich okay, bin ich ja nicht den ganzen Tag auf Achse.

Sollte eigentlich kein Problem sein, mal im Urlaub darauf zu verzichten oder? Schließlich macht man ja nicht Urlaub, um nur im Internet zu surfen oder auf Social Media unterwegs zu sein. Doch so ganz komplett ohne Internet fühlte ich mich auch nicht wohl. Woran lag das nur? Ich ging auf Spurensuche, wollte verstehen, warum ich so schlecht darauf verzichten konnte.

Zum einen fehlte mir die Verbindung zur Außenwelt. Ich brauche den Kontakt zu meinen Liebsten. Und dahinter steckt vielleicht eine noch tiefere Sorge: die Angst, etwas zu verpassen. Die Angst, wichtige Nachrichten meiner Mitmenschen oder Neuigkeiten zu verpassen. Irgendwie fühlte ich mich dadurch auch verloren. Als ob ich nicht mehr zu Welt dazu gehören würde. Das ist schon etwas traurig, wenn man zu dieser Erkenntnis kommt. Denn das bedeutet, dass man eigentlich nur aktiv am sozialen Leben teilhaben kann, wenn man auch Internetanschluss hat. Ohne Internet geht es heutzutage nicht mehr.

Wenn ich im Urlaub bin, kann ich schlecht meine Familie oder Freund*innen sehen. Ist ja klar. Es ist nicht so, als ob ich das zwei Wochen nicht aushalten könnte. Aber die digitale Kommunikation hilft mir trotzdem, diese räumliche Distanz zu überbrücken und dennoch mit ihnen verbunden zu sein. Es geht um Verbindung, zu meinen Liebsten und zur Welt, zum gesellschaftlichen Leben. Nicht mehr Teil an der digitalen Welt zu haben, fühlt sich an, als wäre ich eine Außenseiterin, nicht mehr Teil dieser Bubble.


Fear of missing out

Fear of missing out“ – ich glaube, dass das am meisten das beschreibt, was ich mit dem erzwungenen Digital Detox gefühlt habe. Die Angst, etwas wichtiges zu verpassen. Dabei ist doch das wichtigste der Urlaub. Das, was vor Ort passiert. Das, was ich erlebe. Und nicht das, was sich mehrere hundert Kilometer irgendwo anders abspielt.

Ich hatte die Jugend von heute immer belächelt, die niemals offline schien, die stets und ständig an ihrem Handy hing und deren erste Frage immer war: „Gibt es WLAN?“ Wie abhängig konnte man nur sein, dass man nicht mal für eine kurze Zeit ohne auskommt? Ich habe auf Leute herabgesehen, die sofort ihr Handy zücken, sobald sie warten müssen, nichts zu tun haben. Die Langeweile nicht aushalten können, sondern sich stattdessen berieseln lassen.

Umso schmerzhafter war dann die Erkenntnis, dass ich nicht so viel besser bin. Ich komme schon mehrere Stunden ohne Internet aus, meinetwegen auch ein Tag oder paar Tage mehr. Aber es erfreut mich nicht unbedingt, zu wissen, dass ich kein Internet haben werde.

Die ersten Tage waren sehr ungewohnt, eben weil ich so darauf konditioniert war, jederzeit online zu gehen. Und plötzlich ging das nicht mehr. Es fehlte etwas. Die geliebten Gewohnheiten wie täglich in meinen Blog Feed zu schauen, auf Whatsapp mit Freund*innen zu schreiben, im Internet zu surfen, meine Webtoons zu lesen. All das fiel alles weg. Erst da merkte ich, wie wichtig mir das Internet geworden ist und dass ich ohne nicht mehr unbedingt leben will.


Was Digital Detox mit einem macht

Aber erstaunlicherweise gewöhnte ich mich zunehmend daran. Und ab und zu hatte ich mal Glück und hatte unverhoffter Weise doch mal Internet. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie groß die Vorfreude war. Und dann hing ich tatsächlich doch ziemlich lang dran, weil ich nicht wusste, ob ich in paar Stunden oder am nächsten Tag wieder in den Genuss kommen werde. Ich lernte, dass Internet eben nicht selbstverständlich ist und war dankbar dafür.

Aber am Ende war es dann doch nicht so schlimm wie anfangs gedacht. Ich kam gut damit zurecht, akzeptierte die Situation, machte das Beste daraus. Gelangweilt habe ich mich nicht. Natürlich nicht! War ich ja hauptsächlich mit meinem Freund an Land, habe Trips gemacht, viel gesehen, entdeckt und erlebt. An Seetagen verbrachte ich viel Zeit mit Sport, las viel, spielte etwas oder schaute mit meinem Freund fern. Etwas, was ich ewig nicht mehr getan habe. Ich habe immer etwas gefunden, womit ich meine Zeit vertreiben konnte. Und es war gar nicht mal so schlecht.

So eine Zwangspause hilft um zu erkennen, wie sehr man davon abhängig ist. Mehr als mir lieb war. Aber trotzdem kam ich mit dem Verzicht gut klar. Also ganz schlimm war es dann für mich also doch nicht.

Ich glaube, dass so ein Entzug durchaus spannend und hilfreich sein kann. Sich auf sich zu besinnen, sich anderen Dingen zu widmen, Neues für sich herauszufinden. Und um zu erkennen, dass man das Internet unbedingt braucht. Ich will darauf nicht gern verzichten, aber ich weiß, dass ich das für eine bestimmte Zeit tun kann, ohne, dass ich total in ein tiefes Loch falle.


Wenn hinter einer Sucht Angst steckt

Neben dem Internet gibt es eine Sache, auf die ich im Leben nicht verzichten will: Sport. Seitdem ich vor mehr als 14 Jahren damit angefangen habe, regelmäßig und täglich Sport zu treiben, gab es kaum mal Zeiten, in denen es anders war. Ausnahmen waren, wenn ich besonders krank oder im Urlaub war. Aber im normalen Alltag habe ich täglich Sport gemacht, ohne Ausnahme. Und selbst wenn ich mal leicht angeschlagen war, dauerte es lang, bis ich wirklich davon loslassen konnte. Ich wollte es dennoch durchziehen, nicht schlapp machen, hab mich immer weiter gedrillt. Wahrscheinlich war das zu viel des Guten, denn eigentlich hätte mein Körper eher Ruhe gebraucht. Vielleicht wäre ich dann auch schneller gesund geworden.

Wenn es eine Sucht in meinem Leben gibt, dann ist das definitiv Sport. Oder generell auch Bewegung. Ich hasse nichts mehr, als den ganzen Tag nur rumzusitzen und zu faulenzen. Ich brauche Bewegung, ich muss wenigstens immer mal wieder stehen und herumlaufen. Manch einer würde sagen, dass ich vielleicht unter ADHS leide. Aber das ist es nicht. Ich hab einfach diesen Trieb, immer aktiv zu sein. Es ist vielleicht schon fast etwas zwanghaft, genauso wie beim Sport.

Was steckt dahinter? Zum einen tut es mir einfach sehr gut, Sport zu machen. Es ist auch gut für die Gesundheit. Aber der wahre Grund liegt eher in der Sorge, dass ich eventuell zunehmen könnte, wenn ich mal einen Tag oder über einen längeren Zeitraum auf Sport verzichte. Es ist die Angst, wieder fett zu werden. Darum habe ich damals auch mit dem Sport angefangen, um mein Übergewicht loszuwerden.

Und aus dem Sportehrgeiz ist mit den Jahren eine Sucht oder fast schon ein Zwang geworden, der sich aus der Angst vor dem Fettsein speist. Um das Zunehmen zu verhindern, mache ich ganz viel Sport. Sobald ich das nicht tun kann, sorge ich mich, ob ich dadurch nicht zunehmen könnte. Dabei ist die Sorge total irrational. Man wird nicht gleich dicker, nur weil man auf Sport verzichtet. Zunehmen ist wie das Abnehmen ein längerer Prozess, wobei zunehmen bei mir und bei vielen anderen schneller geht. Trotzdem kommen ja noch andere Faktoren dazu wie die Bewegung im Alltag, wie viel ich esse und wie viel Kalorien ich zu mir nehme. Ob ich dadurch einen Überschuss habe, wenn ich mich nicht ausreichend bewege. Und selbst wenn ich paar Tage diesen Überschuss habe, nehme ich deswegen nicht automatisch zu.

Das weiß ich und doch ist die irrationale Angst da und der Sporteifer lässt sich deswegen nur schwer bändigen.

Schränkt mich das ein? Ab und zu schon. Es hat eben den negativen Effekt, dass sich die Prioritäten verschieben. Statt meinem Körper Ruhe zu gönnen, die er braucht, um sich zu erholen, bringe ich ihn in den Stresszustand. Durch zu viel Sport gefährde ich meine Gesundheit, wenn ich mir nicht genügend Erholung gönne. Und das führt dazu, dass ich nicht genug Regeneration bekomme und vielleicht sogar alles verschlimmere. Und das ist eine Baustelle, an der ich unbedingt arbeiten sollte, um sie künftig zu mindern.

Nicht mehr der Angst die Kontrolle geben, sondern auf meine inneren Bedürfnisse und meinen Körper hören. Auf das hören, was er braucht.


Von einer Droge zur nächsten

Im Kontrast zu meiner Sportsucht steht mein Hang zu Süßigkeiten. Ich gestehe, dass ich ein echter Junkie bin und das total liebe, zu naschen. Inzwischen habe ich das gut im Griff, seitdem ich Anfang des Jahres mit Diät angefangen habe. So habe ich es auch einige Wochen geschafft, komplett auf Süßes zu verzichten. Das hat mich sehr erstaunt, fiel es mir sonst immer sehr schwer, darauf zu verzichten und gar aufzuhören, wenn ich angefangen habe.

Was mir in der Zeit sehr geholfen hat, waren Kaugummis, die ich quasi als Nascherei zwischendurch konsumierte. Die bestehen aus viel weniger Kalorien, sind zuckerfrei und zusätzlich gar nicht so schlecht für die Zahnpflege. Gleichzeitig bändigt das auch mein Verlangen nach Süßem.

Aber was ist jetzt das Problem? Ich habe meine Sucht nach Süßem nicht wirklich im Griff, sondern einfach das Produkt gewechselt.

Inzwischen kaue ich einfach zu viele Kaugummis und kaufe davon immer mehr, weil die Packungen innerhalb kurzer Zeit leer sind. Ich bin von einer Droge zur nächsten gekommen. Die ist zwar weniger gesundheitlich schädigend, aber Droge bleibt Droge.

Was hilft? Weniger kaufen und weniger kauen. Aber das ist eine Sache, an der ich auch wieder arbeiten muss, weil ich in ein ungesundes Muster reingerutscht bin. Im Endeffekt ist es immer noch besser als Süßes mit Zucker und Fett zu essen. Ich weiß aber, dass ich generell süchtig nach Süßem bin, weil es vermutlich auch wie eine Belohnung fürs Gehirn funktioniert. Ich bin danach befriedigt. Gibt es andere Möglichkeiten, die mir Befriedigung verschaffen und vielleicht noch besser wären? Sollte ich nicht vielmehr einfach weniger konsumieren oder gar komplett damit aufhören?

Droge ist nicht gleich Droge. Es ist spannend, wie unterschiedlich auch die Gründe sind, die hinter jeder Droge stecken. Das Wichtigste um damit gut umzugehen, ist, überhaupt zu realisieren, dass man vielleicht abhängig ist. Und zu verstehen, warum das so ist und was man stattdessen tun kann, um es weniger zu sein. Selbsterkenntnis ist der erste Schritt. Sich das überhaupt einzugestehen, dass man ohne etwas nicht kann, ist schon hart genug. Aber danach müssen auch immer Taten folgen.

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