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Auf der Suche nach Abenteuern im Alltagsstress


Ich bin ein Mensch, der gerne nach Plan lebt. Ist schon eine ganze Weile so. Ich liebe To-Do-Listen, liebe es, mir selbst Termine zu erstellen, Ziele zu setzen. Mir Pläne für meine Freizeit zu machen. Ihnen zu folgen. Doch manchmal habe ich das Gefühl, dass weniger doch besser wäre. Und ich frage mich: Geht bei all dem Freizeitstress nicht auch etwas Wichtiges verloren?

Ich kenne kaum einen Menschen, der so ein durchgetaktetes Leben hat wie ich. Im positiven wie auch im negativen Sinne. Kenne niemanden, der so viele To-Dos hat, der sich so viele Ziele setzt, der immer streng nach Plan lebt.

Ich mag das einfach, ein strukturiertes Leben zu haben. Zu wissen, was heute passieren wird oder auch die anderen Tage. Ich mag es, wenn alles vorhersehbar ist, wenn ich mich darauf einstellen kann. Meine Pläne geben mir Halt und Orientierung, schaffen Sicherheit, auch wenn ich weiß, dass es diese nicht wirklich gibt. Es mag nur eine Scheinsicherheit sein, das weiß ich auch. Denn sie kann jederzeit gestört werden. Es sind dann die Zufälle im Leben, die mein vorsichtig konstruiertes Kartenhaus plötzlich innerhalb von kurzer Zeit zusammenbrechen lassen.

Und doch halte ich dran fest. Und ärgere mich immer wieder, wenn ich doch mal die Kontrolle über mein Leben verliere. Wenn der Zufall wieder in mein Leben eingreift und alles durcheinanderbringt. Ich mache mir Pläne, die ich dann wieder verwerfen muss.

In meinem Job passiert das schon zu häufig. Ich mache mir einen genauen Plan, was ich wann und wie mache. Doch wenn es darum geht, den Plan umzusetzen, kommt immer irgendetwas dazwischen. Man muss immer damit rechnen, den eigenen Plan in die Tonne zu hauen. Ist so ein ungeschriebenes Gesetz in der Jugendarbeit. Flexibilität ist gefragt. Etwas, was mir immer mal wieder schwer fällt. Im Job habe ich es inzwischen gelernt, spontaner zu sein. Doch was auf Arbeit gilt, gilt leider noch lange nicht für den Rest meines Lebens.

Ich habe es in der Hand, oder?

Da bin ich immer noch der Auffassung, dass ich irgendwie der Gott meines Lebens bin. Ist ja auch an sich nicht schlecht, wenn man von der eigenen Selbstwirksamkeit so überzeugt ist und auch daran glaubt, dass man alles in der Hand hat. Dass es am Ende doch nicht so ist, wird mir immer wieder schmerzhaft bewusst.

Zwischenfälle passieren immer wieder. Aber selbst die kleinen bringen mich so sehr aus der Bahn, dass ich mich frage: Warum mache ich es mir selbst so schwer? Warum halte ich nur so krampfhaft an meinen Plänen fest? Wieso schaffe ich es nicht, einfach mal bisschen lockerer zu sein?

Ich bewundere die Menschen, die einfach in den Tag hineinleben. Die sich keine Platte machen, was der Tag so bringen wird. Die sich keine Sorgen machen, was sie in Zukunft tun werden. Sie wirken so unbeschwert. Ich mag von außen auf sie herabschauen, halte sie für einfach nur naiv, dass sie sich mit ihrem Leben nicht so auseinandersetzen wie ich. Aber insgeheim bewundere ich sie für ihre Lebensweise. Weil ich wahrscheinlich niemals so sein kann wie sie.

Meine Pläne geben mir Halt und Sicherheit. Doch manchmal habe ich das Gefühl, dass ich mir mit all meinen Plänen und den ganzen To-Do´s und Terminen und Erinnerungen mein eigenes Hamsterrad erschaffen habe. Was mir eigentlich Sicherheit geben sollte, ist schlussendlich das, was mir die Freiheit nimmt. Einfach mal so zu leben, wie ich Bock habe. Mich frei zu entfalten, ohne irgendwelchen Plänen zu folgen.


Im Alltag nur in der Komfortzone

Wie ich darauf komme? In letzter Zeit habe ich viel über mein Leben nachgedacht. Und wie ich die Tage so verbringe. Ich habe für jeden Tag etwas anderes geplant. Morgens nach dem Aufstehen Sport und Lesen, nach der Arbeit mache ich dann immer etwas Sinnvolles, sei es Tanzen oder an meinem Projekt arbeiten, zur Selbsthilfegruppe gehen oder im Kummerchat aktiv sein.

Für jeden Abend habe ich etwas auf dem Plan. Nur sehr selten weiche ich mal von meinen üblichen Plänen ab. Es ist alles vorhersehbar.

Einerseits schafft es eben eine gewisse Komfortzone, in der ich mir es bequem gemacht habe. Ich fahre den Autopiloten und gehe den Dingen nach.

Das fühlt sich an sich ganz gut an, ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden.

Doch manchmal halte ich inne und schaue mir mein Leben mal von außen an. Und dann kommt da dieser kleine Moment des Zweifels: Ist das wirklich das, was du willst? Willst du wirklich immer in deinem eigenen Hamsterrad laufen? Immer nach Schema F leben? Routinen sind ja schön und gut. Der Alltag ist nun mal von Routinen geprägt. Aber ist es nicht irgendwie etwas zu viel geworden?

Erfahrungen außerhalb des Alltags

Wo ist da die Leichtigkeit geblieben? Wo die Spontanität? Wo mal die Zeit, um aus dem Alltag auszubrechen.

Sind es am Ende nicht die Erlebnisse außerhalb meines Alltags, an die ich mich erinnern werde? Das sind doch die wertvollen und sinnstiftenden Erfahrungen, die das Leben ausmachen.

Ich liebe es meinen Routinen zu folgen, strebe nach Sicherheit. Aber gleichzeitig sehne ich mich auch nach dem Gegenteil: Ich will auch einfach mal nur leben. Ich will etwas Neues für mich entdecken, will mal ausbrechen aus dem Alltag, will Abenteuer erleben. Auch mal spontan sein können.

Wie sehr diese zwei Stimmen in meiner Brust miteinander kämpfen, wurde mir erst letztes Jahr so wirklich bewusst. Als ich mich zwischen meinem Exmann, der für Sicherheit steht, und meiner Affäre und damit einem Neuanfang, der Abenteuer und Veränderung bedeutete, entscheiden musste. Innerlich hin- und her gerissen, wusste ich nicht, wofür mein Herz mehr schlagen würde. Im Kopf verglich ich die positiven und negativen Aspekte miteinander.


Veränderungen bleiben im Gedächtnis

Es wäre ein leichteres gewesen, alles beim Alten zu lassen. Mich für die Sicherheit und mein bisheriges Leben zu entscheiden. Ich habe in meinem Leben aber viel zu oft in der Komfortzone gelebt. Die ist gut und hat auch ihre Berechtigung. Aber ein Schiff ist nicht dazu da, immer nur im Hafen zu sein. Es sind auch nicht die Erinnerungen, die ich in meiner Komfortzone verbringe, die mich am Ende wirklich prägen werden. Es sind jene, bei denen ich den Mut habe, meine Komfortzone zu verlassen.

Und so entschied ich mich für die Veränderungen, für das Neue, für den Weg aus der Komfortzone heraus. Und es war bisher mit die beste Entscheidung meines Lebens. Ich entschied mich weder für meinen Exmann noch für meine Affäre, die beide irgendwo vertraute Konstanten in meinem Leben war. Ich entschied für ein noch viel ungewisseres Leben überhaupt. Obwohl ich nicht wusste, wohin mich die Reise führen wird. Bis heute bin ich einfach unglaublich stolz auf mich und dankbar, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe.

Nun muss es nicht immer ein Umzug sein oder eine neue Beziehung, um mein Leben vollkommen umzukrempeln und Abwechslung in mein Leben zu bringen. Es sind die kleinen Abenteuer, die dem Leben die richtige Würze verpassen.

Klar, mein Job bietet jede Menge Abwechslung, da spreche ich überhaupt nicht von Langeweile.

Aber wenn ich mir derzeit einfach meine Wochen ansehe, merke ich, dass sich das Spannendste hauptsächlich nur am Wochenende abspielt. Dann, wenn ich eben Zeit für habe. Weniger im Planungsstress bin. Nicht immerzu produktiv, kreativ oder sonst wie sinnstiftend sein muss.

Nun werden einige von euch sagen: Hey, das kenne ich und es ist total normal, dass es unter der Woche einfach auch mal langweilig ist bzw. die Routinen überwiegen. Es ist halt unter der Woche. Da ist kaum Zeit für etwas Neues und da hat man vielleicht auch nicht die Muße dafür.

Abenteuern Raum und Zeit geben

Da gebe ich euch total recht. Wenn das auch auf mich zutreffen würde. Sind das nicht im Endeffekt alles nur Ausreden? Ich habe genug Zeit. Ich habe auch genug Energie und Motivation. Woran scheitert es dann? An meinem Mindset. Weil ich so fest an meinen Routinen klammere, mich nicht davon lossagen will. Sie sind mir hoch und heilig. Aber dann muss ich eben auch damit leben, dass mir die Abenteuer im Alltag fehlen. Beides irgendwie zu integrieren, ist halt schwer. Aber nicht unmöglich. Es muss ja nicht jeden Tag sein. Es soll etwas besonderes bleiben. Aber eben dem Alltag noch eine Prise Überraschung geben.

Was würde denn passieren, wenn ich mir einen Tag in der Woche einfach nur freihalten würde? Den ausnahmsweise mal nicht so vollpacke wie bisher? Was könnte schlimmstenfalls dann sein? Es passiert eigentlich rein gar nichts. Außer, dass ich vielleicht doch Langeweile bekomme und nicht weiß, was ich jetzt tun soll. Das ist zwar sehr unwahrscheinlich, weil ich immer am Tun bin. Aber davor habe ich Angst. Ich will keine Langeweile aufkommen lassen.

Aber um Abenteuern Raum zu geben, muss ich auch bereit sein, Zeit dafür zu schaffen. Von nichts kommt nichts. Es wäre naiv zu glauben, dass Abenteuer einfach so passieren. Manchmal schon, aber nicht immer.

Ich versuche schon, mir jede Woche vorzunehmen, etwas Neues zu tun, zu probieren, zu erleben. Das klappt meist ganz gut. Und darum sind auch die Wochenenden die spannenden Tage in meinem Leben. Aber muss ich mir das Spannende immer nur aufs Wochenende legen? Warum nicht einfach mal den Alltag verlassen und unter der Woche das Abenteuer suchen? Es ist doch gar nicht so schwer.

Ich sehne mich danach, den Alltag hinter mir zu lassen, sehne mich danach, eine andere Perspektive einzunehmen, neue Erfahrungen zu sammeln, an denen ich wachsen kann. Das geht schwer bei den Dingen, die ich routinemäßig jede Woche mache. Ich will nicht nur irgendwelche Erfahrungen, sondern welche, die mich in irgendeiner Weise verändern.

Erfahrungen, die mich das Leben wieder aus anderen Augen betrachten lassen. So richtige Abenteuer, wie sie im Buch stehen oder die Figuren in Filmen erleben. Danach sehne ich mich. Manchmal wäre ich gerne eine Abenteurerin, die auf Reisen geht, auf Expeditionen, die neues erlebt, neue Eindrücke sammeln, krasse Sachen erlebt, Rätsel löst. Das alles kann man sicherlich auch von zu Hause durch Games simulieren. Aber so richtig nachhaltig ist es doch nur, wenn man es am eigenen Leib erlebt. Und ich will nicht länger damit warten, bis mein nächster Urlaub ansteht.

Abenteuer kann ich hier und jetzt haben. Ich muss mich nur dafür entscheiden und ins Tun kommen. Einfach mal meine Routinen durchbrechen, Dinge anders machen als bisher und schauen, was dann passiert. Einfach mal auch zu lernen, loszulassen, nicht über alles die Kontrolle zu haben. Die schönsten Momente sind doch die, die nicht geplant sind. Einfach darauf zu vertrauen, dass alles sich irgendwie fügen wird. Dass ich auch mit dem ungewissen mal klar komme. Dass nichts schlimmes passiert, wenn ich mal meine Routinen verlasse.

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