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Wenn der Geist nicht zur Ruhe kommt: Sind wir alle Opfer von Social Media?

Das Handy blinkt. Es brummt und surrt. Schnell mal drauf schauen? Dabei bin ich doch gerade voll in meiner Arbeit vertieft. Ach, einmal kurz gucken, das schadet doch nicht, oder? Es ist inzwischen nicht mal nur das Handy, mein täglicher Begleiter, der immer wieder meine Aufmerksamkeit auf sich zieht und mich aus hochkonzentrierten Aktivitäten rausreißt. Inzwischen liegt das Problem in mir selbst.

 Unsere Konzentrationsspanne scheint in Zeiten der digitalen Reizüberflutung enorm kürzer geworden zu sein. Das zeigen auch schon diverse Studien wie die Paderborner Studie zur Aufwirkung von Smartphones auf die Aufmerksamkeit.

Schon die Anwesenheit von Handys hat eher negative Effekte auf unsere Konzentration. Wer also konzentriert sein will, sollte möglichst sein Smartphone aus dem Arbeitszimmer verbannen. Wenn das nur die einzige Problemquelle ist.

Für mich ist es ein größeres Problem schon seit einiger Zeit die bloße Anwesenheit des Internets. Die Möglichkeit, mich jederzeit mit meinen Liebsten zu connecten und auszutauschen. An sich ist das wunderbar. So bleibe ich immer in Kontakt mit meinem Freund, weiß, was er gerade macht, wie sein Tag so läuft, mit welchen Dingen er sich beschäftigt.

Aufmerksamkeitsdefizite in der digitalen Welt

Das Problem ist nur, dass das ständige Online-Verfügbar-Sein auch seine Tücken hat. Es frisst enorm viel Aufmerksamkeit, verführt immer wieder zu Multitasking.

Ich arbeite den Großteil meiner Zeit am Rechner, besonders wenn es darum geht, zu recherchieren oder Veranstaltungen und Projekte zu planen. Dafür nutze ich natürlich das Internet. Heutzutage geht es ohnehin nicht mehr ohne. Problem ist nicht das Internet, sondern die Art und Weise, wie ich es nutze. Manche mögen es nicht als Problem sehen, für sie ist es einfach selbstverständlich: So wie alle anderen bin ich aber natürlich nicht nur beruflich am Internet, sondern checke auch mal meine Mails oder Nachrichten und Chats auf diversen Messengern. Soll man laut Arbeitsvertrag nicht machen. Aber seien wir mal ehrlich: Wer hält sich wirklich daran? Und wer prüft das überhaupt? Mag sein, dass es in einigen Bereichen strenger kontrolliert wird. Aber dann hat man ja immer noch sein Smartphone, wenn man den Dienstrechner nicht nehmen kann und will. Und steht wieder vor dem Problem.


Von wegen „nur mal kurz“

Es geht einfach viel zu einfach und so schnell, kurz mal bei Whatsapp oder Telegram oder Instagram und Facebook zu schauen. „Nur mal kurz“ heißt es. Aber aus dem „nur mal kurz“ wird dann plötzlich doch ein wenig länger, gerne auch mal bis 20 und 30 Minuten, wenn ich einmal dabei bin. Ich will nur kurz mal was checken und schon bleibe ich irgendwo hängen und vergesse das, was ich eigentlich machen wollte.

Social Media können wahre Zeitfresser sein, weil sie unglaublich ablenkend wirken.

In meinen Veranstaltungen merke ich immer wieder, wie junge Kinder und Jugendliche vor allem sehr schnell Aufmerksamkeitsdefizite zeigen. Sie brauchen immer wieder Abwechslung, andere Methoden, sehr viel Interaktion, damit sie nicht abschalten. Es gilt, sie immer wieder bei Laune zu halten und immer wieder neue attraktive Reize zu geben, um ihre Motivation und Aufmerksamkeit zu halten.

Ich finde es erschreckend, wie wenig junge Menschen sich heutzutage wirklich länger auf etwas konzentrieren können. Das ist natürlich auch der digitalen Reizüberflutung und Schnelllebigkeit geschuldet. Überall sind da einfach auch zu viele Reize, mit denen sie bombardiert werden. Kein Wunder, dass sie da auch überlastet werden. Ständig neue Videos, Fotos oder Nachrichten. Ständig piept das Handy, ständig kommt etwas Neues rein. Und weil die Kids von heute nichts verpassen wollen, unter Fomo (Fear of missing out) leiden, schauen sie immer wieder nach.

So werden sie darauf konditioniert, ihre Aufmerksamkeit immer wieder auf neue Sachen zu lenken, lernen dabei nie wirklich, länger an einer Sache zu bleiben. Aufmerksamkeit ist wie ein Muskel, der trainiert werden kann. Er kann aber eben durch so etwas schnell verkümmern. Wie sollen sie es auch lernen, länger konzentriert zu bleiben, wenn die Dinge, die sie konsumieren, vor allem kurze Videos und kürzere Nachrichten, einfach nur kurz sind und dann aber in geballter Ladung auf sie einprasseln?


Fear of missing out, Prokrastination und Abwechslung

Ich muss mir da auch manchmal an die Nase fassen. Ich bin vielleicht auch nicht besser. Denn ganz ehrlich: Mir fällt es manchmal auch schwerer, in einem Buch zu lesen, ohne, dass ich nicht von etwas abgelenkt werde. Bei mir ist das Problem einfach, dass ich beim Lesen öfter mal so kleine Gedankenblitze habe: Plötzlich habe ich so Einfälle, denen ich unbedingt nachgehen muss. Oder Dinge, die ich noch recherchieren wollte. To-Do´s, die noch auf meiner Liste fehlen oder Sachen, an die ich denken muss. Die muss ich mir schnell mal notieren oder schnell nachschauen. Ich versuche schon immer die Sachen dann zu verschieben. Aber manchmal denke ich mir: Es geht schneller, wenn du das jetzt machst, anstatt das erst später nachzuholen.

Und so ertappe ich mich dabei, wie ich mich selbst immer wieder aus dem Flow bringe. Das Lesen ständig unterbreche. Und mit jeder Unterbrechung verschwende ich Zeit, die ich ja brauche, um wieder in das Lesen reinzukommen.

Und so ist das leider auch auf Arbeit, wenn ich am Rechner sitze, teilweise einfach auch schlimmer. Ich bin so am Arbeiten und denke mir so: Ich könnte auch mal kurz auf Facebook schauen, ob da was interessantes ist. Oder auf Whatsapp: Vielleicht gibt es da interessante Nachrichten zu lesen. Es ist einerseits die Neugier, was da für neue Reize kommen, die für Abwechslung sorgen. Dieser Impuls kommt auch meist dann, wenn ich gerade eher monotone Sachen mache, die mir weniger Spaß machen. Bei denen ich nicht im Flow bin.

Vielleicht ist es auch wie bei vielen Jugendlichen Fomo, die Angst, etwas zu verpassen. Ich bin natürlich neugierig, was in der Zeit passiert ist und was ich so verpasst habe, als ich nicht im Internet unterwegs war. Für mich ist es dann befriedigend, die Dinge nachzuholen, die ich verpasst habe.

Man könnte sagen, dass ich mich dann mit Nebensächlichkeiten ablenke, unterhalte, um vielleicht ein bisschen zu prokrastinieren. Als ob ich einmal kurz vor eher langweiligeren Aufgaben fliehen würde. Das ändert zwar nichts daran, dass ich die Sachen trotzdem fortführen müssen, aber kurzzeitig tut es auch mal gut, zwischendrin den Kopf abzuschalten. Man könnte es als Pause bezeichnen. Pausen sind ja an sich wichtig. Aber solche Pausen führen nicht unbedingt zur Entspannung. Damit überlaste ich ja eigentlich meinen Kopf mit noch mehr Dingen, die er nicht braucht.

Oder weil mir einfach auch die Abwechslung und Motivation fehlt. Alles total menschlich, aber nicht besonders konstruktiv und produktiv für meine Arbeit. Und schon gar nicht förderlich für meine Aufmerksamkeit.

Problem ist dabei einfach, dass das inzwischen Überhand genommen hat. Das ist nicht so, dass ich am Tag vielleicht so maximal zwei- bis dreimal mal kurz schaue. Nein, inzwischen kann ich es ehrlicherweise nicht mal genau beziffern, wie oft ich das mache. Gefühlt jede Stunde. Und dann vielleicht sogar mehr als einmal die Stunde.

Es ist nicht besser als Multitasking, von dem ich auf Arbeit durch das Pendeln zwischen verschiedenen Projekten genug habe. Das macht es noch viel schwerer, wirklich konzentriert zu bleiben und gut zu arbeiten.

Es wird Zeit für Lösungen

Ich weiß, dass es schwierig für mich ist, wieder in die Arbeit reinzukommen, je öfter ich mal kurz auf Social Media unterwegs bin. Am Ende ärgere ich mich auch noch, wenn ich merke, dass es überhaupt nichts gebracht hatte, die Arbeit dafür zu unterbrechen.

Es ist halt einfach auch enorm Zeitverschwendung. Mit jeder Ablenkung mehr, verschwende ich mehr Zeit, wieder reinzukommen und die produktive Phase der Arbeit zu erreichen. Dann nämlich, wenn ich im Flow bin und da komplett aufgehe. Und nicht mal kurz online schaue, was so abgeht.

Was also tun? Das Internet abstellen kann keine Lösung sein. Ich brauche es schließlich. Sich etwas zu verbieten, das weiß ich aus der Jugendarbeit, ist ohnehin nicht zielführend. Vielmehr müsste ich Kompetenzen entwickeln, mit meinem Social Media Umgang umzugehen. Und zu lernen, meine Aufmerksamkeit zu erhöhen und fokussierter zu arbeiten.

An sich ist es doch auch mal okay, zwischendrin sich abzulenken, die Gedanken zu zerstreuen. Aber das sollte halt in einem gesunden Maße sein und ohne, dass es sich negativ auf die eigene Arbeitsleistung auswirkt.

Das ist dann vor allem auch eine Mindset-Sache und eine Frage des Durchhaltevermögens. Wenn ich mir vornehme, heute nur noch einmal vormittags und einmal nachmittags zu schauen. Vielleicht auch so die Zeit auf maximal 5 Minuten zu begrenzen. Und mich dran zu halten und dann nicht zwischendurch noch reinschaue.

Das kostet definitiv viel Überwindung, weil sich ja jetzt eine gewisse Routine entwickelt hat, gegen die es anzusteuern gilt. Nicht einfach, aber nicht unlösbar.

Manchmal tut es auch gut, einen kompletten Reset zu machen. Einfach mal für einen Tag, mehrere Tage oder eine komplette Woche auf Social Media zu verzichten. Das mag anfangs sehr hart sein, könnte aber wirklich helfen, den Kopf zu entlasten und die Aufmerksamkeit zu steuern.

Ich könnte mir auch vornehmen, auf Arbeit künftig keine Messenger mehr zu nutzen. Also nicht mit allem komplett aufzuhören, aber teilweise. Oder eben zu bestimmten Zeiten nur reinzuschauen. Und da muss ich dann auch mit meiner Angst, etwas zu verpassen, klarkommen. Denn ich werde dann definitiv etwas verpassen, weil ich nicht online bin. Aber das ist vielleicht ein wichtiger Punkt: Die Angst zu erkennen und damit lernen umzugehen. Man kann und sollte halt auch nicht ständig online sein. Und man wird zwangsläufig immer etwas verpassen. Aber was zahlt man für einen Preis, wenn man eben ständig online ist und nichts anderes tut, als zu warten, dass da etwas neues kommt?

Wenn ich das nächste Mal wieder etwas lese, nehme ich mir vor, meine Gedanke, die ich habe, wenn sie unnötig sind, einfach ziehen zu lassen. Falls es wichtigere sind, schreibe ich sie mir auf und gehe ihnen später nach. Und ich lasse das Internet außen vor.

Ich denke mal, dass es hilfreich sein kann, sich mehr mit Achtsamkeit und Meditation auseinanderzusetzen, um die eigene Konzentration zu stärken.

Und vor allem auch bei der Arbeit, weniger Multitasking zu machen.Und mir dann wirklich den Tag so zu strukturieren, dass ich mir immer Blöcke freihalte nur für die Dinge, die ich dann in der Zeit erledigen will. Alles andere wird auf wann anders geschoben.

Mal schauen wie viele von diesen Dingen ich dann wirklich umsetzen werde.

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