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Woher diese Sehnsucht?

Ich bin glücklich, zufrieden mit meinem Leben. Und doch gibt es immer wieder bittersüße Momente, in denen mir bewusst wird, dass ich mich nach mehr sehne oder nach etwas anderem.

 Sehnsucht. Das ist so ein Wort, was etwas in mir auslöst, mich berührt. Ich mag das Wort, weil es so viel in sich trägt. Sich sehnen nach etwas oder jemandem. Vermissen. Begehren. Bedürfnis nach etwas. Unerfüllte Wünsche und Träume. Das Verlangen nach jemanden oder etwas. Etwas fehlt, wonach ich mich sehne. Es ist ein Zustand, in dem ich mich nicht vollkommen fühle. Es gibt etwas, was ich brauche. Eine Leere, die gefüllt werden muss. Ein Mangel von etwas, was mir wichtig ist.

Sehnsucht richtet sich nach dem, was man eben nicht hat, von dem man sich wünscht, es wäre anders. Sehnsucht ist wie der rote Faden im Leben aller Menschen. Wir alle sind davon betroffen, können uns dagegen nicht wehren. Wir alle sehnen uns nach etwas, was wir entweder niemals sein werden, haben werden oder einmal hatten und verloren haben.

Sehnsucht ist so ein ambivalentes Gefühl. Einerseits schön, weil meine Gedanken um etwas oder jemanden kreisen, welche mir Freude oder gar Glück verschaffen. Andererseits bitter und traurig, weil ich weiß, dass es Dinge oder Personen oder auch Zeiten sind, die ich entweder nie wieder haben werde oder die nicht in meiner Reichweite sind.


Sehnsucht macht Liebe stärker

Sehnsucht geht mit Vermissen einher. Ich sehne mich nach meinem Partner, wenn wir uns länger nicht gesehen habe. Aber diese Art von Sehnsucht ist schön, weil ich weiß, dass sie endlich ist. Mein Verlangen, mein Bedürfnis nach Nähe wird gestillt werden.

Sehnsucht kann Liebe verstärken. Weil wir mehr über den Partner nachdenken, uns mit unseren Gefühlen für ihn auseinandersetzen, mehr über unsere Beziehung reflektieren. Wir schätzen die Nähe des Partners viel mehr wert. Eigenartigerweise eben dann, wenn wir sie nicht haben. Wenn der Partner nicht wie selbstverständlich bei einem ist, rund um die Uhr. Dann entsteht eben Sehnsucht. Das wollen, was man nicht immer bekommen kann.



Die Sehnsucht nach der unerwiderten Liebe

Doch was ist mit der Sehnsucht nach jemanden, den ich niemals kriegen werde? Der unerreichbar für mich ist? Das hatte ich in meiner Jugend oft genug. Ich sehnte mich nach Menschen, die ich nicht kannte. Aber in die ich etwas hineinprojizierte. Ich verliebte mich in das Bild, was ich von ihnen hatte, aber niemals in die Menschen selbst. Unerwiderte Liebe kann auch Sehnsucht hervorrufen und das fühlt sich mehr als bitter an. Dann kann Sehnsucht einfach nur schmerzhaft sein, weil wir niemals mit der Person zusammen sein können, nach der wir uns sehnen.

Ich habe mich immer nach denen gesehnt, die unerreichbar für mich waren. Als ob ich allein die Sehnsucht und die damit verbundene Verliebtheit genoss und mir das schon ausreichte. Eigentlich war die Sehnsucht nach unerwiderte Liebe doch irgendwo auch Selbstfolter. Es schmerzte, aber fühlte sich doch gut an.


Sehnsucht nach unbeschwerten Zeiten

Auch wenn ich zufrieden mit meinem Leben bin – bin ich doch irgendwie im Alltagstrott, im Hamsterrad gefangen. Die Wochen und Tage ähneln sich, ohne, dass sich großartig viel ändert. War das schon immer so? Fühlte es sich schon immer ein wenig langweilig an? Und vor allem: War das Leben schon immer so stressig und so ernst?

Ich habe das Gefühl, dass mir die Leichtigkeit abhanden gekommen ist, ich sehne mich nach den unbeschwerten Zeiten. Nach meiner Kindheit, in der ich in den Tag hineinlebte. Ich mir über das gestern und das morgen keine Gedanken machte. Ich keinen Stress kannte.

Die unbeschwerten Zeiten werden nie wieder kommen. Das ist mir wohl bewusst. Egal, wie sehr ich danach strebe. Sie waren ab dann vorbei, als ich erwachsen wurde. Als das Leben ernst wurde. Es wird nie wieder so sein wie es früher einmal war.

Manchmal können wir an der Sehnsucht nichts ändern, nichts tun, um sie einzudämmen. Und vielleicht ist das auch gut so. Vielleicht darf sie auch einfach nur sein und will gefühlt werden. Mit ihr reise ich in mein früheres Leben, versinke in meinen Erinnerungen, die mich glücklich machen. Wohlwissend, dass diese Zeiten nie wieder kommen. Und das ist okay.

Aber vielleicht kann ich hin und wieder so tun, als wäre ich wieder ein Kind. Nur für einige wenige und kurze Momente will ich aus meinem Alltag flüchten und mich wieder wie damals fühlen. Ich glaube, dass ich solche Momente auch wieder erleben kann, wenn auch nicht mehr in der Fülle wie damals.

Ich sehne mich nach einer besten Freundin, nach dieser einen Person, die mich komplett versteht. Mit der ich durch dick und dünn gehen kann, die immer für mich da ist. Eine Freundin, die immer bleiben wird. Ich weiß, dass ich nie wieder so eine Freundschaft haben werde. Weil ich jetzt ein anderer Mensch bin, ein anderes Leben führe, andere Freundschaften pflege. Und weil solche Freundschaften selten noch im Erwachsenenalter erwachsen. Ich schließe es nicht aus, halte es aber für sehr unwahrscheinlich. Aber ich bin dankbar dafür, dass ich diese Freundschaft hatte, dass sie mein Leben bereichert hat. Ich werde sie nie vergessen.

Ich sehne mich nach dieser einen romantisch-kitschigen Liebe, die für immer hält. Nach dieser einen Person, bei der ich mich angekommen fühle, die einfach bleibt, egal, was passiert. Ich sehne mich nach dem Partner, mit dem ich mich weiterentwickeln kann, mit dem ich alt werden kann. Ich dachte, dass meine Jugendliebe genau das für mich ist. Aber das Leben änderte sich, wir änderten uns und auch unsere Beziehung. Das was früher einmal die eine große Liebe war, war dann doch nur eine Illusion. Es schmerzt, wenn solche liebevoll aufgebaute Illusionen einfach so zerstört werden. Wenn die Realität die eigenen Traumschlösser niederreißt. Aber so ist das Leben. Ich weiß, dass es utopisch ist und ich habe nach Ende meiner ersten Beziehung dieses Ideal auch irgendwo versucht, zu verdrängen. Vielleicht ist es mein jetziger Partner, was ich sehr hoffe, vielleicht auch nicht.

 

Sehnsucht nach dem Dopaminrausch

Gleichzeitig sehnen wir uns doch alle nach dem Rausch der Gefühle, nach der großen Verliebtheit, die ein Ablaufdatum hat. Sie bleibt nicht lange und schon gar nicht ewig. Nach dem großen Hoch fallen wir so schnell in ein Tief. Sind ernüchtert, dass die Person, die wir so vergöttert und auf ein Podest gestellt haben, gar nicht so ist, wie wir gedacht hatten. Wir sind entzaubert und damit vielleicht auch unsere Sehnsucht. Sehnsucht ist meist mit vergänglichen Dingen verbunden und das macht sie noch schmerzhafter.

Und wenn die Verliebtheit schwindet, glauben wir, dass die Beziehung oder Romanze keinen Sinn mehr hat. Unsere Sehnsucht nach mehr Gefühlsrausch lässt uns Beziehungen, die etwas hätten werden können, abbrechen. Und so springen wir von einer Beziehung in die nächste, immer auf der Sehnsucht nach dem Dopaminkick. Weil wir süchtig danach geworden sind und Liebe daran bemessen.

Was dahinter steckt? Sich einfach lebendig. Es ist das Dopamin, was uns in diesen Zustand der Hochgefühle bringt. Sonst ist doch unser Emotionsniveau meist recht stabil. Doch Verliebtheit bringt alles durcheinander, macht schöne Momente noch intensiver. Das ist was, was wir wollen: Wir wollen uns wieder mehr spüren, intensiver leben.


Sehnsucht nach absoluter Erfüllung und Abenteuer

Ich sehne mich nach einer Arbeit, die mich komplett erfüllt, eine, in der ich vollkommen aufgehen kann, für die ich brenne. Mir ist jetzt bewusst geworden, dass mein jetziger Job nicht das ist, wonach ich gesucht habe. Der Job kommt meinem Ideal nahe heran, aber es ist nicht der Job, für den ich brenne.

Manchmal ist da auch die Sehnsucht nach dem Abenteuer. Einfach mal aus dem Hamsterrad ausbrechen. Einfach mal den Alltag, Alltag sein. Raus aus der Komfortzone. Ich möchte meine eigentlich liebgewonnenen Strukturen über den Haufen werfen und mein Ding machen. Will mich wieder lebendig fühlen und nicht nur im Urlaub und auf Reisen.


Sehnsucht hört nie auf

Unsere Sehnsucht wird immer wieder neu entfacht, auch wenn das Bedürfnis dahinter gestillt wird. Irgendwie sind wir Menschen einfach Wesen, die darauf aus sind, sich immer nach etwas zu sehen. Solange wir Bedürfnisse und Wünsche haben, werden wir uns auch immer nach etwas sehnen.

So wie alle Gefühle will auch die Sehnsucht etwas sagen. Aber was? Dass ich mich etwas in meinem Leben unzufrieden bin? Dass mir etwas fehlt? Dass ich etwas tun kann, um genau das zu bekommen, wonach ich mich sehne? Vielleicht sollte ich meine Sehnsucht beobachten und mich fragen, was ich in meinem Leben ändern kann.

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