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Was ist so guilty an Guilty Pleasures?

 Jeder hat es, aber keiner will es wirklich zugeben: Guilty Pleasure. Ein Begriff, den ich erst vor einiger Zeit aufgeschnappt habe und der vor allem durch Social Media trended. 

Wörtlich übersetzt bedeutet Guilty Pleasure so etwas wie „schuldiges Vergnügen“. Man genießt etwas, aber der Genuss deswegen verursacht bei einem selbst gleichzeitig auch ein negatives Empfinden, man fühlt sich dafür schuldig, hat ein schlechtes Gewissen. Weil man weiß, dass es vielleicht von anderen als eher nicht so gut bewertet wird.Weil es vielleicht nicht richtig ist. Für gewöhnlich spricht man auch eher selten offen darüber und wenn dann eben mit einer gewissen Scham. Man macht sich Sorgen, was andere von einem halten, hat Angst dafür verurteilt und abgelehnt zu werden.

Ich denke mal, dass so gut wie jeder so eine Guilty Pleasure hat. Und dabei sind es meistens Dinge, die nicht mal wirklich so schlimm sind. Es ist das eigene Denken, was einem glaubhaft machen will, dass mit einem vielleicht etwas nicht stimmt, man irgendwie seltsam ist, weil man etwas mag. Aber eigentlich ist das nicht der richtige Ansatz. Wir alle Menschen sind unterschiedlich und seltsam auf unsere Weise. Und so vielfältig wie wir sind so vielfältig sind auch unsere Vorlieben und Geschmäcker. Nichts, wofür man sich schämen sollte.

Und woher kommt dieses Denken? Weil wir glauben, einer gewissen Norm zu entsprechen. Wir sollen zwar schon irgendwie anders sein als die anderen, aber doch auch wieder normal. Das ist ein Widerspruch an sich. Und was bedeutet schon Normalität? Wer legt das überhaupt fest, was normal ist? Und die Gesellschaft an sich gibt es auch nicht. Dafür ist sie viel zu heterogen.

Das sind alles eher Konstrukte in unserem Kopf, die nicht unbedingt der Wirklichkeit entsprechen müssen.

Und doch stecken wir uns und andere doch immer wieder in Schubladen und fördern damit eben dieses Denken.

Mir ist das durchaus bewusst, aber auch ich bin dagegen nicht immun und kenne es, Dinge zu mögen, für dich mich manch andere schon schräg anschauen würden.

Manga & Anime

Seit meiner Kindheit bin ich ein großer Fan der japanischen Popkultur und liebe Manga und Anime. Das jedoch Menschen, die ich neu kennenlerne, zu erzählen, fällt mir nicht leicht. Sehr gern klammere ich das aus. Und wenn ich es doch erzähle überkommt mich ein kleines Schamgefühl: Was könnten die Leute jetzt über mich denken? Finden die mich dann auch komisch? Was ist so verwerflich daran, Manga und Anime zu mögen?

Ich glaube, dass sich auch in meinem Kopf noch immer dieses Vorurteil manifestiert hat, dass das eben ein sehr nerdiges Hobby ist, was noch nicht im Mainstream angekommen ist. Ich glaube, dass viele dieses Hobby eher schräg finden und glauben, dass das doch nur etwas für Kinder ist. Dabei weiß ich auch ganz genau, dass das so überhaupt nicht stimmt. Die meisten werden eher für die ältere Zielgruppe gemacht. Und obwohl mir das klar ist, denke ich, während ich darüber erzähle, dass es auf andere seltsam wirken muss, dass ich so etwas mag.

Ich weiß einfach, dass viele damit nicht viel anfangen können und eben auch diesen Klischees glauben. Und automatisch über Leute, die so etwas mögen, eher abfällig denken. Aber stimmt das wirklich? Oder ist das nicht eher ein Hirngespinst? Bilde ich mir das ein? Habe ich jemals Menschen gefragt, ob das stimmt? Die meisten haben eigentlich neutral bis positiv reagiert. Ich hatte eigentlich bisher so gut wie keine negativen Reaktionen.

Nur an eine Situation erinnere ich mich gut: Meine damalige Klassenlehrerin hat mich mit einem Manga gesehen und das so kommentiert: „Das ist doch reinste Realitätsflucht!“ Als ob Lesen und Filme auch nicht so etwas wären. Klar, das ist was anderes, da spielen teilweise echte Menschen oder das spielt in der realen Welt. Aber es sind auch nur erdachte Geschichten und Figuren. Nur mit dem Unterschied, dass sie eben nicht so einen Stil haben wie Manga und Anime. Ja sicher wirkt es realitätsferner, aber ist doch deswegen nicht schlechter und weniger wertvoll.

Ich glaube, dass mich diese Situation schon geprägt hat und damit auch mein Denken darüber als Guilty Pleasure. Glücklicherweise ist es bei nur diesem einen Vorfall geblieben.

Games

Bei Games sieht es ähnlich aus. Es ist nicht ganz so schambehaftet wie das erste Hobby, weil das Zocken inzwischen schon sehr mainstream geworden ist und es auch viele Menschen gibt, die dann doch gelegentlich mal etwas spielen. Es ist gesellschaftstauglicher geworden, was es auch einfacher macht, darüber zu sprechen. Wenn ich aber dann doch mit jemandem spreche, bei dem ich weniger glaube, dass dieser zockt, merke ich doch eine gewisse Hemmnis und frage mich: Hält die Person mich für einen absoluten Nerd, wenn ich zugebe, dass ich gern zocke?

Auch da wieder knüpft dieses Denken an Klischees an. Zocken sei ja reine Zeitverschwendung. Zocken ist schädlich. Zocken ist Realitätsflucht. Zocker sind Leute, die sonst nichts anderes zu tun haben, keine sozialen Kontakte haben und generell komisch drauf sind. Zocken ist doch kindisch. Ich finde es erstaunlich, dass es gerade die Klischees sind, die mich etwas schuldig fühlen lassen, wenn ich darüber spreche. Dabei weiß ich besser als die meisten, dass die Vorurteile überhaupt nicht stimmen. Und trotzdem habe ich das vorurteilsbehaftete Denken der Gesellschaft übernommen und das merke ich, wenn ich über meine Hobbys sprechen. Das ist total absurd!

Gerade deswegen sollte ich mehr darüber sprechen und darüber aufklären, dass nicht alle Games Ballerspiele sind, dass es auch eine riesige Vielfalt gibt, auch Serious Games und wir Menschen von Natur aus gerne spielen. Das analoge Spielen scheint auch eher angenommen zu werden. Aber das digitale eben nicht. Das wird meist eher verteufelt oder belächelt, dabei kann das genauso wichtig und wertvoll sein. Dass Zocken eben auch positive Auswirkungen hat und sehr wohl sozial sein kann – haben auch schon viele Studien bewiesen.

Ich sollte künftig mehr darüber sprechen und versuchen, die Vorurteile zu entkräften. Damit ich künftig weniger darüber sprechen, als sei es ein Guilty Pleasure.


Naschen

Ich esse und snacke echt gern, ob Chips, Müsli, Kekse oder Schoki. Am liebsten den ganzen Tag. Das ist tatsächlich insofern kein Guilty Pleasure, was mir gegenüber anderen peinlich ist. Es ist insofern sündig, weil ich weiß, wie ungesund es ist und meinem Körper nicht gut tut. Aber es fördert schon ein wenig meine Happiness, ich fühle mich doch glücklicher danach. Dem Dopamin-Kick sei dank! Guilty Pleasures müssen also nicht unbedingt immer etwas mit der Meinung der anderen zu tun haben, sondern kann sich allgemein auch darauf beziehen, dass es einem nicht so gut tut und man es trotzdem macht.

Reisen

An sich spreche ich gerne übers Reisen. Ausnahme: Wenn ich mit sehr umweltfreundlichen Freund*innen spreche. Da überkommt mich direkt ein schlechtes Gewissen, wenn ich erzähle, dass ich nächstes Jahr nach Japan reisen will. An sich eine schöne Sache, wäre da nicht die massive Umweltverschmutzung, zu der ich beitragen werde.

Reisen ist eines der schönsten Dinge im Leben, das den eigenen Horizont so erweitern kann. Und doch ist es auch etwas, was mit schlechtem Gewissen zu tun hat. Wirklich viel Reisen geht auch einfach kaum umweltbewusst und schon gar nicht mit wenig Aufwand und Kosten. Eigentlich bedeutet umweltbewusst leben auch, auf gewisse Dinge zu verzichten, wie beispielsweise das Bereisen von fernen Ländern.

Und so verdient eben dieses Hobby eben doch den Titel „Guilty Pleasure“, weil es ein Vergnügen ist, wofür man dann doch Schuld auf sich lädt. Schuld, die Umwelt ein Stück mehr zu verpesten.


Twilight, Tokio Hotel und Popsongs

Zuzugeben, dass ich früher sehr gern Twilight gelesen habe, es eines meiner Lieblingsreihen war und dass ich Tokio Hotel gehört und sämtliche Liedtexte konnte, ist schon irgendwie eine Art Jugendsünde. Jugendsünden sind nochmal Guilty Pleasures für sich, dumme Dinge, die man früher mal in der Jugend getan hat und für die man sich schämt.

Aber eigentlich will ich mich dafür überhaupt nicht schämen. Es gibt keinen Grund. Den Grund kreiere ich mir selbst, indem ich denke, dass beides Trashdinge sind. Das ist doch peinlich, so eine Schundliteratur zu lesen und so eine Band zu mögen. Weil die Mehrheit beides eher abwertet und kritisiert. Aber was sollte mich das interessieren, was andere darüber denken? Wenn ich es mag, mag ich es eben. Punkt. Und da gibt es nichts zu diskutieren.

Und ich mag noch immer die alten Popsongs von Backstreet Boys und anderen Girl und Boy Bands. Ich kann sie sogar noch auswendig singen und es ist mir gar nicht peinlich, wenn ich dann doch voller Herzenslust anfange, diese laut zu singen. Ich bin dann doch etwas stolz auf mein Guilty Pleasure, auch wenn mich andere da nur belächeln.


Menschen stalken

Nun zu einem Hobby, worüber ich manchmal einfach scherzhaft spreche. Aber eigentlich meine ich es wirklich toternst. Ich stalke gerne Menschen, ob es meine Liebsten sind oder mir fast unbekannte Menschen. Besonders in meiner Datingphase habe ich die Leute, mit denen ich mich getroffen habe, ausgiebig studiert. Und in meiner Jugend habe ich auch meine ganzen Crushes gestalkt.

Aber nicht nur online, sondern auch analog. Das ist etwas, was mir schon etwas peinlich ist. Weil ich weiß, wie das auf andere wirkt: Die denken hundertpro, dass ich einfach wahnsinnig bin. Und vielleicht bin ich das ja auch ein wenig?

Ganz gerne stalke ich auch beispielsweise meinen Freund, lese mir alle seine Beiträge, die er auf verschiedenen Plattformen veröffentlicht hat. Gehe seine Freund*innen und Follower*innenlisten durch und stalke diese Menschen wiederum. Das nimmt schon ungeahnte Ausmaße an.

Das ist in der Tat mal ein Guilty Pleasure, worüber ich meist nicht so gern und offen rede. Weil es mir a) peinlich ist und ich mich b) schon ziemlich schuldig dabei fühle. Aber was soll ich machen, wenn mich die Neugier mal wieder übermannt?


Alles recherchieren und ChatGPT fragen

Das ist etwas, wofür ich mich tatsächlich nicht so sehr schäme. Ich bin einfach neugierig und will vieles wissen. Und schalte dafür mein Gehirn nicht an. Sondern google danach. Seit neuestem befrage ich auch ChatGPT, weil das noch praktischer ist. Ich nutze die KI übrigens für alles mögliche, das wäre noch mal ein Beitrag für sich. Aber diese sagen wir mal kognitive Faulheit ist etwas, was bestimmt auch viele kennen. Man möchte es nur nicht zugeben, weil andere Leute dann schlecht über einen denken und vielleicht glauben, dass man zu faul oder zu dumm zum denken wäre. Aber für mich ist es immer wieder eine Befriedigung neue Antworten zu finden auf meine vielen Fragen.


Mich ständig im Spiegel ansehen

Das ist schon ein peinliches Guilty Pleasure. Ich begutachte mich täglich im Spiegel, egal ob zu Hause, auf einer öffentlichen Toilette oder unterwegs. Sobald ich irgendwo einen Spiegel sehe, schaue ich mich genau an und versuche möglichst so zu tun, als ob es nicht so wäre. Das ist ein echter Tick von mir geworden. Und nein, ich bin nicht selbstverliebt oder so, aber irgendwie kann ich es nicht abstellen. Mir ist nur immer sehr unangenehm und peinlich, wenn Leute mich dabei ertappen. Dann denke ich mir sofort: Oh Gott, die Person glaubt bestimmt, ich sei total verrückt. Was zur Hölle mache ich da eigentlich?


Alles genau planen

Auch ein seltsamer Tick von mir, ich würde fast sagen, es ist ein Zwang. Ich schreibe täglich in meine Notizen und Erinnerungen rein, was ich alles mache. Und zwar genau stündlich und minutengenau. Und sobald sich da etwas ändern sollte, seien es nur paar Minuten, muss ich das gleich mal aktualisieren. Warum es ein Guilty Pleasure ist? Es macht mir Freude, einfach die Kontrolle zu haben und den genauen Plan. Und was daran ist so „guilty“? Dass ich mich manchmal etwas schuldig fühle, dass ich es nicht lassen kann und dass meinem Leben doch einen gewissen zwanghaften Charakter gibt.


Selbstbefriedigung, erotische Geschichten und Pornos

Und jetzt kommen wir zum dem wirklich absoluten Guilty Pleasure. Alles was mit der körperliche Selbstliebe zu tun hat oder in irgendeiner Weise etwas mit sexueller Lust, führt bei mir zu einem schlechten Gewissen und zu Scham. Wenn ich erotische Geschichten oder Manga lese, genieße ich das, liebe es, dabei erregt zu werden. Gleichzeitig stellt sich bei mir aber auch ein leichtes schlechtes Gewissen ein. Eine gewisse Scham macht sich breit. Als ob es falsch sei, solche Geschichten zu konsumieren und sich damit geil zu machen.

Noch schlimmer ist es, wenn ich mal wirklich Pornos konsumiere und mich dabei selbst befriedige. Und das nicht nur einmal, sondern öfter. Ihr glaubt nicht, wie schuldig ich mich nach dem Orgasmus fühle. Bis dahin ist alles gut. Ich bin dann einfach horny und habe Bock, es mir zu geben.

Aber kurz nach dem Orgasmus verwandelt sich die Lust irgendwie sehr schnell in Scham. Da kommen so Gewissensbisse wie: Wie sinnlos war das denn eben? Wie eklig ist das? Wie kannst du nur? Es sind nicht einmal direkt die Gedanken, sondern so Gefühle, die mir das vermitteln, als sei etwas daran falsch. Und das ist eigentlich schon immer so gewesen. Und so empfinde ich meinen Genuss immer mit etwas Schuld und Scham.

Dabei ist daran überhaupt nichts falsch und es ist total menschlich und verständlich. Jeder macht es und es ist auch absolut gesund. Männer scheinen damit weniger Probleme zu haben. Frauen dagegen haben irgendwie mehr Hemmungen und viele schämen sich dafür. Das fängt beim Reden über die eigenen Vorlieben mit dem Partner an und geht weiter bis zum Sex, wo man sich auch nur schämt. Da habe ich beispielsweise keine Hemmungen mehr. Aber alles was mit einem selbst zu tun hat, ist doch immer noch so.

Drogen

Ich konsumiere wirklich sehr selten mal Drogen, das ist für mich schon eher Genuss. Und wenn ich tue, fühle ich mich auch total fein damit. Währenddessen und auch danach. Ja, aber warum ist das ein Guilty Pleausure? Immer dann, wenn ich mit anderen Menschen darüber rede. Oder wenn ich mir denke: Nein, das kannst du nicht sagen.

Drogen werden nach wie vor verteufelt. Es betrifft vor allem illegale Drogen. Darüber frei zu sprechen und zuzugeben, dass man damit auch etwas zu tun hat, ist nach wie vor schon etwas spicy und gefährlich. Es kommt immer darauf an, wem man das erzählt. Guilty Pleasure also, weil es ein Genuss ist, aber man gewissermaßen auch Schuld auf sich lädt, weil es eben doch illegal ist. Und ich nach wie vor auch diese Vorurteile im Kopf habe, dass Drogen gefährlich und schädlich sind. Inzwischen differenziere ich und weiß, dass es um einen bewussten Konsum geht. So wie mit vielem im Leben. Die Dosis macht das Gift.

Das waren meine ganzen Guilty Pleasures. Guilty sind sie aus verschiedenen Gründen. Aber an sich ist keines davon etwas, was absolut gar nicht geht. Vieles ist auch einfach Geschmackssache, aber meist harmlos (bis auf Drogen).

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