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Was ich aus dem Verlust wichtiger Dinge gelernt habe

Ich werde niemals wieder Dinge selbstverständlich sehen. Das war für mich eine der wichtigsten Lektionen zum Ende des Jahres. Und wieder einmal zeigte sich: Ich muss ein echter Glückspilz sein.

 
Es passiert so schnell, dass man Dinge verliert. Nur einen kleinen Augenblick der Unachtsamkeit. Nur einmal kurz nicht nachgedacht, nicht aufgepasst. Und schon sind all deine wichtigsten Dinge weg: Das ist mir gerade genau dann zu Heiligabend passiert.

Ich war auf dem Weg in die Heimat mit dem Zug. An einem Bahnhof musste ich umsteigen. Wie immer hatte ich meine Bauchtasche bei mir. Die wichtigsten Dinge drin: Smartphone, Schlüssel, EC-Karte, Personalausweis und Ipod. Alles an einem Platz. Ich dachte, dass so meine Wertsachen sicher wären. Habe die Sachen immer bei mir, auch wenn ich nur kurz auf Toilette muss. Man weiß nie, wie schnell Langfinger mal deine Sachen klauen.

Doch dann das Fatale: Kurz vor dem Umstieg lege ich die Bauchtasche ab, ziehe meinen Mantel an. Und wollte die Tasche dann eigentlich umhängen. Der Gedanken dahinter war, dass ich keine Lust hatte, die Tasche mühselig wieder herauszukramen, wenn ich an die Sachen heran musste. Der Gedanke war rückblickend eigentlich ziemlich dumm, sind die Sachen dann noch weniger geschützt. Aber noch dümmer war, dass ich die beim Aussteigen an alles dachte, was ich dabei hatte – nur nicht an meine Bauchtasche. Diese kleine schwarze unauffällige Tasche blieb einfach auf meinem Platz liegen.

Normalerweise achte ich immer auf alle meine Sachen, schaue nach, ob alles da ist. Checke dutzende Male, ob Handy, Schlüssel und Portemonnaie wirklich bei mir sind. Schaue nach, ob mein Fahrrad wirklich angeschlossen ist. Ausgerechnet dann, wenn die wichtigsten Dinge in einer Tasche drin sind, mache ich das nicht!

Selbstvorwürfe ohne Ende

Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr ich mich eigentlich rückblickend über mich selbst ärgere. Ich habe mir selbst immer wieder gesagt, wie blöd ich nur bin und wie vergesslich. Wie konnte mir das nur passieren? Ausgerechnet mir, die doch immer auf alles vorbereitet ist.

Aber daraus lernt man: Niemand ist perfekt und jeder ist vergesslich. Jeder macht mal Fehler und deswegen sollte ich mich selbst nicht fertig machen. Der Verlust tut schon weh und ich helfe mir selbst wenig, wenn ich mich dafür auch noch klein mache.

Ich habe erst eine Viertelstunde später gemerkt, dass etwas fehlte. Ich suchte verzweifelt nach meinen Sachen, bis mir die schmerzhafte Erkenntnis kam: Die Sachen sind noch im Zug! Also rannte ich, was das Zeug hielt, um den Zug zu kriegen. Er stand noch da, aber nur noch paar Minuten. Minuten der Panik, da ich wusste, dass der Zug losfahren könnte. Im dümmsten Falle mit mir und ohne gültigen Fahrschein. Ich probierte es dennoch und rannte zu meinem Platz. Da war eine Person, aber sie hatte nichts gefunden. Meine letzte Hoffnung einfach so verpufft. Die Mitarbeitenden der Deutschen Bahn hätten auch nichts gefunden. Ich müsse mich beim Fundbüro melden.


Wo sind meine Sachen!?

Dann die nächste Panik: Wie komme ich nur ohne Fahrkarte in die Heimat? Gott sei Dank hatte ich mein Diensthandy dabei und konnte problemlos mein Ticket herunterladen. Ein Glück, dass ich wenigstens das nicht in der Bauchtasche hatte.

Und trotzdem blieb den gesamten Tag über eine Ohnmacht: Wo sind meine Sachen? Wer hat sie mitgenommen? Irgendjemand kriminelles? Werde ich meine Sachen jemals wieder finden? Und was passiert, wenn ich sie nicht bekomme. Das wäre die Katastrophe! Alles weg, Handy, Schlüssel und die ganzen Dokumente müsste ich aufwendig wieder neu besorgen. Noch größere Panik hatte ich, weil da auch Schlüssel von der Arbeit dabei waren. Ich schämte mich so sehr dafür, dass ich diese wichtigen Schlüssel verloren hatte und malte mir schon aus, wie ich das alles meinem Chef erklären musste. Oh Gott, das wäre so ein Alptraum!

Und dann noch ein weiterer Panikgedanke: Der Finder hat sowohl Hausschlüssel als auch meinen Perso, er könnte locker einfach in die Wohnung reinkommen! Mein Freund ist noch an dem Abend zurück in unsere Wohnung gefahren, um den Zylinder zu wechseln. Damit wir nach Weihnachten nicht plötzlich mit ausgeraubter Wohnung da stehen. Wenigstens das war somit gesichert.


Zwischen Verzweiflung und Hoffnung

Der Heiligabend war natürlich komplett hin. Statt mich auf eine besinnliche Zeit mit meiner Mum zu freuen, war ich eigentlich nur verzweifelt auf der Suche nach meinen Sachen, suchte nach Möglichkeiten, die Dinge zu finden. Ich sperrte sofort meine EC-Karte und meinen Perso, meldete das der Polizei. Versuchte es mit Trackingdiensten, aber mein Handy war nicht auffindbar. Ich klingelte es mit dem Diensthand dutzende Male an: keiner ging ran! Ich steigerte mich immer mehr hinein. Ich konnte mich überhaupt nicht mehr ablenken, musste ständig daran denken, hatte Angst, war verzweifelt wie nie zuvor.

Und dann kurz vor Mitternacht ging plötzlich jemand ans Handy: Gott sei Dank, dachte ich mir! Er klang nett, hatte einen ausländischen Akzent. Er möchte mir die Sachen wiedergeben. Per Post aber schwierig. Er würde am Wochenende bei mir in Magdeburg umsteigen und könnte mir die Sachen wiedergeben. Ein Glück!

Und so war ich fürs erste wieder erleichtert und gleichzeitig hatte ich Zweifel, ob ich die Sachen wirklich wieder bekomme. Lieber nicht zu früh freuen. Ich blieb also weiter gespannt und zählte nur die Tage.

In der Zwischenzeit konnte ich also doch noch ein wenig Weihnachten genießen, weil ich mich auch darauf freute, die Sachen wieder zu bekommen.

Das erste Mal bei der Polizei

Und dann kam der große Tag. Ich hatte aber immer noch ein mulmiges Gefühl, der Typ schien etwas seltsam. Er konnte mir nicht genau sagen, wann er kommt, irgendwann vormittags, er würde mich eine halbe Stunde vorher anrufen. Ich war also den gesamten Vormittag darauf eingestellt und gespannt wie ein Flitzebogen. Ich wusste schon vorher, welche Züge in Frage kämen und wo ich hin müsste. Ich wartete und wartete, doch er rief einfach nicht an. Ich fuhr einfach trotzdem schon mal zum Bahnhof, in der Hoffnung, ihn zu erwischen. Was dämlich war, weil ich nicht mal wusste, wie er aussah. Aber gut. Ich klingelte mein Handy an, aber niemand ging an.

Als es dann schon nachmittags wurde, war ich mega enttäuscht und noch verzweifelter als zuvor. Wurde ich verarscht? Meine letzte Hoffnung war die Polizei. Ich schilderte denen den Vorfall, Fundunterschlagung, da könnte man eine Strafanzeige stellen. Meine Personalien und die Infos zu den verlorenen Gegenständen wurden aufgenommen. Danach fühlte ich mich irgendwie leer und hoffnungslos.

Wenn ich jetzt wirklich nie wieder an meine Sachen herankomme. Was soll ich nur tun?! Ich recherchierte wie eine Verrückte nach Fundbüros und Fundsachen, die in letzter Zeit mal online gestellt wurden. Klingelte hunderte Mal mein Handy an. Malte mir schon Horrorszenarien aus.

Hoffnung auf eine zweite Chance?

Und am nächsten Tag nahm der Typ endlich wieder ab. Er meinte, er konnte nicht da sein, weil er spontan arbeiten musste. Na klar. Aber er will mir die Sachen immer noch wiedergeben, aber erst nächstes Wochenende. Nein, so lange kann und will ich nicht warten. Ich will nicht länger in Unwissenheit warten, die Sachen endlich wieder haben.

Also entschied ich mich zu einem drastischen Schritt: Ich fahre einfach zu dem Typen nach Berlin, da wo er arbeitet und hole mir meine Sachen zurück! Ich wollte mich nicht länger auf jemanden verlassen, von dem ich nicht wusste, ob ich ihm vertrauen konnte.

Ich hatte eh Urlaub und Zeit, also machte ich das einfach. Ich fragte einen Freund, der in Berlin wohnt, ob er Zeit hat und mich begleiten könnte. Glücklicherweise hatte er Zeit und wollte mir gern helfen.

Lieber vorsichtig sein

So würde ich wenigstens nicht nur für die Sachen hinfahren, sondern könnte den guten Freund, den ich länger nicht gesehen habe, wieder treffen. Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Also fuhr ich am nächsten Tag los. Im Vorfeld hatte ich mir die Handynummer von dem Typen geben lassen sowie den Namen, wusste auch, wie er aussah. Für den Fall der Fälle, dass er wieder etwas Krummes versucht, hätte ich mehr Infos in der Hand für die Polizei.

Wir verabredeten uns an dem Bahnhof, in der Nähe die Polizeistation. Zur Sicherheit erklärten wir dieser, was los war und baten darum, dass Polizeibeamte in der Nähe sein könnten, für den Fall der Fälle, dass er uns verarschen will.

Aber glücklicherweise war das alles nicht notwendig. Der Typ kam überpünktlich und brachte mir meine Sachen. Alles war noch da. Ich war so unglaublich froh darüber und auch dankbar, die Sachen wieder zu haben. So dankbar, dass ich die ganze Tortur vergaß und ihm sogar Finderlohn geben wollte, was er aber ablehnte, mehrmals. Gut, dann nicht.

Und so war das Jahr dann doch gerettet. Man könnte sagen, dass es schon Glück im Unglück war. Wie viele Leute gibt es, die ihre Sachen nie wieder sehen? Weil irgendwelche kriminellen Menschen die Sachen verkaufen oder sonst etwas damit anstellen?

Was bin ich für ein Glückspilz!

Ich hatte dieses Jahr mehrmals Glück gehabt. Einmal, als mein Portemonnaie verloren ging und eine ehrliche Finderin es bei der Polizei abgegeben hat. Und jetzt das. Ich muss sagen, ich hatte echt Schwein gehabt! Es war ein riesiges Glück, dass mein Handy dabei war, sonst hätte ich keinen Kontakt aufbauen können. Und ein Glück, dass der Akku so lange gehalten hat! Und eben dass jemand, der gute Absichten hat, die Sachen gefunden hat.

Es ist schon kurios: Erst wenn man Dinge verliert, merkt man erst, wie wichtig sie einem sind, wie viel sie einem bedeuten. Sonst begleiten sie einen im Alltag und man schätzt die Dinge überhaupt nicht wert, sieht alles als selbstverständlich an. Aber wenn man dann die Sachen nicht mehr hat, kickt der Verlust so richtig.

Vor allem das Handy, weil es vor allem immateriellen Wert für mich hat. Da sind alle Kontakte, meine Fotos, Videos, Nachrichten, meine ganzen Erinnerungen und Notizen gespeichert.

Und ohne Handy komme ich nicht mal in bestimmte Konten rein, kann kein Online-Banking mehr machen. Man braucht heutzutage so oft das Handy zur Verifikation. Das ist mir erst jetzt bewusst geworden.

Es ist schon unfassbar wie hilflos man sich fühlt, wenn Dinge plötzlich nicht mehr da sind. Natürlich gibt es schlimmere Dinge als das, wie der Verlust wichtiger Menschen, Krankheit und Unfälle. Und trotzdem war es für mich eine schwierige Situation. Es war eine Achterbahn der Gefühle. So etwas will ich nie wieder erleben müssen.

Wenn ich aber so überlege, hatte ich im Leben sehr oft Glück. Ich habe einen Unfall unbeschadet überstanden, der auch ganz anders hätte verlaufen können.

Wertvolle Lektion fürs Leben

Vielleicht musste ich diese Erfahrung einfach machen, vielleicht war es eine wichtige Lektion fürs Leben, dass ich diese wichtigen Dinge verlieren musste, um ihren Wert erst zu erkennen?

Und ich bin mir sicher, dass das eine wirklich große Lektion für mich war. Ich habe einiges daraus gelernt. Allen voran, was ich beachten sollte, damit so etwas nicht passiert. Und wenn so etwas passiert, wie ich damit umgehen kann.

Natürlich war es total unnötig, die Sachen zu verlieren. Zu viel Zeit wurde verschwendet, wir mussten eine Menge Geld zahlen, um das Schloss auszutauschen. Das hätte ich mir alles sparen können, wenn ich von Anfang an auf meine Sachen Acht gegeben hätte.

Aber ich denke mir auch: Es war eine Lektion, die ich aus verschiedenen Gründen machen musste und die mich auch weiser und stärker gemacht hat.

Und vor allem eins: Der Glaube an die Menschheit ist nicht ganz verloren, es gibt auch gute Menschen.

Was ich daraus gelernt habe: 


Nicht mehr alle Schlüssel an einem Bund

Künftig werde ich, wenn ich verreise, meine Arbeitsschlüssel nicht mehr dran behalten. Ist auch unnötig, macht den Schlüsselbund schwerer.

Handy sichern

Ich habe sofort angefangen, die ganzen Kontakte, Dokumente sowie Fotos und Notizen in einer Cloud zu sichern. Nicht nur bei Verlust wichtig, sondern auch, wenn das Handy mal kaputt gehen sollte. Vorsicht ist besser als Nachsicht.

 

Handy tracken

Ich werde künftig mein Handy tracken und habe es entsprechend auch mit dem Trackingdienst verbunden, sodass ich immer weiß, wo es gerade ist und es erreichen kann.

 

GPS Tracker reinmachen

Ich habe mir auch eine Art Smarttag besorgt, welches ich an den Schlüsselbund machen werde, für den Fall, dass die Sachen wieder verloren gehen. Am besten natürlich nicht, aber man weiß ja nie.


Vorsichtiger sein und vor allem lieber zu viel als zu wenig nachschauen!

Ich werde jetzt definitiv immer öfter nachschauen, ob alle Sachen da sind, bevor ich irgendwohin gehe.


Niemals wieder Dinge als selbstverständlich ansehen und dankbarer sein

Nie wieder werde ich die Dinge als selbstverständlich sehen. Das sind sehr wertvolle Dinge für mich, auf die ich mehr aufpassen will, damit mir das nicht nochmal passiert.



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