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Warum mich traurige Liebesgeschichten mehr berühren als jene mit Happy End


Hollywood-Romanzen, in denen am Ende beide Protagonisten ineinander verliebt und glücklich miteinander sind – solche Geschichten gibt es zuhauf. Doch es sind Geschichten, die tausendmal erzählt und so schnell wieder vergessen werden...


Ich mag traurige Lieder, finde es befreiend, mal richtig zu weinen. Und ganz besonders liebe ich Geschichten, in denen sich die beiden Hauptfiguren eben doch am Ende nicht kriegen.

Klingt ein bisschen absurd, oder? Es ist nicht so, als würde ich nicht wollen, dass die zwei Protagonisten am Ende zusammenkommen. Es ist nicht so, als würde ich mir das nicht wünschen und es ihnen nicht gönnen. Aber das wäre dann am Ende wieder eine dieser Geschichten, die schon zu oft erzählt wurde. So fernab jeglicher Realität, immer dasselbe, so vorhersehbar. Solche Happy-End-Geschichten sind doch längst nichts Neues mehr. Auch wenn sie immer wieder anders erzählt werden. Immer mal wieder andere Figuren, andere Settings, andere Wendungen. Und immer die Frage: Kriegen sie sich oder nicht? Wobei eigentlich schon relativ schnell klar ist: Natürlich kriegen sie sich, die Frage ist nur WIE?


Sehnsucht nach dem Happyend

Klar, sorgt das Wie für überraschende Wendungen, für ein Gefühlschaos, bei dem wir mitfiebern können. Es fühlt sich an, als wären wir mittendrin. Und natürlich sollen solche Geschichten ein angenehmes Gefühl verbreiten, zumindest am Ende. Die meisten von uns stellen gewisse Erwartungen an solche Liebesgeschichten: Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann war es eben nicht das Ende.

Geschichten sind eine Projektionsfläche für unsere Wünsche und Bedürfnisse. Wenn es schon im echten Leben mit der Liebe nicht gut läuft, dann wenigstens in Filmen oder Büchern. Viele von uns sehnen sich doch nach der großen Liebe, die hält. Nach Beziehungen für die Zukunft und die das eigene Leben verändern. Sehnsucht nach diesem einen Menschen, der alles für einen sein kann. Solche Geschichten sind der letzte Strohhalm, an dem wir uns festhalten. Um nicht den Glauben zu verlieren. Doch am Ende sind diese Geschichten eben doch nichts anderes als Illusionen, die leider herzlich wenig mit der Realität zutun haben. Denn die Wirklichkeit sieht anders aus: Die meisten von uns gehen Beziehungen ein, trennen sich wieder und finden wieder jemand anderen, ein Leben lang.


Geschichten, die zu selten erzählt werden

Es werden zu oft nur Geschichten erzählt, die gut enden. Doch im echten Leben kommen gescheiterte Beziehungen viel häufiger vor. Wo sind all die Geschichten hin, die eben nicht vom Glück in der Liebe, sondern vom Unglück erzählen? Vom großen Herzschmerz? Geschichten über Beziehungen, in denen Liebe da ist, aber sie nicht ausreicht? Geschichten über Beziehungen, die einfach nur kompliziert sind? Geschichten, in denen nur der eine:r liebt und der/die andere eben nicht? Liebesgeschichten, die so gut anfangen und so dramatisch enden. Wo sind die Geschichten hin, die ein realistisches Bild von Beziehungen vermitteln, in denen es Konflikte und Probleme gibt? Was passiert, wenn sich beide auseinanderleben? Die meisten Liebesgeschichten enden da, wo sie eigentlich anfangen sollten. Dann kommt der spannende Teil, doch den erzählen sie nicht.

Einige werden jetzt wohl einwenden: Aber Filme und Bücher sind nicht dazu da, die Wirklichkeit abzubilden. Das mag wohl teilweise stimmen. Ich kann verstehen, wenn Menschen sich solche Geschichten reinziehen, weil sie ein wenig träumen wollen. Weil sie sich gut fühlen wollen. Weil sie reibungslose Geschichten haben wollen, die sie ablenken.

Doch mir geht es da wohl doch etwas anders als den meisten anderen. Ich will authentische Geschichten, nicht diese 0-8-15-Stories, bei denen ich eigentlich die ganze Zeit weiß, wie das Ende aussieht. Ich will Geschichten, die mich aufrütteln, die mich traurig machen, mich zum Nachdenken anregen. Die etwas Nachhaltiges bei mir hinterlassen.


Beispiele für Herzschmerz-Stories

Auf zwei dieser Geschichten will ich eingehen. Ich hatte vor einiger Zeit über den Film „500 Days of Summer“ geschrieben. In diesem Film verliebt sich nur der Mann unsterblich in die Frau, die beiden tun das, was Paare tun. Doch sie sind kein Paar, zumindest denkt das die Frau. Für sie ist es nur Freundschaft. Am Ende gehen die beiden getrennte Wege und man fragt sich als Zuschauer die ganze Zeit: Was war denn das nun? Wer von den beiden lag am Ende richtig? Gibt es überhaupt richtig oder falsch? Ohne zu viel zu verraten, lässt der Film einen mit vielen Gedanken und Fragen zurück. Fragen, die man sich selbst stellen muss. Seitdem ich den Film geschaut habe, musste ich immer wieder über die Geschichte und die Figuren nachdenken. Der Film hatte etwas mit mir gemacht. Und mich auch dazu angeregt, über mich selbst, meine Erwartungen an Liebe und Beziehungen zu reflektieren. Ein Film, dessen Geschichte nachhaltig im Kopf bleibt.

Noch ein zweites Beispiel: Der Animefilm „5 Centimeter per second“ erzählt ebenfalls von einer Liebesgeschichte, die mich so sehr bewegt hat. Selbst nach so vielen Jahren. In der Geschichte geht es um ein Mädchen und einen Jungen, die Klassenkameraden sind und mit der Zeit ganz enge Freunde und später ein Paar werden. Doch beide müssen in andere Städte ziehen, eine Fernbeziehung ist alles andere als leicht. Und so verlieren sie mit den Jahren immer mehr den Kontakt zueinander, bis sie nichts mehr miteinander zu tun haben. Und doch denken sie immer wieder aneinander, können sich nicht vergessen. Doch jeder geht doch seinen eigenen Weg, führt sein eigenes Leben, bis sie sich irgendwann doch wieder zufällig wiedersehen und erkennen. Doch zu sehr haben sie sich verändert, sie sind Fremde geworden. Was bleibt sind eben diese schönen und doch traurigen Erinnerungen zu zweit.

Mich hat dieser Film insofern berührt, weil es nicht an fehlenden Gefühlen scheiterte, sondern an äußeren Umstände. Aus den Augen, aus dem Sinn. So sehr man versucht, aneinander festzuhalten, die Zeit und Distanz können eine junge Liebe sehr belasten. Manchmal reicht Liebe eben nicht aus, damit eine Beziehung funktioniert. Etwas, wofür beide nichts können und doch hat es so einen großen Einfluss auf die Beziehung. Dieser Topos „Eine Liebe, die man nicht vergessen kann“ hat mich wahrscheinlich am meisten an der Geschichte gefesselt. Jeder von uns hat vermutlich einen Menschen, der so tiefe Spuren im Herzen und im Leben hinterlassen hat, dass man denjenigen nie wieder vergessen wird – auch wenn man inzwischen glücklich verheiratet ist und eine Familie hat.


Liebeskummer und Herzschmerz

Happy-End-Geschichten dagegen sind schnell erzählt, laufen alle irgendwie immer gleich ab. Aber so schnell wie wir sie konsumieren, so schnell sind sie auch wieder aus dem Kopf verschwunden. Vielleicht auch, weil sie gut enden. Positive Dinge bleiben weniger lange im Gedächtnis, negative prägen sich umso mehr ein. Vielleicht ist das auch das Geheimnis der Herzsschmerzgeschichten und warum sie mich so sehr beschäftigen.

Vielleicht habe ich zu solchen Geschichten auch eine ganz besondere Beziehung. Viele Jahre wusste ich nicht, was glückliche Beziehungen und was Liebe ist. Ich hatte nicht mal eine Ahnung, was Beziehungen sind. Doch je mehr ich es bei anderen sah, desto mehr wollte ich es auch haben. Was ich dagegen sehr gut kannte: Liebeskummer. Die Sehnsucht nach der Liebe, Enttäuschungen, wenn es wieder mal nicht so klappte, wie ich es wollte. Wenn Gefühle mal wieder nicht erwidert wurden. Die ständige Sehnsucht nach einem Menschen, der für mich unerreichbar war. Trennungsschmerz im eigentlichen Sinne kannte ich nicht. Aber jedes Mal, wenn ich mich wieder unglücklich verliebt hatte, tat es trotzdem weh. Jedes Mal war es wieder eine Art Trennung: Es kam immer der Punkt, an dem ich meine Gefühle loslassen wollte und sollte. Was bringt mir eine unerwiderte Liebe außer Schmerz?

Vielleicht bin ich deswegen auch so auf traurige Liebesgeschichten geprägt, so anfällig dafür, weil ich damit meine ganz eigenen Erfahrungen gemacht habe. Vermutlich kann ich mich deswegen umso mehr in die Protagonisten hineinversetzen, die leiden. Weil ich selbst so gut kenne.


Geschichten mit mehr Tiefe und Vielfalt

Herzschmerzgeschichten umfassen eine Vielfalt an unterschiedlichen Emotionen. Da sind zum einen Gefühle wie Glück, Freude, Dankbarkeit, Zärtlichkeit. Aber auch Gefühle wie Enttäuschung, Trauer, Wut, Schmerz sind mit dabei.

Für mich halten solche Geschichten mehr Botschaften bereit. Nicht einfach nur diese simple Botschaft, die nicht mal stimmt und unnötig Druck erzeugt: Jeder findet schon die eine große Liebe. Man muss nur lange genug suchen.

Solche Geschichten zeigen, dass es im echten Leben nicht immer so gut läuft. Dass Liebe wehtut nicht ewig hält, auch mal zerbrechen kann. Selbst wenn es eine glückliche Beziehung war – das muss nicht immer so bleiben. Beziehungen und Liebe sind beide dynamisch, verändern sich, so wie wir auch. Solche Geschichten vermitteln auch, dass es nach einer Trennung weitergehen kann. Und dass es okay ist, wenn man Zeit braucht, um den anderen loszulassen. Manchmal braucht es dafür ein ganzes Leben. Doch vergessen wird man die Person wohl nie wieder.

Ich habe das Gefühl, dass die Hauptfiguren solcher Geschichten einfach mehr Tiefe gewinnen. Weil sie den Herzschmerz erlebt haben, weil sie eine Trennung verarbeitet haben, ihre Prioritäten neu setzen, sich wieder auf sich besinnen und ihren Weg gehen. Auch wenn es bedeutet, ohne den anderen zu sein. Sie gehen gestärkt aus der Krise hervor und machen ihr Glück auch nicht von anderen abhängig.

Momentan habe ich selbst zwei Geschichten, die nicht unterschiedlicher laufen könnten. Bei der einen Geschichte bin ich mir relativ sicher, dass sie gut enden wird. Ich hoffe es zumindest. Auch wenn es viele Höhen aber auch Tiefen gab. Doch das ist eine Geschichte, die schon so lange und auch insgesamt gut läuft, dass man glauben könnte, dass sie aus einem Märchen stammt.

Doch bei der anderen Geschichte weiß ich: Sie wird definitiv kein Happyend haben. Die Frage ist nur wann und wie sie enden wird. Und das macht mich sehr traurig. Doch ich weiß: Die Geschichte hatte von Anfang an viele Haken und ganz viel Drama. Manchmal denke ich mir, dass es eine so irrsinnige Geschichte ist, die mir niemand glauben würde. Eine Geschichte, die ich mir gut in Filmen und Büchern vorstellen könnte. Die ideale Herzschmerzgeschichte. Eine Geschichte mit so vielen „Was-wäre-wenn“-Momenten, mit ganz viel Potenzial. Und doch ist klar, dass es nie mehr hätte werden können. Und trotz all diesem Schmerz bin ich froh, diese Geschichte erleben zu dürfen. Sie ist ein Teil von meiner Geschichte geworden und ich werde sie auch nicht mehr vergessen.

Liebesglück hin oder her – so unschön und unangenehm es auch sein mag, gehören Trennungen und Liebesschmerz genauso zum Leben dazu. Das sind die Dinge, die uns wachsen lassen, aus denen wir etwas lernen können. Darum möchte ich auch einfach gern mehr Geschichten sehen oder lesen, in denen es in der Liebe eben nicht immer rund läuft.

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