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Zusammen leben, getrennt wohnen


Living apart together, nicht zusammen wohnen und doch zusammen sein – ein Beziehungsmodell, was in der heutigen Zeit an Bedeutung gewinnt. Für viele ist es nur eine Zwischenstation. Für andere keine wirkliche Beziehung. Und für wieder andere das Erfolgsgeheimnis ihrer gelingenden Beziehung. Meine ganz persönliche Sicht.


Ich hatte erst vor einem Monat über meine bisherigen Erfahrungen, was unterschiedliche Wohnungskonstellationen betrifft. 

Und bin zu dem Schluss gekommen, dass jede Wohnform ihre Berechtigung hatte und auch ihre Vor- sowie Nachteile. Bisher konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, jemals allein zu wohnen. Ich verband damit zu sehr die Vorstellung von Einsamkeit, abgeschottet sein von den anderen. Das kann doch nur unglücklich machen. Doch als ich dann tatsächlich allein meine erste Wohnung bezog, gewöhnte ich mich sehr schnell an diese absolute Ruhe und das Alleinsein. Und erkannte, dass es genau das ist, was ich jetzt am meisten brauche. Inzwischen habe ich mich so gut eingelebt, dass ich mir einfach nicht mehr vorstellen kann, mit jemand anderem das Zuhause zu teilen.


Von Fernbeziehung, zum Zusammenziehen und getrennt wohnen

Für mich war es das erste Mal, dass ich in einer Beziehung war und nicht mit meinem Partner zusammenlebte. Gut, ich kann auch auf wenig Erfahrungswerte zurückgreifen, hatte ich bisher nur eine wirkliche Beziehung, die aber immerhin länger als 10 Jahre hielt.

Ich hatte schon mal mit meinem ersten Freund in einer Fernbeziehung gelebt und die krasse Umstellung, die mit dem Zusammenziehen einher ging, was aber eigentlich total problematisch verlief.

Doch jetzt praktiziere ich mit meinem Freund das Living-Apart-Together-Modell: Man ist in einer Beziehung, jeder wohnt jedoch in seiner eigenen Wohnung. Und ganz wichtig: Man lebt schon noch nah genug voneinander entfernt, um sich regelmäßig zu treffen. Wir wohnen in derselben Stadt, es braucht weniger als 20 Minuten mit dem Fahrrad, um zum anderen zu gelangen.

Ich habe früher nie viel über diese Beziehungsform nachgedacht. Warum auch? Hatte ich mit meinem ersten Freund die ganze Zeit zusammengelebt. Für uns kam das ja ohnehin nicht in Frage.

Ich kannte es ehrlich gesagt auch nicht von anderen Pärchen, die eigentlich hauptsächlich zusammenlebten. Außer jene, die noch zur Schule gingen, doch langfristig ging es immer in Richtung Zusammenwohnen.


Meine Mutter als Vorbild

Ich kenne jedoch eine Person, die sich bewusst für dieses Modell entschieden hat und auch dabei bleiben will: meine Mutter.

Bevor sie ihren jetzigen Lebensgefährten kennenlernte, wohnte sie jahrelang mit meinem Stiefvater zusammen, bevor sich beide voneinander trennten. Dann lernte sie ihren jetzigen Lebensgefährten kennen, mit dem sie bereits schon mehr als 14 Jahre zusammen ist. Mehr oder weniger glücklich.

Als die beiden sich kennenlernten, wohnte ich noch bei meiner Mutter. Die beiden trafen sich alle paar Tage in der Woche, was aber inzwischen schon viel weniger geworden sind. Man könnte es fast als klassische Wochenendbeziehung bezeichnen: Sie kommt am Samstag zu ihm, übernachtet bei ihm und fährt dann Sonntagabend wieder nach Hause. Zurück in ihre eigene Wohnung.

Selbst als ich paare Jahre später von zu Hause wegzog, zogen die beiden nicht zusammen. Und sie sind damit sehr zufrieden.

Auf meine Frage, warum sie denn nicht zusammenziehen, kriege ich folgendes zu hören: Es läuft ja ganz gut, jeder hat seinen Freiraum, unsere Lebensstile sind einfach zu unterschiedlich, das würde mit dem Weg zur Arbeit nicht so gut funktionieren. Das können alles gute Gründe sein, aber vielleicht ist es für meine Mutter mit Mitte 50 schwierig, sich darauf einzustellen, mit jemand anderen zusammenzuleben. Das wird auch öfter mal als Grund genannt: Es sind meist auch die Menschen, die bereits viele Langzeitbeziehungen hinter sich haben, die nicht mehr bereit dazu sind, auf ihr Heim zu verzichten. Die einfach auch viel zu lange allein gelebt haben und sich das nicht mehr vorstellen können, wie ein Zusammenleben wäre.

Die beiden sind schon so lange zusammen, dass ich nicht glaube, dass ein Zusammenwohnen nicht klappen würde. Aber sie wollen beide nicht auf ihre Freiräume und Wohnungen verzichten. Vielleicht ist es ihnen auch einfach zu aufwendig, sie scheuen die Veränderung und gewaltige Umstellung. Warum auch etwas daran ändern, wenn es bisher gut geklappt hat? Und wenn sie beide damit glücklich sind, dann kann es doch so bleiben.


Nur Paare, die zusammenleben, haben eine echte Beziehung?

Ich kenne einige Menschen in meinem Umfeld, die solche Paare belächeln. „Das sind doch keine richtigen Paare“. Frei nach dem Motto: Nur wer wirklich zusammenwohnt, kann wirklich als Paar gelten. Alles andere ist doch keine wirkliche Beziehung. Das waren übrigens sinngemäß Worte meines Exfreundes, der ohnehin recht konservative Ansichten hatte. Klassisch monogam, zusammenziehen, heiraten und Kinder kriegen. Er ist diesem Lebensentwurf erlegen und wollte ihn umsetzen. Doch ich habe für mich gemerkt, dass es nicht mein Weg in der Liebe ist.

Ähnlich drastische Ansichten hatte er auch, was das Heiraten betrifft. Ich fragte ihn einmal, was gewesen wäre, wenn ich seinen Heiratsantrag nicht angenommen hätte. Und er antwortete: „Dann wäre es vorbei gewesen. Das wäre ein klarer Grund für eine Trennung.“ Weil ich nicht heiraten wollte?! Nur weil man nicht heiraten will, bedeutet das doch nicht, dass man den Partner nicht liebt und die Zukunft nicht zusammen verbringen will. Es geht ja nicht mal darum, dass man den Partner nicht heiraten will. Manche Leute wollen einfach nicht heiraten, das hat nichts mit dem Partner zu tun oder wie verbindlich das einem ist. Man muss heutzutage auch nicht heiraten, um zusammen alt zu werden, das ist keine Garantie, dass die Beziehung ewig hält. Ich bin dafür das beste Beispiel. Es gibt persönliche Gründe, weswegen man nicht heiraten will und wenn man ein „Nein“ zum Heiratsantrag schon als Trennungsgrund sieht, dann ist das schon sehr bedenklich. Ein „Nein“ bedeutet ja nicht, dass man den anderen nicht liebt. Man hat halt einfach keinen Bock zu heiraten. Punkt.

Und ehrlich gesagt, will ich auch nicht noch einmal heiraten. Einmal reicht mir auch. Es ist des Aufwandes nicht wert und es ist auch keine zusätzliche Garantie, dass die Beziehung wirklich halten will. Es mag das Sahnehäubchen sein, aber mehr ist es nicht. Ehrlich gesagt scheue ich den Aufwand, das nochmal zu machen. Und ich weiß ganz sicher nicht, ob Beziehungen wirklich halten. Ich bin da inzwischen auch einfach zu ernüchtert, dass ich daran glaube, dass eine Liebe wirklich ewig bis zum Tode hält. Aus der Märchenphase bin ich inzwischen glücklicherweise aufgewacht.


Die Schattenseiten des Zusammenlebens

Doch zurück zur LAT-Beziehung. Ähnlich wie mein erster Freund hielt ich lange Zeit nichts davon. Davon mal abgesehen war es für mich ein Traum, mit meinem Partner zusammenzuziehen. Ich wollte am liebsten alles mit meinem Partner teilen. Und da gehört es auch dazu, den Alltag, das eigene Zuhause und das Leben zu teilen.

Für viele vor allem junge Paare ist es einfach ein Ziel, zusammenzuziehen. Es ist ein Meilenstein in der Beziehung. Und ich verstehe auch, warum. Das getrennt voneinander wohnen machen die meisten nur, weil es nicht anders geht, weil sie noch bei den Eltern wohnen oder was weiß ich. Aber eigentlich ist das Zusammenwohnen das, was die meisten wollen. Ich kenne nur wenige, die das nicht so sehen. Und die müssen sich mit lästigen Fragen wie „Wann zieht ihr endlich zusammen? Warum zieht ihr nicht zusammen?“ plagen. Als ob etwas mit der Beziehung nicht stimmen würde, nur weil man nicht zusammenwohnt. Das ist eben der klassische Weg für viele, was Beziehungen betrifft. Wer langfristig zusammen bleiben will, eine Zukunft gemeinsam haben will, der zieht irgendwann mal zusammen.

Ja, es war gewissermaßen für mich ein zusätzlicher Liebesbeweis und dass die Beziehung wirklich verbindlich und ernst ist. Ich war noch dieser romantischen Vorstellung verfallen, möglichst viel Zeit mit meinem Partner zu verbringen, den Alltag gemeinsam zu meistern.

Das sah in meiner Welt noch so rosarot und schön aus. Die Realität war aber dann doch eine andere. Heute weiß ich, dass ich mich einer Illusion hingegeben habe und dass der Alltag schon ganz schön reinhauen kann. Sehr zum Leidwesen der Beziehung. Dass eben das Feuer sehr schnell mal schwächer sein kann und am Ende versiegt. Dass man den Partner mit all seinen Marotten kennenlernt und so gar nicht mehr anziehend findet. Dass man sich rund um die Uhr sieht und eigentlich nur noch genervt von dem anderen ist. Dass man sich nach Freiraum sehnt, den sich aber hart erkämpfen muss. Dass man sich irgendwann in- und auswendig kennt und jegliche Spannung verloren geht. Bis man sich so sehr aneinander gewöhnt hat, dass der andere selbstverständlich wird. Und man sich trotz all dieser räumlichen Nähe eben doch emotional so sehr voneinander distanzieren kann, dass die Beziehung am Ende doch in die Brüche geht.

Ich glaube, es war vor allem der Alltag und die zu starke Nähe, die am Ende unser Untergang als Paar war. Wir haben uns kaum mehr Mühe für die Beziehung und den anderen gemacht. Nur noch nebeneinander gelebt anstatt zusammen.


Jede darf lieben und leben wie er will

Vielleicht sind eben das diese prägenden Erfahrungen, die mich umso mehr ermutigen, einen anderen Weg zu gehen. Nicht den Weg, den so viele Paare gehen. Weil er so selbstverständlich ist. Weil man das so macht. Weil das alle so machen. Weil die gesellschaftliche Norm das vorschreibt: Weil nur das der richtige Weg für eine gelingende Beziehung sein kann?

Es wird immer nur von den Vorteilen des Zusammenlebens geschrieben, aber die Nachteile unter den Teppich gekehrt. Doch sie sind da und lassen sich nicht vertuschen.

Ich will auf keinen Fall diese Beziehungsform in irgendeiner Weise verteufeln. Sie hat ihre Berechtigung und jedes Paar, das damit Erfolg hat, verdient sein Glück. Ich gönne es jedem. Aber es als Nonplusultra darzustellen und dafür andere Beziehungsmodelle deswegen abzuwerten, finde ich wiederum nicht okay. Jede Beziehungsform darf sein. Und jedes Paar darf frei entscheiden, wie es zusammen sein und leben will. Ohne, dass es dafür gesellschaftlich geächtet oder hinterfragt wird. Jeder soll so leben und lieben, wie er damit glücklich ist. Meine Devise! Ohne, dass man sich ständig mit anderen vergleichen oder für seine Lebens- und Liebesweise rechtfertigen muss.

Und wenn Paare damit glücklich sind, nicht zusammen zu wohnen, ist das okay. Das mindert nicht ihre Beziehung und was sie füreinander bedeuten. Manche sind einfach nicht fürs Zusammenleben geschaffen. Und manche sind glücklicher so miteinander. Es muss nicht mal eine Zwischenstation sein, es kann die Endstation sein und das ist okay. Solange das Paar damit glücklich ist, hat niemand das Recht, sich da einzumischen oder darüber zu urteilen.


Ein neuer Weg in der Liebe

Ich habe die vergangenen Wochen einiges zum Thema LAT-Beziehung gelesen, darunter auch Studien. Und dabei festgestellt, dass Paare, die getrennt voneinander wohnen, genauso glücklich sind wie Paare, die ihr Zuhause miteinander teilen. Super!

Jedoch zeigte sich in einigen Studien, dass LAT-Beziehung in der Regel nicht so lange hielten als jene, in denen die Paare zusammenwohnten. Das klingt für mich aber sehr plausibel. Es waren nicht mal unbedingt Gründe wie, dass man sich nicht mehr liebt oder nicht miteinander glücklich ist.

Es waren andere Gründe: Es fällt einfach viel leichter, sich zu trennen, wenn man nicht zusammen wohnt. Wenn man eben nicht Haushalt, Möbel und Zuhause miteinander teilt. Die Hürde, sich zu trennen, ist höher, weil es einfach auch mehr Aufwand mit sich bringt. Wenn jeder seine Wohnung fällt bei der Trennung der lästige Umzug weg. Die nervigen Diskussionen, wer was behalten darf sowie Streitereien. Und nicht zu vergessen die aufwendige neue Wohnungssuche und der Umzug. Das waren für mich übrigens auch Gründe, weswegen ich mich vor einer Trennung scheute. Ich kann schlichtweg keinen Bock auf den ganzen Aufwand. Aber am Ende habe ich es nie bereut, es getan zu haben.

Menschen in LAT-Beziehungen haben dadurch, dass sie eben genug Freiraum für sich haben, mehr Puffer: Sie pflegen ihren eigenen Freundeskreis, der sie im Falle der Trennung auffängt. Und sie gehen ihren Hobbys nach, sie haben sich bereits in der Beziehung nicht allein auf den Partner fokussiert, sondern hatten durch eben das Getrenntwohnen genug Kapazitäten, um sich um die eigene Entwicklung zu kümmern. Und darum fällt es solchen Menschen auch leichter, sich zu trennen. Sie haben einfach auch weniger zu verlieren.


Man hat mehr zu verlieren

Wenn ich mir dagegen die „klassischen“ Pärchen ansehe, die zusammenwohnen, fällt mir auf: Meist verbringen sie sehr sehr viel Zeit miteinander, haben auch noch einen gemeinsamen Freundeskreis oder haben kaum Zeit für Freundschaften, weil die Beziehung ihr Sozialbedürfnis befriedigt. Und nicht selten vernachlässigen sie ihre eigenen Hobbys und sich selbst, haben kaum Me-Zeit.

Das alles fällt auf sie zurück, wenn sie sich trennen: Dann bleibt ihnen am Ende nichts mehr, weil sie so vieles auf der eigenen Beziehung aufgebaut haben. All das bricht dann zusammen. Keine Freunde mehr, keine Ahnung mehr, was man mit sich anfangen soll, weil man ja buchstäblich nur etwas mit dem Partner getan hat. All die gemeinsamen Hobbys jetzt allein nachgehen, nicht wirklich prickelnd. Und dann ist auch noch die gemeinsame Wohnung weg.


Warum ich Living Apart Together liebe

Tatsächlich war das bei mir mit meinem ersten Freund nicht so. Das lag aber auch daran, dass wir einfach kaum was zusammen unternommen und wenig gemeinsame Interessen hatten. Ich hatte schon während der Beziehung den Fokus sehr auf mich und meine persönliche Weiterentwicklung. Ich habe viel Zeit mit anderen Menschen und meinen Hobbys verbracht. Und fühlte mich zeitweise wie ein Single. Andere wunderten sich, dass mein Freund eigentlich fast keine Rolle mehr spielte, ich so vieles ohne ihn machte. Für mich war das normal. Das ist halt so, wenn der Partner nicht mitspielt. Wir haben uns eben genug Freiräume gelassen. Ich war zufrieden. Doch rückblickend weiß ich, dass es eigentlich nur eines der Symptome für unsere gegenseitige Entfremdung war. Es war kein gutes Zeichen für die Beziehung.

Ich denke, dass ein gelungenes Nähe-Distanz-Verhältnis dann besteht, wenn man nicht zu einer Einheit verschmilzt, sondern beide Individuen bleiben dürfen mit eigenen Interessen, Ansichten und Hobbys. Aber dass diese beiden Individuen dennoch sehr viel Gemeinsames teilen und am Leben des anderen auch teilhaben. Und so war es bei uns aber leider nicht. Es war eben das komplette Gegenteil zu den Pärchen, die zusammengewachsen waren. Die Distanz zwischen uns wurde immer größer und größer.


Bewusste Quality Time

In meiner zweiten und aktuellen Beziehung ist das nun aber anders. Wir verbringen sehr viel Zeit miteinander. Vor allem BEWUSST. Das nennt man auch Quality Time. Etwas, was ich in meiner letzten Beziehung sehr vermisste. Und wir verbringen sehr gern Zeit miteinander. Das ist das schöne an der LAT-Beziehung. Wir sehen uns manchmal täglich, aber eben auch nicht den ganzen Tag. Es sind meist paar Stunden oder eben auch das Wochenende. Aber das ist dann unsere exklusive Zeit, in der wir wirklich gemeinsam etwas machen. Und nicht so wie in meiner ersten Beziehung: Wir sind in einem Raum, aber eigentlich macht jeder seins.

So ist es eben jetzt nicht mehr. Klar, gibt es zwischendrin auch mal paar Stunden, wo wir für uns sind. Aber dann ist es eben umso schöner, wenn wir dann wieder zusammen sind.

Es gibt zwei Tage, an denen wir uns am Stück nicht sehen. Und das ist total okay, denn wir bleiben trotzdem in Kontakt, wissen, was dem anderen so los ist. Und gerade diese Zeit ist wichtig, um sich auch wieder etwas zu vermissen und sich umso mehr zu freuen, wenn man sich sieht. Es ist nicht selbstverständlich den anderen an seiner Seite zu haben.

Wir haben also ausreichend Zeit für uns, unsere Freunde, Hobbys und Interessen. Es fühlt sich dann manchmal auch so ein bisschen an, als wäre ich ein Single, aber im positiven Sinne. Ich habe genug Freiraum, um mich selbst zu entfalten. Und ich finde es großartig, dass ich eben meine Wohnung ganz für mich habe, mich da komplett entspannen kann. Diese Ruhe tut mir so gut, das Alleinsein gibt mir einfach so viel. Das würde beim Zusammenwohnen einfach nicht so gut funktionieren, auch wenn ich mein eigenes Zimmer oder meine eigene Etage hätte. Es wäre einfach nicht mein Reich, in dem ich ausleben könnte.

Die ganzen Streitigkeiten, wer als nächstes den Müll rausbringt oder einkaufen geht – den ganzen Alltagsmist haben wir einfach nicht. Jedes Treffen fühlt sich ein bisschen wie Wochenende an. Und damit fallen auch eben die vielen kleinen Konflikte weg. Manche würden sagen, dass wir sie nur vermeiden, aber was ist daran bitte denn schlimm? Man muss sich nicht mehr Drama machen als nötig, oder?

Sich nicht ständig sehen, nicht immer zusammen sein, wirkt sich sehr positiv auf die Anziehung und auch die Leidenschaft aus. Die wird ohnehin mit den Jahren abnehmen, also kann man doch ruhig das alles auch hinauszögern und genießen, solange es sich noch aufregend und frisch anfühlt. Zusammenleben können wir später noch lange genug, bis wir alt sind. Warum also nicht diese wilde und aufregende Phase so lange wie möglich auskosten?


Warum Zusammenleben vielleicht doch langfristig besser für die Beziehung wäre

Beziehungsratgeber geben immer wieder zu Bedenken, dass es langfristig besser wäre, zusammenzuwohnen. Weil man erst dann wirklich dann gemeinsam als Paar wachsen kann. Konflikte im Alltag aus dem Weg zu gehen, indem man keinen gemeinsamen Alltag hat kann auf Dauer nicht die notwendige Intimität verschaffen. Allein die bloße Anwesenheit des anderen, die kleinen Gesten und Rituale im gemeinsamen Alltag schaffen eine Menge Geborgenheit. Und wirklich aufeinander eingehen könne man nur lernen, wenn man den Alltag gemeinsam meistert, mit all seinen Höhen und Tiefen. Nur dann lernt man, sich wirklich zu arrangieren, Kompromisse einzugehen, vollkommen in der Beziehung aufzugehen. Dieser Austausch, diese Reibereien im Alltag, diese Konflikte – all das sind Dinge, die man lieber vermeiden würde, die aber wichtig sind, um die Beziehung zueinander noch einmal zu stärken und sich auch noch mal intensiver kennenzulernen.

Ich gebe zu, dass das definitiv Dinge sind, die uns in der LAT-Beziehung fehlen. Mag sein, dass diese Tiefe in der Beziehung nicht erreicht werden kann, wenn man nicht zusammenwohnt. Ich will mich auch gar nicht komplett gegen das Zusammenleben stellen. Aber jetzt momentan spüre ich, dass es genau das richtige für mich und uns ist.

Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich meine vorherige und jetzige Beziehung sind. Die erste war noch komplett klassisch: monogam, zusammenwohnen, heiraten und vielleicht Kinder kriegen. Doch die jetzige ist so erfrischend anders: zwar monogam, aber mit Öffnungen möglich, nicht zusammenwohnen und definitiv später nicht heiraten und Kinder bekommen, sehr viel experimenteller und abwechslungsreicher sowieso. Ich liebe unsere Beziehung, weil wir uns einfach so viele Freiheiten geben, uns selbst zu entfalten, als Paar auch gemeinsam zu wachsen.


Schattenseiten der LAT-Beziehung

Doch ein gewisser Schatten schwebt eben doch über unsere Beziehung. Und manchmal mache ich mir schon Gedanken, warum ich nicht mit ihm zusammen leben will. Noch nicht.

Dass ich mich jetzt so gegen das Zusammenziehen sträube, hängt zum Großteil mit meinen negativen Erfahrungen aus der ersten Beziehung zusammen. Ich will einfach nicht noch mal diesen Fehler machen. Auch wenn ich weiß, dass jede Beziehung anders ist und es ganz anders laufen würde. Dass ich das alleine leben genieße, ist nur die halbe Wahrheit. Vielleicht ist es auch ein Schutzmechanismus, weil ich doch tief in mir noch den Zweifel habe, ob diese Beziehung wirklich so lange hält. Die Zweifel hätte ich aber bei jedem. Inzwischen bin ich nicht mehr so naiv, zu glauben, dass es der Richtige ist. Davon abgesehen gibt es nicht den Richtigen, aber viele passende Menschen.

Und damit verbunden der Sicherheitsgedanke: Wenn die Beziehung scheitert, dann habe ich nicht so viel zu verlieren. Es ist einfacher, sich so zu trennen, als wenn man zusammenwohnt. Denn lebt man zusammen, baut man sich eben doch viel mehr auf als wenn man getrennt voneinander lebt. Vielleicht habe ich auch bisschen Angst vor zu viel Verbindlichkeit, nachdem ich mich in der ersten Beziehung voll hingegeben habe. Vielleicht wehre ich mich auch dagegen, mich komplett fallen zu lassen, aus Angst davor, abhängig und am Ende verletzt zu werden. Vielleicht sind all das Gedanken, die mich momentan leiten.

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